sozialdemokratische Antwort auf daS Preis-ausschreiben des Pfarrers Weber in M>-Glad»dach. Diese Schrift widerlegt in einfacher Darstellung dielandläufigsten Vorurtheile und Einwände gegen die Sozialdemo-kratie und behandelt in verschiedenen Kapiteln dieselben Fragenvom sozialdemokratischen Standpunkt aus. welche der im Sinnedes Herrn v. Stumm christlich-soziale Pfarrer als Preisaufgabezur Beantwortung gestellt hat: P f l i ch t e n des Arbeiters gegensich, Frau und Kinder, gegen seine eigene Klassengenossen, gegendie Gesellschaft, gegen Religion, Vaterland, Kaiser und Reich:c.Um die Verbreitung in den Kreisen zu ermöglichen, die nochvöllig indifferent der Arbeiterbewegung gegenüberstehen, ist derPreis auf 10 Pf. festgesetzt; für Vereine und Komitees, welchedie Schrift zu Agitationszwecken in größeren Posten beziehen-wird dieser Preis noch wesentlich herabgesetzt.—Im Laufe der nächsten Woche erscheinen die Reichstagsdebattenüber die Bäckerei- Verordnung als Broschüre unter dem Titel:Die Arbeiter schutz-Hcnchclei der bürgerlichen Parteien imReichstage zum Preise von 15 Pf. �Von der Agitation. Vorvorige Woche sprach GenosseBebel in einer sehr zahlreich besuchten Volksversammlung inWittenberge über die gegenwärtige Lage. Die Vorständeder reichstreuen Vereine, der Militärverein:c.. waren überein»gekommen, für diesen Abend besonders dringend zu Vereinsversamm»lungen einzuladen, um die Vereinsschafe vor der sozialdemokratischenAnsteckungsgefahr zu behüten. Einer derselben hatte sogar rasch seinStistungssest. das erst später stattfinden sollte, auf diesen Abendverlegt. Weiter hatte der Bezirksseldwebel für diesen Tag rascheine Kontrollversammlung angesetzt und den Erschienenen einenVortrag darüber gehalten, daß sie heute als im Dienste stehendsich anzusehen hätten und deshalb sozialdemokratische Versamm»lungen nicht besuchen dürften. Aber der Liebe Müh war ver-gebens. Die Versammlung war nicht nur sehr gut besucht, essollen sich auch unter den Anwesenden viele befunden haben,bei denen die Neugierde die patriotische Pflicht überwog.Ans Halle a. S. wird gemeldet, daß die Setzer unseresdortigen Partei>Organs. des„Volksblatts", die Arbeitniedergelegt haben, weshalb am Dienstag diese Zeitungnicht erscheinen konnte. In einer„Benachrichtigung für dieAbonnenten des„Volksblatts" theilen Vorstand und Auf-sichtsrath der Hallischen Genossenschafts.B u ch d r u ck e r e i, wo das„Volksblatt" hergestellt wird,folgendes mit:„Die heutige Nummer des„Volksblattes" kann nicht er»scheinen, weil aus folgender Ursache eine Differenz zwischenGenossenschaftsdruckerei und Setzern ausgebrochen ist:Vor dem 1. Mai beschlossen Aufsichtsralh und Vorstandder Genossenschaftsdruckerei gemäß einem Beschlüsse der Ge-ueralversammlung, daß der 1. Mai wie jeder andere Feiertagbetrachtet werden soll und daß Bezahlung dieses Tages an diein festem Gelde stehenden Setzer selbstverständlich zu erfolgenhabe. Würden auch die im Berechnen(im Akkord) stehendenSetzer(8 Mann) die Bezahlung des Tages fordern, so solle auchdiesen Setzern der Tag bezahlt werden, obgleich dasgegen den Beschluß der Generalversammlung verstieß.Das Personal hat vor dem I.Mai keinerlei Forde-rung gestellt(da