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Hurt Rudolf Neubert  : Nach einem Film

Wir hatten uns den Kriegsfilm angesehen. Wir gingen nun schweigend über die Treppen des großen Filmpalastes, noch mitten unter hundert schwazenden, ahnungslosen Menschen. Auf der Straße versuchten wir erst einmal aufzuatmen. Wie aus einer anderen Welt herübergeriffen, gingen wir durch die tosenden, grellen, flimmernden Straßen des Tauenhienviertels, und es war uns, als trügen wir statt der leichten Hüte Stahlhelme, und unser Schritt klang schwer auf dem Pflaster. Wir fænden im Gespräch nicht gleich zueinander, wir waren noch mitten drin im Schrecklichen des Krieges, der Atem war uns genommen, unser Herz gelähmt, unser Hirn mit grauen­haften Vorstellungen erfüllt. Ganz tief steckten wir noch, bis zum Halse, im Schlamm.

Und mein Freund Bauf blieb plötzlich auf der Straße stehen, strich sich mit der Hand über die Stirn, fragte: Wann war das? Krieg?" Dann feßten wir unseren Weg wieder fort und nach einer Weile, wie aus tiefen Unterständen der Erinnerung, fragte er mich, beinahe drohend: ,, Warst du eigentlich auch draußen?"" Nein, jagte ich, der Krieg hätte noch drei Jahre dauern müssen..

,, Aber ich, du, ich war mitten drin. Im größten Schlamassel." Er schwieg gleich wieder. Und dann, wie zu sich selbst: 12 Jahre schon aus der Hölle? Daß ich hier nun gehe? Daß ich nicht dort liege irgendwo vor Verdun   oder bei Ypern   oder in den Karpathen..."

Würdest du," fragte ich plötzlich, von einer Idee getrieben, ,, würdest du noch einmal in den Krieg ziehen, wenn es darauf antame?"

Er sah mich betroffen an. Sein Blick war wie ein Bajonett­stich. Dann sagte er langsam: Junge, wenn die Menschheit nicht wahnsinnig wird, dann gibt es sobald feinen Krieg mehr." ,, Reinen Krieg mehr!" Mir flangen die Worte im Ohr. Mein Freund ging schweigend weiter. Ich glaubte, daß er noch mitten im Kriege war und seine Knochen zusammenfuchte auf den Schlachtfeldern bei Arras  , aber auf einmal fuhr er aus seinen Ge­danken auf: ,, Sieh mal, wenn.

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Wenn.

Das Wort blieb in der Luft stehen. Mit einem großen Frage­zeichen. Dann nickte mein Freund Paul mit dem Kopf. Es war das Lächeln einer Generation, von der Remarque sagte, daß sie vom Kriege zerstört wurde, auch wenn sie seinen Granaten entfam.

Wir wollen noch ein Glas Bier trinken", schlug ich vor. Schlafen fannst du nach diesem Film doch noch nicht, und deine Frau wird schon wissen, daß wir irgendwo eingekehrt sind, es tommt ja bei dir so selten vor."

Meine Frau" er blieb stehen, sah mich an. meine Frau... ich denke eben, ich stelle mir vor, wie sie. wenn nun wieder Krieg wäre, wie sie auf mich warten müßte, ein Jahr, zwei Jahre... ich fomme auf Urlaub, zehn Tage, fahre wieder fort..." Es ist schlimm" sagte ich.

Ich atmete auf: auf mich würde teine Frau warten. Ein paar Mädels... das ist noch nicht so schlimm

Romm!" meinte da Paul ich habe einen Brand." Wir gingen in ein kleines Edlofal. Es war ziemlich leer in der Gast­ſtube, wir saßen ganz hinten, vor uns standen gleich zwei Mollen. Paul war ganz in Gedanken.

Dann fing er an zu erzählen. Wie einer, der nach fünfzehn­jähriger Abwesenheit heimtehrt. Aber es war fein fließendes, ge­sammeltes Erzählen, seine Bilder, Worte, Erlebnisse platten gleich fam wie Minen im Trichterfeld, sie schleuderten Dreck, Menschen, Maschinen in die Luft, und man lag zugedeckt von Grauen und fonnte nicht atmen.

