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Beilage

Montag, 13. Oktober 1930

Bettler in Indien

Ein sonderbarer Trust

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Wer sich über die Promptheit wundert, mit der die Asiaten Chinesen wie Inder- nach dem Kriege das System der europäischen Gewerkschaften mit ihren Zielen und Kampfmethoden übernahmen, der bedenke, daß diese Völker des Ostens dabei immerhin eins vor uns voraus hatten. Der Drient, über den wir uns gerne so erhaben und fortgeschritten" dünken, ist gerade in diesem Punkte sozia­listischer. Dem chinesischen Handwerker in seiner Zunft, Gilde, seinem Landsmannschaftsverbande, sogar dem Kuli und dem Riffchahfahrer ist die gemeinsame Arbeitsvermeigerung ein altge wohntes Kampfmittel, wie dem Kasteninder sein ,, harial"( Streit nebst Boykott) und sein Satyagraha"( passiver Wider si an d) und keinem Orientalen fällt es ein, in solchen Aeußerungen des beruflichen oder landschaftlichen Kollektivgeistes Attentate auf geheiligtes Eigentum( wie unsere Liberalen) oder ,, margistische Ber­hehung"( wie unsere Konservativen) zu wittern.

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Allerdings tritt im Osten der Welt die freie Persönlichkeit" weit zurück hinter dem alles beherrschenden Begriff der Gemeinschaft. Die indische Raste ist, was die wenigsten von uns würdigen wollen, nicht nur eine ständische Rangordnung mit viel Aberglauben, Unfug und Härte: sie ist auch und zwar gerade bei den Arbeiter- und Bauernmassen Gilde oder Zunft, mit allen Aufgaben einer solchen: Regelung der Arbeitsverhältnisse und des Zusammenlebens, gegen­seitige Hilfe und Fürsorge, Rechtspflege und Ueberwachung der sitt lichen Lebensführung. In einem Lande, wo der Staat von jeher bitterwenig, das Dorf und die Sippe fast alles bedeutet, springt die Unentbehrlichkeit einer solchen Einrichtung in die Augen. In China verhält es sich ebenso. Bei ihrem Sprung aus mittelalterlichem Gemeinschaftsleben in die moderne soziale und sozialistische Bewegung haben diese Orientalen das Erbstück eines tiefverwurzelten Kollektiv geistes mitgebracht.

Aber nicht nur der brave Bauernstand, das ehrbare Handwerk, die redliche Arbeit, sind diesem asiatisch- unliberalen Kollektivgeiste untertan. In China , wo Geheimverbände seit altersher sogar in der Politik eine ausgedehnte und manchmal segensreiche Wirksam feit ausüben, betätigt sich auch das Berbrechertum in geheimen Ver: bänden, um die die Ausländer dichte Kränze von Schauergeschichten weben, die namentlich auch auf die Chinesen von Nordamerika über­tragen werden. Ich erinnere mich einer unglaublich phantastischen Geschichte dieser Art über das New- Yorker Chinesenviertel in einem amerikanischen Magazin.

In Indien fleben diese Verbrecherzünfte ihr Neft an den düsteren, kunstvoll gegliederten Tempel der Kastenordnung. Schon der alte französische Missionar Dubois, Zeitgenosse der Franzö­ sischen Revolution und gleichsam der Herodot des neueren Indien , berichtet uns aus der Madrasprovinz über Verbrechertasten mit genauen Berufsvorschriften über das Was, Wie und Wo des Stehlens, Einbrechens und Abmurksens. In Bomban, ganz nahe bei den Behausungen der Textilarbeiter, lebt heute noch eine solche Zunft von llebeltätern, die inmitten des sonst so friedfertigen Inder­volkes durch ihre Rauflust und Rachsucht entsetzt. Da bekommt jedes Mitglied Are und Ausmaß seiner ruchlosen Betätigung zugewiesen und ist dem Ehrenkoder" und der Berufsmoral der Sippe unter­worfen.

