den ersten politischen Debatten kommen, da die Regierung eine Erflärung über ihre Absichten vielleicht auch schon über ihr Programm abgeben dürfte. Selbst wenn sie bet dieser Gelegenheit noch darauf verzichtet, so werden doch die von Nationalsozialisten, Deutschnationalen und Kommunisten eingebrachten Mißtrauensanträge gegen das Kabinett und die Anträge auf Aufhebung der Notverordnungen auf die Tagesordnung gestellt werden.
Mit Ausnahme der Nationalsozialisten haben die einzelnen Fraktionen heute Sitzungen abgehalten, die sich jedoch vorwiegend mit technischen Fragen beschäftigen. Die sozialdemokratische Frattion ist auf 1 Uhr einberufen worden. Die erste Sigung des Reichstages beginnt um 3 Uhr nachmittags.
Präsidentenwahl erft Mittwoch!
Da ein Aeltestenrat in dem neugewählten Reichstag naturgemäß bisher noch nicht bestellt werden konnte, versammelte Reichstagspräsident Löbe am Montagvormittag die Frattions führer um sich zu einer Besprechung über die Dispositionen der nächsten Tage.
Man tam überein, nach der heute durch Namensaufruf vor zunehmenden Konstituierung des Reichstags den Dienstag jigungsfrei zu lassen, damit die Parteien Zeit für Berhandlungen miteinander, namentlich über die Präsidentenwahlen, gewinnen. Am Mittwoch um 3 Uhr sollen dann diese Wahlen vor
genommen werden.
Ferner wurde in Aussicht genommen, in der dann folgenden Sizung am Donnerstag eine Erklärung der Reichsregie rung über ihr Programm entgegenzunehmen. Genauere Bestimmungen soll jedoch erst der neu zu bestellende Aeltestenrat treffen, der am Mittwoch zu seiner ersten Sizung zusammentreten wird.
Nach dem Verlauf der heutigen Besprechung ist anzunehmen, daß mit der Regierungserklärung auch die Beratung der Mißtrauensanträge, der Anträge auf Aufhebung der Notverordnungen des Reichspräsidenten und der Anträge zum Young- Plan verbunden werden wird. Unmittelbar nach Entgegennahme der Regierungs erklärung dürfte sich der Reichstag am Donnerstag vertagen. Für die große politische Aussprache würden dann der Freie tag und Sonnabend zur Verfügung stehen.
BVG. holt auf!
Voraussichtlich 20 Millionen Bruttogewinn.
Eine erfreuliche Nachricht: Nach den neuesten Schähungen wird der Bruttoüberschuß der Berliner Berkehrsgesellschaft wesentlich höher sein als anfangs erwartet werden durfte. Im günstigsten Falle wurden sechzig Millionen Mart genannt; wie der ,, Vorwärts" erfährt, wird der Ueberschuß sich aber voraussichtlich noch um zehn Millionen auf insgesamt siebzig Millionen
Mark erhöhen.
Ein endgültiges Ergebnis läßt sich zur Zeit natürlich noch nicht Voraussagen, da das Geschäftsjahr der BBG. bis zum 31. Dezember 1930 läuft. Auf eine fühlbare Besserung der Finanzlage der städtischen Verkehrsgesellschaft darf aus dem erhöhten Bruttogewinn allerdings noch nicht gefolgert werden. Der Aufsichtsrat der BBG. hat sich heute erneut eingehend mit der wirtschaftlichen Bage beschäftigt, die in Erwähnung gezogene neuerliche Il mg e ftaltung
des augenblicklichen Tarifes ist jebody nicht erörtert worden.
Schüsse auf Eisenbahnzüge. Gestern zwei Fälle in Nähe von Braunschweig . Braunschweig , 13. Oktober.
Im Prinzenpart wurde gestern abend auf einen in Richtung Braunschweig fahrenden Triebwagenzug geschoffen oder ein Sprengförper geworfen. Etwa% Stunden später wurde auch der BerlinKöner D- Jug in der Nähe der Haltestelle Grüner Jäger beschoffen. Berletzt wurde in beiden Fällen niemand. Bereits vor einigen Tagen sind in der Dunkelheit auf einen Personenzug der Strede Braunschweig- Gifhorn ebenfalls Schüffe abgegeben worden, wobei der Lokomotivführer getroffen und leicht verletzt wurde. Die Untersuchung ist eingeleitet.
Die Frau umgebracht.
Eifersuchtstat eines Nerventranten.
Gestern nachmittag frachten in der Wohnung des 32jährigen Arbeiters Bernhard Springer in der Mittenwalder Straße 55 plöhlich mehrere Schüsse, denen unmittelbar darauf laute Schmerzenstufe folgten Als sich Hausbewohner gewaltsam Einlaß verschafften, fanden sie Springer und seine gleichalirige Frau Meta mit Kopfschüssen schwer verletzt auf.
