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Ernst Toller  : Das Oktobernalist

Wie man in Sowjetrußland tauft

,, Biaue Blusen" heißen die Truppen, die in origineller Form, mit fünstlerischen Mitteln, Propaganda treiben. Es gibt deren in Rußland   etwa vierhundert. Die Artisten find Arbeiter, die im Be­triebe bleiben und abends spielen. Die Truppen treiben Propa­ganda für die Rote Armee  , für Genossenschaften, für Intensivierung der Arbeit, für Physkultur usw.( Bhystuktur ist der neue Name für Sport. Sport mit seiner Refordmanie gilt als bürgerlich, was an jeine Stelle trat, heißt Physkultur.)

Die künstlerischen Mittel der Blauen Blusen" find Lieder, Atrobatif, Tanzstetsche.

Afrobatik spielt eine große Rolle in den Sowjettheatern, und das ist merkwürdig. Denn was macht die Freude an Akrobatik aus? Nicht nur Gefallen an der Biegsamkeit, an der Leistung der Artisten, hinzu kommt der sensationelle Reiz, daß der andere sein Leben aufs Spiel setzt, und man diese Lebensgefährdung ruhig ge= nießen fann. Also etwas, was der proletarische Ideologe als flein­bürgerlich bezeichnet.

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Sollte diese Sensation" mit der Klaffenzugehörigkeit nichts zu tun haben?

Sechs junge Burschen und sechs Mädchen singen ein Pro­pagandalied für die Rote Armee   mit dem Refrain: Wir sind keine Militaristen, wir sind Schüßer der Arbeit!

Die soldatische Disziplin in den Bewegungen! 2m lustigsten und gleichzeitig fünstlerisch am stärksten wirken Satiren auf Zeitvorgänge.

Die Bolschewiki fanden als Ersatz für die Taufe eine neue Form: fie ,, oktobern" ihre Kinder. Das Kind erhält die mert würdigsten Namen, Maja nach Mai, Ottobra nach Oktober, Elektri­fifatia, weil Elektrifizierung die Forderung des Tages, Traktora  , meil vom Traftor die rapide Entwicklung der Landwirtschaft erhofft mird, Kim, entstanden aus den Anfangsbuchstaben für die Kommu­nistische Jugendinternationale, Rinel, Mädchenname, entstanden aus der Umtehrung von Lenin  .

Eine kleine Episode wurde aufgeführt, Oktobern" genannt. Ein junges Arbeiterehepaar, das sich parteilos nennt, aber auf Vorteile von allen Seiten bedacht ist, hat das erste Kind bekommen und läßt es oftobern. Die Fabrik, in der Mann und Frau arbeiten, übernimmt beim Oktobern die Patenschaft. Sie schickt als Delegierte zum festlichen Att fünf Genossen in die Wohnung des Ehepaares. Mutter und Vater haben sich kommunistisch herausgeputzt. Mutter trägt ein knallrotes Kopftuch, Vater im Jackett alle möglichen Ab­zeichen mit Bildern von Lenin  , Troßti, Frunse  , Stalin usm.

Der Borsigende der Delegation, allen als Bramarbas bekannt, beginnt eine Rede:

,, Dieses Kind, dieses rote Kind, dieses revolutionäre Kind soll ein Goldat gegen den Kapitalismus, ein Soldat der Weltrevolution jein. Der Kapitalismus... überhaupt der Kapitalismus  "... plöglich, als menn er sich auf einem Meeting befände, hält er eine wütende Rede gegen den Kapitalismus.

Bruno Winawer  

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Ein anderer Delegierter stößt ihn mit der Faust in die Ripper. Er hält inne und beginnt von neuem:

,, Wir sind zusammengefommen, um das Kind unseres tapferen Genossen, das rote Kind, das revolutionäre Kind zu oftobern. Das wollte ich sagen. Und dann wollte ich sagen: der Kapitalismus  ..." und schon entströmt seinem Munde ein nicht aufzuhaltender Suada und schon entströmt seinem Munde ein nicht aufzuhaltender Suada gegen den Rapitalismus.