Vom Verbrechertum faum scharf zu trennen ist das berufs= mäßige Bettlertum Indiens . Ich rede hier allerdings nur vom profanen Bettlertum, nicht ven jener ungezählten Schar der religiösen Bettelmönche, Fakire oder Sadhus", wie sie in allen Städten des Landes zu treffen sind, wo sie mit aschebeschmierten Haaren und Gesichtern von Tür zu Tür, von Straße zu Straße am Bilgerstab wandern und sich von milden hauptsächlich weiblichen Händen die Unterhaltsmittel für ihr Dasein gottgefälliger Beschau­lichkeit und Versenkung darreichen lassen. Diese sind entweder kind­lich fromme Gemüter oder im schlimmsten Falle fleine Scharlatane und fuchsschlaue Gesundbeter, die sich von alten Weibern die ver­sprochene Heilung eines Zahngeschwürs, von jungen die Verheißung eines männlichen Nachkommen honorieren lassen.

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Anders ist es mit den ,, weltlichen" Bettlern der indischen Groß­städte, die entweder mit ihrer Jugendlichkeit oder ihren Ber= trüppelungen das Mitgefühl der Passanten anflehen. Ein schauriges Bild, das man in Bombay, Madras, Kalkutta alltäglich und dugendfach sehen kann, sind Kinder von 14 bis 15 Jahren, die, einen Säugling auf dem Arm, um die Lenden und um die Brüste spärlich bekleidet, den schwangeren bloßen Leib zeigen und beklopfen, um dann die Hand zum Almosen auszustrecken. Andere Bettler stellen in gleicher Weise ihre Verstümmelungen, Aus­sätze und unbeschreibbaren Beulen und Geschwüre zur Schau. Das ausgedehnteste Bettlertum weist die östliche Millionenstadt Kal­futta mit ihrem grauen und pechschwarzen Elend auf.

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Eines aber mußte ich bis vor kurzem nicht: Diese Bettler sind zusammen mit den Prostituierten und Kupplern in einem Industrie verband organisiert. Schwindel? Bitte, ihre genaue Zahl enthält die letzte offizielle Berufszählung vom Jahre 1921, nämlich 26 926 organisierte Berufsangehörige. Beim größeren Teil mag es sich zwar um die einfache Zusammengruppierung von Menschen gleichen Lebensschicksals handeln, welche sich dadurch weder das Mitleid ver­scherzen noch Lächerlichkeit zuziehen. Andere aber, ein kleinerer Teil, betreiben ihre Profession auf verbrecherische Art. Dieser Trust", wie sie ihre Genossenschaft selber nennen, be­schäftigt seine Mitglieder als Arbeitgeber. Das einzelne Mitglied wird um so höher bewertet je schauderhafter die Verstümmelung oder Bunde, die es als Gesellschafteranteil" einbringt. Doch schlimmer als dieser immerhin originelle Geschäftsbetrieb ist, wie die Gesell­schaft" Kinder für ihre 3 wede erwirbt und verwendet. Diese werden( wie jüngst die indische Zeitung Liberty" meldete) von irgendwelchen Subjekten gekauft, gemietet oder auch den Eltern gestohlen und zur Bettelei abgerichtet. Außerdem verlegen sich die Zunstangehörigen darauf, Findlinge und Ausgesetzte, namentlich Mädchen, als ihre leiblichen Kinder zu beanspruchen, um sie zur ge schäftsmäßigen Prostitution zu verwenden. Unter indischen Verhältnissen ist dieses Verfahren nicht allzu schwierig, und die Gefahr der kriminellen Verfolgung entsteht nur, wenn die Ber­brechen zu offenkundig werden oder sich zu auffällig und plötzlich häufen. Würde ein Zehntel der politischen Kriminalpolizei von Kal­futta mit der gewohnten Energieentfaltung vierzehn Tage lang zur Bekämpfung dieses Uebelstandes aufgeboten, der unheimliche Trust" wäre vom Pflaster der Bengalenhauptstadt weggewischt wie Bro­samen vom Tische.

Allerdings würde damit nicht auch die übrige, größere Armee

Der Abend

Spätausgabe des Vorwärte

Wien im Oktober

Eine soziologische Studie/ Von J. P. Mayer

lassen. Deshalb darf man nicht überrascht sein, in diesen Tagen höchster politischer Aktivität auf den ersten Seiten der Wiener Zei­tungen nur Berichte über den Indizienprozeß gegen Gustav Bauer zu finden...

