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BERLIN

Donnerstag 6. November

1930

Der Abend

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Spätausgabe des Vorwärts

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10 Pt.

Nr. 522

B260 47. Jahrgang

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Hoovers Niederlage

Demokraten erobern den halben Senat, Repräsentantenergebnis steht noch aus

New York , 6. November.( Eigenbericht. Sonntag, den 9. November 1930 Mißtrauensanträge abgelehnt. Revolutions- Feier Riederlage der national- kommunistischen Oppofition

Die Machtverteilung im Bundeslongreß ist noch ungeklärt, 47 Republikaner stehen im Bundesfenat gegen 47 Demokraten, sodaß alles von dem noch ausstehenden Wahlrefultat in Kentudy abhängt. Aehnlich ist die Lage im Bundesrepräsentantenhaus, wo 213 Demo­fraten 208 Republikanern gegenüberstehen. Hier fehlen noch die Ergebniffe von 15 Distrikten.

Die Macht in den geseggebenden Körperschaffen des New­Bort- Staates wurde mit fnappen Mehrheiten für die Re­ publikaner gerettet, während jämtliche wählbaren Verwaltungs­posten mit Demokraten besetzt wurden.

Die sozialistische Partei erzielte in verschiedenen Bundes­flaaten beträchtliche Gewinne. In das Staatsparlament von Penn fylvania wurden zwei sozialistische Abgeordnete gewählt; der Haupt­erfolg wurde jedoch in Bisconfin erzielt, wo neun sozialistische Ab­geordnete gegen bisher drei in das Staatsparlament einziehen werden.

Knappe Demofratenmehrheit.

Washington , 6. November.( Eigenbericht.)

Die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus wird nach den lehten Berechnungen nicht mehr als eine oder zwei Stimmen betragen, ähnlich wie im gegenwärtig festgefahrenen Bundesfenat.

Die Wahlfolgerungen find: Wie auch die parlamentarische Gruppierung ausfällt, die Regierungstontrolle über den Bundeskongreß ist vom nächsten Jahre ab gebrochen und Hoover für die verbleibende Amtsperiode gesetzgeberisch ohnmächtig. Amerifa hat seit 20 Jahren eine derartige Situation nicht gesehen, die angesichts des geschwächten Einflusses Hoovers und der offenen Feindseligkeit des fünftigen Bundesfongreffes auch außenpolitisch bedeutsam ist.

Im Bundesfongreß stehen mindestens 150 Prohibitionsgegner fnapp 300 Prohibitionsleuten, unter denen sich eine Anzahl un­ficherer Kantonisten befindet, gegenüber.

Demokratische Gouverneurssiege.

New Yort, 6. November. In den Staaten, wo Gouverneurswahlen stattgefunden haben, erhielten die Demokraten bis jetzt 16 und die Republikaner 11 Sihe.

Friedliche Revolution durch die Wahl.

Washington, 6. November.

Nach den nunmehr vorliegenden Wahlergebnissen sind den De. mofraten 47 Size im Bundesfenat sicher. Von dem Wahlergebnis in Kentucky , dem Staat, den der Berliner Botschafter Sackett bis Ende des letzten Jahres im Bundessenat vertrat, hängt es zur Zeit ab, ob die Republikaner im Repräsentantenhaus und im Senat ihre Mehrheit behalten werden. Sollte Sacketts Nachfolger geschlagen werden, so würden im Bunoesjenat 48 Demokraten 47 Republikanern und dem Vertreter der Farmer- Arbeiterpartei, Senator Shipstead, gegenüberstehen. Die demokratische Mehrheit wäre um so bedeutsamer, als die Republikaner Borah, Nye, La Follette und einige andere republikanische Senatoren häufig gegen die von der Regierung eingebrachten Gejezentwürfe stimmen. Staatssekretär Stimson , der in seinem Heimatstaat New York eifrig für die republikanische Wahlliste eingetreten war, hat den überwältigenden Sieg des gegnerischen Gouverneurs Roosevelt mit Humor hingenommen. Als er in der heutigen Pressekonferenz ge­fragt wurde, was er nach all den südamerikanischen Revolutionen über die gestrige Revolution in den Vereinigten Staaten dente, erwiderte er lächelnd: Sie scheint ziemlich erfolgreich gewesen zu fein, nur sind unsere Methoden etwas verschieden von denen anderer Staaten."

Die Niederlage des Unternehmertums. Washington , 6. Novembet.

