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Oer?W durch das Proletariat Demokratische Stimmen wandern nach rechts ab Bürgerliche Schichten ohne Heimat Freigewerkschastlich Organisierte und ihre Familien sind die Wähler der Partei

Dir schließen heule unsere Serie von analysierenden Aussähen über das Wahlergebnis. Wie uns eine Reihe von Zuschrislen, namentlich von außerhalb, beweist, haben diese Gesamtüberblicke über das Reich einem vielfach empfundenen Bedürfnis entsprochen, lks ist natürlich Aufgabe der Poli­tik, dafür zu sorgen, daß das unorganisierte Proletarial und die von bürgerlichen Ideologien losgerissenen, dem Faschismus zuneigenden Bürgerlichen dem demokratischen Sozialismus gewonnen werden. Bei jeder Wahl gibt es Wähler, die bei keiner Partei für sich den richtigen Plag finden können,«ie bleiben entweder zu Hause oder wählen bewußt eine Partei als Neincres Hebel, oder aber sie oersuchen" es mit verschiedenen Parteien und wählen jedesmal anders als früher. Am 111. September war die Zahl solcher Wähler ohne politische Heimat besonders stark. Durch die politischen Um- gruppierungcn verloren manche Wähler ihre alte politische Heimat, ohne in einer neugegründeten Partei eine solche sinden zu tonnen. Das war z. B. das Schicksal eines Teils der Demokraten, die sich nicht entschließen konnten, für die Deutsche Staatspartei zu stimmen. Nicht leicht mar es auch für viele deutschnationale Wähler, zwischen allen Parteien deutschnaiionaler Abstammung eine Wahl zu treffen. Manchem Landbündler fiel es sicher schwer, zwischen Schiele und Hugenberg zu entscheiden. Die anderen Wähler befanden sich dagegen in einer schwierigen Lage deshalb, weil keine Neu- gründung entstand, die ihren Interessen und ihrer Stimmung ent- sprechen könnte, während sie schon in ihrer alten Partei enttäuscht waren. Darüber, wie solche aus verschiedenen Gründen desorientierte Wähler am 14. September gewählt haben und wie groß überhaupt die Zahl dieser Wähler war, läßt sich aus dem wahlstatistischen Material nickst viel herausholen. Außerordentlich viele, namentlich kleinere Verschiebungen sind '' nicht festzustellen, ' weil sie sich teils gegenseitig ausgleichen, teils hinter den größeren Verschiebungen versteckt bleiben. Z. V. kann eine Partei an eine andere verlieren, zugleich ober von einer anderen gewinnen oder an dem Gewinn von Neuwählern relativ stärker beteiligt sein. Oder es gibt solche Fülle, daß eine Partei stark gewinnt oder ver- liert, während mehrere andere in dem gleichen Bezirk geringe Gewinne und Verluste aufzeigen. In allen solchen Fällen kann keine wahlstatistische Betrachtung oder Heranziehung der lokalen Beobachtungen uns erst recht keine Betrachtung der Zahlen für die Wahlkreise allein einen Aufschluß über die Art der einzelnen Ver. schiebungen geben. Sind wir uns aber dieser Grenze des Erkenn- baren bewußt, so können wir trotzdem auch aus dem vorläufig vor- liegenden Materiol manches lernen. Sehr viele, die keinen anderen Platz für sich fanden, die ober das Bedürfnis hatten, ihrer Unzufriedenheit Ausdruck zu geben, haben diesmal ohne Zweifel nationalsozialistisch gewählt. Das war ober sellistverständlich nicht bei denjenigen Fall, die ihre Partei wegen der Verschmelzung der Demokraten mit dein Jungdo ver- loren haben. Ein Teil dieser Wähler hat sozialdemokratisch gewählt. Dieunabhängigen Demokraten" haben die Parole ausgegeben, die Sozialdemokratie alskleineres Uebel" zu wählen. Es besteht keine Möglichkeit, auch nur ungefähr zu schätzen, wie stark zahlenmäßig dieser Zustrom früherer demokratischer Stimmen zu uns war. Es gibt aber einige Anhaltspunkte, die uns wenigstens eine gewisse Lorstellung von den Größenordnungen liefern. Vei den letzten sächsischen Landtagswahlen hat der Iungdo«ine eigene Liste ausgestellt al«Lolksnationale Reichsvereinigung". Die Deutsche Staatspartei hat am 14. September in den Wahlkreisen Leipzig und Ehemnitz-Zwickau weniger und im Wahlkreis Dresden -Pautzcn mehr Stimmen erhalten als die Demotraten und die Volksnationale Reichsvereinigung bei den Landtagswahlen zusammen. In den Wahlkreisen Leipzig und Ehemnitz-Zwickau handelt es sich bei diesen Verlusten aller Wahrscheinlichkeit nach um die Wähler, die zum größeren Teil nach links abgewandert sind. Nach rechte haben die Demokraten in diesen beiden Kreisen schon bei den vorletzten Landtagswahlen im Mai 1S2g stark verloren. Im Wahlkreis Leipzig haben die Demokraten im Mai ISZS 32S17 Stimmen erhalten gegen 45 231 Stimmen bei den Reichstagswahlen tni Mai 1328, während die Stimmenzahl der Deutschen Volkspartei von 33 119 aus 115 535 gestiegen war. In Ehemnitz-Zwickau haben die Demotraten im Mai 1323 28 332 Stimmen gegen 33 468 im Mai 1328, und die Deutsche Volkspartei 118 778 gegen 165 748 Stimmen erhalten. Im letzten Juni haben die Demokraten weitere Stimmen verloren, aber auch die Deutsche Volkspartei hat Verluste, und zwar»och vlel stärkere als die Demokraten gehabt. Es liegt aus der Hand, daß die Abwanderung der linke- demokratischen Stimmen auf die Bewegung unserer Stimmen nur einen ganz geringen Einfluß ausübe» tonnte. Etwas, ober nicht sehr wesentlich anders, scheinen dl« Dinge in Berlin zu liegen, wo(in Groß-Berlin) die Deutsche Staatspartci 33074 Stimmen gegen 159 86« demokratisch« Stimmen im Mai 1928, also rund 66 666 Stimmen weniger erhalten hat. Da der Iungdo sicher einige tausend Stimmen in seine Ehe mit den Demokraten mit- gebracht hat und die Wahlbeteiligung stärker war. so sind essektio nicht weniger als 86 666 demokratische Stimmen seit Mai 1928 ver- loren gegangen. Zum größeren Teil ohne Zweifel, ähnlich wie in Leipzig und Ehemnitz-Zwickau . nach rechts. Wegen der Gründung der Siaatspartei haben einige Tausend der früheren demokratischen und namentlich jüdischen demokratischen Wählern ihr« Stimmen dem Zentrum gegeben, weshalb die Zahl der Zentrumssttmmen In Groß-Berlin relativ stärker zugenommen hat als in katholischen Kreisen, wo sich der Zustrom der früheren demo- kratischen Wähler zum Zentrum In der großen Masse der Zentrums- stimmen völlig verliert. Es handelt sich aber dabei auch in Berlin um kein« beträchtlich« Stimmenzahl, da die Gesamtzahl der Zentrumsstimmen in Groß-Berlin von 82 233 aus 37 976, also um 15679 Stimmen gestiegen ist. Mit einem Verlust von 66 666 Stimmen dürft« man bei den Demokraten auch ohne die Gründung der Deutschen Staatspartei rechnen, so daß die Gesamt- zahl der zu uns und zum Zentrum übergegangenen demokratischen Wahler in Groß-Berlin schwerlich mehr als 15 666 bis 26066 be­tvagen konnte. E, scheint mir deshalb auch sehr unwahrscheinlich pl sein, daß wir