Man tann in furzer Zeit in einer Stadt nicht ,, alles" sehen.| sein wollende Amüsierpresse. Der Mensch, der hier im Café sitt, Man kann überhaupt nicht alles sehen. Alles Sehen, alles Be- will sich entspannen; sich in der Entspannung ein wenig fizeln trachten ist nur ein Auswählen. Die Auswahl dessen, was man überhaupt zu sehen bekommt, ist durch vielerlei Momente bestimmt. Ich kann in einer fremden Stadt herumschlendern, wenn ich nichts zu tun habe, und dann vielleicht sehr wenig sehen. Ich fann aber auch in einen festen Arbeitsplan eingespannt sein und mich damit ganz selbstverständlich in den natürlichy ablaufenden Lebensrhythmus einer Stadt einfügen und auf diese Weise vielleicht mehr sehen, weil sich mir die Dinge mehr aufdrängen.

Ich war schon einmal in Wien . Damals erschien mir Wien als Großstadt, weil ich nur in fieineren Städten gelebt hatte. Heute erscheint mir Wien verglichen mit Berlin , Paris oder London­als eine große Provinzstadt. Der erste Gesamteindrud ist provinziell, provinziell im geistigen Sinne.

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Ein soziologisch interessantes Phänomen ist der Prater in Wien . Man sieht ihn wohl richtig, wenn man ihn als eigene 2 müsierstadt bezeichnet.( Ich denke bei diesem Begriff an die ausgezeichneten Bemerkungen, die unlängst S. Kracauer in seinem Buch Die Angestellten" über unsere Berliner ,, Amüsier­fajernen", womit er unter anderen das Café Mokka Efti" und das ,, Haus Vaterland" meint, gemacht hat.) In Berlin ist eine solche Amüsierstadt in diesem Ausmaß nicht denkbar. Unser Lunapart" ist auch in der Tat erheblich kleineren Umfangs. Ich glaube zu­verlässig beobachtet zu haben, daß der Durchschnittstyp des Brater­besuchers dem kleinen Mittelstand und der Ange= stelltentlasse zugehört, die für diese zeit- und gegenwarts= Daran sind nicht allein die Heimwehrmänner schuld. Sie sollen fernen Amüsements nicht unerhebliche Gelder aufwendet. Auch die in Wien nicht sehr zahlrech sein. Ich habe am Sonnabend die Art der im Prater gebotenen Vergnügungsmöglichkeiten fönnte Demonstration auf dem Heldenplatz beobachtet. Fürst Star= einen vermuten lassen, daß das Rad der Geschichte seit 1890 still­hem berg, der einunddreißigjährige faschistische Innenminister der steht. Es ist schwer für den Menschen der Gegenwart, der nicht in Republik Deutschösterreich, sprach hier zu seinen Leuten, u. a. von der Arbeiterbewegung Sinn und Bedeutung seines Lebens dem Kopf des Asiaten Breitner, der nach berühmtem Muster findet, anderswo diesen Sinn zu finden. Die Flucht aus den Armen in den Sand rollen soll. Dieser Passus der Rede ist zwar demen der Kirche ist eine unbestrittene Tatsache. Es ist auch schwer tiert worden; aber wir haben ja Erfahrung in der Bewertung exemplifiziert man an österreichischen Verhältnissen solcher Dementis. Studiert man Gestalten und Gesichter. dieser schlossenen und dogmatischen Gehalt des katholischen Glaubens mit Heimwehrleute, so bestätigt sich ein stark ländlicher Einschlag; im der christlich- sozialen" Parteiführung, die Dester­übrigen sieht man viel Jugend darunter. Der Gesamthabitus er- reich wieder in das Gebiet der faschistischen Gefahr hineinmanövriert immert start an die Nationalsozialisten.( In diesem Zusammenhang hat, zu vereinen. Politik und Glaube dissonieren in der gegen= ist eine Anmerkung für reichsdeutsche Leser vielleicht nicht überwärtigen Welt. Wenn ich hier im Stephansdom in Ruhe meditiere, flüffig: Der Asiat" Breitner ist Wiener Stadtrat und Sozial- dann lassen sich gerade angesichts dieses geladenen und gespannten demokrat. Er ist der Finanzgewaltige Wiens; ein Rechtsanwalt­gotischen Bauwerks die Gründe dieser Dissonanz leicht aufzeigen. ein bürgerlicher übrigens erzählte mir gestern abend, Breitners Vielleicht steht der gotische Stil in seiner Tendenz zum Gesamt­Finanzreffort sei so glänzend organisiert, daß ohne seine Zustim funstwerk, d. h. des Zusammenschweißens von Architektur, Malerei, mung auch nicht über zehn Schilling( zehn Schilling sind sechs Mark) Plastik und Musik, schon im Zeichen des dialektischen Umschlages verfügt werden könne. aus der kollettiv organischen Welt des Mittelalters in den atomisierten und atomisierenden Individualismus der neueren Jahrhunderte. Das mächtige Aufstreben dieses Raumes in eine geheimnisvolle Jenseitigkeit erinnert doch schon an die sub­jektive Mystik des späten Mittelalters, die der Beginn der Härefie, des Abfalls, ist. Der Mensch vermißt sich, sich als einzelner vor feinen Gott zu stellen. Dieses Zeitalter ist heute endgültig zu Ende. Eine follettive Epoche steigt herauf

