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gäbe, durch ein einmiithigeS Votum die Spitze der Staats- leituug zu einer Aenderung ihrer Haltung dem Duell gegen- ilber zu veranlassen. Sehr bedauerlich fand er es im In- teresse der herrschenden Gesellschaftsordnung, daß gerade die Sozialdemokraten immer deren Schäden aufdeckten. Gröber vom Zentrum sprach kräftiger als gestern Bachem. Es be- gegnele ihm aber das Mißgeschick, daß er in dem Bemühen, die vom Zentrum in der Umsturzkommisfion eingenommene Stellung gegenüber dem Duell zu rechtfertigen, offen er- klärte, das sei zur Rettung der Umsturzvorlage geschehen. Bekanntlich ist vom Zentrum öfter bestritten worden, daß es das Zustandekommen der Umsturzvorlage gewollt habe. Jetzt haben wir auch das Zeugniß des Herrn Gröber dafür, daß das Zentrum die Umsturzvorlage zu stände bringen wollte, ja, daß ihm an dem Zustandekommen irgend eines Gesetzes gegen die«Umsturzpartei" mehr lag als an der Uebereinstimmung des Gesetzes mit den sonstigen An- sichten des Zentrums. Herr von Manteuffe suchte Herrn von Kotze zu vertheidigen. Das Haus hörte allen diesen Rednern aufmerksam zu. Da es dann aber die meisten nach dem Foyer oder der Restau- ration lockte, so sprach ein halbes Stündchen lang der Abg. Förster- Neustettm. Darauf ergriff Bebel nochmals das Wort. Er ging mit Bennigsen gründlich ins Gericht, kritisirte aber auch scharf das Vorgehen der Zentrumspartei  , die für den Duellunsug der oberen Klassen durch eine Verschärfung der Strafgesetzbestimmungen über die Beleidigung das Volk und die Presse bestrafen will; dem Frhrn. v. Mantenffel, dem dieser Antrag des Zentrums sehr gefiel und der die gewöhnlichen Strafen wegen Beleidigung viel zu gering fand. erwiderte Bebel treffend, daß der Vorredner fich offenbar nur für die Strafen seiner Klassengenoffen interessire. Bei Sozialdemokraten pflegen die Strafen sehr hoch und sehr oft Freiheitsstrafen zu sein. Für einen Satz, der eine Kritik am Kaiser übte, erhielt Bebel einen Ordnungs- ruf. Die weitere Debatte verlor fich in einen zwecklosen Disput über die Ansicht der oder jener«Autorität" betreffs der Form der Gesellschafts-Umwälzung. Laßt die Dinge und laßt die Personen unserer Gegner doch nur so weiter für uns arbeiten, dann kommen wir ziemlich früh zum Sozialis- mus rief Bebel ihnen zu, als sie kein Ende finden konnten. Herr v. Bennigsen bereicherte bei dieser Gelegenheit übrigens die Nationalökonomie um die Bezeichnungvierte Klasse" für das Proletariat.- Die Abstimmung hatte ein nicht vorausgesehenes Resultat. Es wurde nämlich der nationalliberale Antrag, die freisinnige Resolution dahin abzuändern, daß die ver- bündeten Regierungen ersucht werden,mit allen zu geböte stehenden Mitteln dem mit den Strafgesetzen in Widerspruch stehenden Tuellwesen mit Entschiedenheit entgegenzuwirken", nach Zurückziehung aller anderen Anträge einstimmig an- genommen wurde. Demonstrativ entfernte sich vor der Ab- ftimmung Herr v. Stumm. Der preußische Minister deS Innern und der Justiz- minister wohnten der ganzen Sitzung schweigend bei. Auch Herr v. Bötticher nahm keinen Anlaß, eine Meinung zu äußern. Dieses Schweigen der Herren vom Bundesraths- tische ist beredter, als die Herren glauben. Morgige Tagesordnung: Interpellation der Abgg. Freiherr v. Manteuffel und Genossen, betreffend die Be- stimmungen des Bundesrathes über den Betrieb von Bäckereien und Konditoreien. Zweite Berathung des Anti- Jmpfantrages. Das preußische Abgeordnetenhaus beendete am Dienstag die erste Berathung der Kreditvorlage, soweit sie sich auf