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Vorwärts
Beeliner Boltsblatt
Montag
15. September 1930
10 Pfennig
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Sozialdemokratie steht fest
Nationalsozialisten zweitstärkste Partei.- Zentrum gewinnt. Alle andern Bürgerparteien verlieren.
Die Wahlschlacht ist geschlagen. Die Sozialdemokratie hat sich trotz einiger Verluste als die stärkste Partei be hauptet. Das Regierungslager gleicht einem Trümmerfeld. Das Wahlergebnis vom 14. September erinnert in man
Gesamtergebnis.
chem an die Inflationswahlen vom Mai 1924. Da- Sozialdemokraten..8560500 Sozialdemokraten 731993( 816196) diesmal, denn von 182 Mandaten, die Mehrheitssozialisten Deutschnationale..2497500 Deutschnationale 349 293( 440132)
mals ging es aber der Sozialdemokratie viel schlimmer als
und Unabhängige zusammen im Jahre 1920 erobert hatten,
gingen nicht weniger als 82 verloren. Die Deutschnationalen Zentrum
murden mit 106 Mann stärkste Partei. Dazu gab es noch
Zentrum.
.4642 000 Kommunisten .
97 616( 82299) 727955( 611317) .4620200 Dt. Volkspartei. 99895( 159 866) Volkspartei.... 2052000 Dt. Staatspartei. 143 928( 190 250)
32 Nationalsozialisten und 62 Kommunisten. Bei den De Kommunisten
zemberwahlen desselben Jahres gewann aber die Sozialdemo
fratie wieder 30 Mandate zurück, die Deutschnationalen hielten
sich, die Kommunisten aber verloren 17 Mandate, die Nationalsozialisten 18.
Gegenüber den Wahlen vom Mai 1924 sind die Ver
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Dtsch. Staatspartei. 1216300 Wirtschaftspartei 64704( 65771) Nat.- Sozialisten. 393 266( 60700) tufte der Sozialdemokratie ganz unerheblich. Das entscheidende Wirtschaftspartei.. 1352 400 Landvolkpartei. 1465 und Fortschritt der Kommunisten, sondern die Vernich Nationalsozialisten. 6386000 Konf. Volkspartei 18561
Merkmal der Wahl ist nicht Rückgang der Sozialdemokratie
tung des regierungsfähigen" Teils der Rechten. Die Hugenberg - Politik hat zu einer Radikali- Landvolk.. fierung geführt weit über Hugenberg hinaus. Die Gruppe
Treviranus- Westarp- Lindeiner ist so gut wie auf
gerieben, im Augenblick ist es überhaupt zweifelhaft, ob sie genberg- Partei selbst. aber ist wieder von der Hitler - Partei beinahe in die Bedeutungslosigkeit hinabgestoßen.
auch nur ihre Führer in den Reichstag bringen, die Hu
1093 800 Christl.- Soziale. 22432
Konserv. Vp..... 372300 Bayer. Volkspartei. 1000 000 Sonstige .. 2154000
564 Abgeordnete!
Es erhalten Mandate:
Damit ist der Mißerfolg Brünings vollständig. Seine Rechnung ging dahin, daß es möglich sein werde, von den Deutschnationalen so viele zur Mitte hinüberzuziehen, daß eine Mehrheitsbildung gegen die Sozialdemo fratie möglich wurde. Diese Rechnung hatte sich schon im alten Reichstag als falsch erwiesen, darum fam es zur Auflösung. Und nun hat sich bei den Reichstagswahlen gezeigt, 142 Sozialdemokraten, 108 Nationalsozialisten, daß hinter den regierungswilligen Deutschnationalen so gut 76 Zentrum, 77 Kommunisten, 41 Deutschnationale, wie nichts und niemand steht. Im neuen Reichstag werden Sozialdemokraten, Na- 34 Deutsche Volkspartei, 22 Wirtschaftspartei, tionalsozialisten und Kommunisten zusammen über eine er 20 Staatspartei, 17 Landvolk, 17 Bayrische Volksdrückende Mehrheit verfügen. Selbstverständlich ist mit dieser partei, 6 Konservative Volkspartei . Mehrheit nichts anzufangen, da meder Nationalsozialisten noch Kommunisten sozialistische Realpolitik treiben wollen, vielmehr beide nur auf den Propagandakampf gegen die So zialdemokratie eingestellt sind.
Der Block der bisherigen Regierungsparteien wird viel schwächer sein als bisher. Selbst ein Bündnis mit Hugenberg tann ihm jezt nicht mehr zur Mehrheit verhelfen, es bestehen für ihn also teine Gründe mehr, Herrn Hugenberg irgend welche Konzessionen zu machen. Will das Zentrum ohne und gegen die Sozialdemokratie regieren, so muß es schon einen Bittgang zu Hitler machen.
Das ist das gloriose Ergebnis der Politik, die mit der Berschlagung der Großen Koalition begonnen worden ist. Die Herren von der Volkspartei und vom Zentrum, die damals leichtherzig die Sozialdemokratie ziehen ließen, hatten sich die Sache wohl etwas anders vorgestellt. Was sie mit ihrem Kurs in den letzten fünf Monaten erreicht haben, kommt dem deutschen Volfe teuer zu stehen. Vielleicht wäre es doch billiger gewesen, wenn man etwas mehr guten Willen gezeigt hätte, sich mit der Sozialdemokratie zu verständigen.
