�Erfchietzen? Erschießen! Erschießen?� CvJteie Zayne.�
Paris . 2S. November.(Eigenbericht.) Die Kammer hat am Dienstag die im Sommer durch den platz- lichen Schluß der Parlamentssession unterbrochene Debatte über die Milliardenkredlte für die W i« d e r a u s f üll u n g der tNunitions- und Arsenalbc stände wieder aufgenommen. Von den insgesamt 1126 Millionen angeforderten neuen Krediten sind 600 Millionen für das Kriegsnnnisterium. 176 Millionen für die Marine und 360 Millionen für die Luftfahrt bestimmt. Nicht weniger als 410 Millionen dienen zuin Ankauf von Artillerie Muni tion. (1 französischer Frank=% Mark. Red. b.„P.") Die sozialistische Äammerfraktron hat sich auf da» ent» jchiedenste gegen den neuen Rüswngseifer ausgesprochen. Der sozialistische Abg. Renaudel, der am Dienstag als erster den Reigen der Redner eröffnet«, erklärte, daß auch die französischen So- zialisten für di« Organisation der Landesverteidigung eintreten. Sie hätten dies bei der Debatte übe? di« cheeresrefsrm bewiesen, die der eilte Schritt zur Schaffung einer Nationalarmes sei. Niemal» aber würden sie ihre.ffand zu einer tollen R-üstungis Politik reichen. Die radikale Kammerfraktion hat beschlossen, den neuen Mi- litärkrediten unter der Bedingung zuzustimmen, daß unbedingt« Garantie für ihr« rationelle Verwendung gegeben werde. Do? allem fordern die Radikalen die Schaffung eines militärischen Forschungs- inftituts, das in wissenschaftlicher Laboratoriumsarbest die Bertei- digungstechnik nach modernen Gesichtspunkten reorganisieren soll. Das Institut fall nach dem Wunsch der radikalen Partei mit einem Kredit von 26 Millionen ausgestattet werden. Rationalsozialistische Fälschung. Di« sozialistisch« Kammerfraktion kämpft jetzt allein gegen die neuen Rüstungskredits, die das französisch« Kriegsministerium an. fordert. Sogar die cherriot-Partei folgt der Regierung, weil st« feit den letzten Reichstagswahlen nicht mehr den Mut aufbringt, der Behauptung entgegenzutreten, daß Frankreichs Sicherheit trotz Locarno , Völkerbund und Kellogg-Pakt gefährdet fei. Diese Haltung der französischen Sozialisten wird die ungeheure Hetze der nationalistischen Reaktion, die sich bereits in Tod«»-
drohungen gegen ihren Führer geäußert hat, noch betrachtlich steigern. Angesichts dieser tapferen Stellungnahme der französischen Sozia- listen, die trotz des enormen Anwachsens der. Hitler -Partei und der daraus entstandenen Erschwerung ihrer Lage konsequent am Gs- danken der deutsch -französischen Verständigung festhallen, ist es doppelt notwendig, einer Verleumdung eistgegenzutreten, die sich kürzlich der„Völkische Beobachte r�geleistet hat. Nach der jüngsten außenpolitischen Debatte in der französischen Kammer veröffentlichre das Organ Hitlers an lellender Steste einen Artikel seines Pariser Berichterstatters unter den Ueberschristen- „Der französische Marxismus steht hinter Dar- d i e u!— Erklärungen Renaudels und Grumbachs.— Die„Prols- tariersolldaritäf erneut als Arbesterbetrug entlarvt." Räch einer ausführlichen Analyse der Reden Brianos und Dar« dieus, wobei namentlich die Red« des Außenministers sehr tendenziös wiedergegeben wird, heißt es am Schluß in Fettdruck: �• „Piel wefentticher als dys. zahlemnaßige Ergebnis der Abstimmung ist die feierliche Erklärung, die sowohl der französische ..Sozialist" Renaudel wie der Clsässer Sozialist Gr um- dach abgaben:„Wir Sozialisten erklären un« vollkommen einverstanden mit dem Außenminister und mit dem M i n i st c r p r ä s i d e n te n". So ist es taffächlich, und das ist das wahre Gesicht Frankreichs ." Das amtliche Stenogramm jener Sitzung mit den Reden Gum- bachs und Renaudels liegt uns vor. Es wäre uns ein Leichtes, mit Dutzenden von Zstaten aus diesen Reden nachzuweisen, daß di« französischen Sozialisten die Haltung Tardieus auf das schärfst« angriffen, den Gegensatz zwischen seinen und Briands Ausführungen hervorhoben und nicht zuletzt aus diesem Grunde geschlossen gegen die Regierung stimmten. Einstwesten begnügen wir uns mit der einfachen Frag«: Wo steht, wörtlich oder auch nur sinngemäß, dieser oder ein ähnlicher Satz, wie ihn der„Völkische Beobachter" Renaudel und Grumbach in den Mund gelegt hat? Wenn das Razi-Blatt darauf keine befriedigende Antwort gibt — und es wird keine geben können— ist es wieder einmal b«- wiesen, daß es feine Hetze gegen den„Marxismus " m i t dreisten Lügen und Fälschungen betreibt.
