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Morgenausgabe

Nr. 499

A 251

47.Jahrgang

Böchentlich 85 Bi. monatli 3,60 m. tim voraus zahlbar. Boftbezug 4.32 MR. einschließlich 60 Bfg. Boftzeitungs- und 72 Bfg. Boftbeftellgebühren. Auslands abonnement 6,- M pro Monat.

Der Borwärts ericheint mochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend Illuftrierte Beilagen Bol und Zeit und Kinderfreund". Ferner frauenstimme" Technit", Blid in die Büchermelt", Jugend- Borwärts" und Stabtbeilage.

6856 muinaimosdat

Vorwärts

Berliner Volksblatt

Freitag

24. Dftober 1930

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die etnipaltige Tonpareillezeile 80 Pfennig. Reflamezeile 5,- Reichs. mart. Kleine Anzeigen das ettge brudte Bort 25 Pfennig( zulässig zwei fettgebrudte Borte). jebes weitere Bort 12 Bfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Bfennig, jedes mettere Wort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte, Arbeitsmartt Seile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme imhaupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Berlag: Berlin   SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher Dönboft 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin  .

Vorwärts- Verlag G. m. b. H.

Wieder vertagt!

Die Verhandlungen im Metallfonflikt bisher ergebnislos.

Amtlich wird gemeldet:

In dem 2ohnstreit in der Berliner   Metall. industrie fanden am 23. Oktober im Reichsarbeits. ministerium Nachverhandlungen über den Antrag auf Verbindlichkeitserklärung des Schiedsspruches vom 10. Oktober 1930 statt. Die Verhandlungen zogen sich bis in die späten Abendstunden hin. Schließlich wurden die Verhandlungen vertagt, sie sollen jedoch in Kürze fortgesetzt werden.

*

Die Berhandlungen sind gestern in später Abendstunde ergebnis­Ins abgebrochen worden. Ministerialdirigent Dr. Menes, der die Berhandlungen im Auftrage des Reichsarbeitsministeriums führte, gab befannt, daß sie in Kürze fortgesetzt werden sollen.

Um 5 1hr nachmittags begannen bereits die Verhandlungen, die schließlich nach sechsstündiger Dauer abgebrochen wurden. Die fogenannten Nachnerhandlungen über den Lohnabbau Schiedsspruch des Sonderschlichters Dr. Boelfers vom 10. Oftober paren mir von turzer Dauer. Der Vorsitzende des Metallfartells Genoffe Urich begründete noch einmal mit wenigen Worten die ablehnende Stellungnahme der Metallarbeiter zu dem Schieds spruch. Die Ablehnung erfolgte aus dem einfachen Grunde, weil die Lohnfentung wirtschaftlich nicht gerecht­fertigt sei, was durch das Material der Gewerkschaften über die

Rentabilität der Betriebe, die Geschäftsabschlüsse usm. tidr er; piejen worden ist. lleber die soziale ungerechtigfeit, fie der Abbau der ohnehin fehr geringen Löhne der Berliner  Metallarbeiter in der jegigen Zeit darstellt, noch Ausführungen zu machen, lehnten die Gewerkschaftsvertreter ab.

Der Syndikus des Verbandes Berliner   Metallindustriellen, Rechtsanwalt Oppenheimer, machte sich die Begründung des Antrages der Unternehmer auf Berbindlichkeitserklärung des Lohn abbau- Schiedsspruches ganz leicht. Er refapitulierte einfach die Be­

cons

gründung des Sonderschlichters Dr. Boelfers zu dem Schiedsspruch, in der von der Notwendigkeit des Lohnabbaues zur Senfung der Gestehungskosten der Wirtschaft gesprochen wird. Da der Schieds: spruch nicht voll den Wünschen der Berliner   Metallindustriellen ent­spricht, sei der Lahnabbau bestimmt nicht ungerecht. Der Schieds­pruch könne daher ohne Bedenken entsprechend der Bestimmung der

Obleute der Streikleitungen!