Die politische Situation, die sich nach diesen Wahlen ergibt, ist feineswegs hoffnungslos, wenn der entschlossene und faltblütige Wille vorhanden ist, sie zu meistern. Dieser Wille muß dann aber ein entschieden republikanischer sein und sich mit der Erfenntnis paaren, daß das hinweg gehen über die sozialen Interessen und Bedürfnisse der Maffen nicht möglich ist.
Die Putschparteien von rechts und links halten einander fast die Waage. In einem Bürgerkrieg zwischen den Anhängern Sowjetdeutschlands und des Dritten Reiches wären die Aussichten höchst ungewiß. Es ist notwendig und durch
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Gewählte Sozialdemokraten:
Als sicher gewählt tönnen nach den bisher vorliegenden Wahlkreisresultaten folgende Sozialdemokraten gelten: Ostpreußen : Braun, Larssen, Jäder. Berlin : Crispien, Heimann, Bohm- Schuch, Aufhäuser, Citfe, Dr. Mojes.
Potsdam I: Wissell, Breiffcheid, Juchacz , Müller- Lichtenberg, Ebert.
Frankfurt a. d. D.: Wels, Schumann, Heilmann, Reißner. Pommern : Schumann, Passehl, Georg Schmidt, Sträufert. Breslau : Löbe, Wendemuth, Marie Ansorge, Ziegler, Pohle. Liegnig: Taubadel, Buchwitz, Anna Nemih. Oppeln : Stelling.
Seger.
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Halle- Merseburg: Dr. Herk, Peters. Thüringen : Frölich, Dr. Rosenfeld, Mathilde Wurm , Schleswig- Holstein : Luise Schröder , Eggerstedt, Richter,
aus möglich, daß sich zwischen fie eine Macht stellt, die Dietrich, Boigt, Dr. Siemfen. beiden Frieden gebietet.
Diese Macht zu schaffen, die Deutschland auf verfassungsmäßige Bahnen zurückführt und die zugleich den schaffenden Massen die Gewähr bietet, daß auf verfassungsmäßigem Boden ihre Interessen am besten gewahrt bleiben, scheint uns die Forderung des Tages zu sein! Würde sie nicht erkannt und nicht an allen entscheidenden Stellen entsprechend gewürdigt werden, dann wäre allerdings das Ende nicht abzusehen.
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Die alten, bürgerlichen Parteien aus der Kaiserzeit vom Zentrum abgesehen bestehen nur noch aus fümmerlichen Resten. Die Mehrheit der Wähler hat sich zu Parteien bekannt, die sich selber als fozialistisch bezeichnen. Sie zu tritisch- sozialistischem Denken zu erziehen und ihnen zu zeigen, wie sehr sie bei dem Sozialismus" Thälmanns und Hitlers die Betrogenen sind, wird unsere Aufgabe sein. Für die bürgerlichen Parteien sind die meisten dieser Wähler für immer verloren, für die Sozialdemokratie werden sie zum großen Teil zu gewinnen sein.
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Die Sozialdemokratie steht auch nach dieser Sturmwahl da als die dauernd gefestigte unzerstörbare Arbeiter macht Deutschlands . Sie wird wie stets auch jetzt bereit sein zu tun, was nach ihrer Ueberzeugung im Intereffe des ganzen schaffenden Volfes zu tun notwendig ist, doch hängt, was geschieht, nicht von ihr allein ab. Darum gilt es, für alle Eventualitäten bereit zu sein. Stoßen die Töpfe zusammen, so wird sich schon zeigen, welche irden sind und welcher eisern ist!
Biester.
Oft- Hannover : Peine , Novad, Adele Schreiber- Krieger . Westfalen- Nord: Severing, Schred, Janfched, Finke. Westfalen Süd: Husemann, Brandes, Berta Schulz, Henßler, Deltinghaus.
Portune.
Köln- Aachen: Sollmann, Böckler. Koblenz : Kirschmann.
Südhannover- Braunschweig: Brey, Grofewohl,
Anna Gamert, Karsten, Schaffner, Junke, Schüller. Düsseldorf - Ost: Limbert, Agnes Core. Düsseldorf - West: Gerlach, Thabor.
Oberbayern - Schwaben : Dr. Högner, Simon, Unterfcifner, Weich, Klara.
Niederbayern - Oberpfalz : Pfülf, Anfonie, Franken: Müller, Vogel, Simon, Puchta, Seidel. Pfalz : Hoffmann, Joh.
Dresden- Baußen: Fleißner, Sender, Toni, Dobbert, Kräßig, Schirmer.
Ceipzig: Lipinski, Saupe, Graf, Starrmann.
Chemnih: Ströbel, Seydewitz, Kuhnt, Graupe, Stüdlen. Württemberg : Keil, Hildenbrand, Roßmann, Dr. Schw
macher, Ullrich.
Baden: Dr. Remmele, Schöpflin, Meier. Darmstadt : Dr. David, Dr. Mierendorf, Ritzel.
Hamburg : Graßmann, Reihe, Biedermann, Bergmann. Medlenburg- Cübed: Kröger, Dr. Leber, Kurfürst,
Nanni.