Krieg!

Wir saßen hier in einer friedlichen Kneipe, wir hatten nur einen Film gefehen, wir würden gleich wieder nach Hause gehen, in unser Bett, morgen früh ins Büro, in das geordnete, zusammen­hängende Räderwerf eines großen Getriebes. Aber wir spürten visionär in dieser Stunde: ein Gewitter, das sich plötzlich aufziehen kann, eine Fauft, die plößlich in das geordnete Räderwerk des großen Getriebes niederschlagen kann, die uns zermalmt, fortstößt aus der Ordnung in das blutige Chaos.

" Paul!" rief ich meinen Freund an. Er saß blaß da und

starrte ins Bierglas. Seine Hände lagen geballt auf dem Tisch, es sah aus, als würde er jeden Augenblic eine Bewegung machen, um die Gläser vom Tisch zu fegen. " Paul!"

Wir standen jetzt auf, zahlten und gingen durch die Straßen nach Hause. Unterwegs gab es noch einen Zwischenfall. An einer Straßenecke hielt ein Lastauto, von dem Hakenkreuzler gesprungen waren, um Passanten, die ihnen wohl etwas zugerufen hatten, zu verprügeln. Wir liefen beide hinzu. Im Schein der Straßenlampen sahen wir die Gestalten am Boden, ineinander verkrampft, verbissen. " Baul!" sagte ich, diese hier wissen nichts vom Krieg. Ich sah ihn an, um die Wirkung meiner Worte zu ermessen, aber er hatte sein Geficht im Schatten, das Weiße seiner Augen funfelte für einen Moment auf bei einer heftigen Bewegung des Kopfes, es schien, als würde er sich auf den Haufen der Verbissenen stürzen. Dann zog er mich unwillig fort.

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Später sagte er:" Die Jungens. Don 14... die waren doch anders. Aber hier? Verrohung. Borniertheit. Politische Lümmelei. Ihr wüstes Bon- fich- reden- machen zerstört den Gesun dungsprozeß."

Als wir vor Pauls Haus standen, sah ich sein Gesicht voll im Schein einer Straßenlampe, es fah müde aus, refigniert, er stand da wie einer, der immer noch nicht weiß, wofür er vier Jahre ge­tämpft hatte, wie einer der letzten und wenigen schien er mir, die den Jungen noch etwas zu sagen hätten, aber er schwieg bitter. Leise sagten wir uns Gute Nacht.

Volkmar Fro: Der falsche Leopard

Mit zwanzig Jahren Tierbändiger in einem amerikanischen Wanderzirkus, dann Direktor eines Affentheaters, Gründer einer Katzenfarm und schließlich Kameramann bei tropischen Filmexpedi­tionen Henry Emerson hatte wilde Bestien und zahme Tiere vcn der Pike auf studiert!

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Nebenbei besaß er auch eine fleine Schwäche für hübsche Mädchen, aber seine Bombenerfolge beim zarten Geschlecht nahmen seit jener verhängnisvollen Filmaufnahme, die ihm zwei Drittel seiner schönen Nase und sechs Zähne fostete, ein jähes Ende.

Das war im französischen   Kongo  , etliche Tagemärsche von dem Fleinen Nest Franceville. Emerson sollte für eine amerikanische  Firma einen spannenden Naturfilm mit diversem Raubgetier, tanzenden Regern, Krokodilen und Schlangen drehen. In seinem Drehbuch war auch eine Leopardenjagd ausgearbeitet, denn man hatte auf einer Farm einen lahmen Leoparden aufgetrieben, der als junges Tier durch einen Schuß in den Schenkel verlegt wurde und

dem Hund schon zum Sprung an, Emerson 30g jetzt blitzschnell die Pistole, feuerte, streifte das Tier, erhielt im nächsten Augenblid einen fürchterlichen Schlag ins Gesicht und flog samt seiner Kamera nach rückwärts.

So verlor Henry Emerson zwei Drittet seiner schönen Nase und sechs Zähne und befant statt eines Leoparden zwei auf den Film, er hatte dabei noch das Glück, daß der Prankenschlag zuerst die Kamera traf und dadurch abgeschwächt wurde.