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Wenn man in Wien in einer Bibliothek arbeitet, die in der Nähe des Rathauses gelegen ist, also im Zentrum der Stadt, so hat man keine Gelegenheit, das Leben des Arbeiters zu studieren. Die Beobachtungen müssen sich demnach auf das Leben und Treiben des Wiener Bürgers beschränken. Dieser Bürger sitt häufig und lange im Café und liest die sehr merkwürdige Wiener Presse. Diese Presse ist summarisch gesprochen fummarisch gesprochen etne pifant

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Herbst in Hiddensee

Ein Stimmungsbild/ Von Henni Lehmann

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wollten sie gegen den Sturm angehen, und die Hände halter sie, wenn sie nicht ein fleines Netz mit Fischen heimtragen, zu Fäusten geballt in den Hosentaschen. Sie heben, wenn sie gehen, die Füße kaum vom Boden.

Die Insel wird einsam. Der Sturm geht von Südwesten über I geneigt, so, wie alte Fischer gehen. Das sieht immer aus, als sie hin, jagt Regen gießende Wolken über sie, treibt sie weiter herüber nach Rügen über das Wasser des Boddens. Das Wasser wird flach. Der Sturm drängt es hinaus nordwärts ins Meer. Eine Sandbank steigt auf, sonst von den Fluten überdeckt, darauf fizen heut im Kreis gedrängt ängstliche Möwen.

Die Möwen sind hiergeblieben. Die Stare, die sommerlich unter den roten Dachziegeln meines Hauses ein- und ausflogen, find fortgezogen, die Schwalben, die in der Veranda auf dem Porzellanschirm der Lampe, kühne Bauunternehmer, ihr Nest geformt und Junge großgezogen hatten, find nicht mehr da. Die Lampe hängt über dem Frühstücstisch, auf dem die hoch gestellten Bogelgäste ihre Spuren hinterließen. Jetzt bleibt das Tischtuch rein, aber es tut mir doch ein wenig leid, daß ich nicht mehr das Zwitschern der jungen Vögel höre, nicht mehr sehe, wie die Alten ihnen Nahrung zu Neste tragen. Selbst die Zugvögel, die aus Nordland kommen, aus Schweden und Norwegen , haben schon die Luft passiert und sind jetzt dort, weit, weit südlich, wo wärmere Sonne scheint. Auch die menschlichen Zugvögel, jommerlichen Badegäste, sind verschwunden, hierhin, dorthin zer­streut. Aber im Fischerdorf ist jetzt eigenstes Leben erwacht. Es ist Heringszeit. Hei, wie die feinen Schleierneße, in langen Reihen zwischen Stangen gebunden, im Sturme schaukeln! Er muß sie trocknen bis zur Mittagszeit. Dann geht es wieder hinaus. auf See.

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Im frühen Morgenlicht erst kommen die Fischer heim, naß und kalt, aber froh, wenn der Fang gut war. Die ganz Alten es sind solche, die 80 Jahre und mehr zählen, stehen dann schon amn Bollwert, an dem die Boote anlegen, helfen sie heranzuziehen, und nachher stehen sie bei den trocknenden Netzen und flicken die Löcher, die der Sturm hineinriß. So sind sie doch noch zu was gut, die Alten, sagen sie, denn arbeiten, etwas leisten wollen sie alle noch. Bei den Kartoffeln, die jetzt aus der Erde müssen, fönnen fie nicht helfen. Auf der. Erde knien, sich ständig bücken, nein, das geht nicht mehr! Das müssen jetzt die Frauen machen, und die Kinder müssen morgens die Kühe hinausbringen auf die Weide und abends wieder heimholen. Aber einer, so ein ganz Alter mit schneeweißem Haar und verwittertem Runzelgesicht, trottet an jedem Abend an meinem Haus vorüber, zwischen zwei Kühen gehend, die er an Striden führt. Er geht ein bißchen vorniiber

