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Beilage

Mittwoch, 17. September 1930

Der Abend

Spalausgabe des Vonoarte

Der Krieg in Montenegro

Geheimbefehle der Besatzungsmacht

schlossenen Magazin Riften voller

Mit der Erstürmung des Lowtschen( deren Erfolg mit dem aller| Montenegro . Dabei fand man in einem verdächtig sorgfältig ver.| mit dem Erhängen bedroht und dies durch öffentlichen An­höchsten montenegrinischen Oberkommando ausgehandelt worden sein soll. Red.) im Januar 196 mußte das wilde, schwer zugängliche Bergland Montenegro die Waffen strecken, nachdem sein schlauer König Nikita sich schon vorher aus dem Staube gemacht hatte. Die Desterreicher fanden ein halbverhungertes Bolt vor, das durch die

vorhergegangenen Balkankriege dezimiert war. Es gab keine Fa­fluchte dem davongelaufenen Nitita, dessen Geschicht lichkeit in der Ausmuzung politischer Spannungen in Verbindung mit Börsenspekulationen schon lange vor dem Kriege bekannt war. Um dem erschütternden Hungerelend zu steuern, an dem die kriegsmüde Bevölkerung litt, wurde eine große Lebensmittelaktion eingeleitet. Bon Cattaro herauf über den Lowischen bis nach Cetinje , der Haupt­stadt des Landes, wurde eine Drahtseilbahn gebaut, die aus­schließlich zum Transport von Mehl, Bufuruz( Mais), Hülsen­früchten und Brot diente. Man riß sich um diese Lebensmittel, die nur in fleinen Portionen verteilt wurden, und tauschte freudig mert­volle Gegenstände für ein paar Kilo Bukuruz ein. Langsam spannte

milie, die nicht um einen oder mehrere Gefallene trauerte. Man

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Ein Gusla - Spieler

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Kro

sich das militärische Netz über das fleine Bergland, das erst wenige Jahre vorher seine Unabhängigkeit von der türkischen Herrschaft mit blutigen Opfern erfauft hatte. In Cetinje , der einstigen Residenz Nikitas, tat sich ein hohes f. u. t. Generalgouvernement auf, dessen Haupttätigkeit in der Herausgabe von Erlassen bestand, an denen dann die in den verstreuten Bergneſtern liegenden Abtei­lungen zu fnabbern hatten. Während sie auf gutem Fuße mit der Bevölkerung standen, mit der sie sich bei Kenntnis einer sla­wischen Sprache leicht verständigen konnten, begann das General­gouvernement an einer Angst psychose zu laborieren, die sich mit dem Herannahen des Sommers zu der Ueberzeugung von einem bevorstehenden Aufstand" verdichtete. Interessant ist der Fall des Oberleutnants Gullins, der mit seiner Kompagnie in cinem entlegenen Dörfchen im Durmitorgebirge lag. Glomene von Geburt, hatte er sich in ein montenegrinisches Mädchen verliebt, das von ihren Landsleuten als Heldenmädchen" gepriesen wurde, da sie noch kurz vor dem Einrücken der Desterreicher alle Telegraphenlinien zerstört hatte. Nun, unser Oberleutnant veranstaltete Picnics im Walde, zu denen außer der Braut( er hatte sich inzwischen veríobt) auch einige Vertreter der spärlichen Dorfintelligenz herangezogen wurden. Alles schien in schönster Ordnung zu sein, die Braut stickte bereits an dem Hochzeitshemd, der Schwiegervater( ein einfacher Kaufmann) ging mit strahlendem Gesicht herum bis eines Tages der Oberleutnant nach Cetinje befohlen wurde, wo gegen ihn die

Anklage wegen Hochperrats" erhoben wurde. Seine Braut hat ihn nie wiedergesehen. Es gelang ihm zwar, sich von der Anklage reinzumaschen; er wurde ,, nur" transferriert, verfiel dem Trunt und fam ein Jahr später auf elende Weise in Rumänien um.

Aber

nicht alle Liebesidyllen gingen so tragisch zu Ende. Auf einen neuen Erlaß hin sollte das Land aus strategischen Gründen mit guten Straßen überzogen werden. Um der Bevölkerung Gelegenheit zu geben, sich ein paar Groschen zu verdienen, ließ man diese zum Teil recht schweren Arbeiten von Frauen und Mädchen ver­richten, die von Unteroffizieren beaufsichtigt wurden. Die Unter

Matrifelbücher, Schreibhefte, Schulrequisiten, die die Monte­negriner bei den ersten Grenzgefechten aus Bosnien mit­genommen hatten.

