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Morgenausgabe 63 Toons

Nr. 523

A 263

47.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Freitag

7. November 1930

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

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Arbeiterlos unterm Faschismus. Oftoberschlesischer Wahlterror.

Lohnsenkung ohne Befragung der Syndikate.

Rom , 6. November.( Eigenbericht.)

Eine Lohnfentung gegen die faschistischen Synditate ist, zum erstenmal in Italien , vorgenommen worden. Das intersyndikale Zentralfomitee, dem auch die Unternehmerverbände angehören, hatte beschlossen, daß feinerlei Lohnfenfungen in Italien von den Unter­nehmern vorgenommen werden dürften, ohne daß vorher die Zu­stimmung der zuständigen faschistischen Arbeiterfyndikate erreicht set. Nun aber flagt am Donnerstag in einem Leitartikel der Lavoro Fascista", das Hauptblatt dieser Zwangssyndikate, offen die Unternehmer ber rücksichtslosesten Berlegung dieses Abkommens an. Auf den verschiedensten Arbeitsgebieten hätten

die Unternehmer ohne weiteres Cohnsenfungen von 10 bis 35 Proz. vorgenommen, dabei die Arbeitersynditate nicht einmal gefragt, geschweige die Gegenargumente angehört.

In den Kollettinnerträgen ist das Minimum und Marimum eines Arbeitslohnes je nach den einzelnen Gegenden und Betrieben fest­gelegt. Die Unternehmerverbände haben nun die Verträge in be=

wußter Umgehung so ausgelegt, daß sie überall das Mini­mum zahlen und alle qualifizierten Arbeiter so um 10 bis 35 Pro3. ihres Lohnes vertragswidrig schädigen. Das Minimum, das nur die äußerste Notdurft der Lebenseristenz bedt, und ntemals für qualifizierte Arbeiter bestimmt gewesen sei, stelle heute

Graynfti und feine Aufständischen.

Aus Oftoberschlesien wird uns geschrieben: Neben den Wahlen zum Warschauer Sejm und Senat am 16. d. M. sind für den 23. d. M. auch die Wahlen zum

für die Unternehmer das Maximum dar. Das Blatt bezeichnet diefes Schlesischen Landtag ausgeschrieben, der aufgelöst worden ist, Borgehen als ungeheuerlich und

der so gerühmten Carta del Lavoro, der Grundverfaffung der Arbeit widersprechend, die doch die größte Errungenschaft der faschistischen Revolution

sei. Es ruft die Hilfe des Korporationsministeriums an. Wenn diese Auffassung der Unternehmer stillschweigend durchgelassen würde, bann wären die faschistischen Arbeiter sogar ihrer elementarsten und wichtigsten Rechte beraubt, wären sie in nicht wieder gutzumachender Art zur volligen Ohnmacht verurteilt, und das hätte nicht nur volkswirtschaftliche Konsequenzen, sondern vor allem auch pinchologische, moralische und besonders politische.

Grandi will gehen.

Condon, 6. November. ( Eigenbericht.)

Der Daily Herald erfährt, daß der Außenminister Grandi schon vor mehreren Tagen seinen Rüdiritt erklärt, Mussolini aber dieses Rücktritts ist, daß Grandi eine Berföhnung mit Frankreich es noch nicht zu einem Entschluß darüber gebracht hat. Die Ursache angestrebt hat, Mussolini aber wegen der Folgen, die er vom Hitler Sieg in der deutschen Reichstagswahl erhofft, jest wieder gegen diese Berföhnung ist; das hat ja seine jüngste Rede aller Welt dargetan.

Schutzbundwaffen vomBundesheer

Sozialdemokratische Antwort auf die Provokation.

Wien , 6. November. ( Eigenbericht.)

In einer sozialdentokratischen Versammlung hat der Obmann des Republikanischen Schutzbundes, Nationalrat Dr. Deutsch, über die Tiroler Waffenfunde erzählt: Als im Frühjahr 1926 Mussolini seine Drohrede hielt, in der er erklärte, die italienischen Faschisten würden nicht zögern, die Tricolore über den Brenner zu tragen, erwog die Tiroler Landesregierung die Möglichkeit, das Land gegen faschistischen Einbruch zu nerteidigen. Sie lud alle Selbstschuhformationen, auch den Republika nischen Schußbund, zu einer Besprechung ein. Dr. Deutsch, als Obmann des Schußbundes, fuhr nach Innsbrud und hatte dort mit dem Landeshauptmann Dr. Stumpf in dessen Amtsräumen eine lange Unterredung, in der

alles Notwendige über die Mitwirkung des Schutzbundes ver­einbart wurde.