Der wilde Leopard, der mit dem zahmen Bobby ungebeten zur Aufnahme erschien, war in der ganzen Umgebung als der berzauberte Räuber" gefürchtet, er holte sich seine Hunde und Biegen mitten aus den Dörfern und hatte bei einer Treibjagd einen jungen Neger vcllkommen zerfleischt kein Wunder, daß die vier flüchtenden Schwarzen dann auf der Leinwand ganz unglaublich echt wirften!

feither als Liebling der Farmerstinder in einem Käfig das Dasein Irvan Heilbut: Sonntagsruhe

einer verwöhnten Tiergartentage führte. Dieser zahme Leopard hieß Bobby und niemand ahnte, daß die fingierte Filmjagd auf den gutmütigen Bcbby zu einem aufregenden Abenteuer werden sollte. Da war an einem Regenmittag alles schon vorbereitet, das Licht wie bestellt, denn die Sonne stand hinter riesigen Haufen von Gewitterwolfen und täuschte eine unheimliche Mondlandschaft vor. Man führte den Käfig mit Bobby auf einem Karren weit in den Camp hinaus und stellte ihn hinter einem dichten Gebüsch auf, ein Dorshund sollte als Lockföder dienen und den freigelassenen Leo­parden zum Sprung reizen.

Dieser rohe Jagdbrauch ist bei der Leopardenjago allgemein üblich, feiner von den Jägern fümmert sich um das flägliche Geheul des Hundes, der, in seiner angeborenen Todesangst ver den großen Katzen durch sein Gewinsel den Urfeind anloden soll.

Emerson hatte die Hand an der Kurbel, gab das Zeichen und begann zu drehen:

Sofort tauchte hinter einer Anhöhe ein Rudel von Del triefender Neger auf, fie berieten sich eine Weile, schleppten dann den ftruppigen Hund zu den Büschen, banden ihn an einen Baum und verschwanden. Das Tier witterte sofort den Leoparden, zerrte ver­zweifelt an seinem Strick und heulte, daß man es auf drei Meilen hören fonnte, Emerson drehte eifrig und wartete gespannt auf Bobby, der in seinem Käfig wie ein böser Rater knurrte und nach der langen Gefangenschaft endlich ein Jagdvergnügen witterte. Als Emerson den armen Hund genügend gefurbelt hatte, setzte er aus und horchte:

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Ein Knacken in den Zweigen, gleich darauf ein Schrei ein gelber Kopf erschien auf der Palme über dem Hund, die grünen Lichter funkelten unheimlich, Emersen hielt den Atem an und begann fofort zu drehen, im nächsten Augenblick stürzten feine vier Schwarzen entsetzt auf ihn zu, fie schnitten Grimassen, als ob ihnen der Tod im Nacken fäße, einer fiel in seinem Schrecken der Länge nach vor der Kamera zu Boden, war in einer Gefunde hoch und rannie weiter, Emerson schrie Exzellent", denn diese improvisierte Flucht, die in seinem Drehbuch gar nicht vorgesehen war, gab eine unerhört wirffame Szene!

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Er dachte keinen Augenblick nach, marum sich die schwarze Ge­sellschaft eigentlich diesen Spaß geleistet habe, scherte sich auch nicht um das Gezeter der Neger, die jetzt etliche hundert Meter hinter ihm halt machten und einander überschrien, sondern drehte ruhig weiter, denn der Leopard ließ sich eben fenfrecht von der Balme herunter­fallen, dicht neben den Hund, dessen Angstgefühl fofort in ein fläg­liches Winseln überging.

Aber das Raubtier ließ den Hund winseln, saß reglos und starrte tüdisch gegen die furbelnde Hand Emersons hinüber, der jezt zu seiner größten Verblüffung einen zweiten Lec parden langsam aus dem Gebüsch friechen fah.