die Forderung von Eisenbahnbauten bezieht. Auch heute kamen wieder fast ausschließlich lokale Wünsche zur Sprache und Herr v. Plötz, der Vorsitzende des Bundes der Landwirthe, hielt die Zeit für eine kleine Agitationsrede gekommen, in der er energisch «inen weiteren Ausbau deS Kleinbahnwesens zum Wohle der Landwirthschast verlangte; man solle aufhören, nur den Groß- Handel und die Großindustrie zu unterstützen. Die Berathung über die zweite Forderung der Vorlage(landwirthschafiliche Kornhäuser) wurde auf Vorschlag des Präsidenten vorläufig aus- gesetzt. Am Mittwoch soll zunächst das Lehrerbesoldungs- Gesetz rn dritter Lesung erledigt werden, damit das Herrenhaus, das Ende nächster Woche zusammentritt, Stoff zur Berathung hat. Außerdem stehen kleinere Vorlagen auf der Tagesordnung.   Ein heistes Eisen, das jedermann, insbesondere jeder bürgerliche Rechtsanwalt schleunigst wieder fallen läßt, nach- dem er kaum die Finger darum zusammengeschlossen hat, scheint ein Prozeß zu sein, der sich m Essen angesponnen hat. Der«Rheinisch- Westsälischen Arbeiterzeitung" wird aus Essen darüber geschrieben: Jakob," sagte sie, und in ihrer Stimme klang ein leichtes Zittern:Wir werden kaum so viel kriegen, wie das vorige Mal. Zu spät hineinkommen sind wir mit den Erdäpfeln, ich Hab' es mir gleich gedacht." Und Jakob sah auf und ihr in die Augen. Er hatte sich dasselbe gesagt, schon nach dem zehnten Gabelstich. Man fuhr heim. Die Lehrerin hatte sich auf den Wagen gesetzt. Weiß schritt vorn neben den Kühen einher. Keinem war zum Lachen. Der Lehrer hatte noch einen Grund, sich niedergedrückt zu fühlen. Jetzt ging das schon einige Jahre so fort. Jedesmal ließen ihn die Bauern warten mit dem Ackern, und bei der Ernte zeigte sich dann erst der Schaden, den das zu späte Bestellen verursacht. Und er mußte ihn tragen, obwohl die Schuld auf andere wies. Ja, einmal hatte er mit den Kartoffeln Glück gehabt: Vor dem Lehrer stand seine Jugend. Vor mehr als zwanzig Jahren war er als Webergeselle nach dem Eger- lande gekommen. Aber nirgends hatte er Arbeit gefunden. Da hatte er drunten im Falkenauer Land ans reiner Neu- gierde im Vorbeigehen emen Erdäpselschopf gezogen; die Knollen sahen blau und glatt aus, und wenn man die obere Haut abzog, kam ein schönes Rosenroth zum Vor- schein. Die Kartoffel gefiel ihm und er stopfte sich eine ganze Tasche voll. Beim alten Lehrer in Mühlessen  , den er ansprach, kam die Rede darauf, er zeigte die Sorte, die man in dieser Gegend noch nie gesehen, ein Wort gab das andere, der alte Lehrer hieß ihn bleiben, und nach Jahren wurde er fein Nachfolger. In vielen Dörfern der Umgegend wurden letzt dieseBlauen  " gezogen, alle Bauern halten den Samen der Frühkartoffel von ihm erhalten, was er aber selbst baute, bauen konnte, reichte nur von Jakobi bis Vicentzi... Sollte das damals doch ein Diebstahl gewesen sein? Und deshalb...!? Jakob Weiß senkte das Haupt, als erwarte er einen Schlag, und er blickte nicht eher auf, bis der Wagen vor der Schule hielt. (Fortsetzung folgt.) Ende vorigen und Anfang dieses Jahres erschien im Essener Allgem. Beobachter", einem bürgerlich- demokratischen Blatte, eine Serie von Artikeln, die einen Herrn Schmidt aus D u i s- bürg zum Verfasser hatten. Herr Schmidt ist ein alter ehemaliger Grubenbesitzer. Wie er in seinen Artikel» behauptet, ist er von seinen früheren Geschäftsfreunden in der schmählichsten Weise betrogen worden! Da giebt es nicht viele Verbrechen, die Herr Schmidt nicht seinen Standesgenossen zur Last legt. Nur einige Blüthen des dustigen Straußes seien