Znvalidenbetträge höher! Weil da« Reich die Zufchüffe sperrt, müssen die Versicherten mehr zahlen! Der Reichsarbestsmrnister geht mit dem Plan um, in der Zest des allgemeinen Lohnabbaues und der„Prsissentung" di« Beiträge für die Invalidenversicherung zu er» höhen. Da aber in emem Blatt« dieser Plan mit dem B«m«rken angekündigt wurde, daß die Erhöhung mst sofortiger Wirkung in Kraft treten solle, wird ,mon zuständiger Stelle" abgeblasen: Eine sofortige Erhöhung sei nt ch t beabsichtigt. Allerdings werde sich eine Erhöhung der Besträgs im nach. sten Jahre nicht umgehen lassen. Während im Jahre 1020 in der Invalidenversicherung 1233 Millionen Mark an Einnahmen 930 Millionen Mark an Ausgaben gegenübergestanden hätten, machten die Einnahmen im Jahre 1830 voraussichtlich 1118 Mi!» lionen und die Ausgaben 1077 Millionen aus. Da im Jahre 1931 die Zuschüsse des Reiches fortfielen, andererseits aber di« Renten um etwa 80 Millionen Mark steigen würden, so dürften nach vorläufiger Schätzung im Jahre 1931 die Einnahmen 1100 Millionen und die Ausgaben 1162 Millionen Mark bettagen. Man könne also mit einem Fehlbetrag von 62 Millionen Mark rechnen, wesholli ein« Erhöhung der Beittäge unumgänglich fei.
Drewitz kontra(lolosser. Alles ist ausgeglichen...? Der Reichsparteiausschuß der Wirtschaftsparte: befchäf- lizte sich am Dienstag in Verhandlungen, die sich bis in die späten Abendstunden ausdehnten, mit dem bekannten Konflikt, der zwischen dem Abg. Colofser und dem Parteivorsitzenden D r e- w i tz entstanden ist. Ueber das E r g e b n i s der Verhandlungen wird aus führenden Kreisen der Partei mitgeteilt, daß der Ausschuß einmütig den Be- richt eines Unterausschusses gebilligt habe, wonach sämtlich« D i s- ferenzen als ausgeglichen bettachtet werden könnten.