,, Efel, denk daran, mozu bu hergefommen bist", ruft ein Dele­gierter ihm zu.

,, Also mir find hergekommen, weil unsere rote Fabrit beschlossen hat, das rote Kind, das revolutionäre Kind Marat   zu nennen zur Erinnerung an den großen Helden der französischen   Revolution,

Marat  .

Mutter schreit vor Schreden auf.

barsten Farben auf... Wer meiß, ob die Medizin nicht seht- bant den Fortschritten der Phnsif die mächtigste Waffe im Kampf mit epidemischen Krankheiten errungen hat.

Natürlich

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das sind Kleinigkeiten Ein Journalist, der feine Leser wirklich interessieren will, muß jedes Feuilleton an die legte Theaterpremiere antnüpfen. Wollen mal versuchen: Der Berliner   Ingenieur Kurt Gerson   hat eine fabelhafte Methode der Berarbeitung von Großstadtmist in nüzliche Substanzen erfunden. Er läßt ihn Transmiffionen, speziell konstruierte Magnete durch Laufen, berugt pneumatische Separatoren und erhält so nadh 3er­mahlen aus einem Haufen widerlicher Abfälle etwas, was er ., Baumwolle" nennt. Nach entsprechender Nitrifikation entsteht aus diesem Mist diesem Mist Kunstseide! Außerdem fann man dank anderer Prozesse-aus Fetzen, Kohlenstaub, Abfällen, alten Gummiabsätzen Holzkohle, Brenngas gewinnen! Man hat schon eine entsprechende Fabrik erbaut. Millionen liegen auf unseren Misthaufen," rufest die Berliner   Blätter freudig aus

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Gut, aber was hat das mit einer Theaterpremiere zu tun? Man könnte Herrn Kurt Gerson   hintergehen, ihm sein Batent heimlich stehlen, 3entrifugen aufstellen, Segregatoren, Mühlchen und darauf einige Meisterwerke der neuen dramatischen Literatur mitsamt

Bater bedeutet ihr, fie möchte ruhig sein und sich das Geschent den Rezensionen über sie laufen lassen, dem Ganzen megen des Geruchs etliche Wunderwerfe amtlicher Prosa beimengen... der Fabrit anschauen, schöner Stoff fürs Rind. Wir würden sehr viel Kunstseide gewinnen. Mutter beruhigt sich.

Die Delegierten nehmen Abschied.

Ob der Pope endlich erscheinen dürfe, er marte schon seit einer Stunde am stillen Ort, meldet die Tante.

Flugs reißt Mutter ihr rotes Kopitudy, vom Haupt, schlägt

Bater seinen Jackettfragen hoch, daß alle Abzeichen und Bilder ver: schwinden mit Berbeugung und Betreuzigung öffnet man die Tür zum Klosett und bittet den Popen hereinzukommen. Ebenso die beiden christlichen Taufzeugen, die im gleichen Raum gewartet haben.

Minutenlang füßt man dem Popen die Hände, betreuzigt sich wieder und wieder.

Zum Taufbecken wird ein Küchenzober bestimmt. Unterdessen erzählt die Frau dem Bopen, die Bolschemifi hätten sie gezwungen, ihr Kind oktobern zu lassen und in schreiendem Weinen: Diese Hunde haben mein Kind Marat   genannt."

,, Marat!" leift der Pope, Marat, das war ein Räuber, ein Lump. Niemals fann ein christliches Kind den Namen Marat   be­tommen."

Alle beraten, wie man das Kind nennen soll.