Heute, Freitag, 13 Uhr, Sitzung in der Kulturabteilung, Linienstr. 198 Streikausweis und die für diese Sitzung ausgestellten

Legitimationskarten sind an der Kon rolle vorzuzeigen

Schlichtungsordnung, die von der Berbindlichkeitserklärung nach ge­rechter Abwägung der Intereffen beider Teile und der Billigkeit fpricht, für rechtsverbindlich erklärt werden.

Ministerialdirigent Dr. Meves machte im Anschluß an die furzen Borbesprechungen sofort den Versuch, eine Annäherung zwischen den Barteien herbeizuführen. Zu diesen Zwed bildete er eine kleine Berhandlungstommiffion, die sich aus je fünf Unternehmern und Arbeitervertretern zusammenseite. Die Arbeiter waren in der Komission vertreten durch die Genossen Urich, Edert, Ortmann, Bredam und Lost; von der Unternehmerseite gehörten ihr an Generaldirektor Dr. Roettgen pom Siemens- Konzern, Generaldirektor remmener, Ernst von Borfig, Dr. 203 vom Gesamtverband Deutscher   Metallindu ftrieller und Rechtsanwalt Oppenheimer. Da nach fünfftündigen Beratungen teine Berständigung zwischen den Barteien erzielt werden konnte, verkündete der Vertreter des Reichsarbeitsministe riums den Vertagungsbeschluß.

Agrarische Herausforderungen.

Organisierte Mache zum Erlaß neuer Notverordnungen.

Bor wenigen Tagen hat der Reichslandbund vom Reichs Fräsidenten und vom Reichskanzler mit der Behauptung, daß die diesjährige Ernte in collem Umfange verloren" sein werde, Not Derordnungen zugunsten der Landwirtschaft auf

autorität wichtiger geworden als die Diskussion ihrer sogenannten Notforderungen" durch die Reichsregierung. Es ist Zeit, daß sich die Reichsregierung über den Ernst dieser Situation flar wird!

Grund des Artikels 48 verlangt. Gestern wurden drei Trauerrede des Innenministers Wirth.

Die

Bandoolfführer in Gegenwart des Reichsernährungsministers Schiele vom Reichspräsidenten   empfangen, die ebenfalls jofortige außerparlamentarische Maßnahmen forderten, da sonst die Beunruhigung bis zu einem die Ruhe gefährden= en Ausmaße" zwangsläufig gesteigert werden müsse. Sugenberg nabestehende Telegrapenunion will wissen, daß das Reichsfabinett fich bereits in der allernächsten Zeit mit dem Erlaß landwirtschaftlicher Notverordmungen beschäftigen werde. Es handelt sich um eine politische Stimmungsmache, die gefähr liche Dimensionen annimmt und der entgegenzutreten es allerhöchste Zeit geworden ist. Der Reichstanzler hat in seiner Programmrede, die Reichsregierung hat in ihrem Wirtschafts- und Finanz­programm bereits außerordentlich weitgehende Maßnahmen zugunsten der Landwirtschaft vorgesehen. Von einem Zusammenbruch der Landwirtschaft ist nur in dem Schreien der Landbund und Landvoltführer, nicht aber in Wirklichkeit die Rede. Was Reichstag   und Reichsregierung an landwirtschaftlichen Maßnahmen noch für notwendig erachten, wird auf parlamentari­schem Wege geschehen und wird auch nicht zu spät kommen. Das organisierte Berlangen nach landwirtschaftlichen Notverordnungen entspringt demfelben staatsgefährdenden Geist, der in den jeßigen Rönigsberger Prozeifen als offene Auflehnung gegen die Staatsgewalt und als offener Aufruhr erkennbar ist!