der vielen Zehntausende gewöhnlicher Bettler aus der Stadt der schauerlichen Nächte" verschwinden. Deren Daseinswurze! liegt tiefer im Boden der bestehenden Verhältnisse. Und wenn man sich beim Anblick des Massenbettlertums in Kalkutta einen Augenblick in den Palast eines Radschah, ein Klubhaus der Baumwollherren oder der Teepflanzer oder in den Haushalt eines Samundar( Groß­grundpächter) versetzt denkt, dann bestätigt einem diese Spannweite der sozialen Gegensätze erneut den Eindruck, den der deutsche Schrift­steller Bierbaum einmal aus dem Orient mitbrachte: dort verlerne F. J. Furtwängler. man den Neid wie das Mitleid.

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Der Meeres strand an der Ostseite der Insel ist ganz leer geworden. Ein einziger Strandforb nur noch steht einsam vor der Düne, und manchmal setzt zur Abendzeit, wenn hinter dem Meer die Sonne versinkt, ein einsamer Mensch darin. Die Strandburgen, die Badegäste und ihre Kinder in den Sand gruben, hat der Wind überstäubt, haben die Wellen überspült. Kreisförmig geordnete braune Haufen von Seegras zeigen hier und da noch die Stelle, an der die Burg gelegen war. Auf den Dünen zwischen dem grauen Dünengras wachsen keine Blumen mehr. Die Wiese dahinter schmückt sich noch färglich mit kleinen weißen Gänseblümchen, Butterblumen und Schafgarbe und winzigen verbiaßten Klee­köpfchen. Die Blumen sehen alle aus, als ob sie frieren. Aber Pilze, viel Pilze stehen dort, die hat der Regen gerufen, Schwind­linge, Champignons, Butterpilze, die fann man pflücken und kochen. Aber dann steht da ein anderer, ein weißer! Der hat sich trügerisch in die Farbe der Unschuld gehüllt, der hat Gift in fich. So geht es auch mit manchen Menschen, die unschuldig aussehen- und Gift in sich haben.

Bor meiner Haustür die Wildrosenhecken sind mit Hage­butten bedeckt, und an einem Strauch steht verlassen eine späte Blüte, fleiner, als die Sommerblüten waren, aber dunkelrot, viel roter als jene frühen, blassen, so als hätte der Strauch, der sie trägt, noch einmal alle innere Glut in die späte Blüte gegossen.

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Da plößlich bricht ein Sonnenstrahl durch die Wolfen, und da flattert neben mir gegen die Fensterscheibe ein Schmetter­ling auf, der sich in das Zimmer verlor, ein brauner mit roren Streifen auf den Flügeln. Vielleicht meint er, weil die Sonne ihn traf, es sei draußen Frühling geworden.

Der Sonnenstrahl ist schon wieder entschwunden, die Dinste steigen. Bom Leuchtturm auf der Höhe im Norden flingt das Nebelhorn . Kaum noch sehe ich das Wasser, die Straße, die Nezze, nur das rote runde Dach von Asta Nielsens aus lugt noch schwach aus dem Grau hervor. Das Haus darunter steht jetzt leer. Herbst! Hiddensee . Die Insel ist einsam geworden--

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Die deutschen Museen

Nach den neuesten statistischen Ermittlungen gibt es in Deutsch land gegenwärtig 1506 Museen, wovon mehr als die Hälfte auf Preußen entfällt. Etwa 45 Proz. der Museen dienen der volksfund­lichen Forschung, ein Viertel beschäftigt sich mit der Sammlung von Altertümern, ein Siebentel der Gesamtzahr sind Naturfandemuseen, cin Zehntel Kunstmuseen. Der Rest, nicht einmal ein Zwanzigstel, fann in diese verschiedenen Gebiete nicht eingereiht werden. Hierher gehören z. B. die Kriminalmuseen, das Reichspostmuseum usw.