Damit die Bolschewiki nicht merken, daß das Kind einen anderen Namen hat als den, den sie ihm gegeben, wird einer gesucht, der jo ähnlich flingt wie Marat  . Jeder macht Borschläge: Tara, Rata, Arta  , Martha, schließlich einigt man sich auf einen Namen. Nur Mutter will ihn nicht. Bater droht ihr, wenn sie nicht gleich den Mund halte, haue er ihr ein paar runter. Mutter beruhigt sich. Die Zeremonie beginnt: Chorgesang und Sichbefreuzigen, Taufe des Kindes. Doch mitten im heiligen Att öffnet sich die Tür, und herein fommt ein Kommunist, der seine Galoschen vergessen hat. Im allgemeinen Tumult, Bater hat inzwischen seinen Rod= tragen geöffnet und läßt seine, tommunistischen Abzeichen sehen, endet die Szene.

Von Memnonen, Elektronen usw.

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Wenn die furzen Ferien zu Ende find, fangen unfere unglüd lichen Kinder nach alter Sitte mieder an, nußlose uninter effante Daten und Tatsachen in die armen geplagten Sirne zu stopfen: Wann hat König Heinrich der Soundsonielte gelebt? Welcher Karl hat welchen Philipp geschlagen und wo? Welche Ansprüche hatte die weiße Rose   an die rote?

Sagt mir, liebe Leute, wer hat eigentlich die Schulprogramme gemacht? Gibt es tein Mitiel gegen diese schlimmste ägyptische Plage? Und wann endlich wird der Pädagogherkules aufstehen, einen mächtigen Besen ergreifen und diesen ganzen unnützen Ballast bon albernen Namen, Chronologien, Zahlen, Geschehnissen, die nichts bedeuten, und Kriegen, die mittelalterliche Komödianten in betrunkenem Zustand erflärt haben, mit einem Schwung ausmiften? Was hat das alles mit Bildung zu tun, und warum vernageln wir eigentlich freiwillig die jungen Gehirne? Warum verwandeln wir die Schule in einen Garten der Qual"?

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Erzählt den Kindern lieber anstatt sie zu quälen das sen. sationelle Märchen davon, wie die genialsten Menschen der Welt Newton, Galilei  , Hungens, Lionardo  , Fresnel, Marwell, Herz, H. A. Lorenz jahrhundertelang mit der großen Frage rangen: mas ist Licht? Wie da Theorien aneinanderprallten, wie wir in fortwährender, ausdauernder Arbeit Schritt um Schritt das Terrain eroberten und wie wir schließlich zu unseren heutigen Kenntnissen gelangt sind. Die Geschichte der Optik ist weitaus interessanter als eure pjeudo- allgemeine Geschichte und da gerade davon die Rede ift- es gab eine Zeit, wo bescheidene wissenschaftliche Tatsachen eine große ,, politische" Rolle in der Geschichte gespielt haben.

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Wir haben gelejen, daß die ägyptischen Priester eine Kleinigkeit über die Sonnenfinsternis gewußt haben. Und das gab ihnen Macht über die Menge einige fümmerliche Kenntnisse aus der Astronomie erhoben sie über den gemeinen Pöbel und machten aus ihnen eine allmächtige Kaste. An diesem und jenem Tag ver= wird Gott  , um, fündeten sie dem Bolt mit tragischer Stimme Und es cudy zu strafen, sein strahlendes Antlitz verhüllen! herrschte unbeschreibliche Banit unter dem ägyptischen Volt, es erhob fich Stöhnen und jämmerliches Wehklagen in den Straßen der Städte und vor den Mauern der Tempel. Da sammelte der weise Erzpriester viele Gaben ein, willfahrte den Bitten und den Flchen sprach, während er die Häude zum Himmel erhob, eine mur ihm be fannte Formel, der unheilkundende Schatten schwand, die Sonne strahlte wieder...

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Heute könnte jeder Bolksschüler, wenn er einen Blick in den Kalender täte, sehr gut die Rolle eines großen Opferers spielen. Seber unserer Schullehrer hätte in Aegypten   das Anrecht auf eine Schürze aus gemustertem Stoff und auf eine goldene, mit Saphiren und Rubinen besetzte Tiara.