Der einmal entfachte Berdacht ließ das Generalgouvernement nicht mehr los. Während die ersten Suuationsberichte über die Stim­mung im offupierten Lande günstig gehalten waren, hieß es in einem Befehl vom 25. Mai:

,, Ein griechisch- orientalischer Landesbewohner hat auf eine Gendarmeriepatrouille mehrere Schüsse abgegeben, als sie ihn auf­forderte, den Revolver abzugeben; er wurde niedergemacht. Dieser Fall verlangt, daß der Bestrafung des unbefugten Waffenbesizes ein besonderes Augenmert zugewendet und gegen Personen, die im Besize von Waffen, Munition und Sprengstoffen betroffen werden, mit der größten Strenge vorgegangen werde. Der Umstand, daß die Bevölkerung uns feind. lich gesinnt ist, daß sie trog wiederholter Kundmachungen und Androhungen noch immer Waffen, sogar manchmal in größeren Mengen, besitzt, bestätigt die Absicht, diese Waffen gegen unsere Kriegsmacht zu richten. Dies gilt insbesondere bei Agitatoren und einflußreichen Personen."

Eine weitere Brandfacel schleuderte die Militärtelegraphen­bauleitung mit einem Dienstzettel, den der Verfasser, Bauleiter Maschet, in folgendem Schwejt- Deutsch verfertigte:

,, Der Gefertigte meldet, daß bei einem Dienstgespräche auf der Leitung Nitfitsch- Rudine bemerkte, fremde Telephontassetten ein­geschaltet zu sein. Die Ableitung war so groß, daß Verständigung mar taum möglich. Dann hatte der Gefertigte große Lärm auf der Leitung gemacht, daß sind Unberufene in der Leitung ein­geschaltet, bemerkte er deutlich, wie ist eine Kassete ausgetreten, dann zweite und sind noch in der Leitung Kaffeten geblieben eine oder zwei Kasseten, weil die Leitung war noch nicht rein. Dasselbe zeigt sich auch auf der Leitung Nitsitsch- Blevlje, dort aber scheint, daß die Fehler machen auch unsere Leute, weil bei einer Fehlerbehebung sind Telegraphenarbeiter in Sabljat auf eine Kassete gekommen, die war eingeschaltet mit einem Drahte auf das Telephon und mit dem zweiten Drahte auf den Telegraph und dadurch natürlich war eine totale Berührung, deswegen war nicht möglich auf der Leitund zu forrespondieren. Der Gefertigte macht daher die Meldung, daß t. u. t. Kreistommando kann diese Umstände beseitigen."

Nun war es klar, daß eine große Aufstandsbewe gung in Vorbereitung war. 23. Juni 1916, verfügte das Armeeoberkommando den Absch u b aller montenegrinischen Offiziere. In diesem Re­servatbefehl heißt es:

,, Nach furzer Prüfung der Offiziersdokumente ist ihnen zu eröffnen, daß mit Rücksicht auf Klarlegung des über das ganze Land verbreiteten Aufstandsplanes das AOK. verfügt, daß sämtliche montenegrinischen Offiziere auszudislozieren find. Dies geschieht im Interesse aller, damit sie nicht später von anderen Leuten als Verräter beschuldigt werden. Mit Geld werden sie in Desterreich- Ungarn dotiert. Ihre Wünsche bezüglich Nachsendung ihrer Effekten sollen sie aufschreiben. Sie bleiben bis zum Abschub in sicherem Abschluß von außen unter Bewachung genügend starker Wachen. Bei Widerstand ist von der Waffe Gebrauch zu machen. Alle Vorbereitungen sowie die Absicht geheimhalten und dies auch bei Untergebenen verbürgen. Montenegrinische Offiziere, die Mohammedaner oder Albaner, dabei politisch vell­fommen einwandfrei sind, sind pon der Internierung genommen."

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aus­

Stichtag war der 26. Juni. Durch die Kapetanijen und Orts­vorsteher wurden sämtliche montenegrinischen Offiziere, die wieder friedlich als Bauern auf ihren bescheidenen Gütchen zwischen ihren Hammelherden saßen, eingeladen, an diesem Tage sich auf den Stationstommanden einzufinden. Maschinengewehre und nersteckte Posten mit schußbereitem Gewehr standen bereit, um eine Rebellion im Keime zu ersticken.