sie es nicht nöthig hätten), sondern heutedie Arbeit nicht ausgenommen, nachdem eine gestern abge-haltene Versammlung von Genossenschaftsmitgliedern beschlossenhat, den im Berechnen stehenden Setzern den 1. Mai nicht zubezahlen, da sie vorher ein dahin gehendes Verlangen nicht ge-stellt haben.Trotzdem bot der heute ftüh zusammengerufene Vorstand derGenossenschaft auch den im Berechnen stehenden Setzern dieBezahlung des 1. Mai an. Die Setzer verlangten jedoch, daßder Vorstand auch für die Zukunft die Bezahlung des 1. Maian alle Setzer zusichere. Diese Bedingung glaubte der Vorstandnicht annehmen zu dürfen, da die Vorstandsmitglieder fest ent-schloffen sind, ihre Aemter sofort niederzulegen, und eine Zu-sicherung über die Köpfe der Generalversammlung hinweg nichtgegeben werden dürfe.Hinzugefügt sei, daß es sich weder bei den Gehilfen nochbei dem Vorstand um den erstverweigerten Betrag an sich ge»handelt hat. Die Gehilfen waren vielmehr der Meinung, daßihr Vorgehen nach dem Tarif bedingt sei. Der Vorstand weigertesich anfänglich der Bezahlung, wiederum nicht um des Betrageswillen, der in betracht der sonst von der Genossenschaft gewährtenLohn» und Arbeitsbedingungen garnicht in betracht kommenkann, sondern weil er von dem Standpunkt ausging, daßerstens durch den Tarif die Bezahlung des 1. Mai als tarif-mäßiger Feiertag nicht verlangt werden kann und daß zweitensdie Feier des 1. Mai als Demonstration betrachtet werdenmuß. eine Bezahlung des Tages aber diesem Charakter wider-sprechen würde. Es würde dafür gesorgt werden, daß dieinorgende Nummer des„Volksblattes" rechtzeitig in die Händeder Abonnenten gelangen kann.Dies zur Aufklärung über den unerquicklichen Zwischenfall."Die P r e ß k o m m i s s i o n des„Volksblattes" theilt im An-schluß daran mit, daß ihre Versuche, den Streik beizulegen, andem Verhalten der Gehilfenschaft gescheitert sind.Dies das thatsächliche des bedauerlichen Vorganges. UnsereAnsicht darüber ist folgende: Der 1. Mai ist unzweifelhaftein von der Geschäftsleitung durch Nichterscheinen des„Volksblatts" angeordneter Feiertag und deshalb nach§ 34Absatz 3 des Tarifs auch den Akkordsetzern, und zwar mit demMinimum des gewissen Geldes, ohne weiteres zu bezahlen. Eben des-wegen waren sie nicht verpflichtet, dieBezahlung noch besonders zufordern. Die Versammlung der Genossenschaftsmitglieder waralso nicht berechtigt, den Akkordsetzcrn die Bezahlung deS1. Mai zu verweigern, weil sie die Entschädigung nicht besondersfordern mochten. Daß sie die Entschädigung aber haben wollten,wußte man. Ist also das geschilderte Verfahren der Genossen-schaftsdruckerei nicht richtig gewesen, so ist esdoch wieder gut gemacht worden, indem man am Montagden Akkordsetzern die Bezahlung des 1. Mai anbot. Diesehaben nun durch ihre Forderung, der Vorstand solle versichern,daß der 1. Mai künftig allen Setzern bezahlt werde, ein Ver-langen gestellt, das ebenso unberechtigt ist, wie es das Ver-langen der Genoffenschaftsbuchdruckerei war, wonach die Gehilfendie Bezahlung noch besonders fordern sollten. Die Genossen-schaftsbuchdruckerei hat seinerzeit mit der Anerkennung des Tarifsals Ganzem ihrer Pflicht genügt; über einzelne Punkte des