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Vidocq: Hochftapler am Hofe Woherkommt das Erdöl?

Die Memoiren Vidocqs: Bom Galeerensträfling

zum Bolizeie f", die von Büchertreis neu herausgegeben föniglichen Schloßpolizei" nicht seine Sicherheit. Er schlug vielmehr Auch in Gegenwart des Herrn Henry verlor der Direktor der

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murden die ausführliche Besprechung stand im Abend" vom Montag, dem 8. Dezember enthalten eine Fülle intereffanien Stoffes. Der Abschnitt, den wir daraus bringen, erinnert an manche Hochstapeleien in den vornehmsten Kreifen der jüngsten Bergangenheit. Uniform, Titel und Auftreten imponieren heute noch wie vor 115 Jahren.

Das erste Jahr der Restauration( 1814) brachte Paris eine Hoch­flut von Dieben, Schwindlern und Industrierittern, zu deren kühnsten und geschicktesten ein gewisser Winter aus Saarlouis zu rechnen war. Winter war taum älter als sechsundzwanzig Jahre, ein hübscher, dunkelhaariger Mensch mit buschigen Brauen, langen Wimpern, energischem Rinn, geschwungener Nase und dem harten und ent­schlossenen Ausdruck, den die Frauen lieben und dem sie nur selten widerstehen. Da er im übrigen, seiner Haltung und Figur nach, einem Kavallerieoffizier ähnelte, bevorzugte er die Uniform, die feine äußerlichen Borzüge besser zur Geltung brachte als der Bürgerrod So trug er sich heute als Husar, morgen als Dragoner, übermorgen als Jäger, bald war er Schwadronschef, bald Major, bald sogar Oberst, und außerdem schmückte er sich mit einer Berwandtschaft, die sich aus den bekanntesten Familien zusammensetzte.

Winter bevorzugte die sogenannte gute Gesellschaft und suchte sich seine Opfer unter den Prinzen, Herzögen und ihren Damen, die sich, mochten sie auch ihre Naivität längst eingebüßt haben, nur allzu gern von ihm rupfen ließen. Seit einigen Monaten war die Polizei hinter dem geriffenen Schwindler her, tonnte ihn aber, da er unabläffig Wohnung, Kleidung und Namen wechselte, nicht fangen. Schließlich erhielt ich den besonderen Auftrag, meine Fähigkeiten an diesem feineswegs zu unterschäßenden Gegner zu erproben.

Ich wußte von ihm, daß er sich nicht damit begnügte, die Frauen zu betrügen, sondern daß er fie auch noch bestahl. Deshalb rechnete ich damit, unter den so schwer Enttäuschten mindestens eine zu finden, deren Rachedurst sich nicht an heimlichen Flüchen befriedigte. Es gelang mir auch in ganz kurzer Zeit, eine Dame zu ermitteln, die bereit zu sein schien, mich auf die Spur des schurkischen Galans zu bringen. Ehe ich jedoch meine gehässigen Absichten offenbarte, hielt ich es für nötig, auf den Busch zu flopfen, und ich wählte, um einen möglichst vertrauenerweckenden Eindruck zu machen, die Maske eines Feldgeistlichen des Regiments, als dessen Kommandeur Winter fich ausgegeben hatte. Ich rechne es mir als einen Erfolg meiner Schauspielerischen Talente an, daß die schöne Berlassene nicht zögerte, ihr Herz vor mir auszuschütten und mir alle Auskünfte zu liefern, deren ich bedurfte. Ich erfuhr auch den Namen ihrer siegreichen Rivalin. die, obgleich bereits start geschröpft, immer noch eine Schwäche für ihren Ritter hatte und nur zu gern bereit war, ihm Opfer auf Opfer zu bringen.