Durch das Rettungsamt wurden die Verletzten in das Urbanfrankenhaus gebracht, wo Springer bald nach der Operation starb. Die Kugel hatte die Schädeldecke durchschlagen. Die Frau dürfte mit dem Leben davonkommen, doch besteht die Gefahr, daß sie das Augenlicht verlieren wird. Nach den bisherigen polizeilichen Feststellungen stellt sich die Tat als eine Eifersuchtstragödie dar. Springer, ein schmer nervöser und reizbarer Mann, glaubte sich von seiner Frau hintergangen; deswegen fam es zwischen den Eheleuten häufig zu erregten Szenen. Der Zustand verschlimmerte sich noch, als Springer längere Zeit in eine Heilanstalt untergebracht werden mußte, fortwährend bezichtigte er nun seine Frau der Untreue. Es kam schließlich zu einem offenen Bruch und nach der Rückkehr ihres Mannes, verließ Frau Springer die Wohnung, angeblich, um die Scheidung einzureichen. Am Sonntag schien es jedoch zu einer Aussöhnung zu kommen, denn Frou Springer besuchte ihren Mann. Im Verlaufe dieser Unterredung ist es dann aber zu neuen Differenzen gekommen und offenbar in einem Nervenanfall griff Springer zur Waffe.
Wieder Luftkatastrophe.
Bier Tote bei Flugzeugabffurz in Frankreich . Paris , 13. Oktober.
Das Postflugzeug Toulouse- Casablanca ist, wie gemeldet wird, in der Nähe von Larache ab, gestürzt. Der Pilot und drei Passagiere wurden getötet.
Wetter für Berlin : Beständiges, zeitweise heiteres Better. Nur am Tage mild, leichte Südwestwinde. Für Deutschland : Ueberall beständiges Herbstwetter ohne Niederschläge.
Gewerkschaftliche Abwehr.
Forderung des Bundesausschusses des ADGB .
Der Bundesausschuß des Allgemeinen Deutschen | Ob diese Wege allerdings beschritten werden, hängt nicht von Gewerkschaftsbundes befaßte sich in einer besonderen Tagung den Vorschlägen allein ab. Es wird des geschlossenen Willens am Sonntag und heute vormittag mit der gegenwärtigen der Arbeiter und Angestellten bedürfen, um wenigstens den wirtschafts- und Finanzkrise. Das Ergebnis der Bersuch durchzusetzen, auf neuem Wege zum Ziele zu von starkem Verantwortungsbewußtsein getragenen Be- fommen. ratungen wird in einer längeren Entschließung niedergelegt.
Die Entschließung geht von der Forderung besonderer Notmaßnahmen aus, um die wachsende Arbeitslosigkeit zu bannen und der Verelendung breiter Volksmassen entgegenzuwirken. Das Programm der Reichsregierung, das Lohnfenkungen auf der einen und Steigerung der Lebensmittelpreise auf der anderen Seite vorsieht, führe zur Schwächung der kaufkraft und zur Verschärfung der Krise. Notwendig sei eine Herabsehung der Lebensmittelpreise durch Ueberwachung der Kartelle und durch Bekämpfung der Agrar- und Zollpolitif. Die Hauszinssteuer müsse der Wohnungsbau erhalten, und der Mieterschutz müsse aufrechterhalten bleiben. Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit fei vor allem eine Berkürzung der Arbeitszeit notwendig, Ueberstunden seien auf das äußerste zu beschränken. Die Arbeitslosenversicherung und die Krisenfürsorge müssen gesichert werden. In einem weiteren Abschnitt der Entschließung nimmt der Bundesausschuß zur Reparationsfrage Stellung. Die Stellungnahme der gewerkschaftlichen Spitzenorganifation bedeutet eine schwere Anklage gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem. Sie sucht der Krise und ihren verheerenden Wirkungen auf die Existenzgrundlagen der deutschen Arbeiterschaft zu begegnen; indem fie einige Wege zur Abhilfe weist.
Solidarität der Angestellten.
Der Kampf der Metallarbeiter auch ihr Kampf. Der Af- Bundesvorstand hat folgenden Beschluß gefaßt: Der Af- Bundesvorstand spricht den Metallarbeitern von GroßBerlin zu ihrer entschiedenen Haltung im Kampfe gegen den Lohnfürzungsschiedsspruch aufrichtige Sympathie aus.