Tarifs— und Differenzen über die Auslegung kommen in allen Geschäftenvor— sich noch extra auf Jahre hinaus'zu verpflichten, ist deshalbweder nöthig noch unseres Wissens im Äuchdruckgewerbe irgend-wo gebräuchlich. Außerdem ist der Vorstand einer eingetragenenGenossenschaft an die Beschlüsse der Generalversammlunge» ge-bunden. Ans diesen Gründen schon ist der Streik der Buch-druckergehilfen das unvernünftigste, was sich denken läßt; und erist um so schärfer zu mißbilligen, als die Gehilfen, diedoch sicherlich auch Parteigenossen sein wollen, die Feier desI. Mai, an deren ungetrübtem Verlaufe sowohl die Partei wiedie Gewerkschaften das gleich hohe Interesse haben, durchdie Arbeitsniederlegung karrikirten. Zu dem Streik lag umso weniger ein zwingender Grund vor, als die Partei-iustanzen, denen sich die Hallische Genoffenschaftsbuchdruckereiunzweifelhaft nicht widersetzen würde, noch nicht gesprochenhatten. Die Setzer haben nicht wie klassenbewußte Arbeiter ge-handelt, sondern bei der Verfolgung ihres ernstlich übrigens garnicht gefährdeten Interesses das Interesse der Gesammtarbeiter-fchaft in den Wind geschlagen. Nachträglich scheint ihnen dasthörichte ihres Vorgehens selber zum Bewußtsein gekommen zusein, denn sie haben, wie wir soeben erfahren, die Arbeit wiederaufgenommen.I» Zwickau siegte bei der Wahl der Vertreter zu denbeiden Orts-Krankenkasseu die Liste der Gewerkschaftenmit großer Majorität.Parteipresse in Holland. Ein Ergebniß des zweitenKongresses der Sozialdemokratische» Partei in den Niederlandenist, daß im Mai eine wissenschaftliche sozialdemokratische Monats-schrift unter dem Namen„De Nieuwe Tyd"(Die Neue Zeit) er-scheinen wird. Verleger ist H. I. P o u t s m a in Amsterdam,Redakteur F. van der Goes in Haag.Aus Amerika. Der zu Ostern in Brooklyn abgehalteneParteitag der s k a n d i n a v i s ch en sozialistischen Organisationenempfahl denselben den Anschluß an die amerikanische sozialistischeArbeiterpartei. Speziell zur energischen Betreibung der Propagandaunter den Skandinaviern soll eine nationale Organisation gegründetwerden, deren Leitung an dem Orte ihren Sitz hat, wo sich dieentralleitung der amerikanischen sozialistischen Arbeiterparteibe-ndet. Das von den skandinavischen Genossen Brooklyns heraus-gegebene Blatt„Arbejderen" soll von den Organisationen dieserSprachengruppe als Parteiorgan anerkannt werden. DieAgitation für das englische sozialistische Blatt„The People" willman daneben energisch betreiben. In den Debatten wurde vonallen Rednern aufs nachdrücklichste betont, daß sich dieskandinavischen Sozialisten nicht in erster Linie als Skandinavier,sondern als Amerikaner betrachten sollten.In einer N e w- U o r k e r Versammlung der jüdischen,aus Russisch-Polen stammenden und sozialistisch gesonnenenArbeiter, wo der polnische Genosse Carl Dolski die dortigengegenwärtigen Verhältnisse schilderte, wurde die Gründung einerSektion des Verbandes ausländischer polnischer Sozialisten be-schloffen, speziell zu dem Zweck, durch Lieferung geeigneterAgitationsschriften an der Ausklärung der polnischen Rassen- undKlassengenossen mitzuwirken. Dolski wird die Gründung solcherOrganisationen auch in anderen Orten Amerikas betreiben. DieAgltation unter den übrigen polnischen Arbeitern ist an denPlätzen, wo sich Polen in größere» Massen angesiedelt haben—wie z. B. in Detroit, Michigan— sehr schwierig, da sich dieLeute vollständig im Banne der katholischen Priester befinden.Trotzdem ist fast überall ein Kern polnischer Genossen vorhanden,welche in agitatorischer Hinsicht leisten, was unter den ob-waltenden schwierigen Verhältnissen möglich ist.Polizeiliches, Gerichtliches zc.