Sonnenfinsternis tritt ziemlich selten ein, und so hielten die meisen Erzpriester so für alle Tage" einige fleinere Bunder in Bereitschaft. Schwere Torflügel öffneten sich von selbst vor dem erstarrten Wallfahrer, obwohl im Tempel niemand anwesend war. Amenhoteps mächtige Säule in Theben sang bei Sonnenaufgang oder flüsterte unverständliche Worte... Der Ingenieur William Renvel, Borsitzender des Mechanikerverbandes, erklärte den bei einem Bankett in London   versammelten Zuhörern, daß jene ge­heimnisvollen, übernatürlichen, mystischen Erscheinungen lediglich von einigen elementaren Kenntnissen der Theorie der Gaje oder ein facher der Pneumatit zeugen. Die Tore öffneten fich von felbft, weil auf dem Altar Feuer brannte, die Luft erhitte, bie, sich aus behnend, Waffer nerdrängte, es durch eine Röhre in ein bestimmtes

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| Stübelchen goß, und dieses Rübelchen wieder 30g an einem Schnürchen, das über einen Balten lief. Jeder geschickte Schlosser wird euch nach furzer Ueberlegung eine ähnliche mechanische In­stallation sfizzieren können.

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Der singende Memnon war etwas anders eingerichtet, aber auch hier handelte es sich nur um Geschicklichkeit und um den ent­sprechenden Kostenpunkt. Der Magistrat tönnte uns bei einigem guten Willen eine singende Säule Amenhoteps III. errichten. Man muß nur im Sockel zwei Kameras unterbringen, Wasser eingießen. mit einem Röhrchen verbinden und warten, bis die Sonne aufgeht. Durch die goldenen Sonnenstrahlen erwärmt, drängt das Gas das Wasser aus einer Raverne in die andere, aus welcher dann die zusammengepreßte Luft durch speziell angebrachte Deffnungen zischend entfliegt.. Bei Sonnenuntergang miederholt sich die gleiche Prozedur in entgegengejekter Richtung: das Standbild fingt, lallt seltsame Worte, die Menge fällt in den Staub und lobet die Stadtpäter, die Boeten verfassen glänzende Hymnen zu Ehren des mächtigen Magistrats.

Mit solchen einfachen Spielereien und naiven Stunststüdchen ver fchaffte man sich einst Achtung und Gehorsam, einige elementare Kenntnisse der Physik hielten gewaltige, vieltausendtöpfige Ansamm lungen im 3aum, sicherten den Eingeweihten lebenslängliche Rente, Reichtümer, höchste Stellungen in der Gemeinschaft.

Unsere heutige Wissenschaft verhält sich zur Wissenschaft der ägyptischen Briefter wie ein großer, feuriger Meteor zu einem zer tretenen Johannistäfer, aber trotzdem habe ich manchmal den Eindruck, daß jene gescheiter waren als wir. Was sie mußten, ver­steckten sie eifersüchtig und kein verdammter Kaffeehaussnob, fein gespreizter Aesthet mätelte bei einer Schale Schwarz an ihnen herum: ,, Radio? Blödsinn herum: Radio? Blödsinn- Elektrische Wellen? Langweilig Einsteins Theorie  ? Wem nützt das schon? Fernsehen? Appa

ratur..

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Wir sind heute weit davon entfernt, die Technik anzubeten. Wir zucken verächtlich mit den Achseln, wenn uns jemand plöglich erzählt, daß die Herren Melville, Warmford und Edvards vom University College in London   endlich das Röntgentino verwirklicht haben, den Herzschlag filmen, den Blutkreislauf, die Funktion der inneren Dr­gane. Uns imponiert nicht die radiofonische Auskultation, welche dem Arzt in London   gestattet, seinen vielleicht schon morgen gerade auf einem Schiff nach dem fernen Kapstadt   reisenden Pa­tienten zu untersuchen.

