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Rr. 505 47. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts 23. Oftober 1

Dienstag, 1930

Stegerwald muß sich entscheiden!

Die Unternehmer hoffen noch immer trotz fester Streiffront.

nicht aufrechterhalten können".

Die Berhandlungen, die für gestern zwischen Metallindustriellen groß angekündigte Aftion- feinen Pfennig Lohnerhöhung und Gewerkschaftsvertretern im Berliner Metallarbeiterstreit in Aus: ficht genommen waren, haben nicht stattgefunden. Wohl hat das Reichsarbeitsministerium mit den Unternehmern Fühlung ge­nommen, aber die Zehnerkommission ist nicht ein­berufen worden, weil jede Verhandlung ganz aussichts los schien.

Die Unternehmer lehnen jebes Entgegenkommen ab.

Wir stellen fest, daß das Gegenteil davon gesagt worden ist. Wenn die Arbeiter oder die Unternehmer dieses Blatt ernst nehmen würden, dann könnte diese Behauptung der Roten Fahne" den größten Schaden anrichten. Ein wahres Glück, daß die kom­ munistischen Maulhelden schon so oft geschwindelt haben, daß ihnen heute kein Mensch mehr glaubt.

Das ist nicht weiter überraschend. Das Reichsarbeitsministerium Kommunistische Zukunftshoffnungen.

bemüht fich mohl, eine neue Berhandlungsgrundlage zu finden, ohne jedoch den Schiedsspruch vorher preiszugeben. Die Unternehmer rechnen daher damit, daß das Reichsarbeits­ministerium, wenn eine neue Verhandlungsgrundlage nicht ge­funden werden kann, der Schiedsspruch doch noch für verbind.

lich erflärt werden würde.

Das ist natürlich ganz unmöglich. Wenn die Verbindlichkeits­erklärung des Schiedsspruchs möglich gewesen wäre, dann würde ihn der Reichsarbeitsminister sofort nach Ablauf der Frist für ver. bindlich erklärt haben. Der Reichsarbeitsminister hatte aber das ganz richtige Gefühl, daß der Schiedsspruch

fchon aus pfychologischen Gründen nicht für verbindlich erklärt werden fann,

ganz abgesehen davon, daß der Schiedsspruch wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen ist.

Nun dauert der Streit schon zwei Bochen. Daß die Organi. fterten den Streit durchhalten, ist nicht meiter verwunderlich. Aber gerade die Tatsache, daß auch die Unorganisierten und felbft die Gegner der freien Gewerkschaften in der Arbeiterschaft fazulagen bis zum letzten Mann und bis zur letzten Frau sich in die Streiffront eingereiht haben und

lieber die Not und die Enfbehrungen auf sich nehmen, als fich dem Schiedsfpruch zu unterwerfen,

gerade biefe Tatsache bemeist am besten, daß der Schiedsspruch eine freiende ungerechtigteit, daß seine Berbindlichkeits­erflärung unmöglich ist.

Die Unternehmer würden wahrscheinlich angesichts der ge schlossenen Front der Arbeiterschaft längst von ihrem hohen Roß herabgestiegen fein, wenn der Reichsarbeitsminister auch die Konse quenz aus feiner Ueberzeugung gezogen und ausbrüdlich erklärt

hätte, was er ja prattisch schon getan hat:

die Berbindlichkeit des Schiedsspruchs abzulehnen. Es ist die unsichere Haltung im Reichsarbeitsministerium, der Ber. such, eine neue Grundlage zu schaffen, ohne die alte Grund­lage zu verlassen, die den Unternehmern den Nacken gesteift hat.

Es wird ja dem Reichsarbeitsminister schließlich nichts anderes brig bleiben, als die Verbindlichkeitserklärung des Schiedsspruchs ausdrücklich abzulehnen. Je länger man damit aber zögert, desto mehr wird die Situation verschärft. Auf was können die Unternehmer noch hoffen? Die Wirtschaftsfriedlichen, die Unorganisierten, die Christlichen, die Hirsch- Dunderschen usw., sie stehen nach wie vor

Schulter an Schulter mit den freien Gewerkschaften. Die Versuche der KPD. , durch Aufziehung der sogenannten revo­lutionären Gewerkschaftsopposition die Führung des Kampfes an fich zu reißen, find gleichfalls gescheitert. Die Unternehmer flammern sich immer noch an der Hoffnung, der Reichsarbeits­minister würde den Schiedsspruch doch noch für verbindlich erklären. Deshalb muß es einmal mit aller Deutlichkeit ausgesprochen werden, daß aussichtsreiche Verhandlungen so lange unmöglich find, so lange die Unternehmer diese Hoffnung noch haben können. lind damit rückt auch die Möglichkeit einer Beendigung des Kampfes in immer weitere Ferne.