— An den Haupteingang der Kirche in D e u b e n i. S.hatte irgend ein dummer Junge oder ein böswilliger Gegner denSatz geschrieben: Hoch die Sozialdemokratie! Das genügte derPolizei, um bei unseren Parteigenossen eine Haussuchung vorzu-nehmen. Selbstverständlich war die Suche erfolglos.Verpamnilungett.Die Liga zur Herbeiführung des Achtuhr-Ladeuschlusscshatte zu Montag Abend ihre erste Versammlung nach der BrauereiFriedrichshain einberufen. Von den eingeladenen Abgeordnetenwar niemand erschienen. Wir möchten jedoch hierbei bemerken,daß der Genosse Bebel, der sogar als Sprecher auf den Plakatengenannt war, durchaus keine bestimmte Zusage gemacht hatte,die zu einer derartigen Ankündigung berechtigte. Der Vorsitzendeder Liga, Herr Verth. Heymann, hielt das Referat über die Frage:Wie erreichen wir den Achtuhrschluß? Indem Redner noch einmaldas gesammte Material der Erhebungen und des Berichts derReichs-kommission für Arbeiterstatistik durchging, faßte er die Antwort darinzusammen, daß sich die Interessenten— die Handlungsgehilfenund Gehilfinnen— zusammenschließen müßten unbeschadet ihrerpolitischen Parteistellung zu einer Vereinigung, die nur die Eiu-führung des Achtuhr-Ladenschlusses bezwecke. In der Liga seiihnen hierzu die Möglichkeit geboten und ersuche er die An-wesenden, derselben beizutreten. Kaufmann August Hintze tratden Ausführungen des Referenten energisch entgegen. Der Bei-tritt zur Liga, so führte der Redner aus, habe für die Handlungs-gehilfen absolut keinen Werth. Von einer derartig parteilosen Ver-einigung könnten die Handlungsgehilfen nichts erwarten. DieHandlungsgehilfen seien einzig und allein bei der Verbesserung ihrerArbeitsverhältnisse auf die Gesetzgebung angewiesen. Nachdem nunaber die Konservativen und Freisinnigen in so eklatanter Weisegegen die Vorschläge der Reichskommission und somit gegen eineArbeitsverkürzung der Handlungsgehilfen Stellung genommenhaben, sei es Pflicht der Handlungsgehilsen, auch offen und freidiejenige Partei zu stützen, die stets und ständig einzig und alleindie Interessen der Handlungsgehilfen wahrzunehmen bestrebt sei,und das sei die sozialdemokratische Partei. Wenn dieHandlungsgehilfen wirklich etwas erreichen wollten, so mühtensie, ebenso wie die übrigen Industrie- Arbeiter, sich organisircnin Vereinigungen, die ans dem Boden der modernenArbeiterbewegung stehen. Dies ist in Berlin die FreieVereinigung der Kaufleute, und ersuchte er die Anwesenden.dieser beizutreten. Nachdem noch Herr Hoffmann als Laden-inhaber für den Achtuhr-Schluß gesprochen hat, wurde eineResolution angenommen, in der man den Vorstand beauftragte,ein Gutachten an die gesetzgebenden Körperschaften zu richten,nach welchem sich die Versammlung mit den