Bei dieser, wirklich entzückenden, Berson führte ich mich als Freund der Familie ihres Liebhabers ein und erzählte ihr, die Ber wandten hätten mich beauftragt, seine Schulden zu begleichen. Würde sie mir den Gefallen erweisen, mir eine Begegnung mit ihm zu der­mitteln, könne fie darauf rechnen, als erste ihr Geld zurückzuerhalten. Diese Aussicht schien ihr zu gefallen, denn eines Morgens ließ fie mir ein Briefchen zukommen mit der Nachricht, sie werde am Abend ihren Liebhaber im Café de la Galiote am Boulevard du Temple treffen. Schon um vier stand ich, als Dienstmann verkleidet, vor der Tür, und nach etwa zweistündigem Warten sah ich einen von zwei Dienern begleiteten Husarenoberst zu Pferde ankommen. Ich bot ihnen an, die Pferde zu versorgen. Winter sah mir, ehe er ant­wortete, scharf ins Gesicht, schwang sich mie der Teufel wieder in den Sattel, gab seinem Gaul die Sporen und stob davon. Er hatte mich erfannt und es vorgezogen, das Weite zu suchen.

Meine Enttäuschung mar groß, doch mein Wille, Winter zur Strede zu bringen, unerschütterlich. Einige Zeit danach erfuhr ich, daß er im Café Hardi auf dem Boulevard des Italiens erwartet werde. Ich kam ihm mit einigen meiner Leute zuvor, und als er erschien, war alles so weit vorbereitet, daß er nur noch in einen Wagen zu steigen brauchte. Vor dem Polizeikommissar bestritt er, der Gesuchte zu sein, aber trok seiner Oberstenuniform und der ge­waltigen Ordensschnalle, die er auf der Brust trug, gelang es, ihn zu überführen.

Winter wurde zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Er wäre heute frei, aber eine in Bicêtre verübte Fälschung hat ihm eine Zusagstrafe von acht Jahren eingetragen, die er nun im Bagno verbüßen muß.

In der Zeit, in der ich ihn festnahm, hatte er in Paris zahl reiche Kollegen. Besonders die Tuilerien waren der Treffpunkt aller Gauner, die unter dem sicheren Schutz eines gut assortierten Ordens­panzers auftraten. Ja, man fann chne Uebertreibung sagen, daß das Schloß weniger einer föniglichen Residenz als einer Burg von Raub- und Industrierittern glich. Entsprungene Galeerensträflinge, Fälscher, Diebe, Einbrecher, Gauner aller Arten beriefen sich auf irgendwelche, schwer nachweisbare Waffenbrüderschaften oder auf ihre royalistische Gesinnung, und das genügte, ihnen Aemter und Ehren einzutragen. Mir aber, der ich zu etwas größerem Mißtrauen ver­pflichtet war, konnten diese Fabeln der Gelegenheitsroyalisten die Augen nicht verschließen.

Eines Sonntags stand ich mit einem meiner Leute auf der Place du Carrousel auf meinem Beobachtungsposten, als plötzlich eine Ber­sönlichkeit auftauchte, die alle Blicke auf fich lenkte: ein eleganter Kavalier in funkelnder Hoftracht, goldstrogend und mit Sternen und Kreuzen in nie geschauter Fülle behängt. Mein Begleiter stieß mich an und flüsterte mir zu, der prächtige Kavalier habe eine verblüffende Aehnlichkeit mit einem ehemaligen Bagno - Kameraden namens Chambreuil. Auch ich hatte Chambreuil schon gesehen. Ich trat also dem goldschillernden Bogel in den Weg, um seine Büge zu studieren, und troß seinem prachtvollen Gefieder entpuppte er sich tatsächlich als der lange gesuchte Galeerensträfling und Fälscher, der sich, seiner tollkühnen Ausbrüche wegen, eines großen Rufes unter seinen Kollegen erfreute. Seine erste Berurteilung datierte noch aus der Zeit der italienischen Feldzüge. Er war der Armee gefolgt, hatte Unterschriften von Kriegslieferanten gefälscht und war so ver­schwenderisch mit den Proben seines wirklich erstaunlichen Talents umgegangen, daß er schließlich ertappt wurde. Damals entwischte Chambreuil nach Paris , wo er, um ,, standesgemäß" leben zu können, Banknoten fälschte und in Umlauf brachte. Dieses Gewerbe, das er natürlich nicht ewig ungehindert ausüben konnte, trug ihm einen achtjährigen Aufenthalt in Brest ein. Wieder rückte er aus, wieder betätigte er sich als Fälscher, wieder kam er zu einer Kette, die dies. mal Toulon als Ziel hatte. Dort brachte man ihn in den berüchtigten Saal III. wo er seine Zeit abmachen mußte.