im ganzen Reich mehr als 106 600 frühere demokratische Stimmen bekommen haben viel wahrscheinlicher bedeutend weniger. Das Wesentlich« in der Entwicklung der letzten Jahre war doch, daß das linke, konsequent demokratische Bürgertum sehr rasch ver- schwand. Aus dieser Seite haben wir keine zahlenmäßig ins Gewicht fallenden Reserven mehr. Wie die letzten sächsischen Landtagswahlen zeigen auch die Reichstagswahlen vom 14. September, daß die Deutsche Volkepartei sehr stark an die Nationalsozialisten verliert. Ihre einseitig unter- nehmerische Politik findet kein Verständnis bei denjenigen Wählern, die nicht mehr den Kapitalismus als Segen für sich empfinden und die in ihren Hoffnungen auf die berühmteChance des persönlichen Aufstiegs" bitter enttäuscht sind. Das gilt von vielen kleineren selbständigen Gewerbetreibenden und namentlich von sehr vielen A n g« st« l l t e n und Beamten, die bis jetzt Deutsche Volkspartei wählten. Die junge Generation der Intellek­tuellen hat die Deutsche Volkspartei wahrscheinlich fast restlos ver- lassen. Ob sich alle diese Elemente als Anhänger der National- sozialistischen Partei längere Zeit wohl fühlen werden, ist die offen« Frage der Entwicklung deren Lösung von der gesamten politischen und wirtschaftlichen Entwicklung und nicht zuletzt von der Politik der Nationalsozialistischen Partei selbst abhängen wird. Auf dem Lande bilden sich, wie wir gesehen haben, Elemente einer radikalen Bauernpartei radikal im Sinn« der Ver- tretung der bäuerlichen Forderungen sowie der Loslösung von den traditionellen Bindungen, die zunächst innerhalb der gesamten nationalsozialistischen Bewegung zusammengefaßt werden. Nun gibt es auch Innerhalb des Prolelarials «in« große Masse von politisch Heimatlosen, die am 14. September zum großen Teil für die Kommunisten, aber auch für die National- sozialisten gestiinmt haben, weniger deslzalb, weit sie den Weg dieser Partei für richtig halten, als deshalb, weil sie überhaupt keinen Weg sehen. Es ist vielleicht für uns vi« wichtigste Lehr« dieser Wahl, daß es große Arbeitermassen gibt, zu denen unsere Stimme seht einfach nicht durchdringt, die über unsere Ziele, unsere Forderungen