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Was kümmert es uns, daß der berühmte amerikanische   Physiker Dr. Collidge( Franklin- Institut in Philadelphia  ) die wissenschaftliche Welt mit einer furzen Depesche von seiner neuen Erfindung in Kenntnis gesetzt hat. Es ist ihm gelungen, die berühmte Bafuum. röhre Lenards, die bis dahin eine spröde, subtile, fränfliche, tunjt. volle und überempfindliche Laboratoriumsvorrichtung war, umzu volle und überempfindliche Laboratoriumsuorrichtung war, umzu tauen und den technischen Anforderungen anzugleichen. In den Meisterfingern des amerikanischen   Gelehrten nerwandelte sie sich gründlich, nahm neue Kräfte an, fprüht geradezu Garben von Katodenstrahlen in die Luft, versprigt Elettronen non nie da. gewesener Energie. Mit einer Geschwindigkeit von 250 Taufend Kilometer in der Stunde fliegen fie durch ein Nickelfensterchen aus dem Bakuum heraus und rufen Effette hervor, die sonst vielleicht nur ein volles Kilogramm Radium hervorrufen fönnte. Kristallsalze werden im Nu schwarz, Azetylen( Gas) verwandelt sich in ein gelbes Bulner, Bazillen und sogar ausgemachfene Fliegen fallen im undertitel einer Sefunde tot hin, Wasser perfärbt fidh von selbst rosa, die Milch pasteurisiert sich, Mineralien glthern in den minder

Erna Büsing:

Eisenkopf hält seine Freunde frei

Eisenkopf ist ein erstklassiger Kolossalmensch. Eisentopf ist eine Fleischportion, die sich sehen lassen kann. Wenn er seine beiden Hände im Kaffeehaus auf einen runden Marmortisch legt, dann ist der bededt. Aber Eisentopf ist nicht nur fett und groß und schwer. er hat auch feinen Körper trainiert. Eisentopf hat hart gearbeitet bei erschreckender Rücksichtslosigkeit gegen sich selbst und darum kann er mun Kraftleistungen vollbringen. Er ist eine Krajinummer ersten Ranges, wirklich, er fann sehr viel, er leistet reelle Arbeit, jedoch wird er nie ein großer Artist. Er fann nämlich seine Nummer nicht verkaufen.

Er ist gutmütig und aufrichtig. Er ist viel zu sehr von der Schmere der sich selbst gestellten Aufgaben überzeugt, um je nach dem Bluff streben zu können. Er fann nicht sein eigener Markt­schreier sein.

So gastiert er in kleinen Wirtschaften. Dorthin verirren sich meder literarische Größen aus Deutschland   noch Barietédirektoren aus Paris  , um Artisten zu entdecken. Dorthin tommt höchstens einmal ein Mann, der einem verstaubten Panoptikum etwas frische Luft durch eine Bugtraft" zuführen möchte.

Trogdem hat Eisentopf eine Schar treuer Anhänger. Sie jetzt fich zusammen aus Schwerarbeitern, die Mustelarbeit nicht nur bestaunen oder bemundern, sondern sie auch zu schäßen missen. Aber mas nügt es schließlich dem Elfenkopf; ist doch das stichhaltige Bert­urteil seiner begeisterten Anhänger nicht für bare Münze zu verlaufen.

Eisentopfs Künstlername ist guf gewählt; meil unser Straft mensch letzten Endes Kopfarbeiter ist. Sein Kopf ist tatsächlich mie non Eisen und es gehört zu Eisentopfs Spezialitäten, alles mögliche auf feinem harten Schädel zerschlagen zu lassen. Das ist oft teine Leichte Arbeit und der ungläubige Zuschauer, der selbst probieren barf, arbeitet sich als Schläger bei seiner Arbeit mehr als einmal richtiggehend in Schweiß. Und Eisentopfs Freumbe tun viel für ihren fräftigen Schühling und sie tun noch mehr für die Kunst und fie stahlen einmal sogar einen Meilenstein, der hernach bei ber abendlichen Vorstellung auf Eisentopfs Schädel zerflopft wurde. Aber, wie schon gesagt, Eisentopf wurde nie ein berühmter Artist Sein Berdienst reichte gerade für Schmalzitullen zum Frühſtüd, Hülsenfrüchte zum Mittag und Spec zum Abendbrot.