hier gepflückt. Nach Schmidt haben seine früheren Mit- Grubenbesitzer durch Fälschung der Geschäftsbücher, durch Unterschlagung an Ka- pitalien. Stehlen der Belege und Schwöre» von falschen Eiden, ihn(Schmidt) um sein Eigen- thum gebracht, so daß der nun schon sehr bejahrte Mann nahezu ein Bettler ist." Daß der Mann etwa geistig nicht völlig zurechnungsfähig sei, bestreitet der Briefschreiber. Seien seine Beschuldigungen aber wahr, so gehören die von ihm angegriffene Geschäfts- männer ins Znchthaus. Trotzdem ward keine Beleidi- gungsklage von den Angegriffenen erhoben.Dies ist um so merkwürdiger, als die Arbeiterpresse aus eigener trauriger Erfahrung ein recht erbauliches Liedchen von der Empfind- samkeit jener Herren singen kann." Etwas geschah aber doch: Zwei Nummern desAllg. Beobachters" wurden konfiszirt wegen Beleidigung der Essener Staatsanwaltschaft. Die heutigen Be- amten dieser Behörde sind aber garnichl an der Sache betheiligt, da der hier in betracht kommende Staatsanwalt, heute gar- nicht mehr im Staatsdienst ist. Irren wir nicht, so ist der Betreffende wegen Vergehens im Amt aus dem Staats- dienst entfernt worden. Die heutige Essener Staatsanwaltschaft aber fühlte sich dennoch beleidigt und wie schon gesagt, sie konfiszirte zwei Nummer» desAllg. Beobachters". Jetzt erst wird die Sache für den Politiker symptomatisch. Die Angeklagten, Herr Schmidt- Duisburg als Verfasser der Artikel und Herr S ch o r e ck- Esse» als verantwortlicher Redakteur desA. B." stellten derartige Beweisanträge, daß die Anklagebehörde noth- gedrungen die ganze Sache Schmidt in de» Kreis ihrer Er- wägung zu ziehen hatte, nicht nur die vielleicht eventuell be- leidigenden 3 bis 4 Zeilen des betreffenden Artikels." Zum IS. April war Termin angesetzt. Ter Angeklagte Schmidt(politisch Antisemit) wandte sich an den Abg. Lieber- mann v. Sonnenberg keine Antwort. Darauf unter- breitete Schmidt seine Sache detaillirt dem Reichstags-Abgeord- neten L e n z m a n n, Rechtsanwalt in Hagen  . Auch hier keine Antwort! Der Rechtsanwalt N i e m e y e r in Essen, bekannt aus dem Essener Meineidsprozeß, wo er sich sehr tapfer benommen hat, erklärt auf die Anfrage, ob er die Vertheidigung übernehmen wolle:Ja. wenn Sie mich damit beaustragen, will ich es thun, doch lieber wäre es mir wenn Sie zu einem anderen gingen." Der Angeklagte verzichtet auf Herrn Niemeyer und wendet sich an den Rechtsanwalt K o h n in Dortmund  und dieser sagte sofort zu. Da am 18. April war der Termin erhielt der Redakteur desA. B." von Herrn Kohn die Nachricht, daß er(Kohn) die Vertheidigung nicht übernehmen könne! So stand in letzter Stunde der Angeklagte ohne Ver- theidiger da. Zum Glück für ihn wurde der Termin noch- nmls aufgehoben. Zu dieser auffälligen Erscheinung, daß der Angeklagte Schmidt mit so schlechtem Erfolg bei den bekanntesten Rechtsanwälten des Ruhrbezirks angepocht hat, bemerkt nun dre Rhein.-Westf. Arbeiterzeitung": Interessant, hoch interessant ist die Materie, handelt es sich doch um Beschuldigungen, deren wahrheitsgemäße Bestätigung ein tiefes sittliches Niveau der Kapitalisten- klasse des Ruhrgebietes zeigen würde... und doch kein Vertheidiger, der Lust hätte, diesen angeblichen Augiasstall bloßzulegen!" Nun, hoffentlich gelingt es jetzt noch, die Vertheidigung in die richtigen Hände zu bringen. Zu den ZeugnißzwangSverfahren gegen die Partei- presse liegen heute solgende Angaben vor. Unser Hallenser  Organ theilt mit, daß von sämnitlichen in Zwangshast Ge- nommenen bereits am Sonnabend in einer Kollektiveingabe a» den Regierungspräsidenten zu Merseburg   gegen die Maßregel als ungesetzlich Protest erhoben worden ist, da sämmtliche Be- strafte soweit Zeugniß abgelegt haben, als sie dem Gesetze»ach dazu verpflichtet zu sein glauben und da ihnen bei Verweigerung des Eides bez. anderweiter Angaben der Schutz der§s 54 bez. 56 zur Seite steht. Die Beschwerde des Genossen Wiertelarz von der Thüringer Tribüne" gegen die Anwendung des Zeugnißzwanges wurde vom Landgericht zurückgewiesen und die erkannte Strafe von 50 M. event. 