Bevor er die Situation noch begriff, setzte der Leopard neben

Sonntagnachmittag. Draußen ist's warm, Und das Mittag­efsen war gut. Man legt sich auf's Sofa und schlummert. Andere rauchen das Pfeifchen. Die jungen Leute, Studenten, lesen; einige fizzen nur da und denken; die meisten fizen am Fenster und denten nicht. Alles in allem: Die Straße ruht..

Ganz aus der Ferne ein leise flingendes Klirren. Die ganze Straße, entsetzt, spizt die Ohren. Was gibt es denn? Ist ein Ungewitter im Anzuge? Oder die Kriegsmufit vergangener Zeiten? Oder was gibt es sonst Entsetzliches, das eine ganze Straße erbleichen macht? Die Fenster werden geschlossen, die Leser auf den Baltonen flüchten hinein, manchmal sauft die Holzgardine herunter.

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ist nun auch kein Klingen und klirren mehr, jetzt ist es Gepolter. Unterdeffen ist das Klingen und Klirren näher gekommen. Es Und es poltert sehr langsam, sehr langsam heran. Irgendwo öffnet sich wieder ein Fenster. Ein bejahrter Mann in Hose und Weste will etwas hinunterrufen, aber wie er die Lippen auftut, verliert er den Mut. Er zieht sich zurück und schließt das Fenster. Und das Poltern wird zum Getöse, wie die Donner Gottes rollt es und fracht es den einsamen Weg. Drinnen in ihren Stuben liegen die Menschen und stöhnen.

Es ist eine ungeheure Naturgewalt, die da ihren Pfad zieht: ein fleiner Junge, der eine leere Konservenbüchse mit dem Fuß über's Pflaster treibt. Die Straße ist leer vor ihm geworden. Nur einige Kinder, die vor den Häusern spielen, nähern sich neidisch und sehen ihm zu, wie er fröhlich dahingeht. Da fragt ihn einer jo nebenbei: ,, Willst nebenbei: Willst du nicht mit uns Fußball spielen:" Ja", sagt der kleine Junge ,,, natürlich, habt ihr denn einen Fußball?"" J", sagt der Andere ,,, du hast ja einen."- ,, Ach, richtig", sagte er ,,, da hast du recht."

Und es wird still. Noch einige Kinderstimmen, die rufen. Die Holzgardinen heben sich wieder, die Fenster werden geöffnet, die Leser mit ihren Büchern sehen sich auf die Balkone. Und alle denken: Ein mutiger. Held hat sich der Naturmacht in den Weg geworfen, hat ihr das Donnerwerkzeug entrissen.

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Indeffen liegt der Fußball schon inmitten der Straße. Einige an den Fenstern haben es nun auch bemerkt, fie schließen das doppelte Flügelpaar und ziehen sich bis zum Abend zurück in die Küche: Die Leser, die, sehr vertieft, nur Augen für ihre Seiten haben, heben plößlich den Kopf und starren vor sich, als ob ein Familienunglüd, ein Telegramm, sie bewegte. Und das Fußballspiel ist im Gange.

Bis zum Abend dauert der Sport. Dann tritt eine Pause ein. Wenn das grüne Licht der Laterne über den Fahrweg scheint, rufen die Stimmen zu neuem Kampf.

Man ist in der Küche das Abendbrot. Man holt das Gram mophon mit dem riesigen Trichter und stellt es zwischen die Kessel und Töpfe. So tröstet man sich und die Nachbarn um die ver dorbene Sonntagsruhe.