Zum Schluß der Unterredung dankte der christlichsoziale Landes­hauptmann den Vertretern des Schutzbundes für ihre Bereitmillig feit. an der Verteidigung des Landes Tirol gegen Faschisteneinbrüche mitzuwirken. Während der Schutzbund sofort bereit war, sich an der Berteidigung Tirols zu beteiligen, machte die Heimwehr Schwierigkeiten. Die Heimwehr stand damals unter dem militärischen Kommando eines geweſenen Feldmarschalleutnants. Weil dieser einen höheren Rang hatte, als der damals tom­mandierende General der Tiroler Bundesheerbrigade, wollte sich der Heimwehrtommandant nicht unter den Befehl des rangjüngeren Heimwehrtommandant nicht unter den Befehl des rangjüngeren Kommandanten der staatlichen Wehrmacht stellen. Diese

Rangfrage war das einzige, was die Heimwehr interessierte. Der Republikanische Schutzbund hat sich sofort vorbehaltlos bereit erklärt, unter dem Kommando von Offizieren des

Bundesheeres gegen die Faschisten zu tämpfen Es wurden infolge­deffen zwischen dem Heeresminister Baugoin und Dr. Deutsch Besprechungen geführt, im Anschluß an die dann die technische Durch­führung mit Generälen des Bundesheeres beraten werden sollte. Tatsächlich erschienen Offiziere des Heeresministeriums in den Räumen des Schußbundes im sozialdemokratischen Parteihaus und hatten dort mit leitenden Funktionären des Schutzbundes eine lange Beratung vor allem darüber, daß außer den Tiroler Schutzbündlern, die sofort an dem Kampf teilnehmen follten,

auch 1000 Wiener Schuhbündler auf den ersten Alarm hin sofort nach Tirol

eilen sollten. Ueber die weitere Mitwirkung des Schutzbundes sollte dann verhandelt werden, wenn die Gefahr noch größer werden sollte. Dr. Deutsch bemerkte dazu, damals erhielt felbstverständ

lich der Tiroler Sauzbund Waffen, diese Waffen find es, die die Regierung Baugoin dem Schutzbund zum Teil wieder weggenommen hat und jetzt brüsten sie sich noch dieser ,, Heldentat" Deutsch sagte: Soll ich vielleicht jetzt die Atten über die Mit wirtung des Republikanischen Schutzbundes an der Verteidigung Soll ich noch nähere Mitteilungen machen?" Er richtete an Bundeskanzler Baugo in die offene Frage, ob er auch die Briefe veröffentlichen folle, die Baugoin in dieser Angelegenheit an Dr. Deutsch gerichtet hat!

Tirols veröffentlichen?

Britische Warnung.

London 6 November.( Eigenbericht.) Die Ereignisse in Desterreich finden täglich mehr Beachtung und mit wachsender Besorgnis registriert und verfolgt die englische Breffe den erbitterten Kampf zwischen der österreichischen Demokratie und der Heimwehr . Wie das demokratische England und besonders die Arbeiterregierung und die Labour Party stehen, beweist etn Leitartikel des Daily Herald". Das offizielle Organ der Labour Party sagt am Donnerstag: Der Kampf in Desterreich zwischen der verfassungsmäßigen Demokratie und den schwer be­waffneten Kräften des Faschismus ist nicht nur für Desterreich, nicht mur für Europa , sondern

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als er für sich das garantierte Recht in Anspruch nahm, die Finanzwirtschaft des Woiwoden Dr. Grazynsky zu fon trollieren. Schon der erste schlesische Sejm ist aufgelöst worden, weil dem Woiwoden nachgewiesen wurde, daß er verschiedene Fonds zur Begünstigung seiner Aufständischen" mißbraucht hatte, besser gesagt, daß er korruption großen Stils burchführte und hierfür die Gelder verwendete, die für die Versorgung der notleidenden Bevölkerung bestimmt waren. Fünfzehn Monate wurde ohne Sejm regiert.

Der zweite Schlesische Sejm brachte der Diftaturregie­rung nur 10 von 48 Mandaten, die Opposition hatte die Mehrheit und darunter 16 Deutsche , zwei mehr als vorher, einschließlich zweier Sozialisten. Schon beim Zusammentritt des zweiten Sejm fündigte der Woiwode an, daß der Sejm nur lebensfähig sein könne, wenn er sich dem Willen der Re­gierung unferordnet und das vorgelegte Budget annehme, denn es wäre von der Regierung in Warschau gut­geheißen; auf die Kontrolle der Finanzwirtschaft in der sejm­losen Zeit müsse der Landtag verzichten. Als der Sejm das Warschau vertagt. Später fam durch Entgegenkommen der Budget ändern wollte, wurde einfach auf Geheiß von deutschen Fraktion ein Kompromiß über die Finanzkontrolle zustande, aber der Woiwode legte es nach seinem Gutdünten aus, und als die Sozialisten und der Korfanty- klub dagegen protestierten und obendrein der deutsche Sozialist Genosse Dr. Gludsmann mit den Woiwoden, besonders hinsicht lich der Behandlung der Minderheiten, abrechnete und offen erflärte, daß man sich das Budgetrecht nicht wird nehmen laffen, wurde der Sejm am 26. September aufgelöst.