10 Tage Haft bestätigt. Auf den von dem Genossen Wiertelarz erhobenen Einwand geht das Gericht nicht näher ein. Anarchistische Reklame. AuS bekannter polizei­anarchistischer Quelle werden seit einiger Zeit wieder einmal nnl besonderem Eifer Reklamenotizen über, oder richtiger für diemehr und mehr wachsende anarchistische Bewegung" verbreitet, diein ganz Deutschland  " in der Zunahme be- griffen ist. Die letzte Reklame(ein Telegramm an sämmt- liche Ordnungsorgane) lautet: Berlin  , 20. April. Die Haussuchungen bei den Anarchisten in den v e r s ch i e d e n st e n St ä d t en des Deutschen Reichs   dauern fort. Dieser Tage wurde bei einer Anzahl Anarchisten in Magdeburg   und Sudenburg  Haussuchungen gehalten." Vielleicht hat der Reklamemacher einmal die Güte uns mitzutheilen, wie viele Millionen Anarchisten wir in unserem polizeibegnadeten Deutschland   haben. Und dann giebt er uns auch hoffentlich gleich das nöthige Vergröße- rungsglas. Es lebe die Zivilisation! Kaum haben wir er- fahren, daß die Franzosen   470 Millionen Franks für die Einführung einer neuen Kanone ausgeben wollen, die doppelt so viele Menschen ins Jenseits befördern soll, als die alten Mordröhreil, so kommt aus England folgende Notiz: Bei dem britisch-egyptischen Sudanzuge sollen einige neu- artige Geschütze ihre erste Probe bestehen. Sie ent- enden ihre Geschosse zehn englische Meilen weit. Die Kugeln sind hochexplosiv und tödten oder verwunden 3 0 0 Manu, wenn sie in eine geschlossene Kolonne fallen. Dabei feuern diese Kanonen so schnell, daß der erste Schuß kaum eingeschlagen hat, wenn der zweite schon wieder abgefeuert wird. Da die Kugelfabrik des Woolwicher Arsenals nicht im stände ist, den Bedarf zu decken, hat die Regierung große Mengen Schießbedarf bei Kyuoch u. Komp. in Vinning- ham, Armstrong in Elswick, Whitworth in Manchester  und Hatfield   in Sheffield   bestellt. Die Kugeln sind aus dem feinsten Stahl angefertigt. Ihre Füllung wird im königlichen Laboratorium in Woolwich vorgenommen werden. Das ist ja eine glänzende Leistung! Dreihundert Menschen getödtet mit einem Schuß! Und wie christ- ""i, daßdie Probe" an Heiden gemacht wird! Und die Moral der Geschichte? Natürlich dürfen wir nicht zurückbleiben; und auf einige hundert Milliönchen müssen wir uns vorbereiten o h n e dieuferlosen Flottenpläne". Uever den permanenten Kolonialkrieg in Atschiu, mit dem die Holländer belastet sind, wird uns aus A n: st e r d a m geschrieben: Kaum ist der Lombok  -Aufstand im Blut erstickt, als vom Schauplatz des Atjehkrieges, wo eine Zeit lang die Kriegsoperationen der Aljeher aus einige kleine Schar- mützel beschränkt geblieben waren, die Nachrichten eines neuen größeren Aufstandes kommen. Dieser Krieg hatte ursprünglich nur den Zweck, den Seeräubereien der Atjeher Einhalt zu thun, ist aber nach und nach in einen Eroberungs- krieg ausgeartet, der jetzt schon seit 1873 fortdauert. Er ist die schleichende Krankheit, an der die Niederlande   als Kolonialmacht zu Grunde gehen können. Unsummen hat dieser langwierige Krieg den niederländischen