Vorschlägen derReichskommisston einverstanden erkläre, da sie dieselben alsGrundlage für die Schaffung eines Arbeiterschutzes im Handels-gewerbe betrachte. Ferner gelangt eine Resolution des HerrnHintze zur Annahme, nach der die Versammlung die Einsetzungeiner Maximal-Arbeitszeit von 10 Stunden für Gehilfen und von8 Stunden für jugendliche Angestellte unter 13 Jahren für er-forderlich hält.Tic öffentliche Versammlung aller in Kolonial-Maaren- Geschäften, Zigarren Handlungen, sowiesämmtlicher in der Lebensmittel- und Kurz-waaren-Branche beschäftigten Handlungs-gehilfen und Gehilfinnen, die am Sonntag Nach-mittag in Cohn's großem Saale tagte, hörte als ersten Punktder Tagesordnung einen Vortrag des Kaufmanns Hintze überdie Nothwendigkeit des Achtuhr-Ladenschlusses. Redner schildertein längeren Zlusführungen an der Hand des reichhaltigen Materialsder Kommission für Arbeilerstatistik die Erhebungen über dieArbeits- und Lohnverhältntffe der Handlungsgehilfen,-Ge-hilfinnen und-Lehrlinge, den Schluß daraus ziehend, daß dervorgeschlagene Achtuhr-Ladenschluß eine mehr denn be-rechtigte Forderung der Angestellten bedeute. Des Weiterenverliest Redner ein Schreiben, unterzeichnet von verschiedenenBerliner Kaufleuten, in dem diese sich für denAchtuhrschluß erklären, jedoch für den Sonnabend eine Ausnahmewünschen, damit der arbeitenden Bevölkerung Gelegenheit werde.ihre Bedürfnisse zu decken. In der Diskussion vertritt Prüfer,Zigarrenhändler, die Meinung, daß der Achtuhrschluß diekleinen Geschäftsleute ruiniren müsse, ihm erscheine nothwendig,auch im Handelsgewerbe für die Angestellten das System desSchichtwechsels einzuführen, um die nothwendigen Ruhepausenzu garantiren. Maß, Frl. Adler. Zienki. Linde-mann und andere sprachen sämmtlich im Sinne desReferenten, worauf folgende Resolution Annahme fand: Dieam Sonntag, den 3. Mai, im großen Saale vonCohn zahlreich versammelten Handlungsgehilfen und-Gehilfinnender Kolonialwaaren-Geschäfte, Zigarrenhandlungen und Kurz-waaren-Branche erklären, daß ihre durch die übermäßige Arbeits-zeit tieftraurige Lage durch die Vorschläge der Kommission fürArbeiterstatistik aä I und ll ernstlich gebessert werden könne. Sierichten an den hohen Bunvesralh und Reichstag das dringendeErsuchen, diese Vorschläge schnellstens zum Gesetz zuerheben. Sollten diese Vorschläge nicht Gesetzeskraft erlangen, soersucht die Versammlung um Erlaß eines Gesetzes, wonachHandelsgehilfen und-Gehilfinnen höchstens 10 Stunden und Lehr-ltnge und Lehrmädchen unter 18 Jahren täglich höchstens8 Stunden beschäftigt werden dürfen. Den Titel HI der Vorschlägeder oben genannten Kommission bittet die Versammlung abzu-lehnen, da durch Zulassung einer Konkurrenzklausel die Ver-werthung der Arbeitskraft der Angestellten im Handelsgewerbeerheblich geschmälert wird.Die Bauanschläger berichtigen in bezug auf ihren letztenVersammlungsbericht, daß sich die Freie Vereinigung der Bau-anschläger Berlins nicht zu gunsten des alten Vereins auflösensoll, sondern im Interesse einer einheitlichen Organisation nachAuflösung des Vereins möglichst für den Anschluß an den altenVerein wirken möge.Ter Fachverein der Lederarbeiter(Portefeuiller) hieltam 27. April seine