Die Wahlurnen in Kentucky dürfen nach dem dortigen Staats gefeh erst 24 Stunden nach Schluß der Wahlen geöffnet werden. aber schon jetzt wird in Regierungsfreifen auf Grund der Ergebniffe in den übrigen Staaten inoffiziell zugegeben, daß die Regierung in beiden Häusern des neuen Kongresses die Mehrheit verloren hat, da auch im neuen Unterhaus zahlreiche Republikaner zur Gruppe der Progressiven" gehören, die, ebenso wie im Senat, in wichtigen innerpolitischen Fragen, wie Farmerhilfe und Kontrolle der gemeinnügigen Betriebe( Gas, Elektrizität, Wasser, Eisenbahnen, Straßenbahnen, Telephon und Telegraph) sich nicht der Partei­disziplin fügen.

Erheblich gestärkt werde die taktische Stellung der Oppofition

in der Ausstellungshalle Il des Städtischen Messeamts Königin- Elisabeth- Straße( Am Kaiserdamm Ein­gang Bredtschneiderstraße) Beginn 18 Uhr

Fahneneinmarsch

PROGRAMM:

Ouvertüre aus ,, Rienzi "( Orchester)...

Wagner

Ich warte dein( Chöre mit Begleitung des Orchesters)... Uthmann ,, Trotz alledem!" Festansprache: Toni Sender , Md R. Leonore, Ouvertüre Nr. 3( Orchester). Besthoven Fried Klabund .Pringsheim

Erntelied von Dehmel( Chöre und Orchester). Habt ihr's vergessen 3 Ballade.( Sprechchor). Arbeiterlied von Toller( Chöre mit Trommeln)

Von Kiel nach München flog ein Schrei( Sprechchor) Rothenfelder Gemeinsamer Schlußgesang: Die Internationale"

Mitwirkende: Das verstärkte Berliner Sinfonie- Orchester Chöre des Deutschen Arbeiter- Sänger- Bundes( Lendvai­Chor Berliner Sängerchor- Neuköllner Sängerchor Friedrich- Hegar- Chor), Leitung: Georg Oskar Schumann Sprechchor für Proletarische Feierstunden unter Leitung von Albert Florath Einzelsprecher: Heinrich Witte und Trude Daniel- Eintrittspreis 60 Pf., Karten bei den Funktionären und Büro Lindenstr. 3- Saaleröffnung 17 Uhr- Die Ordner kommen pünktlich 16 Uhr Eingang Bredtschneiderstraße Sozialdemokratische Partei Deutschlands

Bezirksverband Berlin

weiterhin dadurch, daß bei den gestrigen Wahlen fast alle Interessen­ten der Großunternehmungen, die die oben genannten Betriebe fon­trollieren und die an einer möglichst großen Ausdehnung der freien privaten Bewirtschaftung Interesse haben, unterlegen sind. Be. fonders charakteristisch hierfür ist der Sieg des Gouverneurs Bindjot. Pennsylvania , der, obwohl Anhänger der Prohibition, gegen den Widerstand feiner eigenen republikanischen Parteiorganisation, alio unter stärkstem Handicap, gewählt wurde, weil er für die 3nteressen der Berbraucher gegenüber den Großbetrieben Auch Sadetts Nachfolger Robison, der im Gegenjah zum Berliner Botschafter für die Aufhebung der behördlichen Kon­trolle über die gemeinnützigen Betriebe agitiert hat, dürfte aus

diesem Grunde im Wahlkampf unterlegen sein; die Aktien diefer Betriebe sind heute scharf gefallen.

Was wird mit Lohse?

Gozialdemokratischer Antrag gegen den Mißbrauch des Abgeordnetenaue weises.

Zum Fall Franzen- Lohse hat die sozialdemo­ratische Landtagsfraktion einen Antrag ein­gebracht. Der Landtagsabgeordnete Lohse hat am Mitt woch im Prozeß Franzen selber zugestanden, daß er feine Ausweiskarte als Abgeordneter seinen Parteifreund Guth misbräuchlich ausges liehen hat, damit dieser auf die für Abgeordnnte re­servierte Tribüne des Reichstages gelangen könnte. Der sozialdemokratische Antrag fordert:

an

,, 1. dem Abgeordneten Lohse wegen dieses unerhörten Mißbrauches seiner Abgeordnetenlegitimation die schärfite Minbilligung auszusprechen,

2. den Geschäftsordnungsausschuß mit Vorschlägen zu beauftragen, wie ein solcher Mißbrauch in Zukunft verhindert und geahndet werden kann."

