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Zusammen­Stoß

in der Luft

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Der Flugzeugabsturz auf dem Flugplag Stuttgart   Böblingen  . 4 Tote, darunter der bekannte Luft­afrobat Fritz Schindler  , forderte das Unglück. Links die Trümmer der beiden Flugzeuge. Rechts der Augenblick der Katastrophe über dem Flugplatz Böblingen: Die beiden Flugzeuge stoßen zusammen.

Massendrama im Maffentheater

Die Festvorstellung der Weber" in der Volksbühne

Fast so alt wie die Volksbühne selbst sind Hauptmanns Weber". Vor 36 Jahren waren sie der stärkste Erfolg seit ihrer Gründung, heute, bei der Festvorstellung, zeigt sich die Unvergäng lichkeit der Dichtung und mit ihr die ungebrochene Kraft der Volks­bühnenidee.

Die Weber  " sind ein historisches Schauspiel. Hauptmann  schildert die Hungerrevolte der schlesischen Weber des Jahres 1844, einer Zeit, über die große Ereignisse hinweggegangen sind, die un­jerem heutigen Empfinden entrückt sein sollten. Sie ist es nicht. Die Aufführung padt, rüttelt auf, reißt fort, die Figuren, die auf der Bühne stehen, sind Menschen aus unserem Fleisch und Blut, das Elend der längst vermoderten Webersleute ist die Not unserer Tage. Das ist Hauptmanns ewig junge dichterische Kraft, das wir uns mit seinen Personen verbunden fühlen, daß jeder einzelne, der auf der Szene steht, zu unserem Freund oder Feind wird.

Karlheinz Martins Inszenierung gehört zu dem Buche tigsten und Eindringlichsten, was wir in den letzten Jahren auf der Bühne gesehen haben. Mit geringen Ausnahmen hat er sich eng an die Regievorschrift des Buches gehalten. Nur gibt er Ueber blendungen von Aft zu Aft; traumhaft, gespenstisch, verklingt das Weberlied zwischen den Bildern, erscheint die marrende Volksmenge, wird ein beklemmender Leichenzug sichtbar. Dadurch wirkt, das Drama noch geschlossener, wie die Inszenierung überhaupt aus einem Guß hingehämmert ist. Das erste Bild, die 3ahlstube in Dreißigers Fabrit, in der die ausgemergelten Webergestalten wie Tiere zusammengepfercht, beklommen und ergeben auf ihren Hungerlohn warten, atmet das Aufstöhnen einer gequälten Masse. Im zweiten Aft, in Baumerts Stube, in der die Webstühle unablässig flappern, in dieser Verkörperung des hoffnungslojen Elends, der Dürftigkeit und Kümmerlichkeit wird in den Webern der Glauben lebendig, daß an ihnen ein Unrecht geschieht, das gutgemacht werden muß. Sie begehren auf, aber noch mit dumpf schlummernder Kraft. In der Wirtshausszene, die Karlheinz Martin   mit gutem Gelingen ins Freie verlegt, beginnt schon die offene Rebellion, die sich dann im vierten 2ft in blindem Zerstörungswillen an dem Reichtum des Fabrikanten Luft macht. Diese Szene ist der Höhe punkt der Aufführung. Lautlos und schüchtern schiebt sich die Menge in sein Haus, stumm, mit unheimlicher Sachlichkeit, zertrümmert sie jeden Gegenstand, der ihr vor die Finger kommt. Nur ein ge­

| preßtes Stöhnen wird hörbar: Arm sollst du werden wie eine Kirchenmaus, arm sollst du werden." Es ist eine graufige Rebellion der Not. In seiner ersten Inszenierung im Großen Schauspielhaus vor neun Jahren hat Martin dieses Bild lärmender angepadt. Seine Auffassung in der Voltsbühne wirft ungleich wuchtiger, wuchtiger auch als Jeßners Inszenierung im Staatstheater, der über diese Szene ebenfalls das Grauen der Lautlosigkeit gebreitet hatte. Noch einmal erfährt die Aufführung eine Steigerung, in der Stube des alten hilse, in der die Luise( Margarete Melzer  ) ihre Verzweiflung von der Seele schreit: Ich bin eben' ne Mutter." In diesem Schrei liegt eine ewige Anklage gegen alle Erniedrigung der Menschheit. Und es ergibt sich von der ersten Minute an der Eindruck, so und nicht anders hat es fommen müssen. Unabänderlich erfüllt sich das Schicksal der Weber und ihrer Feinde. Das ist das größte Lob, das man einem Werk und seiner Inszenierung zollen fann.