Generalversammlung ab. Zunächst erstatteteVoigt einen Bericht über die Thätigkeit des Vorstandes vomverflossenen Jahr. Hierauf gelangte der Kassenbericht zur Ver-lefung, der eine Einnahme von 256,20 und eine Ausgabe von126,11 M. ergab, so dah mit einem Bestand vom letzten Quartalin Höhe von 63,20 M. der Verein über 193,29 M. verfügt. Nachdem Bericht der Arbeitsnachweis-Kommission und der Abrechnungvom zweiten Stiftungsfest, die einen Ueberschuß von 99,75 M.aufweist, wurde die Neuwahl des Vorstandes vollzogen, diefolgendes Resultat ergab: Alb. Schulz erster, Spaltholz zweiterVorsitzender; Alb. Voigt erster, Brandenburg zweiter Schrift-führer; Weide erster, Rose zweiter Kassirer; Heindke, Oertel undHahn, Beisitzer; Döring und Freitag, Revisoren; Chr. Schulzund Freitag, Bibliothekare. Die Arbeitsnachweis-Kommissionbilden Gerlich, Bleck, Heine, Döring, Schwalbach, Braun, Barthund Straube.Die Bauhandwerkcr- Krankenkasse für Berlin und Um-gegend nahm in ihrer Versammlung am 27. April den Kassen-bericht entgegen. Die Kasse hatte im ersten Quartal eine Ein-nähme von 10 658,31 M. und eine Ausgabe von 3471,32 M.,bleibt mithin ein Bestand von 2186,99 M. Auf der Reichsbanksind 15 536 M. deponirt. Der Vertrag mit den Aerzten wurdein der bisherigen Form erneuert und soll den Familien-angehörigen die Behandlung zu ermäßigter Taxe gewährt werden.Zur Verhandlung kam hierauf die Angelegenheit, die sich zwischenHerrn Doktor Heimann und dem Vorstand abspielte, und auchseinerzeit im„Vorwärts" zu längeren Auseinandersetzungen mitdem Vorstand Veranlassung gab. Die Versammlung pflichtetedem Vorstand in seiner Stellungnahme bei und protestirte ineiner Resolution gegen die Auffassung des betr. Redakteurs. U. a.theilte der Vorsitzende mit, ihm sei bekannt gegeben.die Redaktion des„Vorwärts" habe Leute aufgefordert, gegendie Kasse zu schreiben.")Ter Zentralvcrband der Maurer verhandelte in seinerMitgliederversammlung am 23. April über die Regelung derSlreikunterstützung. Der Vorsitzende. Worm, empfahl, auf dieUnterstützung seitens der Lohnkommission zu verzichte», und dieUnterstützung der Mitglieder aus der Verbandskasse zu bestreiten.Diesem Vorschlag wurde in der Versammlung verschiedentlichwidersprochen und ein Antrag angenommen, der bestimmt, daßdie verheiratheten Mitglieder außer den 9 M., welche sie proWoche von der Lohnkommission erhalten, noch 3 M. aus derVerbandskasse bekommen, so daß die Unterstützung 12 M. beträgt.Desgleichen wurde ein Antrag angenommen, nach welchem denabreisenden Mitgliedern die volle Reise-Unterstützung zu-gesichert wird.Tic Zentral-Krankcnkaffe für Frauen und Mädchen(Offenbacher) beschloß in ihrer letzten Filialsitzung entgegen derbisherigen Praxis des Vorsitzenden zukünftig auch den Wöchne-rinnen die Unlerstützung auszuzahlen. Allerdings bleibt dieserAntrag der Gunst des Vorsitzenden überantwortet, da das Statutkeine diesbezüglichen Bestimmungen enthält.Vevmifihkes.Ter ulkende Schah und der dichtende Schah. SchahNasr-ed-Din, der ermordete Herrscher von Persien, liebte es, wiedie meisten gebildete» Perser, sich als Dichter zu versuchen. Manhat Verse von ihm, in denen er sich über die Leute lustig macht.die nicht mit dem