Doch einmal im Leben und das ist heute, da fann Eisentopf eitel Freude um sich verbreiten. Er, dessen Freigebigkeit der eigene Geldbeutel immer so enge Grenzen zieht, fann heute einmal der Spendierende sein. Eisentopf hält seine Freunde frei. Sie effen Eisbein und Sauerkraut und trinken Bier und lassen für manchen Groschen das jammervoll perstimmte Orchestrion spielen.

Eisentopf arbeitet an diesem Abend nicht, er ist der ganz große Star, der Launen hat. Und mie diese gütige Wendung des Schiffals zustande tam? Mun, heute morgen mar ein hochgelehrter Herr Professor bei Eisentopf. Man verhandelte und Eisentopi hatte, unter Hinzusetzung einiger Tintenflege, ein Schriftstüc interzeichnet, das dem Herrn Professor ader dessen Amtsnachfolgern das Recht einräumt, sich der Leiche Eisenkopfs zu bemächtigen.

Morgen geht das Leben für Eisenkopf im alten Iraft meiter. Man zerschlägt fernerhin Steine auf seinem Kopf und dieser Kopf famt Körper werden nie aus den verräucherien, durch einen schmierigen Vorhang abgetrennten Hinterstuben fleiner Wirtschaften herauskommen.

Und wenn man darüber nachdenkt, dann muß man sagen, es ist eigentlich schade, daß dieser gutmütige, jo gerne gebende Eisen­topf mur einmal seine Freunde freihalten konnte, und daß auch mur an dem Tage, an dem er seine Leiche an die Anatomie verkaufte.

Robert Blum   als Theateragent

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Robert Blum   war schon mehrere Jahre Theaterfekretär in Leipzig   gewesen und in Deutschland   bereits bekannt, als er von der Stadt das Bürgerrecht forderte; er begründete dies damit, daß er zusammen mit dem Souffleur Koffta ein Zentralbüro zum Bertrieb neuerer theatralischer Werke einzurichten beabsichtige. Das im Leip­ ziger   Ratsarchiv aufbewahrte, bisher unveröffentlichte Schreiben, in dem Blum auf Rückfrage des Rats Näheres über diese Absicht mit­teilt, wird jetzt von Arno Rapp in der Scene" wiedergegeben. Danach wollen die Unternehmer die Krankheiten des drama­tischen Geschäftsverkehrs, soweit es in den Kräften zweier Menschen und dem redlichen Willen steht, heilen, und das gediegene Werk sondern gegen die Masse meist unbrauchbarer Produktionen", weiter aber auch dem Krebsübel steuern, das mit vernichtender Gewalt an dem ohnehin fargen Lohne des dramatischen Dichters in Deutschland  frißt: dem literarischen Diebstahl, der nirgends so schamlos geübt wird wie bei den deutschen   Bühnen". Blum fonnte darauf hin weisen, daß ihm bereits die Autoren Grillparzer  , Mosen, Laube, Bauernfeld  , Halm, Raupach, die Komponisten Menerbeer, Lorking, Marschner, Reißiger, Kreuzer und die Intendanten der geachtesten deutschen   Theater jede Unterstützung sowie den ausschließlichen Ver. trieb ihrer Werte zugejagt hätten Dennoch teilte ihm der Rat mit, daß ,, dieses Geschäft, meldes er zu treiben beabsichtige, fein Gewerbe sei, das zur Erlangung des Bürgerrechts berechtige oder verpflichte". So mußte Blum das Bürgerrecht, das er für feine politische Zukunft nötig zu haben glaubte, trotz finanzieller Schwierigkeiten durch Kauf cines Hauses in der Stadt erwerben.

Zur Gründung des Zentralbüros ließ ihm die Politik teine Zeit mehr, und menige Jahre später befreiten die öfterreichischen Kugeln in der Brigittenau die Stadt Leipzig   non ihrem gefährlichen Bürger,