Der dem Deutschen Metallarbeiterverband in Berlin auf. gezwungene Rampf ist örtlich wie beruflich weit über den Rahmen der vom Tarif betroffenen Arbeitnehmergruppe für die gesamte Arbeiter- und Angestelltenschaft Deutschlands von entscheidender Be deutung. Die Berliner Metallarbeiter haben das Vorposten. gefecht der vom organisierten Unternehmertum mit Unterstützung der Regierung beabsichtigten Lohnabbauaktion zu bestehen. Die Angestellten der Metallindustrie werden vom Ausgang dieses Kampfes in ihrer fünftigen Tarifgestaltung aufs engste berührt.
Eine Verbindlichkeitserklärung dieses Schiedsspruches durch das Reichsarbeitsministerium müßte daher von allen Arbeitnehmern als gewerkschaftsfeindliche Haltung der Regierung und als schwere Belastung des staatlichen Schlichtungs wesens angesehen werden.
Der Af- Bundesvorstand lentt die Aufmerksamkeit aller Angestellten auf diese große lohnpolitische Auseinandersehung. Es gilt gegenüber den metallarbeitern in ihrem harten Ringen vollste Solidarität zu üben.
Wie das Bankhaus Lee Higginson u. Co. bekanntgibt, hat ein internationales Bankentonfortium unter Beteiligung amerikanischer, deutscher, kanadischer, holländischer und schwedischer Banken der Reichsregierung einen Kredit in Höhe von 125 millionen Dollar gegen Ausgabe fechsmonatlicher Schahscheine zur Verfügung gestellt. Die deutsche Regierung hat das Recht, den Kredit dreimal zu erneuern, so daß die Laufzeit des Kredites zwei Jahre beträgt. Der Zinsfuß beläuft sich auf 4% Proj. Den größten Teil des Kredits übernimmt die amerikanische Bankengruppe, die fich aus 22 führenden Bankhäusern zusammensett. Frankreich ist an der Gewährung dieses kredits nicht beteiligt. Eine Beteiligung englischer Banken ist geplant. Auf die deutsche Gruppe werden wahrscheinlich 10 proz. entfallen. In Wallstreet- Kreifen wird befont, daß dieser Kredit eine Bertrauenserklärung für Deutschland darstelle.
Schuldentilgung gesehlich verlangt.
Die Reichsregierung hat bereits ein Gefeß, welches sie zu dieser Kreditaufnahme ermächtigt, dem Reichsrat zugeleitet. Diesen Ueberbrückungskredit hat die Reichsregierung unter der Borausfehung aufgenommen, daß in dem Kreditermächtigungsgesetz gleichzeitig Beftimmungen über eine Schuldentilgung von den gejekgebenden Körperschaften verabschiedet werden. Diese Bestimmungen haben den 3wed, wie dies bereits in dem Finanzprogramm der Regierung
Rechtsanwalt verhaftet.
Des Betruges und Erbschaftsschwindels beschuldigt.
Seit einigen Tagen war, wie der„ Borwärts" bereits berichtete, der 45 Jahre alte Rechtsanwalt Ernst Oberwinter ver. fchwunden, der seine Praxis feit 1925 betrieb und mit einem anderen Anwalt eine Bürogemeinschaft in Tempelhof unterhielt. Der BerAnwalt eine Bürogemeinschaft in Tempelhof unterhielt. Der Berfchwundene ist gestern von der Polizei entdeckt und verhaftet
worden.
Gegen Oberwinter wurden die Beschuldigungen erhoben, daß er einer Erbschaftsschwindlerin wiffentlich oder fahrlässig Vorschub geleistet habe. Weiter wurde dem Rechtsanwalt Betrug und Zech prellerei vorgeworfen. Auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft II suchte die Kriminalpolizei nach dem Rechtsanwalt, der seine Brivat
ohnung in der Wilhelm- Hauff- Straße nicht mehr betreten hatte. Nachforschungen ergaben, daß er bei Bekannten in der Fruchtstraße im Osten Berlins eine Unterkunft gefunden hatte. Dort wurde er am Sonntag angetroffen und festgenommen. Ohne weitere Bernehmung wurde er dem Untersuchungsgefängnis in Moabit ein geliefert. Die Frage, ob die gegen den Anwalt erhobenen Be schuldigungen zu Recht bestehen, wird durch die Gerichtsverhandlung geklärt werden.
Notlandung Thea Rasches.
Die Pilotin wie durch ein Wunder unverlegt. Noch glimpflich abgelaufen ist eine Notlandung, die die bekannte Kunstfliegerin Thea Rasche am Sonntagvormittag vornehmen mußte.