und unsere Politik anfzutlärcn wir augenblicklich keine ZNilicl haben, die unzählige tuge» über uns zu hören bekommen. während unsere Richtigstellunge» von ihnen ungchört bleiben. Die Wahlen vom 14. September rollen deshalb nicht nur eine Menge von außerordentlich wichtigen und schwierigen allgemeinpolitijchen Fragen, sondern auch das Problem unserer ganzen poli- tischen, organisatorischen und agitatorischen Technik aus. In diesem Zusammenhang zunächst nur«ins, was mir als besonders beachtenswert erscheint. Zu den erfreulichsten Zügen des Wahlkampfes gehörte das geschlossen« Zusammengehen der freien Gewerkschaften mit der Sozialdemokratie. Dos ist«in« außer- ordentlich wertvolle Tatsache von nicht nur vorübergehender Be- deutung. All« freigewerkschastlichen Organisationen umfassen jetzt mehr als 5% Millionen. Man könnte sogar versucht sein, anzu- nehmen, daß unsere ganze Wählerschaft jetzt aus den freigewerk- schaftlich organisierten Arbeitern. Angestellten und Beamten mit ihren Familienangehörigen besteht. Diese Rechnung kann aber nicht stimmen, da ein Teil der freigewerkschastlich Organisierten kommu- nistisch(mancher sogar nationalsozialistisch) gewählt hat und nicht all« Gewerkschaftler schon wahlberechtigt sind. Fest steht auf jeden Fall, daß die überwiegende Rlehrheil unserer Wähler aus freigewerk- schafllich Organisierten mit ihren Familienangehörigen besieht. Das ist außerordentlich wichtig und wertvoll. In dieser Masse hoben die Partei und die freien Gewerkschaften ihren festen Bestand. Man muh ober der Tatsache Rechnung tragen, daß nur ein Teil, zwar ein sehr beträchtlicher, aber immer noch nur ein Teil des Proletariats freigewerkschaftlich organisiert ist. Für die Partei sowie für die Gewerkschaften selbst ist es eine höchst unerfreuliche Ent- wicklung, wenn zwischen diesem Teil und den übrigen proletarischen Massen ein tiefer Riß entsteht. Es ist die wichtigste und die dringendste Aufgab« der politischen und gewerkschastlichen Organisation der Arbeiterklasse, mit aller Energie an der Ueberbrückung dieses Risses zu arbeiten und alle Teile des Proletariats, des schon orga- nisierten und des noch nicht(oder nicht mehr) organisierten, des arbeitenden oder des arbeitslosen, zu einer durch die gemeinsame organisiert« Führung in den Klassenkampf des Proletariats einge- gliederten Masse zusammenzufassen.