Bazilles Glück und Ende. Von den eigenen Freunden gestürzt. Stuklgark, 23. November.(Eigenbericht.) Im Württembergischen Landtag, der am Dienstag wieder zu- fammentrat, teille Präsident Pflüger mit, daß der Landesvorsitzend« der württembergischen Deutschnationalen sich in einem Schreiben an den Landtag gegen die weitere Ausübung des Landtagsmandats des Herrn B a z i l l e noch dessen Austritt aus der Partei gewendet Hab«. Der Einspruch ist auf Verlangen der Anttagstcller dem württembergischen Staats- g e r i ch t s h o f zur Entscheidung übergeben worden. Damit ist, wie man annehmen darf, nicht nur die Frage der persönlichen Ausübung dieses Mandats, sondern auch di« p o- li tische Frage aufgerollt worden, ob die drei wetteren sich zur Hugenberg -Richtung zählenden deutschnationalen Abgeordneten noch den württembergffchen Regierungsparteien zu- zurechnen sind. Als Vertrauensleute ihrer Gruppe und auf ihren Vorschlag hin ist Bazille seinerzett Mitglied der Regierung geworden Wenn sie ihm jetzt, west sstn Lertrauensverhält- ms nicht mehr besteht, da» Recht jeder weiteren Ausübung seines Landtagsmandats absprechen, so wird festgestellt werden muffen, als messen Vertrauensmann Bazille in Zukunft der Regierung noch angehören kann �Schlagt die Faschisten, wo ihr sie irefft!" Das gilt aber nicht für bankettierende Sowjetkommissare. Rom . 26. November.(Eigenbericht.) Die am Montag in Mailand zwischen dem faschistischen Außenminister Grand: und dem bolschewistischen Außenminister Lttwinoff abgehaltene Unterredung kam der italienischen Oessentlichkett ebenso überraschend wie der europäischen Auch hier war die Tatsache der Unterredung streng geheim gehatten worden Man erfuhr erst von der Zusammen- kunft, als sie bereits stattgefunden hatte und sowohl Grandi als auch Litwinoff Mailand nach einem gr oßen Bankett schon wieder verlassen hatten. Der„langen und sreundschasllichen" Begegnung, so wird die Unterredung in der amtlichen Verlautbarung umschrieben, kommt zweifellos besonder« Bedeutung zu. Als z. B. der neue italienisch« Botschafter dieser Tage in Moskau feierlich und herzlich empfangen wurde, sprach er u. a. von noch weitergehenden Be- Ziehungen zwischen Rußland und Italien . Dieser Ankündigung ist die Tot schneller gefolgt, als man selbst hier in unterrichteten Kreisen angenommen hat. Kein Zweifel, daß in Mai- land nicht nur von der Weiterentwicklung des neuen Handels- abkommen«, sondern auch von wichtigen politischen Dingen die Rede war. Aber was im einzelnen besprochen wurde, wird strengstens geheim gehalten. In einem Genfer Bericht des von dem Bruder von Mussolini Geleiteten„Popolo d'Italia" wird die Mailänder Begegnung in Genf mit dem Beschluß des ungarischen Ministerpräsidenten m Berlin und dem beoorstehenden Besuch de» türkischen Außen. Ministers in Rom in Verbindung gebracht. Es stehe vor Genf das Gespenst eines deutsch-russisch-itali«nisch«n Blockes. Diese drei Großmächte seien mit der Türkei , Griechenland , Bulgarien und Ungarn im besten Einvernehmen. Um die Politik Italiens und Rußlands in Zentral- und Südosteuropa handele es sich, deshalb berrsche das Gefühl vor daß um Italien herum sich etwas Neues begebe. Die Redaktion des römischen Blattes erklärt di« rorstelzenden Kombinotionen für Phantasie. Zweifellos aber fei wenigstens das keine Phantasie, daß Italien Sowjetruß- land gegenüber«inen völligen Kurswechsel vorgenommen habe. * Inzwischen ist Lttwinoff über die Schweiz nach Moskau abgereist. Sem Besuch in Berlin , auf der Durchreis«, dürft« bevor- stehen. Damtt dürste der Eindruck, den sowohl Italien wi« Rußland offenbar bezwecken, in der Welt bestärkt werden, daß cn den Gerüchten über den werdenden deutsch-russisch-ttalienischen Block doch etwas Wahre, fett Dielleicht hatten es gewisse Kresse auch in Deutschland für diplomatisch klug, diesen Eindruck«nsstehe» zu lassen, zumal sich auf der Genfer Tagung der Abrüsiungskommission wiederholt eine solche Abwehrfront bei den Abstimmungen herausgebildet hat. Wir halten eine solch« Taktik weder für klug noch für nützlich: Bielleicht ist sie vorteilhast für Italiens Erpressungspolitik und ebenso für Rußland , dos sich außenpolitisch isoliert fühlt gerade«
einem Augenblick, wo es den schwersten innerpolitischen und wirt- schafllichen Gefahren entgegengeht. Deutschland hat jedoch bei einem solchen Spiel, das doch nur«in Bluff wäre, nichts zu gewinnen. Es soll lediglich mißbraucht werden. Ein Zu- sannnengehen Deutschlands mit den beiden blutbefletten Diktatur- ländern kommt für die erdrückende Mehrheit des deutschen Volkes überhaupt nicht in Frage.