Steuerzahlern gekostet; ohne System angewandt, sind sie einfach ins Wasser ge- warfen; mit Verstand gebraucht, hätten sie vielleicht schon längst die Ruhe herbeigesührt. Tausende von Menschenopfern halb umsonst, denn der Kolonialkrieg wird nnt unmenschlicher Rohheit geführt. Kriegsgefangene werden nicht gemacht. Der Aufständische, der i» die Hände der Niederländer fällt, wird ohne weiteres niedergestoßen, und die Atjeher bezahlen mit gleicher Münze. Doch alle die Opfer sind umsonst. Der Zustand bleibt derselbe. Wir sind aber so daran gewöhnt, daß wir diesen Krieg haben, daß wir garnicht daran denken, ihn einmal los zu werden. Die politische Indolenz des nieder- ländischen Volkes läßt der Regierung freies Spiel. Und so kann jedes neue Ministerium, jeder neue General- Gouverneur, ohne auch im geringsten belästigt zu werden, aus seine Weise versuchen, wie er am besten die Atjeher nicht unterwirft. Dieser jüngste Ausstand, derVerrath" Tuku U m a r' s oder Tuku D j o h a n's(als er sich vor einigen Jahren dem niederländischen Gouvernement unterwarf, erhielt Tuku Umar, um seine ausrührerische Vergangenheil vergessen zu machen, auch einen neuen Namen, daher der zweite Name Djohan) erweckt die Niederländer für einen Augenblick aus ihrem Schlummer. Sie erfahren, daß General Vetter wieder ein neues System" einführe» will. Der Kranz von Festungen, den sein Vorgänger General Deykerhoff mit großen Kosten um die Hauptstadt Kotta-radja aufgerichtet hat. soll preis- gegeben und geschleift werden. So sind wir denn nach 23 jährigem Kamps endlich in die nördliche Ecke zurück- gedrängt worden. Und dieser Rückzug ist keine Niederlage, bei- leibe nicht, das istSystem". Die niederländischen Steuerzahler fangen aber an, de» Kopf zu schütieln, und in der uichtverkaufien Presse taucht die bedeutungsvolle Frage auf: Giebt es auch ge- Heime Gründe, welche es gewissen Kreisen erwünscht machen, den Atjch-Krieg möglickst lange schleppendzuhalten?Sind dieMillionen, die verausgabt werden zur Proviantirnng, Kleidung:c. der Truppen und zu deren Transport, auch schuld daran, daß der Krieg länger dauert als nöthig wäre? Die Frage, erst nur schüchtern geäußert. wird immer lebhafter diskutirt. Wenn das Volk in der zweiten Kammer vertreten wäre, so würde die Regierung gewiß nicht umhin können, der Frage näher zu treten. Es braucht übrigens keine nähere Beleuchtung, daß dieser ganze Krieg, der so große Aehnlichkeit hat mit dem 50jährigen Freiheitskrieg, der die Niederlande   von der spanischen   Unterjochung befreite, und in dem die Atjeher die Rolle der damaligen Niederländer spielen, von den Sozialdemo- traten verabscheut wird. Wenn wir uns aber auf den Standpunkt der Regierung stellen, so müssen wir fordern, daß der Krieg wenigstens energisch, das ist in diesem Fall zugleich mit möglichst wenig Verlust an Menschenleben und Geld, geführt wird. Wenn schon, denn schon. Chronik der Majestätsbeleidigungs- Prozesse. Prozeß Jahn. Unter der Anklage der M a j e st ä t s« beleidigung stand gestern unser Parteigenosse Paul Jahn vor der vierten Strafkammer des Landgerichts I  . Der An- geklagte bat in einer sozialdemokratischen Versammlung zu dem ThemaGefängnißarbeit" das Wort ergriffen und dabei er- wähnt, daß er selbst einmal in Kottbus   in Gemeinschaft mit einem Zirkusdirektor(Schumann) zusammengesessen habe. Der wegen Fahnenfluchts inhaftirt gewesene ZirkuSdirektor sei nach zehn Tagen begnadigt worden. Ueber den Gnind der Begnadigung hatte der Angeklagte dann eine Bemerkung ge- macht, die aus die im Zirkus vorhandene gedachte kaiserlich« Loge