Alsbald wurde Korfanty , der Führer der Opposition verhaftet und in Brest - Litowst mit den anderen Abgeordneten eingeferfert. Damit ist der Opposition der Kopf genommen, und nun geht man mit allen nur erdenklichen Mitteln gegen antibeutsche Bewegung im Gange, deren Träger der die Sozialisten und Deutschen vor. Seit einer Woche ist eine Woiwode ist, der offen von der Sejmtribüne erklärt hat, daß die Aufständischen zur Rettung der polnischen Erde bestimmt felen. Der Woiwode bekennt sich freimütig als der geistige Führer dieser faschistischen Prätorianer, die ganz aus Re­gierungsmitteln ausgehalten werden. Sie ver­anstalten sogenannte Wiedereroberungen unter militärischer Leitung", ausschließlich dazu bestimmt, die Bevölkerung ein­zuschüchtern. Es wird offene Stimmenabgabe am Wahltage verlangt; die Beamten sind verpflichtet, in Kolonnen anzutreten und unter Führung ihres Borgesetzten und offen den Sanacya- Zettel abzugeben. Damit soll besonders die deutsche Bevölkerung erschreckt und von der Wahlurne fern­gehalten werden. Denn gleichzeitig vertündet das amt= liche Organ der Woiwodschaft, daß in jedem Wahllokal die Aufständischen die Wahlen überwachen werden. Die deutsche Bevölkerung und der deutsche Arbeiter weiß, was das bedeutet! Die Namen derer, die geheim abstimmen, werden notiert, und bei den nächsten Entlassungen in den Werken und Gruben besitzt der Demobilmachungs­tommissar und der Arbeitsinspektor diese Listen, und eine solche Wahlteilnahme bedeutet, wenigstens für den größten Teil der deutschen Arbeiter, Arbeitslosigkeit. Man hat die Wahlen schon von vornherein for rigiert, indem durch Proteste einige tausend Wähler aus den Wahlliften ge­strichen wurden, weil die Aufständischen ,, bekundeten", daß diese Wähler die polnische Staatszugehörigteit nicht besitzen! veraltet verworfen und die Proteste nach Warschau verwiesen, Als diese ihre Heimatsurkunden beibrachten, wurden sie als wo erst lange nach der Wahl über sie entschieden wird. Nach oberflächlicher Zählung dürften in Oftoberschlesien etwa Ein Staatsstreich wird vorbereitet. Es ist ein schlechtes Be­Ein Staatsstreich wird vorbereitet. Es ist ein schlechtes Be- 25 000. ähler auf diese Art der Opposition und der ginnen. Desterreich ist in einer wirtschaftlichen Lage, die es mehr deutschen Vertretung gestrichen worden sein. als alle anderen Länder vom ausländischen Kredit abhängig macht. davon abhängen, ob der Warschauer Sejm überhaupt zu­Die Arbeitsfähigkeit des Schlesischen Gejms wird ganz Dieser mit so vieler Mühe wieder aufgerichtete Kredit muß bei stande kommt. Denn man wird in Schlesien nicht etwas einem Beginnen, wie es die Heimwehrführer planen, in der unheil- dulden, was man in Warschau ablehnt. Es fehlt auch nicht nollsten Weise erschüttert werden. Wo eine Demokratie an Bemühungen, jede öffentliche Wahlbewegung der Oppo= lebt, wird ihre Sympathie mit der österreichischen Demokratie sein fition zu unterdrücken. Der Starost ( Landrat) von Tarno­und mit ihrem Kampf. Die faschistischen Führer werden gut mig hat den Gastwirten und Saalbesigern die sofortige Ent­tun, sich dessen bewußt zu sein und gleichfalls daran zu erinnern, ziehung der Konzessionen angebroht, wenn sie es daß es noch andere Kräfte gibt, die, wenn sie auch wenig wagen sollten, der Opposition Versammlungsräume zu ver­Sympathie mit der Sozialdemokratie haben mögen, dennoch unvermieten. Versammlungen unter freiem Himmel werden nicht züglich imd in Gefahr bringender Weise peinlid berührt werden geduldet. weil dadurch angeblich die Aufständischen durch einen Angriff auf die Stabilität und auf die fried beleidigt" werden. Die Zeitungen werden konsisziert, liche Entwicklung Desterreichs! Deutsche auf der Straße verprügelt, Fenster­scheiben eingeworfen und deutsche Zeitungen beim Transport von bezahlten Elementen aus dem 3ug geworfen. Dabei versichert der Woiwode bei jeder Gelegenheit, Ruhe und Ordnung fei jedem Bürger gewährleistet.

für die gesamte Welt von vitaler Bedeutung. Aufgebläht durch den Wahlerfolg Hitlers planen die faschistischen machen nicht einmal ein Geheimnis von ihren Absichten. Starhem­Führer nichts geringeres, als die Vernichtung der Verfassung. Sie berg erflärt, wie auch die Wahlen ausgehen mögen, er und seine faschistischen Kollegen würden in Zukunft Desterreich regieren.

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Neueffes US - Wahlergebnis. Nach den letzten Meldungen wurden bei den amerikanischen Bahlen gewählt: 215 Republikaner ( früher 269), Demokraten 210( 165), Unabhängige Republikaner 1( 0), Bandarbeiter 1( 1). Acht Wahlbegieke stehen noch aus.

Man stellt arbeitslosen Funktionären der deutschen oder der polnischen sozialistischen Partei Arbeit in Aussicht und