Genau wie Hauptmann ein Rollettioscidial gestaltet, bringt Martin ein Darstellerkollektiv zusammen, in das alle fich einfügen, aus dem jeder hervorragt. Ob sie Hans Busch, Siegurd Rohde, Hans Peppler  , Siegmund Nunberg, Ernst Karchow   heißen, alle spielen sie nicht, sondern sind die Gestalten, die sie darstellen sollen. Nur Herrmann Speelmans fügt sich nicht in das Ensemble er ist nicht der schneidig Jägermoriß, wie ihn der Dichter gezeichnet hat, er überschreit sich, er bleibt immer der gleiche.

Als Gerhart Hauptmann   den Zuschauerraum betrat, erhob sich das ganze Theater vom Partett bis zur Galerie und setzte sich nicht eher wieder, als bis der Dichter Platz genommen hatte. Eine Ehrung, wie sie im spröden Berlin   nur selten geschenkt wird. Am Schluß bereiteten die Zuschauer den Darstellern, dem Regisseur und besonders Gerhart Hauptmann   begeisterte Dvationen. Der Arbeitsausschuß der Sonderabteilungen verteilte übrigens auf der Straße 3ettel mit polemischem Inhalt, in denen die merkwürdige Meinung vertreten ist ,,, die Wolfsbühne vermeidet es, ihr Jubiläum vor der großen Arena der Berliner   Arbeiterschoft zu feiern. Nur ein sorgfältig ausgewähltes Publikum hat Zutritt, als Vertreter der Literatur ist gerade Gerhart Hauptmann   der Auserwählte".

Der Verlauf der Aufführung hat gezeigt, daß die Volksbühnen­leitung auf dem richtigen Wege marschiert. Ernst Degner.

Feste Front der Republikaner

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Forderungen des Reichsbanners

Magdeburg, 22. September.  ( Eigenbericht.)

In Magdeburg   beschäftigte sich am 20. und 21. September eine von allen Gauen beschickte Bundesratsjigung des Reichs­banners Schwarz Rot- Gold", an der auch eine Anzahl bedeutender Persönlichkeiten des republikanischen Lagers teilnahinen, mit der durch den Wahlausfall geschaffenen politischen Lage. Bundesvorsitzender Hörfing ffizzierte in einem Referat die Entwicklung Deutschlands   in den letzten 12 Jahren und die politische Machtverteilung. Es wäre ein Fehler der republikanischen Par­teien, daß sie trotz aller Mahnungen die nationalsozialistische Gefahr unterschäzten. Man habe in den Parteien auch für das Reichs­banner als die republikanische Schuhtruppe in den letzten Jahren verhältnismäßig wenig Verständnis und Förderung gezeigt. Deutschland   brauche jetzt eine starke republikanische Re­gierung, die innen- und außenpolitisch Autorität befunde und vor allem versuchen müsse, durch ein großzügiges Wirtschafts­programm Arbeit zu schaffen. Die

Hochverrats- Parteien von links und rechts dürften niemals als regierungsfähig angesehen werden. Wer mit ihnen paftiere, begehe selbst Hochverrat. Das Reichsbanner wolle nunmehr zu einer noch größeren Aktivität als bisher übergehen. Es wäre kein Bund von Parteien, sondern eine überpartei= liche Vereinigung von Männern aus allen republikanischen Lagern. Von feiner Partei abhängig, nur gebunden ans cigene Gewissen und an die Bundesjagungen. Das Reichsbanner werde jede Partei unterstügen, die im Rahmen der Weimarer Verfassung  für soziale und demokratische Gestaltung des Staates wirte. Plan­mäßige Zusammenfassung sämtlicher republikanischer Faftoren, Hebung des Kampfgeistes, Opfermut und Disziplin seien das Gebot der Stunde für alle republikanischen Männer und Jünglinge.

Die ausführliche Aussprache ging por allem auf die Ur­sachen des Wahlergebnisses ein und beschäftigte sich sowohl mit den Methoden und Plänen der deutschen  . Faschisten als auch mit den jezt von den deutschen   Republikanern, vornehmlich dem Reichs banner, zu erfüllenden dringlichsten Aufgaben. Die der Staats partei beigeéretenen Kameraden gaben Erklärungen für ihre

Motive ab. Mit der Parteineubildung hätten sie die Schaffung einer einheitlichen bürgerlichen Klassenfront verhin= dern und einen zuverlässigen sozial- republikanischen Faktor zwischen Sozialdemokratie und Reaktion schaffen wollen. In ihrem Verhält­nis zum Reichsbanner habe sich weder innerlich noch äußerlich irgend etwas geändert. Die Kameraden vom Zentrum betonten entschieden, ihre Partei würde unter teinen Umständen den Nationalsozialisten gegenüber die Erziehungs­taftit" anwenden, die schon den Deutschnationalen gegenüber ein Mißerfolg geworden sei. Es müsse der Weg zu einer auf breiter Basis stehenden republikanischen, demokratischen und sozialen Re­gierung gefunden werden.