hinwies. Diese Bemerkung, welche Genosse Jahn gemacht zu haben aufs energischste bestrilt, enthielt nach Ansicht des Staats- anwalts zugleich eine Majestätsbeleldigung, für welche er v i e r Monate Gefängniß in Antrag brachte, wobei er die wiederholten Vorstrafen des Angeklaglen wegen Beleidigung und die Thatsache berücksichtigte, daß es in neuerer Zeit in gewissen Kreisen fast zum Sports!) werde, die Ausübung des dem Kaiser zustehenden Begnadigungsrechts abfällig zu k r i t i s i r e n. Jahn erklärte in seiner Vertheidigungsrede, daß es ihm gar nicht in den Sinn gekommen sei, eine Kritik am Begnadigungs  - recht zu üben. Andererseits aber sei es doch genügend bekannt. daß die meiste» Ordensverleihungen und Begnadigungen weniger aus der Initiative des Kaisers, als auf Veranlassung der Behörden und des Ministeriums erfolgen, mithin auch keine persönliche Beleidigung des Kaisers bei Erwähnung eines derartigen Falles darin erblickt werden kann. Er setze diejenige Objektivität bei den Richtern voraus, daß sie nur auf Freisprechung erkennen werden. Nach längerer Berathung, zu welcher sich die Richter zurück- gezogen, verkündete der Borsitzende, Landgerichts- Direktor D i n s e folgendes: Da die Aussagen der Zeugen über die zur Anklage stehende Aeußerung die Wahrheit derselben dargethan und die Richter aus der Vertheidigungsrede des Angeklaglen die Ueberzeugnng gewonnen haben, daß derselbe ein redegewandter und kluger Mann sei, der jedes seiner Worte sehr wohl abwäge", so sei gerade daraus zu entnehmen, daß der Angeklagte diese vorsichtig gehaltene Aeußerung mit Absicht der- artig sormulirte, daß darin eine direckte Beleidigung nicht ge- sunden werden könne. Aber nichts destoweniger beweisen die vielen Vorstrafen, daß er sich leicht zu Beleidigungen hinreißen läßt. Aus diesem Grunde habe auch der Gerichtshof keine Veranlassung gehabt, Milde walten zu lassen, um auf das ge- ringst« Strafmaß von zwei Monaten, sondern dem Antrag des Staatsanwalts entsprechend auf vier Monate Gefängniß zu erkennen. Prozeß Handhansen. Wie grundverschieden die An- sichten zweier Gerichtshöfe über denselben Zeitungsartikel sein können, zeigte sich gestern bei der Berhaudlung einer Anklage wegen Majestätsbeleidigung gegen den Redakteur Handhausen vor der 4. Strafkammer des Landgerichts l. Der Angeklagte, welcher eine zumeist für Blätter der Volks- partei bestimmte Leitartikel-Korrespondenz herausgiebt, behandelt in einem Artikel das Begnadigungsrecht. Er gab darin eine objektive Kritik des Rechtsinstituts der Be» gnadigung und dehandelt einzelne Fälle der Begnadigung, die von dem Volksbewußtsein nicht verstanden werde» könnten. Dieser Artikel war von einer ganzen Reihe von Blättern aufgenommen worden. ohne daß die zu- ständigen Staatsanwaltschaften einen Grund zum Einschreiten sahen. Nur in Düsseldorf   wurde auf grund des Artikels Anklage gegen den Redakteur Klee   erhoben und dieser wegen Majestätsdelcidigung zu 3 Monaten Gefängniß ver- urtheilt. Die Düsseldorfer   Strafkammer las aus dem Artikel heraus, daß dieser keine objektive Kritik des Begnadigungsrechts. sondern eine Kritik der persönlichen Handhabung dieses Rechts durch den König habe liefern und beweise» wollen, daß dieses Hobeitsrecht der Krone in parteiischer und leichtfertiger Weise ausgeübt werde. Da bei Gelegenheit jener Ver» Handlung auch der Verfasser des Artikels bekannt ge- worden war, wurde auch gegen diesen die Anklage er» boben. Der Staatsanwalt stellte sich gestern ganz auf den Standpunkt der Düsseldorfer   Straskammer und beantragte gleich»