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Die Fliegerin war am Vormittag aufgestiegen, um für die Firma Pfeilring" Reflameflüge auszuführen. Sie benutzte einen Liefdecker mit einem BMW.- Sternmotor. Das Flugzeug freiste zunächst über den westlichen Stadtteilen Berlins . As es sich über dem Lunapark befand, setzte der Motor plötzlich aus und Thea Rasche , die freieres Gelände zum Landen suchen wollte, führte die Maschine weiter in Richtung nach dem Reich stanzlerplag. Sie zog eine größere Schleife und wollte in der Nähe der Nordkurve der Avus auf dem alten Sportplatz des SCC. niedergehen. Die Sportler und Spaziergänger, die sich auf dem Platz befanden, hatten schon beobachtet, daß mit dem Flugzeug etwas nicht in Ordnung war und räumten das Feld. Der rechte Flügel der Maschine streifte|
zum Ausdrud tam, den neu aufgenommenen Kredit sowie die fonftigen schwebenden Schulden in drei Jahresraten zu je 420 miu. Mark zu filgen. Die Annahme dieser Tilgungsbestimmungen ist die Voraussetzung für das Wirtjamwerden des Kreditabkommens.
Wieder Gold ins Ausland.
Börse etwas ruhiger.
Wie der Deutsche Handelsdienst meldet, hat die Reichsbant wieder beträchtliche Goldmengen versandt: Bon Berlin und von Köln un je 35 Millionen nach Paris und außerdem 17% Millionen nad Amsterdam . Das sind zusammen 87% Mill. Mark, die größte Summe, die bisher an einem Tage verfandt wurde. Die Devisennachfrage scheint also immer noch groß zu sein.
In einem Gegensah dazu steht die heutige Börse. Die schlechten Kurse vom Sonnabend waren zunächst behauptet, später setzte sich sogar eine kleine Kurserholung durch. Man wollte gehört haben, daß die Nachfrage nach Devisen nachgelassen habe. Der Geldmarkt gibt der Lage etwas beffer Ausdruck. Die Tageszinsen und die Zinsen für Monatsgelb haben erneut um 14 bis% Prozent angezogen. Es scheint, daß einige Großbanten nicht sorgfältig genug disponiert hatten; sonst wäre diese neue Anspannung abgesehen von der fortdauernden politischen Beunruhigung faum zu erklären.
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die Neste einer etwa zehn Meter hohen Eiche und brachte dadurch das Flugzeug aus der Bahn. Es stieß noch gegen einen Haufen aufgestapelte Eisenbahnschwellen und landete schließlich auf der Drahtumzäunung. Diese wurde umgedrückt. Das Fahrgestell des Flugzeuges und der rechte Flügel waren schwer beschädigt, die Fliegerin selbst ist unverlegt davongekommen. Die Notlandung hatte eine große Zuschauermenge angelockt, doch ist auch von den umstehenden niemand zu Schaden gekommen.
Er drückt sich vor dem Gericht/ fein Haftbefehl.
Don
Bor dem Schöffengericht Charlottenburg follte heute morgen die Berhandlung gegen Goebbels wegen Beleidigung Grzesinsti, Heimannsberg und Kriminalkommissar Busdorf statifinden. Sollte denn Goebbels war felbstverständlich nicht erschienen. Der Vorführungsbefehl des Gerichts war ergebnislos geblieben. An Stelle von Goebbels war ein Brief von seinem Berteidiger, Rechtsanwalt von der Goltz, eingetroffen.
Rechtsanwalt von der Golz in einem eben erst eingegangenen Brief Der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Ramble, gab bekannt, daß
mitteilt, er würde nicht vor Gericht erscheinen, desgleichen auch sein Mandat Dr. Goebbels , der lettere aus drei Gründen nicht: Erstens empfinde er den Vorführungsbefehl gegen ihn als Ungerechtig feit; zweitens sei die Anwesenheit seines Berteidigers in Altona wegen der Plädoyers der Staatsanwaltschaft im Bombenlegerprozeß unbedingt erforderlich; drittens habe er angesichts des Reichstagsbeginns Besseres zu tun, als sich mit Beleidigungsklagen seiner politischen Gegner abzugeben. Die Abgeordnetenpflicht gehe der Aussagepflicht voran.
Nach längerer Beratung verkündet Landgerichtsdirektor Ramble den Gerichtsbeschluß: Die Verhandlung wird vertagt, die Beschlußfassung über den Erlaß eines Haftbefehls bleibt vorbehalten. Der Nebenfläger, Rechtsanwalt Kantorowicz , erklärt, daß nach einer ihm eben zugegangenen Meldung der Angeklagte Goebbels sich augenblicklich im Fraktionszimmer der Nationalsozialisten aufhatte. Er bitte deshalb ihn unverzüglich vorführen zu lassen. Landgerichtsdirektor Ramble erwidert darauf, daß die Verhandlung bereits vertagt und laut Gerichtsbeschluß der Borsigende mit weiteren Maßnahmen beauftragt ist. Die Sigung ist geschlossen. Goebbels fann ungestört an der Eröffnung des Reichstages teilnehmen.