Braunschweig hat Zeit... Die Justiz arbeitet dort mit Wartezeiten. Während gestern vor der 4. Zivilfammer des Braunschweiger Landgerichtes der Einspruch des Boitsfreundes" gegen die einstweilige Verfügung verhandelt wurde, die Minister Dr. Franzen erwirkt hatte, um den, Bolksfreund" zu zwingen, die Wahrheit über ihn nicht weiter zu verbreiten, fand

Bei der namentlichen Abstimmung im Preußischen Landtag über die Mißtrauensanträge gegen den Innen­minister Severing wurden heute abgegeben:

für die Anträge.. 196 Stimmen gegen die Anträge 229 Stimmen

.

Die Anträge sind demnach, wie nicht anders zu er­warten war, abgelehnt worden.

Das Ergebnis dieser Abstimmung wurde von den Regierungsparteien mit lebhaftem Beifall und Hände­

flatschen aufgenommen.

heute vor der gleichen Kammer der Termin im Zivilprozeß Dr. Franzen gegen den Volksfreund" in derselben Angelegen­heit statt.

Das Gericht vertagte die Verhandlung bis nach Bertündung des Urteils in der gestrigen Angelegenheit auf den

20. November.

Die Grubenkatastrophe in Amerika .

85 Todesopfer geborgen. Gegen 100 noch eingeschlossen. New York , 6. November.

Die furchtbare Schlagwetterexplosion in Millfield ( Ohio ) hat mehr Opfer gefordert als zuerst angenommen wurde. Die Berginspektion teilt nach Besichtigung der von der Schlagwetterexplosion betroffenen Kohlengrube mit, daß 150 bis 160 Bergleute ums Leben gekommen sind. An der Haltung vieler Toten war zu erkennen, daß sie verzweifelte Anstrengungen gemacht hatten, den todbringenden Gasen zu entfliehen. Zehn Tote wurden in der Nähe des Eingangs an der Venti­lation gefunden, wo sich offenbar das Explosionszentrum befindet. Die der Explosion zum Opfer gefallenen Vor­standsmitglieder der Sunday Creek- Kohlengesellschaft hatten gerade mit einigen Gästen eine Besichtigung des Bergwerks unternommen.

Bis Mittag konnten 85 Leichen der bei dem Berg­

werksunglück verunglückten Bergleute geborgen werden.

Der Konflift in Nordwest.

Abwehr der Lohnherabsehung ist berechtigt.

In der Klage der Nordwestgruppe des Arbeitgeberverbandes der Metallindustrie gegen den Deutschen Metallarbeiterverband sollte am Donnerstag das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin verkündet werden. Das Gericht hat aber noch fein Urteil gefällt, sondern be.

schlossen, Beweis darüber zu erheben, ob der Metallarbeiter­Berband die Firma Schnutenhaus u. Linnemann bontottiert, das heißt, ob er seine Mitglieder ganz allgemein aufgefordert hat, 2r­beitsverträge mit der Firma nicht abzuschließen und mit ihr über den Abschluß von Akkorden nicht zu verhandeln, sofern es sich um Verdienste handeln würde, die unter den bisherigen liegen, die aber nicht tarifwidrig sein würden.

Nach der Verkündung dieses Beweisbeschlusses bemerkte Amts­gerichtsrat Dr. Bogs, das Gericht steht auf dem Standpunkt, daß die Kündigung der Attorde und Löhne seitens der Firma Schnuten­haus u. Linnemann unzweifelhaft eine Kündigung des Ar­beitsvertrages ist. Die Kündigung zum Zweck der Her ab= fegung übertariflicher Löhne ist zwar feine Aus Sperrung, durch die der Abschluß eines anderen Gesamtvertrages verlangt wird, aber es handelt sich um ein follettives Vor­gehen der Unternehmer im Rahmen des Tarifs. Sich dagegen im Rahmen des Tarifs zu mehren, ist dem Metallarbeiter- Berband unbenommen. Die Zahlung von Unterstützung an die be­treffenden Arbeiter ist ein Tarifbruch.

Der Kläger behauptet, der Metallarbeiter- Berband habe seine Mitglieder aufgefordert, bei Schnutenhaus u. Linnemann auch zu