Der Reichsarbeitsminister muß sich endlich entscheiden, den Unternehmern flaren Wein einzuschenken. Je länger der Streif dauert, desto schwerer sind die wirtschaft lichen Folgen dieses Streits für das gefamte Wirtschaftsleben. Teil­weise sind diese Wirtschaftsfolgen, wie der Ausfall der Verkehrs­einnahmen usw., nicht wieder gutzumachen. Schon deshalb ist es notwendig, daß der Reichsarbeitsminister sich nunmehr endlich ent­scheidet und die Unternehmer durch die Ablehnung ihres Antrages auf Berbindlichkeitserklärung auf den Weg der Berhand lungen und der Verständigung weift.

JAH Wurstsuppe.

" Revolut onäre" Streifunterstühung

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Die Rote Fahne", Nr. 251 nom 26. Dftaber, Beilage 2, Spalte 3, macht mieder großes Theater mit den JAH. Bettelküchen. Dabei lestet sich das Blatt folgende Berhöhnung:

In Borsigwalde hat ein Schlächtermeister einen Raum zur Verfügung gestellt. Wenn er Wurst tocht, dann überläßt er die fette Brühe bavon dem Essen der Streifenden." Ist es nicht geradezu empörend zu lesen, daß es als Heldentat ausgepauft wird, wenn ein Schlächtermeister den Streifenden die fette Brühe schenkt. Also Klassenfampf mit Wurstbrühe. Es erhebt sich die Frage, wer die Würste ißt und warum die ,, Rote Fahne" auf einmal so bescheiden wird und sich mit geschenkter Wurst­suppe begnügt. Hätte der Borwärts" diese Notiz gebracht, dann wäre sicher ein Standal losgegangen wie noch nie, daß man den Streitenden fo etwas überhaupt zumutet.

Unschädliche Lügner.

Es hieße der sogenannten RGD. und ihren Hintermännern eine Bedeutung zulegen, die sie nicht haben, wenn man den Schwind.1, den sie täglich seitenlang in die Welt setzen, ernst nehmen würde Wir begnügen uns mit folgender Feststellung:

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Die RGD. verspricht.

führender Seite der RGO.", also vom Zentralfomitee der KPD . Die tommunistische Breffe veröffentlicht eine zuschrift Bon In dieser Zuschrift heißt es:

,, Die Berliner Arbeiter haben sich jezt eine neue gewertschaft­liche Führung geschaffen und sind im Begriff, eine große gemert­schaftliche Organisation aus dem Boden zu stampfen. Die streitenden Betriebe haben fast alle Streifleitungen gewählt, in denen die RGO. die Führung hat

Wie wir erfahren, sollen in Kürze entscheidende Beschlüsse gefaßt werden, was den strafferen Ausbau der RGO.- Industrie­gruppe Metall in der Frage möchentlicher Mitgliedsbeiträge, Mitgliedstarten, Presse, Bersammlungswesen, Funktionärförper und die Schaffung eines Streiffonds betrifft."

Zum Schluß werden dann die Arbeiter aufgefordert, sich der geschieht, desto schneller wird RGO. anzuschließen. Je rascher und in je größeren Massen das den Angriffen der Unternehmer eine starte Rampforganisation gegenübergestellt merden."

Also die ,, aus dem Boden gestampfte" RGO., die von sich selbst behauptet, daß fast alle streitenden Betriebe Streifleitungen der revolutionären Gewerkschaftsopposition" gewählt hätten, vertröstet schließlich die Arbeiter auf eine ferne Zukunft, in der die kommu­nistische Organisation, menn sich genug Dumme finden würden, ein­mal eine Kampforganisation sein wird, die die Angriffe der Unter­nehmer vielleicht zurückzuschlagen in der Lage sein wird. Vorläufig und in diesem Kampf sind dazu nur der Deutsche Metallarbeiter­Verband und die mit ihm verbundenen freien Gewerkschaften fähig.

Die RGD. ist nichts und kann nichts, als leere Ber­

fprechungen machen.

Die gut unterrichtete, Welt am Abend".

Mit welcher Leichtfertigkeit und Unwissenheit das tommunistische Abendblatt ihre Leser unterrichtet", dafür ein weiteres Beispiel: In ihrer gestrigen Ausgabe berichtet das Blatt: Heute mittag ist die Zehnerkommission( Roettgen- Urich) zu neuen Verhandlungen zusammengetreten."