3ur größten Ueberraschung der hohen Kom. mit wenigen Ausnahmen erschienen, nahmen sie sogar die Mit­teilung von ihrem Abschub mit der größten Gemütsruhe auf. Ja, wie Kinder freuten sie sich, als ihnen gleich darauf aus den bereit. gestellten Kesseln ärarischer Kaffee gereicht wurde, der aus diesem besonderen Anlaß ausnahmsweise auch gut war. Mit einem Rom. mißbrot unter dem Arm traten sie dann den langen Weg nach Bála Egerszép, dem ungarischen Konzentrationslager an, wo sie allerdings bald eine bedeutende Berschlechterung der Kost feststellen konnten.

Zu den wenigen montenegrinischen Offizieren, die der Aufforde rung am 26. Juni nicht gefolgt waren, gehörte der ehemalige

montenegrinische Kriegsminister Wesowitsch. Eine Patrouille wurde ausgesandt, ihn abzuholen. Er ging auch willig mit. Bei dem Marsch durch einen Wald geriet die Patrouille in einen Hinterhalt. Der Oberleutnant wurde erschossen und Wesowitsch fein alter Bater und seine drei Brüder wurden entfam. 50 000 kronen wurden auf seine Ergreifung ausgesetzt;

offiziere halfen bei der Arbeit, teilten ihre Brotportionen mit ben War es am Nordpol einst heiß?

Auserwählten ihres Herzens und erholten sich in den Abendstunden gemeinsam mit ihnen von den Anstrengungen des Dienstes. Wurde nun eine Abteilung in einen anderen Ort verseht, so zogen die Bräute" noch stundenlang neben der Truppe mit nassen Augen, ja viele übersiedelten einfach in die neue Garnison.

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So schien alles auf dem besten Wege der Befriedung" des Landes. Da ermittelten Kundschafter in einer Höhle zwei ver stedte montenegrinische Geschüße. Nach montenegri nischen Angaben hatte man alle Geschütze vor der Waffenstreckung nach Cetinje gebracht und dort vernichtet. Nun hieß es auch, daß die 3. montenegrinische Division ihre Maschinengewehre( ganze acht Etüd!) nicht abgeführt hatte. Das Generalgouvernement befahl itte mai eine allgemeine Baffenfuiffelei in ganz

Es gibt Gelehrte, die annehmen, daß einft in den arktischen Ge­bieten eine tropische Hize geherrscht habe. Aber es scheint das ein Irrtum zu sein. Wahrscheinlich haben jene Gegenden, die heute voll Schnee und Eis sind, früher höchstens ein gemäßigtes Klima ge­nossen. Um festzustellen, wie es auf irgendeinem Gebiet vor un­gezählten Jahrtausenden ausgesehen hat, muß man z. B. im Boden nach alten Spuren von Pflanzen suchen, die als Versteinerungen und Abdrücke erscheinen. Und es hat sich nun erwiesen, daß im hohen Norden nur solche Pflanzen vorgekommen sind, die mit einem Klima zufrieden sind, wie es in den mittleren geographischen Breiten herrscht. So fand man Spuren von Erlen, Buchen, Eichen und Ulmen, mie fie auch bei uns gedeihen, die wir nicht unter tropischem Simmel leben

flag bekanntgegeben, falls sich W. nicht innerhalb fünf Tagen melde. Es half nichts, daß die Bevölkerung die Flucht ihres ehe­maligen Kriegsministers verurteilte und der Metropolit beim General­gouverneur erschien, um im Namen seiner Gläubigen seinen Abscheu über die Tat aussprach. Das Gouvernement nahm den Borfall zum Anlaß, nun sämtliche wehrfähige Montenegriner auszuheben. In dem Befehl hieß es:

,, Die Aushebung hat mit Hilfe der Kapetane zu geschehen. Die Drte sind bei Tagesgrauen zu umstellen und alles so einzu­teilen, daß ein bewaffneter Widerstand sogleich energisch und rück­fichtslos gebrochen werden kann. Vorsicht am Blaze. Jedem der mit der Durchführung betrauten Kommandanten ist, wenn er nicht vollkommen froatisch spricht, ein Dolmetsch beizugeben. Der be treffende Kapetan hat nach seinen Militärlisten die Leute zu ver­sammeln und zu verlesen. Den Leuten ist zu sagen, daß dies auf Befehl des AOR. geschieht, welchem Befehl sich jedermann zu fügen hat, daß sie nichts zu fürchten brauchen, daß sie nicht Sol­daten werden, denn die haben wir genug und brauchen keine Fremden. Aber sie müssen fort, damit es nicht vorkommt, daß der eine oder der andere von ihnen durch einen gewissenlosen