Oer Moskauer Riesenprozeß. Die Professoren auf der Anklagebank. Moskau über Kowno . 23. November. Im Kolonnensaal zu Moskau begann der Prozeß gegen di« „I n d u st r i e p a r t« i", di« angebttch beabsichtigt hat, mtt Hilf« Frankreichs die Sowjetregierung zu stürzen. Das Gebäude ist von berittenen Truppen der OGPU. umstellt. Die Angeklagten, darunter Ramsin , wurden unter starker Bewachung in der. Saal gebracht. Z-chlreich« Vertreter des diplomatischen Korps sowie der ausländischen und inländischen Presse sind an- wesend. Nachdem der Vorsitzende des Obersten Gericht«. Wyszinski. di« Sitzung eröffnet hatte, wurde die Anklageschrift verlesen. Di« Angeklagten wachen einen sehr nieder- geschlagenen Eindruck. Gleichzeitig marschiert« ein vewonjtrakonszug durch Moskau . Auf den Plakaten wurde di« Todesstrafe für die Angeklagten verlangt. Andere Plakate riefen zu Sammlungen für die militärischen Rüstungen auf. Karikaturen von Poincare und anderen französischen Staatsmännern, die in der Anklageschrift beschuldigt werden, einen jtrieg gegen Sowjetrußland vorbereitet zu haben, wurden mitgetragen.
Zur Gerichtsverhandlung waren an Arbeiter und Beamte mehrere tausend Eintrittskarten ausgegeben worden, die jedoch im letzten Augenblick annulliert wurden. Nach der Verlesung der Anklageschrist antwortet« jeder der An- geklagten Ramsin , Kalinnikvff, Laritschew. Tschar- n o w s k i, Äuprianoff, Fedotoff, Otschkin und S i t n i n auf die Frage des Gerichtsvorsitzenden, ob sie sich der ihnen zur Last gelegten Verbrechen schuldig bekennen:„Ja. ich bekenne mich schuldig." Auch die Frage, ob sie aussagen wollen, wurde van den Angeklagten bejaht." Henkersarbeit am laufenden Band. Das oberste Gericht der Sowjetunion verurteilte vier reiche Bauern in Samara zum Tode wegen Ermordung des Kam- munisten Maksinnow, der im Auftrage der Parteileitung für die Auflösung der individuellen Bauern wirt- schaft tätig war. Das oberste Gericht erklärte, die höchste Sttas« anwenden zu müssen, um die Propagandisten der Partei vor Mord- taten zu schützen. Die Todesurteile wurden schon vollstreckt.
Die Wiener Verhandlungen. Gozialdemokraten bei MiNoss. Mleu, 26. November.(Eigenbericht.) Im Rahmen der informatorischen Besprechungen hat der Bundespräsident am Montag den sozialdemokratischen Fraktion?- Vorsitzenden' Bürgermeister Seitz und am Dienstag den zwette» Präsidenten des Nationalrats Eldersch sowie Dr. Renner empfangen Man glaubt, daß bis zum Zusammentritt des National- rats die Verhandlungen zur Bildung einer bürgerlichen Rc- gierungsmehrheit noch beendet sein werden und daß, wenn die Rc- gierung Daugoin ein Mißtrauensvotum erhall, der Bundespräsident dann zunächst«in Beamte«tabi«ett ernenne» wird.