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Ein Skizzenbuch

Wie C. D. Friedrich das Riefengebirge entdeckte

Caspar David Friedrich  , der größte Landschaftsmaler der deut­ schen   Romantik, ist der eigentliche Entdecker des Gebirges in unserer bildenden Kunst, denn er bot zum erstenmal statt der freundlichen Veduten und idyllischen Durchblicke die einsame Größe und urwelt­liche Kraft, die noch im Charakter der Gebirgslandschaft erhalten ist. Daß er diese grandiosen Eindrüde, wie sie in seinen mächtig­sten Bildern enthalten sind. nicht aus der mehr lieblichen Harznatur gewinnen fonnte, hat man schon früher erkannt, und in den Bio­graphien wurde auch eine Riesengebirgsreise erwähnt, die er mit seinem Freunde Kersting gemacht haben sollte. Aber unzweideutige Beweise für diese Fahrt waren bisher nicht erbracht; sie werden erst jezt von Dr. Günther Grundmann in einem Aufsatz der Schlesi­schen Monatshefte" geliefert, in dem er die Zeichnungen und Aqua­relle zusammenstellt, die der Maler auf seiner Wanderung geschaffen und die sich in einem Skizzenbuch zusammenfügen. Da diese weit zerstreuten Blätter das gleiche Format aufweisen, so ist es höchst wahrscheinlich, daß sie zu einem wirklichen Stizzenbuch Fried­richs gehörten. Der Verfasser gibt uns aber auch ein dokumentari­sches Zeugnis für diese Riesengebirgswanderung, denn obwohl die alten Koppenbüger von 1801 bis 1810 fehlen, fand er doch einige in einem anderen Koppenbuch eingeheftete Seiten, auf denen zwi­schen mehr oder weniger gefühlvollen Versen die schlichten Zeilen stehen: Friedrich, Landschaftsmaler aus Greifswald   in Schwedisch­Pommern. George Kersting aus Güstrow   in Mecklenburg- Schwerin  , den 11. Juli 1810." Ueber den Verlauf der Reise selbst, die von so großer Bedeutung für die Geschichte der deutschen   Kunst werden sollte, hat Grundmann die Skizzen aus der Zeit vom 2. bis zum 17. Juli 1810 zusammengestellt, zeitlich geordnet und durch eigene Wanderungen die verschiedenen Dertlichkeiten festgestellt.

Von Dresden   aus marschierten die beiden Freunde durch die Vorlandschaft des Elbsandsteingebirges, rasteten bei den ſagenum­wobenen Kirchenruinen des Oybin  , die Friedrich in einer Stizze festhielt, wanderten dann über Barzdorf nach Zittau  , wo der Künst­ler die Ansicht der Finkenkoppe festhielt, und näherten sich so dem ertamm, der ebenfalls stizziert wurde. Dann ging es nach Schreiberbau und von dort über den Zackelfall zum Kamm. Am 10. und 11. Juli erfolgte die Wanderung über den Kamm und die Besteigung der Schneekoppe  . Dann blieben die Reisenden noch in Warmbrunn, dessen nähere Umgebung auf vier Zeichnungen dar­gestellt ist. Auch der Kynast wurde besucht, und am 17. Juli der Rochelfall, dessen riesigen Felsblock Friedrich auf einer lafierten Zeichnung naturgetreu wiedergab. Dann wurde die Heimwande­rung angetreten. Die Eindrücke, die der Maler hier erhielt, haben feine Gestaltung des Gebirges entscheidend beeinflußt. Ueberall fehren in seinen Bergformen die Typen der Riesengebirgslandschaft wieder, aber genau nachweisen läßt sich die Dertlichkeit nur in dreien seiner Hauptwerke. Das in der Münchener   Pinakothet be­findliche Bild Morgennebel im Riefengebirge" ist nach einer Stizze gemalt, die oberhalb der heutigen Elbfallbaude auf dem Wege zur Schneegrubenbaude entstand. Die große Riesengebirgslandschaft der Berliner   Nationalgalerie zeigt die ganze Eigenart des Riesen­gebirgstamms und führt eine Ansicht vor, die ganz in der Nähe der Wiesenbaude gewonnen wurde. Das berühmte Kreuz im Riefengebirge", das im Berliner   Schloß hängt, zeigt zwar eine ins Visionäre gesteigerte Landschaftsform, ist aber auf einen Eindruck zurückzuführen, den Friedrich auf der Höhe des Gebirges, an der Schneetoppe, den Schneegruben oder den Friesenfteinen, empfing. ,, Hundertmal geahnt und doch nie bewiesen in ihrer Verbundenheit mit dem Riesengebirge  ," schließt der Verfasser, ordnen sich nun diese drei Gebirgsbilder Friedrichs seinem Wanderweg und Wandererleben des Julimonats 1810 ein. Aus einer Summe von fleinlicher Mühsamkeit auf dem Wege zur Selbstverständlichkeit des fleinlicher Beweises dürfte sich das Wissen um das eine formen, das Caspar David Friedrich   aus der Bedingtheit des Riesengebirges die Un­bedingtheit eine: tosmischen Gebirgswelt gestaltet hat."