In der Folge weiß das Blatt auch darüber zu berichten, was dort verhandelt worden ist.

Es genügt, wenn wir feststellen, daß die Zehnerkommission gar nicht getagt hat und also auch irgendwelche Borschläge nicht gemacht werden tonnten.

C. Lorenz-G. Mittwoch 11 Uhr im Gemertschaftshaus, Eaal 4, Engelufer 25, Betriebsversammlung. Betriebsausweis Legitimiert. Die Streitleitung.

Vorwärts mit der Gemeinwirtschaft

Die Tagung der deutschen Bauhütten

Heute vormittag wird die Aussprache fortgesetzt.

Am Montag begann im Plenarfaal des Borläufigen Reichs- In der Aussprache wies Rörner- 3widan auf die Not­wirtschaftsrats der 7. Deutsche Bauhütten tag. Saal und wendigkeit und die Borteile des gemeinsamen Einkaufs Galerien waren von Abgeordneten der deutschen Bauhütten und von Baumaschinen und Geräten aller Art für die sozialen Bau­Gästen fast bis auf den letzten Blaz besetzt. Der Aufsichtsratsvor- betriebe hin, während sich Bauer Regensburg mit Fragen figende des Verbandes sozialer Baubetriebe, Nikolaus Berns der mirtschaftlichen Betriebsführung befaßte. hard, begrüßte die Erschienenen und würdigte die Bedeutung diefer Jubiläumstagung in der jebigen schweren Zeit. Dr. Schmidt vom Reichsarbeitsministerium überbrachte die Glüd wünsche des Reichsarbeitsministers, wobei er die nüzliche Arbeit der deutschen Bauhütten für die Allgemeinheit während ihrer zehnjährigen Tätigkeit rühmend hervorhob. Ministerialdirektor Ge­nosse Hermann Meyer überbrachte die Wünsche des preußischen Wohlfahrtsministeriums und der Leiter der Arbeiterbank Dr. Bachem die Wünsche der gewerkschaftlichen Wirtschaftsbetriebe.

Sodann sprach Genosse Rudolf Wissell über die Zusammenarbeit der gemeinwirtschaftlichen Unter­

nehmungen

der Gewerkschaften und der Konsumenten. Er schilderte den lang­fam, aber zwangsläufig fortschreitenden llebergang der Individual­wirtschaft in die Gemeinwirtschaft, betonte die hervor. ragende Arbeit der Konsumgenossenschaften mit ihren wirtschaftlichen Eigenbetrieben und ihrem ständig wachsenden Umsatz, die Bedeutung der Arbeiterbant als Finanzierungs­institut der Arbeiterschaft und der Gewerkschaften und die Selbsthilfe bestrebungen der Gewertschaften zur lleberführung des privaten Baugewerbes in eine demokratisch orga­nifierte Gemeinwirtschaft. An Stelle des privaten Profit strebens und der Verfolgung von Einzelintereffen müsse in den gemeinwirtschaftlichen Betrieben immer mehr die Hingabe jedes einzelnen an die Allgemeinheit treten. 1919 sei es nicht möglich gewesen, zwanzig Wirtschaftsführer zu finden, die die Wege zur leberführung der Privatwirtschaft in die Gemeinwirtschaft hätten weisen können. Es gelte deshalb für die Gewerkschaften, selbst Wirtschaftsführer heranzubilden,

die diefer Aufgabe gewachsen feien. Dazu seien die Eigenbetriebe der Gewerkschaften und der Konsumenten besonders geeignet. Wit beredten Worten empfahl Wissell die Zusammenarbeit und die gegenseitige Unterstützung aller auf gemeinwirtschaftlichem Boden stehenden Wirtschaftsbetriebe der Gewerkschaften und der Konsumenten. Wie es undenkbar sei, daß die Vertreter der Indi­vidualwirtschaft die gemeinwirtschaftlichen Betriebe förderten und mirtschaftlichem Boden stehenden Wirtschaftsbetriebe sich gegenseitig unterstützten, so müsse es selbstverständlich sein, daß die auf gemein­förderten und unterstützten.

Im Anschluß an Wissells Bortrag( prach Diplomingenieur Otto Rode über

die technische Entwicklung der sozialen Baubetriebe und die Bemühungen des Verbandes sozialer Baubetriebe zur Ein­führung einer wirtschaftlichen Betriebsführung bet den angeschlossenen Betrieben. Etwa 90 von 130 Betrieben arbei­teten bereits mehr oder weniger nach den Anregungen der Abteilung ,, Wirtschaftliche Betriebsführung" des Berbandes mit sehr guten Erfolgen. Belaje Bedeutung die wirtschaftliche Betriebsführung für die Verbilligung des Bauens, die Behebung der Wohnungsnot und die Entwicklung der sozialen Baubetriebe im Konturrenz ampf mit den privaten Bauunternehmungen hat, zeigte Rode in einem sehr interessanten, von der Basse Film 2. G. aufgenommenen Film. Vortrag und Film fanden ebenfalls die leb­hafte Zustimmung des Bauhüttentages.