155 AltlOS, 16 Zuftgänger und 5 Verkehr spoli stillen So lieht Weit Vork in der Wlitiagsxeit aus

LosungswortBarberina ". Ein gemeingefährlicher Bauschgifihändler festgenommen. Der Kamps gegen die Rauschgislsuchl und vor allem gegen die wilden Rauschgislhändler kann nicht scharf genug geführt werden. Erst gestern wieder wurde ein gefährlicher Rauschgisthändler von den KN- minalbeamlen der Dienststelle£ 6 dingfest gemacht. Es handelt sich um den 54 Jahre alten Gustav Leichsen, der seit Monaten sein Absatzgebiet in den Cafes der Fried- r i ch st r a ß e hatte. Zu seiner Kundschaft gehörten in erster Linie Madchen , die auf der Straße Mälinerbekanntschasten suchten. Ihnen verkaufte er gegen schweres Geld das gewünschte Rauschgift in kleinen Briefchcn. wenn schon der verkauf des Gifkes in reinem Zustand eine große Gefahr für den Verbraucher ist. so stellt das Zeug, das Leichsen abgab, eine gefährliche Gefährdung der Gesundheit anderer Leute dar. Er lzatte wohl reines Kokain, mischte es aber, um seipen Bor­rat zu strecken und um mehr Geld zu verdienen, mit Borsäure und S a l i z y l. Di« Schnupfer bekamen die Folgen Zil spüren. Nach wenigen Tagen schon bildete sich beim Genuß dieser Mischung ein Eiterherd in der Nase, der ein« langwierige und schmerz- Haft« ärztliche Behandlung erforderlich macht. Wird nicht rcchtzelliz eingeschritten, so kann die Eiterung sogar bis ins Gehirn vordringen. Bei der Krtml.ralpclizei liefen wiederholt n n o n y m e Anzeigen von Geschädigten«in. Bei den Nach- sorschungen stellte es sich heraus, daß der Kokainhändler mit seinen Kunden ein StichwortBarberina " verabredet hatte, unter dem sie ihn telephonisch anriefen. Dieses LZsungswort brachten die Beamten in Erfahrung und riefen den Händler an. Er eilte, ein Geschäft witternd, herbei und wurde in der Eharlottenstrah« s e st- genommen Bei ihm fand Man 12 Päckchen mitge- str«cktom"Kokain". Der Verhaftete destreitet, Rauschgift verkauft zu haben. Die Päckchen will er von einem Mann am Bülowbogen erhalten haben. Im Interesse der vollen Ausklärung seines schändlichen Treiiienz werden Personen, die unter dem StichwcrtBarberina " mit Leichsen in Verbindung getreten sind, unter Zusicherung strenger

Verschwiegenheit gebeten, sich bei der Dienststelle E6 im Polizeipräsidium zu melden. L. ist dem Richter vorgeführt worden. Die ungeheure gesundheitliche Schädlichkeit des Genusses von Kokain braucht nicht besonders betont zu werden! sie ist bekannt. Aber auch die bedauernswerten Süchtigen können darüber hinaus nicht ernst genug vor den wilde» Händlern gewarnt werden. Das von ihnen für teures Geld feilgeboten«, mit allem Möglichen vermischte Gift ist von geradezu mörderischer Wirkung. Nicht selten werden von diesen Menschen auch Jugendliche beiderlei Ge- schlechte verführt, die bisher das Gift nicht kannten. Deshalb kairn der Kampf der Polizei gegen den Handel mit Rauschgiften nicht scharf genug geführt werden, um diesem Gesindel das Handwerk endgültig zu legen. Durch Faufifchlag getötet. Wüste Schlägerei in der Ehoriner Straße. Durch einen schweren Faustschlag wurde gestern der 25 Jahre alle Arbeiler Karl Grünberg aus der Demminer Straß« 2 gelötet. Grünberg war mit mehreren Bekannten in einem Lokal in der Ehoriner Straße gewesen. Dort trosen sie andere Be- kannte, die untereinander einen Streit hatten. Einer beschuldigt« den anderen eines Diebstahls, für den aber keiner verantwortlich sein wollte. Als die feindlichen Parteien in dem Lokal zusammen- trafen, kam es zu einem heftigen Streit, an dem auch die Frauen teilnahmen. Der Wirt wollte keinen Lärm haben und drängte die ganze Gesellschaft aus der Tür. Auf der Straße entstand eine allgemeine Schlägeret. Plötzlich sank Grllnberg zu Boden und blieb regungslos liegen. Als man ihn in das Lokal zurückbrachte, mußte man feststellen, daß er t o t war. Wer de» verhängnisvollen Schlag gesührt hat, steht noch nicht fest. Die an dem Zluftrltt Be- tciligten sind olle bekannt und werden vernommen werden. Die Leiche des jungen Mannes ist beschlagnahmt und dem Schauhaui-' zugeführt worden. Arbellszeilverkürzung Hilst den Arbeilslosev." In dem Aufsah des Genossen Tost muß es im zweiten Absatz natürlich heißen:Die Arbeitgeber verlangen Abbau der Löhne und Soziallapen. Diesc«

Verlangen ist volkswirtschaftlich undurchführbar(statt begreif- lich). da es die Verzweiflung steigert und eine größere Arbeits- Möglichkeit nicht erreicht wird."