Die Aussprache ergab, daß in allen Reichsbanner- Gauen her= vorragende Kampfbereitschaft besteht und sich nirgends Bessimismus eingeschlichen hat. Die Reichsbannermassen wollen

Aktivität bis zum Fanatismus.

Sstematische Werbungs- und Aufklärungsarbeit soll, so wurde ver­langt, Hand in hand gehen mit geistiger und psychologischer For mierung der republikanischen, demokratischen und sozialen Front. Man verlangte, daß die der Weimarer Verfassung   verpflichteten Parteien sich jetzt zusammenfinden und Streitereien, die dem Gebot der Stunde nicht angemessen sind, zurücktreten laffen. Hauptaufgabe wäre die Bildung einer starten republikanischen Re­gierung entschieden sozialen Geistes, gewillt, ihre Machtmittel gegen Putschisten von rechts und links einzusetzen. Ein Kompro= miß in der Flaggenfrage, wie es sich bei Teilen der Staatspartei zeige, müsse vom Reichsbanner leidenschaftlich zurüdgewiesen werden. Für das Reichsbanner gibt es nur eine Fahne Deutschlands  : Schwarzrotgold.

Bis ins fleinste besprachen die Gauführer des Reichsbanners mit dem Bundesvorstand die für Kampf und Arbeit der nächsten Wochen und Monate notwendigen Vorbereitungen. So darf dann das Reichsbanner Freund und Feind versichern, daß es bereit ist, wie bisher schon in so vielen schmeren politischen Situationen, auch heute und morgen die deutsche Republik und ihre Zukunft gegen alle Gegner zu verteidigen.

Die ,, Gratulation  " der Gegner.

Oder: die gehässige DAZ."

Die zahlreichen Stimmen, die aus allen Gebieten der Arbeit und des Geistes der Volksbühne Glückwünsche darbringen, lassen den emigen Gegnern der Volksbühnenidee keine Ruhe. Die Deutsche Allgemeine Zeitung" meldet sich so zum Wort:

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,, Hat die Volksbühne eigentlich wirklich Anlaß zum Jubilieren? Hat sie in diesen 40 Jahren sich wirklich im Theaterleben Berlins  einen Platz errungen, an dem sie weithin sichtbar mit Charakter und besonderem Wesen steht? Ist sie nicht vielmehr in diesen ganzen Jahrzehnten wieder und wieder hinter den bürgerlichen Theatern Berlins   hergelaufen und ist sie nicht, als sie nach dem Krieg und nach dem Abgang Kayßlers begann, sich auf das politische und damit auf das proletarische Zeittheater zu stürzen, immer tiefer in Krisen und Sorgen hineingeraten?... Es liegt also eigentlich kein Grund zum Feiern vor, um so weniger, als dunkel drohend auch über diesen Jubilar das ach so aktuelle Gespenst der Unterbilanz schwebt."

Wir wollen die ,, DA3." über diese letzte Frage wenigstens trösten mit den Worten, mit denen in der Delegiertenversammlung am Sonnabend der Generalsekretär der Volksbühne, Dr. S. Nestripke, seinen Bericht schloß: Der Voltsbühnengedankte ist so gesund, daß er auch diese wirtschaftliche Krise fiegreich überwinden wird.

Kriegsschulden werden wieder aufgerollt Damit würde der Joung- Plan revidiert Snowden zur Zeit noch dagegen.

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Washington, 22. September.

Wie verlautet, follen im Staatsdepartement Berichte vorliegen, nach denen der britische Schahzfanzler Snowden nicht den Wunsch hege, die Frage der Kriegsschulden gegenwärtig wieder aufzurollen, weil dann auch eine Revision der Reparationszahlungen akut werden müßte, was wiederum eine Unsicherheit der wirtschaft­lichen Lage zur Folge haben würde.

Hier vorliegende inoffizielle Nachrichten aus Europa   fprechen hingegen von erneuten Bemühungen, eine Herabsehung der Kriegsschulden der Alliierten an die Bereinigten Staaten zu erreichen, und geben der Meinung Ausdruck, daß die außerordentliche Zunahme der Nationalsozialiffen in Deutschland  einen starken 2n ft of zur Wiederaufrollung der Schuldenfrage geben wird.

Weiter wird darauf hingewiesen, daß, während eine Herab­fehung der Schulden vielleicht eine Besserung der Wirt­ichaftslage, wenigftens foweit England in Betracht kommt, nach sich ziehen würde, eine Berschlechterung der englisch  - ameri­kanischen Beziehungen eintreten fönnte infolge der heftigen Debatten im kongreß über die Schuldenfrage.