Als wir ihn entdeckten, mußte es ihm, nach seinem Aeußeren zu schließen, recht gut gehen. Wir folgten ihm unauffällig, und in einer Seitenstraße trat ich auf ihn zu und erklärte ihn für verhaftet. Chambreuil glaubte, mich irrezumachen, indem er mir sämtliche Titel und Würden aufzählte, die er sich beigelegt hatte. Er nannte sich Direktor der königlichen Schloßpolizei, Landesstallmeister von Frant reich, Kommandeur hoher Orden, kurz, er war ein Kavalier, vor dem ein Glender wie ich nach seiner Auffassung im Staube friechen mußte. Er bedrohte mich mit der ganzen Schwere seines Zorns, doch ich ließ mich nicht einschüchtern, nötigte ihn in einen Fialer, und da er sich nicht fügen wollte, wandten wir schließlich Gewalt an.

einen Ton an, vor dem verschiedenen Chefs der Präfektur das Herz in die Hosen rutschte. Kaum einer, der nicht dachte, daß mir ein fürchterliches Bersehen passiert sei.

Genugtuung verlange. Ich werde Ihnen zeigen, wer ich bin, und Chambreuil schrie: Das ist eine unerhörte Frechheit, für die ich wir werden sehen, ob Sie das Recht haben, mit mir in einer Weise zu verkehren, die sich kein Minister gegen mich herausnehmen würde." Ich sah den Augenblic voraus, in dem man ihn um Entschuldi. gung bitten, mir aber Vorwürfe machen würde. Man fürchtete, sich gegen eine einflußreiche, beim Hofe in hoher Gunst stehende Persön­lichkeit vergangen zu haben und ahnte schreckliche Folgen. Ich mußte meine ganze Energie aufbieten, die Zitternden davon zu überzeugen, daß man es mit einem Schwindler zu tun habe, und mußte lange drängen, ehe man sich entschloß, eine Haussuchung bei ihm anzu

ordnen.

Die Haussuchung hatte, neben allerlei furiofen Dokumenten, so belastendes Material zutage gefördert, daß man nicht mehr zögern fonnte, Chambreuil in Haft zu nehmen.

Bor Gericht schien es unmöglich zu sein, ihn zum Eingeständnis seiner Gaunereien zu bringen. Er verschanzte sich hinter, äußerlich einwandfreien, Urkunden, die ihm bestätigten, daß er seit dem Jahre II( 1794) die Bendêe nicht verlassen habe. Die Richter fchwankten, ob sie mir glauben sollten oder ihm. Aber ich war zum Glück auf alles vorbereitet und konnte meine Aussagen so gründlich beweisen, daß an seiner Identität schließlich nicht mehr zu zweifeln war. Er wurde zu lebenslanger Zwangsarbeit im Bagno zu Lorient verurteilt.

Die Neptun- Umdrehung photographiert. Die Bahn des Neptun bildete bisher eins der ungelösten Geheimnisse der Astronomie, weil diefer Planet von der Erde aus auch durch das stärkste Fernrohr nur als eine Lichtscheibe von etwa einem viertel Zoll im Durchmesser erschien. Keine Merkmale find sichtbar, und um die Richtung der Neptun- Umdrehung feststellen zu können, war es nötig, nur jenen dünnen Einschmitt der Scheibe zu photographieren, der den Aequator des Neptun darstellt. Diese überaus schwierige Aufgabe ist jetzt den Astronomen der Lick- Sternwarte in Kalifornien , Dr. J. H. Moore und D. 5. Menzel, geglückt. Die erhaltenen Photographien zeigten tors an, das heißt das Licht vor diesem Teil des Planeten, in seine nach langer und sorgfältiger Entwicklung das Spektrum des Aequa­einzelnen Linien zerlegt. Ein genaues Studium dieser Linien des Speftrums gab Aufschluß über die Bewegung des Aequators und zeigte, daß die Umdrehung des Neptuns in derselben Richtung er­folgt wie die der Erde.