Spinnweben- Ernte

Die Jahreszeit ist jetzt wieder da, in der eine der merkwürdig­sten Ernten gehalten wird. Im Spätsommer merden nämlich nicht nur die Früchte des Feldes und der Gärten in die Scheuern ge= fahren, sondern die Feinarbeiter, die zur Herstellung wissenschaft­licher Instrumente der Spinnenweben bedürfen, versorgen sich mit diesem wichtigen Stoff. Die fleißigen Weberinnen der Luft wer den dann gefangen und in leere Streichholzschachteln gesetzt. Nach­dem das Tier 3 oder 4 Tage in der Gefangenschaft gehalten worden ist, wird die Schachtel geöffnet und der Spinne eine Leiter in Gestalt eines Bleistiftes dargeboten, an der sie eifrig in die Höhe flettert. Um sich nun auf den Boden herabzulassen, spinnt sie einen ihrer feinen Seidenfäden, und wenn sie dies tut, dann windet der Arbeiter rasch den Faden, um einen fleinen Drahtrahmen. Manch mal genügt eine einzige Spinne, um auf 20 solcher Rahmen Fäden aufzuwickeln, und sie liefert so etwa 100 Meter Gewebe, bevor sie zu spinnen aufhört. Dann wird sie in Freiheit gesetzt. Hat man etwa ein Dugend Spinnen auf diese Weise gezwungen, ihre Fäden um wieder ein ganzes Jahr lang damit zu reisen. Die Spinnen­herzugeben, dann hat der Mechaniter gewöhnlich genug Material, weben sind deshalb für die Herstellung seinmechanischer Instru mente, wie von Mikroskopen, Fernrohren und Theodoliten, so wert­voll, weil jeder andere Stoff, mag er auch sonst noch so fein sein, sich unter der Einwirkung von Size, Kälte oder Dampf, verändert, während das Gewebe der Spinne unter allen Umständen gleich bleibt und daher sich vorzüglich für feinste Meffungen eignet.

Die Wärme im Wespennest

Bemerkenswerte Beobachtungen über die biologische Bedeu­tung der Wärme in Wespennestern berichtet A. Steiner. Seine Untersuchungen haben ergeben, daß in einem von der Sonne be­strahlten Wespennest an sechs aufeinanderfolgenden Sonnentagen eine mittlere Resttemperatur von etwa 35 Grad herrschte, die auch nicht weiter anstieg, während ein leeres Kontrollnest Wärmen von über 45 Grad aufwies. Das Gleichhalten der Temperatur wird von den Wespen durch Wassereintragen und gruppenweifes Fächeln erreicht, woran sich auch die Königin beteiligt. Es ließ sich fest­stellen, daß eine Königin in einer Stunde auf etwa 90 Flügen so viel Wasser eintrug, daß durch dessen Verdampfung die Resttempe ratur um über 10 Grad herabgesetzt wurde. Diese Fähigkeit der Befpen, wie auch anderer Insekten, die Wärme ihres Nestes zu regeln, wird ausschließlich für Zwecke der Brutpflege ausgenust. Eine mittlere Resttemperatur von etwa 35 Grad scheint der Ent­

wicklung der Brut am günstigsten zu sein.

Blaue Hummern. In den Hudson- Kanälen Brooklyns scheinen die früher zu den größten Seltenheiten gehörenden blauen Hummern fich vermehrt zu haben. Dem New- Yorker Aquarium sind dieser Tage vier über 30 Zentimeter große Hummern mit tiefblauer Farbe eingeliefert worden. 3wei dieser Exemplare werden im Aus­tausch an fremde Aquarien abgegeben werden. Bisher war über­haupt nur der Wissenschaft ein Exemplar dieser seltenen Tiergattung bekannt, das vor einigen Jahrzehnten im New- Yorker Aquarium war und sich nur wenige Wochen am Leben gehalten hat.