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Die Lowtschenstraße

Notablen zu irgendwelchen Taten überredet werde und dadurch wieder Not und Elend über das ganze Land kommt; denn fommt etwas vor, müssen doch alle leiden. So werden sie bei uns in Ruhe leben können, und ihre Familien, die wir dann auch leichter ernähren fönnen, weil es weniger sind, werden ihnen erhalten bleiben. Für ihre Familien werden nicht nur die Kmeten, sondern auch unsere Behörden forgen. Sie können nach Hause schreiben und auch ihre Familien können ihnen schreiben. Wäsche, Bekleidung, Schuhe, sobald sie es brauchen, können sie von uns im Hinterland umsonst bekommen, ebenso bekommen sie ihre Löhnung. Wenn sie sich den Anordnungen ruhig fügen, brauchen fie gaz nichts zu fürchten."

Mit diesen Tönen hoffte man auf den einfachen Mann Eindruc zu machen. Aber man hatte sich verrechnet. Obwohl man besonders schneidige Offiziere zu dieser Aktion", die Mitte Juli vor sich gehen sollte, tommandierte, hatten die Opfer diesmal, den Braten gerochen und waren verschwunden, bevor noch die Ortschaft umstellt wurde und man mit der Verlesung der Militärlisten begann.

Bon Berg zu Berg leuchteten die Feuer und gaben kunde von der drohenden Gefahr.

Diese Bewohner der schwarzen Berge", die fast zehn Jahre nicht aus den Kriegen herausgekommen maren, verließen die armseligen Dörfer und stiegen hinauf in die schwer zugängliche, milde Bergwelt, die sie von der Knechtschaft rettete. Was nutzte es, daß die Truppen in weitumfassenden Schwarmlinien eine ,, Sajenjagd" veranstalteten. Zuviel Schlupfwinkel, geheime Schluchten und versteckte Höhlen gab es, zu denen das schwerbepackte Militär keinen Weg fand. Seit dieser großen asenjagd" begann das Banden. unwesen in Montenegro. Am 4. September 1916 erließ das Generalgouvernement folgende Reservatverlautbarung, die auf die damaligen Kampfmethoden ein grelles Licht wirft:

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,, Ein 90 Feuergewehre startes Grenzjägerdetachement unter Kommando eines Offiziers ist im Abstiege von einem Berg­rücken nicht imftande gewesen, einer Bande habhaft zu werden, die vom Kommandanten der Grenzjäger auf 20 bis 30 Mann geschäzt worden ist, in Wirklichkeit etwa 10 Mann zählte. Die Bande entkam unter Zurücklassung zweier Toter; die Grenzjäger verloren drei Mann. Um irgendeinen Erfolg aufzu weisen, meldete der Kommandant die Gefangennahme von 4 Mann und 3 Weibern, doch stellte sich später heraus, daß diese Leute( darunter Greise im Alter von 60 bis 90 Jahren) weder am Zusammenstoß mit der Bande beteiligt gewejen find, noch mit dieser einen nachweisbaren Zusammenhang hatten. Sie sind vielmehr von den Grenzjägern nach dem Zusammenstoß in den nächsten Hütten mühelos ausgehoben worden. Diese unwahre Darstellung der Tatsachen hat zu einer unrichtigen Meldung an das Kreiskommando und in weiterer Folge an das AOK. geführt, sie ist überdies zum Ausgangspunkt gerichtlicher Erhebungen geworden, deren völlige Erfolglosigkeit in einem solchen Falle eine Schädigung des Ansehens der f. u. t. Truppen und Militärverwaltung bedeutet. Das Militärgeneralgouvernement hat daher die exemplarische Bestrafung des Offiziers angeordnet und nimmt diesen Vorfall zum Anlaß, um abermals auf die Bestimmungen des Punktes 97. Dienstreglement I. Teil, bezüglich Wahrhaftigkeit und Zuverlässigkeit in allen dienstlichen Meldungen hinzuweisen."

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Noch viele ähnliche Reservatverlautbarungen erblickten in den folgenden Jahren in Cetinje das Licht der Welt, bis in den Herbst­tagen 1918 das Generalgouvernement, auf Autos verladen, über den Lowtschen nach Cattaro spediert wurde.