Der Kursim Reichslandbund  , dem offenbar die Land­voitorganisation nicht nachstehen will, geht scharf nach rechts. Der jetzt zum Präsidenten des Landbundes gewählte Graf von Raldreuth repräsentiert die schärffte Richtung des Groß-, agrariertums, die heute sajon faum mehr als fonfervativ im ge­wöhnlichen Sinne bezeichnet werden kann, sondern wie Hitler   und Hugenberg die offene Auflehnung gegen die Staatsgemalt mill. Solchen Kräften und Mächten gegenüber, die sich mit ihren Forde tungen gegenseitig überschreien, ist die Berteidigung der Staats­

Reichsrats Kundgebung zum Aachener Unglück.

Die geftrige öffentliche Sigung des Reichsrats murde mit einer Trauerfundgebung für die Opfer des Aachener Grubenunglücs eingeleitet. Der Berhandlungsleiter, Reichsinnenminister Dr. Wirth, hielt folgende von den Mitgliedern stehend angehörte Rede: Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, ist es unfere Menschen und Staatsbürgerpflicht, der großen Katastrophe und der fast 250 auf der Totenbahre liegenden Opfer zu gedenken, die von dem Bergwerf sunglüd zu Alsdorf   dahingerafft worden sind. Es ist mohl eine der schwersten Bergmertsfatastrophen, die das Es ist wohl eine der schwersten Bergmertskatastrophen, die das deutsche Bolt je betroffen hat. Wir gedenken auch jener Helden, die unter Einsatz des Lebens in die Grube gefahren sind, um ihren bedrängten Kameraden zu helfen, und die diesmal in jo großer 3ahl vom Unglüd felbst erfaßt worden sind, wie niemals bei einer früheren Rettungsaftion. Wie ich höre, find 25 der Rettungs mannschaften bei der heldenmütigen Hilfsarbeit ums Leben ge­mannschaften bei der heldenmütigen Hilfsarbeit ums Leben tommen. Indem wir in dieser Stunde der Opfer gedenken, darf ich auch im Namen des Reichsrats zu gegebener Zeit den bortigen Behörden und den Stellen, die das Unglück zu meistern haben, das tiefe Mitgefühl von Ihnen allen übermitteln.

Bostichedkonto: Berlin   37 536.- Banffonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Wallstr. 65. Dt.B.u.Disc.- Ges., Depofitentasse, JerusalemerStr.65/ 66.

Ehrenwort bei Hitler  .

Die Nationalsozialisten und die politische Moral.

Von Dr. Wilhelm Hoegner  , M. d. R.

Der deutsche Philosoph Kant   stellt in einer Abhandlung über die Mißhelligkeit zwischen der Moral und der Po= Iitit den Grundfag auf:

Die wahre Politik fann. feinen Schritt tun, ohne vorher der

Moral gehuldigt zu haben, und obzwar Politik für sich selbst eine schwere Kunst ist, so ist doch Vereinigung derselben mit der Moral

gar feine Kunst."

Die Nationalsozialisten von Deutschland   preisen sich als Erben des deutschen Idealismus an. Von einer moralischen Politik, wie sie Kant fordert, scheinen sie aber himmelweit entfernt zu sein.

3wet Tatsachen der letzten Zeit sind es, die das deutlich beweisen: Die Einstellung der Nationalsozialisten zum Ehrenwort und ihre Haltung gegenüber den Deutschen  in Südtirol  

Nationalsozialisten schon eine erhebliche Rolle gespielt. Das Ehrenwort hat in der noch jungen Geschichte der

Nach dem Zeugnis des früheren bayerischen   Innen­ministers Dr. Schweyer hat Hitler   ihm bei einer Unter­redung vor dem 8., November 1923, bei der er vom Sitz auf­iprang und mit der rechten Hand auf die Brust schlug, in erregtem Tone wörtlich erklärt:

nie in meinem Leben einen Butsch machen." ,, Herr Minister, ich gebe Ihnen mein Ehrenmort, ich werde

nach dem Hitler Butsch   im Münchener   Bürgerbräufeller ge Als dann Minister Dr. Schweyer am 8. November 1923 Hitler  - Putsch fangen jaß, erinnerte er Hitler   an diesen Vorgang. Nach seiner Schilderung gerief der Führer der Nationalsozialisten dabei in eine gewisse Berlegenheit".