Zeitgeiste fortschreiten. Ein Spottgedicht aufseinen Leibmedikns Hakim el Momalik lautet wie folgt:„O Dudes Sultans Hakim el Momalik! Plato ist ein Stümper Dirgegenüber, Aristoteles ein Ignorant. Deine geistige Macht willich aber meinen Unterthanen nicht vorenthalten: Nimmst Dueinen Kranken in Behandlung, weißt Du nicht Mund von Ohrzu unterscheiden. Nie darf man ein Mittel von Dir anwenden,ohne den Koran befragt zu haben, ob man nicht dasLeben dabei wagt. Wenn jemand von Deiner Handgeheilt wurde, so hat ihm Gott ein neues Leben ge-schenkt. Wenn Du noch zwei oder drei Jahre Deine Heilungs-versuche fortsetzest, so ist Persien menschenleer."— Von denLiebesliedern des Schah sei nachstehend eine Probe gegeben:„Nicht zum Thor des ParadiesesSehne ich mich einzugehen,Alle ander» Wünsche schweigen,Seit ich, Holde, Dich gesehen.Warum sprichst Du nur beständigVom Gewissen, Schöne, Reine?Keine Schuld drückt mein Gewissen,Außer meiner Liebe— keine!Wer sich Deinen Sklaven nennet,Neidet Fürsten nicht die Throne;Seufzend schlepp ich Deine Fessel—Und ick trage Irans Krone!"Im Dichten ist Nasr-ed-Din manchem europäischen Kollegenganz entschieden über.Eine nette Ordunngsstntze ist in Brüssel beim Kragengenommen worden. In der Nacht zum Dienstag wurde einfrüheres Mitglied der Polizei verhaftet unter dem dringendenVerdacht, die Baronin Herry ermordet und beraubt zu haben.Der Wechselagent, bei dem er das geraubte Geld umwechselte,erkannte den Verhafteten sofort wieder.Die russische Zensur. In dem in Kopenhagen unlängsterschienenen Werke„Indir�lc fra Polen"_(„Reise-Eindrücke ausKongreß-Polen") von Georg Brandes theilt der dänische Kritikereine Episode mit, die er an der russischen Grenze erlebt hat. Ererzählt:„Der erste Gegenstand, der die Aufmerksamkeit derrussischen Grenzwache auf sich zog, waren zwei Hefte der„Nouvelle Revue".„Was ist das?" fragte mich der ältesteGrenzbeamte in deutscher Sprache.—„Das ist die französischeMonatsschrift„Nouvelle Revue", entgegnete ich.—„Gut, aberden Inhalt will ich wissen."—„Ich kann doch nicht den Inhaltsämmtlicher Artikel in einer Minute wiedergeben!"—„Insolchem Falle muß ich die Hefte an die Zensurverwaltung vonWarschau senden."—„Ist denn diese französische Revue inRußland verboten?" fragte ich verwundert.—„Verboten istalles, was ich nicht verstehe," lautete die lakonische Antwort.Dasselbe Schicksal ereilte nieine Bücher in dänischer Sprache.„Aber höchst räthselhaft erschien mir," schließt Brandes,„daß derGrenzbeamte auch mein chinesisch-sranzösisches Wörterbuch mitBeschlag belegte. Und doch ist die Erklärung einfach:„Verbotenist alles, was man nicht versteht."*) Die Redaktion hat wohl kaum nöthig. zu versichern, daßdie von ihr mit einiger Heiterkeit gelesene Behauptung, sie habePersonen aufgefordert, der Bauhandwerker-Krankenkasse mit demFederkiele den Garaus zu machen, in jeder Beziehung völlig aus derLuft gegriffen ist. Im übrigen bat auch die von der Versamm-lung beschlossene Resolution die Redaktion des„Vorwärts" leidernicht von der Meinung abzubringen vermocht, daß der von ihrin der Rezept- Angelegenheit eingenommene Standpunkt richtigund den Interessen der kranken Mitglieder der Kasse förder«lich war.