In früheren Zeiten waren die Gelehrten so arm an Bhantasie, daß sie dem Petrol wie einem Rätsel gegenüberstanden. Man mußte mohl, daß das Erdöl oder Petroleum aus einem Gemisch Don flüssigen Kohlenwasserstoffen besteht, also Berbindungen von C( Rohle) mit H( Wasserstoff) Petrol ausmachen. Nun enthält die Erde in ihrem Innern ungeheuer viel Kohle und auch riesige Beden voll Basser. Im Wasser ist Wasserstoff enthalten. Noch um 1900 erschien es aber den phantaflearmen Naturwissenschaftlern als zu gewagt, anzunehmen, daß dieser Wasserstoff aus dem Wasser herausgenommen werden könnte. Heute denkt man darüber freier: Betrol entsteht aus Kohle und Waffer! Es kann sich nur noch darum handeln, die genaueren physikalischen Bedingungen dafür zu finden, daß diese Umwandlung eintritt. Zwei gewaltige Naturkräfte find es, die im Erdinnern regieren: Drud und Temperatur. Sowohl durch langsame Veränderungen wie durch einmalige kata­strophische Ereignisse kann an einer Stelle die Borbedingung für die Umwandlung Wasser+ Kohle= Erdöl erfolgen. Die Kohle selbst muß nicht notwendig schon als reine Kohle da sein, es ge­nügen tierische oder pflanzliche Stoffe, die kohleftoffhaltig sind. Bei­spielsweise fann ein untergegangener Wald den nötigen Kohlen­stoff liefern. Durch einen Lavq- Ausbruch kann num ein unter­irdisches Wasserbecken zerlegt werden, es entsteht Wasserstoff und Sauerstoff, beides in Gasform. Denn oberhalb einer Temperatur von etwa 3000 Grad je nach Drud hoch verschieden gibt es kein Wasser mehr, sondern die beiden elementaren Bestandteile des Wassers, H und C, treten auf. Die gleiche Kraft, die lösend wirkt, fann auch bindend wirken: der frei gewordene Wasserstoff wird fich unter gewissen Druckbedingungen die heute schon in den Leunawerfen fünftlich nachgemacht werden können zu Del vereinigen. Der frei gewordene Sauerstoff aber entweicht teilweise in die Luft, teilweise kann er zur Oxydation von Metallen oder Schwefel dienen, es entstehen dann Erze:

+

=

-

-

-

-

mit Kohle

Es ergibt sich dann etwa folgendes Bild: Kohle Wasser Eisen Petrol+ Eisenerz als grobe Darstellung des unier­Man hat auch mancherlei Anzeichen, daß irdischen Geschehens. diese Borgänge auch heute noch stattfinden. So ist nachgewiesen, daß die gewölbten Salzdome auch heute noch entstehen, jene mächti­gen Gebilde aus Kochsalz, Metallchloriden und Sulfiden, Sulfaten und Bromiden, Bromaten usw. usw., die stets in Gesellschaft von Del auftreten. Es fann sein, daß der Borgang der Auspressung der Dome dieser Lagestätten selbst teil hat am Werden des Deis. Die neuen Delfunde bei Hannover , auf die das Jahr 1930 die allgemeine Aufmerksamkeit gelenkt hat, weil die amerikanische sehr günstig zu beruteilen, weil, wie wir gesehen haben, die Del­Sinclair- Gruppe mehrere Bohrungen machte, find also im ganzen bildung ein sozusagen normaler Prozeß im Werdegang der Erdrinde ist und man grundsäglich eigentlich überall man muß eben nur genügend tief bohren auf Del stoßen kann.

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Bernhart Rehje: Die Zwickmühle

verkaufen.

Der Maler Walter Steiniger hatte drei Buben, die ewig Hunger| entschlossen, sein Eigentum zurüdzuholen und an den Händler zu hatten, und ein Atelier voll Landschaftsbilder, für die in diesen be­trüblichen Zeiten fein Käufer sich einstellte. Da überlegte er mit seiner Frau den Plan, aufs Land zu ziehen. Wenn man ein Stück Land unter den Füßen hatte, fonnte man sich leichter durchschlagen als in der teuren Stadt.