Flotteneinigung Rom  - Paris   gescheitert.

Condon, 22. September.

,, Sunday Times" berichtet aus Genf  , daß die italienisch- fran­zösischen Flottenbsprechungen zu einem Stillstand gekommen sind, nachdem Frankreich   es abgelehnt hat, einen Vorschlag anzu­nehmen, der die Frage der Parität in der Schwebe läßt, aber eine ausgesprochene Ueberlegenheit der französischen   Flotte bis zum Jahre 1936 bedeutet hätte. Die Aussicht auf den vollent po Beitritt Frankreichs und Italiens zuni Londoner Flottenvertrag fei Daher schwächer als je.

,, Sunday Times" bemerkt, diese Nachrichten träfen angesichts der ungewissen Lage in einem besonders kritischen Augenblick ein, die durch den deutschen   nationalsozialistischen Erfolg bei den Wahlen geschaffen worden sei.

An diesem Scheitern ist in der Hauptsache der Faschismus. schuld, der Flottenparität mit der ganzen französischen   Flotte, das heißt die Ueberlegenheit über die französische   Flotte im Mittelmeer   verlangt.

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Wichtige Parteinachrichten für heute abend. 7. Kreis Char­ lottenburg  : Heute, Montag, 19% Uhr, Bezirksverordneten fraftionsfigung mit fämtlichen Bürgerdeputierten im Rathaus Char 17. Kreis Lichtenberg: Heute, Mon­lottenburg, Zimmer 1. tag, 18 Uhr, Fraktionssihung der Bezirksverordneten mit den Bürger­deputierten im Zimmer 36 des Rathauses, Möllendorfstraße 6. 74b. Abteilung Zehlendorf Süd: Heute, Montag, 20 Uhr, wichtige Funktionärsihung beim Genossen Ziemann, Karlstraße 11. Wetter für Berlin  . Langsame Besserung des Wetters, feine wesentliche Temperaturänderung. Für Deutschland  . Im Nord­often noch vielfach Regen, sonst überall Besserung.

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Serafine Kinne hat ihrer Schule für Tanz und Gymnastik, Halensee  , Johann George- Straße 19( ubld. 6917) eine Berufsausbildung für tänzerische Körperbildung, Bewegungschorleiter und Tänzer( Bewegungslehre Laban) angeschlossen. Beginn am 1. Oktober.

Das Bolfsbildungsamt Charlottenburg   eröffnet das diesjährige Winter programm am Dienstag, dem 23. September 1930, 20 Uhr, im Stonzertsaal der Hochschule für Mufif, mit einer offenen Singstunde und Abendmusik der Bolksmusikschule. Unter dem Programm: Auf, Brüder, laßt uns luftig leben..." wechseln gemeinsame Gefänge und Orchestervorträge miteinander ab. Die Leitung hat Professor Frik Jode. Eintritt 1.-M., für Mitglieder der Kunstgemeinde Charlottenburg und bei Sammelbestellungen ab 10 Stüd je 0,75 M. Starten im Charlottenburger   Rathause, Zimmer 310, in der Stadtbücherei, Esoanderstraße 1, und deren Zweigstellen, bei Bote& Bod, Tauenkinstr. 7( nur für Säfte) und, soweit vorrätig, an der Abendkasse. Gammelbestellungen nur durch die Geschäftsstelle der Volksmusikschule, barlottenburg 9, Stollatstraße 14.

FUNK

UND­

AM ABEND

Montag, 22. September. Berlin  .

15.20 Wohnkultur und Wohnmaschine. 15.40 Bummel durch Italien  . 16.05 Schopenhauer   und die Gegenwart. 16.30 Musikalische Parallelen.

17.30 Jüngste Dichtung( Marie Raschke  ). 18.00 Jugendstunde( James Simon   am Klavier). 18.30 Form und Sprache der Musik. 18.55 Rundfunk und Geistesarbeiter. 19.25 Blasorchester.

20.15 Englisches Parlament. 21.00 Kammermusik.

Deutschlandsender.'

20.00 Aus Köln  : Alte Operetten.

Lotterie. Wir verweisen auf die im Anschluß an den in der gestrigen Sonntagsausgabe veröffentlichten Gewinnplan der neuen Staatslotterie in der heutigen Abendausgabe enthaltene Empfehlungsanzeige der Staatlichen Lotterie- Einnahme Lüttges, Neukölln, Hermannstr. 10( am Sermannplak). Berantwortl. für die Redaktion: Bolfgang Schwarz, Berlin  ; Anzeigen: Th. Glode, Berlin  . Verlag: Borwärts Verlag G. m. b. S., Berlin  . Drud: Borwärts Buch bruckerei und Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW 68, Lindenstraße 3. Sierau 1 Beilage