Den Bericht der Geschäftsführung des Verbandes sozialer Bau­betriebe für die letzten drei Jahre gab Geschäftsführer Albert Lüd. der die von uns bereits geschilderte gute Entwicklung der Bewegung in den letzten Jahren hervorhob und unter lebhaftem Beifall des Bauhüttentages die Notwendigkeit von Maßnahmen zur weiteren Stärkung der Konkurrenzfähigkeit

Die Rote Fahne " vom Sonntag veröffentlicht einen angeb­fichen Bericht der Fraktionsfigung unserer Genossen im Deutschen Metallarbeiter- Berband, der von Anfang bis Ende die Dinge auf den Kopf stellt. So wird da u. a. behauptet, daß dort gejagt morden fei, man werde die von Ulrich dem Metallfartell der angeschlossenen Betriebe betonte.

I

Richtigstellung.

In der geftrigen Abendausgabe ist irrtümlich Genosfe August Ellinger als Redner bei der Sonntagfeier des Ver bandes sozialer Baubetriebe in der Boltsbühne genannt worden. Wir stellen hiermit richtig, daß der frühere Verbandsvorsitzende Friz Paeplow Hamburg die Festrede gehalten hat.

Die Unternehmer haben Zeit. Wenn die Arbeitslosigkeit eingedämmt werden soll. Am Montag fand in Dresden im fifchen Arbeits. ministerium unter dem Borsiz des Ministers Richter eine neue Besprechung zwischen den Unternehmern und Arbeitern über die Frage der Arbeitsstredung durch Arbeitszeite verfürzung statt. Die Borschläge des Ministeriums erstreben die reimachung von Arbeitsplägen im Wege freier Bereinbarung für einzelne Betriebe. Es soll entweder die Wochen­arbeitszeit verkürzt oder eine größere 3ahl von Schichten eingeführt werden. Auch denkt man an eventuelle Verlängerung der täglichen Gesamtarbeitszeit, um so die Arbeit auf weniger Wochentage ver­teilen zu fönnen. Schließlich sollen Doppelverdiener durch Arbeitslose erfekt und alle Ueberschreitungen der gesetzlichen oder tariflichen Arbeitszeit unterbunden werden.

Die Besprechungen brachten leider noch fein positives Resultat. Sie mußten zunächst auf Freitag vertagt irerden, weil die Unternehmervertreter feine verbindliche Erklärung zu den Vora schlägen der Regierung vor der Stellungnahme ihres Hauptcusa schuffes abgeben wollten. Der Hauptausschuß der Unternehmer tritt am 6. November zusammen.

Immer langsam voran.

Fast 15 Millionen Arbeitslose.

Genf , 27. Oktober. ( Eigenbericht.)

Die Arbeitslofenziffer aller industriellen Länder der Welt beziffert sich nach den Feststellungen des Internationalen Arbeitsamfes zwischen 12 and 15 Millionen. Bon den Industrie­londern ist nur noch Frautreich das einzige Land mit einer faum nennenswerten Arbeitslosigkeit.

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Großhandelsindex 119,8 Proz.

( Woche zum 22. Oftober) berechnete Inderziffer der Groß­Die vom Reichsstatistischen Amt für die dritte Oktoberwoche handelspreise meist eine geringe 2bflachung um 0,2 Proz auf, und zwar verringerte sich der Inder die Preise 1913= 100 Don 120 auf 119.8. gefeßt Die Agrar stoffe sind mit 109 gegenüber der zweiten Ottoberwoche unverändert geblieben. Die Kolonialmarent ftiegen von 108 auf 108,7 an( 3unahme 0,6 Proz.). Bei den industriellen Rohstoffen und Halbwaren liegt eine Berringe­rung um 0,2 Proz.( von 114,1 auf 113,9) vor. Der Inder für Probuftionsmittel ging von 137 auf 136,7(-0,2 Proz.) zurüd. Der Inder für Konfumgüter sentte sich ebenfalls um 0,2 Braz.( von 154,1 auf 153,8). Einen Rückgang von 0,2 Proz. meist weiter der Inder industrieller Fertigwaren auf( Rüdgang von 146,7 auf 146,4).