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fich noch unmittelbar vor dem Hitler- Butsch allen Warnern Auch der bayerische   Staatsfommissar von Kahr berief Ludendorff   und gegenüber auf das Wort" von Hitler  , daß sie nichts unternehmen würden, ohne ihn vorher zu verständigen". Kahr   wurde natürlich nicht ver­ständigt, sondern tappte am 8. November 1923 in die ihm gestellte Falle im Münchener   Bürgerbräufeller hinein.

Im Reichstag   habe ich am 18. Oktober das Ehrenwort des nationalsozialistischen Oberführers Gregor Straßer  erwähnt. Damit hat es folgende Bewandtnis:

Die Nationalsozialisten und andere ,, vaterländische" Ver­bände hatten für den 1. Mai 1923 beschlossen; die Mai­feierumzüge der freien Arbeiterschaft in München   mit Waffengewalt zu verhindern. Sie wollten, wie es im amtlichen Bericht des damaligen Münchener   Polizeipräsi= denten heißt ,,, die einzelnen Straßen und Stadtviertel ab­sperren, um dann die Roten wie tolle Hunde niederzu­schießen". Der militärische Befehl zur Durchführung dieses Planes ist im Untersuchungsausschuß des Bayerischen   Land­tags befanntgegeben worden. Die Nationalsozialisten hatten zur Vorbereitung des blutigen 1. Mai die Führer ihrer aus­

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wärtigen Sturmabteilungen am 28. April 1923 nad) München   kommen lassen. Bei der Besprechung wurde für den 1. Mai Bereitschaft angeordnet und befohlen, die Sturm­abteilungen auf ein eingehendes Telegramm nach München  zu schicken. Als 3med der Maßnahme gab man den Unter­führern die Notwendigkeit der Unterdrüdung linksradikaler. Unruhen die gar nicht in Aussicht standen und Schutz der Regierung(!) an. In Landshut   erzählte Herr Gregor Straßer   seinen Sturmtruppleuten, um sie anzufeuern, wahr heitswidrig, daß die Kommunisten am 1. Mai die Regierung stürzen wollten. Die auswärtigen Sturmtruppführer wurden dann am 30. April 1923 durch das mit dem Oberkommando vereinbarte Alarmtelegramm Sämtliche Müzen so fort schicken" nach München   berufen. Herr Gregor Straßer   holte seine Getreuen aus Niederbayern   mit folgen­dem Decktelegramm herbei: Tante gestorben, Be­erdigung hier heute." In Landshut   luden dann seine Sturmabteilungen in aller Deffentlichkeit an 140 Militär­gewehre und einige leichte Maschinengewehre auf Lastkraft­wagen auf. Von der inzwischen verständigten Lands= huter Polizei wurden jedoch die Waffen für beschlag­nahmt erklärt, und ein Kommando der Landespolizei suchte Der Reichsrat stimmte dann den vom Reichstag angenommenen die Abfahrt der Nationalsozialisten nach München   zu ver­Gesetzentwürfen über die Schuldentilgung und zur Durch hindern. In dieser Lage verlegte sich Herr Straßer aufs führung der Entschädigung auf Grund des deutsch   Verhandeln und gab dem Bolizeileutnant Nieder­polnischen Liquidations abfommens endgültig zu, mayer sein Ehrenwort, die Waffen in die Landshuter  ebenso der Ergänzung zum andelsabkommen mit Finn­ land  . Auch bezüglich der vom Reichstag beschlossenen Amnestie Reichswehrfaserne zu fahren. Darauf erhielt er dorthin freie wurde gegen die Stimmen der Provinzen Hessen- Nassau   und Fahrt, fuhr jedoch mit dem Lastkraftwagen an der Reichs­Sachsen von der Einlegung eines Einspruches abwehrfaserne vorbei nach München   und nahm dort an dem Aufmarsch auf Oberwiesenfeld teil. Nach seiner eigenen Aus­gesehen,

Femeamneffie wird rechtsfräftia.