Er hatte Glück. Auf einer Motivfour fand er abseits vom Dorf ein Häusers, das einen Atelieranbau hatte und von einem großen verwilderten Grundstück umgeben war. Er pirschte sich heran und fam mit der Befizerin ins Gespräch. Das Atelier hatte sich ihr verstorbener Mann gebaut, der sich als Beamter hier zur Ruhe ge­fegt, feine Liebhaberei aus der Jugendzeit im Alter wieder auf griffen und Bilder gemalt hatte. Aber für sie wäre es zu einfam. Wenn sie einen verläßlichen Mieter hätte, so möchte sie gerne zu ihrem Sohn in die Stadt ziehen. Steiniger griff zu und zog hinaus.

Jetzt war er in seinem Element. Aus der Graswildnis hackte er ein Kartoffelfeld heraus und legte einen großen Gemüsegarten an. Die Obstwiese war gut bestanden. Auch ein paar Hühner ver­mehrten bald den Hausstand. So hatte er für die schlimmen Zeiten, die selten von ein paar guten Tagen unterbrochen wurden, etwas auf dem Tisch für die drei ewig hungrigen Mäuler seiner Buben.

Nur der Ziegenstall stand noch leer. Er hätte seine Frau gern von dem drückenden Gefühl befreit, häufig die Milch auf Borg zu holen. Aber wenn er einmal etwas Geld hatte, war es für dring­lichere Ausgaben aus dem Sad gelaufen. Die Ziege fonnte nur Bilderverkauf blieb aus. Aber das Wunder fam. ein Bilderverkauf oder ein Wunder in den Stall bringen. Der

Als Steinizer eines Tages vom Bilderhändler aus der Stadt mit leerem Beutel heimkehrte, stand eine lebendige Ziege im Stall. Vor den spielenden Buben war sie plötzlich an dem an die Wald­wiese grenzenden Walbrand aufgetaucht, war nach der Versicherung fie hätten nur der Buben auf sie zugegangen und dann freiwillig ein ganz klein wenig mitgeholfen aufs Haus und durch die offene Tür in den Stall gerannt,

Als sich in den nächsten Tagen fein Eigentümer einstellte, er­stattete der Maler beim Dorfbürgermeister Anzeige. Aber feiner meldete sich. Auch eine dreimalige Anzeige im Landboten " war ohne Erfolg. Die Ziege blieb im Stall. Und als nach 14 Tagen ein munteres Rißlein neben der Alten stand, da begann der Milchsegen zu fließen.

Die Tage und Monate gingen ihren Lauf. Nach dem Winter fam der neue Frühling. Und bald graften Mutter und Tochter, die fich zu einem prächtigen Jungtier entwidelt hatte, friedlich unter den noch kahlen Obstbäumen im ersten frischen Grün.

Aber als Steinizer eines Mittags heimkehrte, waren die Siegen von der Obstwiese verschwunden. Nur ein Dieb konnte sie fortgeführt haben, denn die Stride waren nicht abgerissen, sondern von den Bäumen gelöst worden. Er machte sich auf die Suche. Endlich erfuhr er von den Leuten, die ihm aus dem Moos entgegen schuster sei, der mitten im Moos seine ärmliche Behausung hatte. kamen, daß der Ziegentreiber, der ihnen begegnet war, der Moos­Der Maler fand ihn im Gespäch mit einem Bichhändler auf dem Hofe stehen. Steinitzer trat dazwischen und reflamierte die Biegen als fein Eigentum. Es tam zu einer erregten Szene, die aus vielen, lauten, immer fich wiederholenden Worten folgendes ergab: der Händler hatte sich die Ziegen von dem Moosschuster getauft und ein Handgeld von 25 M. darauf gegeben. Der Moos­schuster bekannte sich als Eigentümer der Ziege, was der Händler bestätigte. Der Schuster, der ewig in Schulden stedte, hatte seine einzige Wiese verpfänden müssen. So hatte ihm das Winterheu für die Siege gefehlt. Da war er auf den schlauen Gedanken gekommen, ihr bei dem Maler eine billige Pension zu verschaffen. So weit mar fein Blan geglüdt. Aber seine Hoffnung, im Frühjahr wieder im Besiz der Wiese zu sein, war fehlgeschlagen. Da hatte er sich

Der Maler verstand nichts von Rechtsgeschäften. Aber die bunte Erfahrung seines Lebens hatte ihn gelehrt, daß bei einer strittigen Sache immer der im Borteil ist, der die Sache in der Hand hat. Den Redeschwall der beiden schnitt er mit der fategori­schen Frage an den Schuster ab, ob er ihm die Tiere gutwillig herausgeben wolle. Der tam gar nicht dazu, alle die Verwünschun­gen aneinanderzureihen, die ihn treffen follten, wenn er so dumm wäre, es zu tun, da hatte ihn Steiniger on Rodzipfel und Hosen­boden ergriffen und auf das Dach seines Häusels geworfen, wo er, herabgleitend, an einem Haten laut brüllend hängen blieb. Die Ziegen führten die Malerbuben, die den Vater eingeholt hatten, triumphierend in den Stall zurück.

Der Händler verklagte den Moosschuster auf Bertragserfüllung, der Moosschuster verklagte den Maler auf Herausgabe der Ziegen. Der Amtsrichter fällte das gerechte Urteil: ,, Eigentümer der Ziege ist der Moosschuster, da er von der einjährigen Frift seinen Anspruc; geltend gemacht hat. Die Aufwendungen für die Erhaltung der Sache, die das Gericht auf 60 M. festsetzte, hat er dem Finder zu erstatten. Bis zur Erstattung steht dem Finder das Rückbehaltungs­recht zu. Eigentümer des Zidels ist der Finder, da ihm als Nuk nießer die Früchte aus dem Funde zustehen. Der Kaufvertrag des Viehhändlers wird nach§ 139 BGB. für nichtig erklärt. Die ge­leistete Anzahlung ist von dem Verkäufer an den Käufer zurück. zugeben."

So verkündete der Amtsrichter im Namen des Boltes, setzte sein Barett auf und verschwand.

Da standen die drei Prozeßgegner mit langen Gesichtern. Woher follte der Moosschuster 60 M. nehmen? Der Händler fonnte die 25 M., die er dem Moosschuster als Anzahlung gegeben hatte. in den Schornstein schreiben. Steinitzer hatte zwar das Zidel, aber das gab keine Milch. Die Gesezesmaschine hatte sie alle drei in die 3widmühle geworfen, in der einer den andern festhielt.

Jeder erwartete vom andern den ersten Zug, um dann seinen Borteil auszunügen. Aber feiner rührte sich. Das Spiel stand auf cinem toten Punkt.

Da setzte sich der Händler zwischen die beiden und sprach: Die Gerechtigkeit hat uns durch ein Urteil aneinandergekettet, bei dem wir alle drei Schaden haben, wenn wir uns nicht zu lösen verstehen. Wir können uns nur zu dritt daraus lösen, und so, daß jeder den Vorteil daraus zieht, den ihm die Gerechtigkeit zugesprochen hoi, chne daß einer den Schaden trägt. Wollt ihr es in meine Hände legen, dann soll jeder von euch das haben, was er vom andern ve:- langt hat. Die beiden waren bereit, sich dem Urteil zu fügen.

Der Händler wandte sich an den Maler: ,, Du willst auf die Aufwendungskosten verzichten und dem Moosschuster 25 M. in bar beides. Das Recht auf das Zickel und das Geld." Es geschah. Du und das Zickel geben, wenn du die Ziege bekommst. Gut. Gib mir Moosschuster, willst aber nicht das Zidel, sondern 50 m. in bar. Gut. Hier hast du die 50 m. in bar." Dabei zählte er ihm die 25 M. des Malers auf den Tisch. Als der Schuster Einspruch erhob und 50 m. verlangte, wenn das Geschäft gültig sein sollte, holte er lächelnd den Schuldschein des Schusters hervor und legte ihn zu dem Geld. Hier hast du es schwarz auf weiß, daß ich dir 25 M. schon in bar gezahlt habe." Das konnte der Schuster nicht ableugnen und mußte sich zufrieden geben.

Die Zwickmühle war geöffnet. Jeder hatte das, was er ver longt hatte: der Maler die Ziege, der Schuster das Geld. Und der Händler hatte die faule Forderung an den Schuster gegen das Zick­lein eingetauscht, von dem er schmunzelnd versicherte, daß es unter Brüdern das Doppelte wert sei.