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BERLIN  Sonnabend 13. Dezember 1930

Der Abend

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Nr. 584

B 291 47. Jahrgang

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Angeklagter Hugenberg

Die Banksfandale eines ,, nationalen" Konzerns vor Gericht

Vor dem Einzelrichter des Amtsgerichts Berlin- e Mitte, Amtsgerichtsrat Bues, begann heute vor mittag der große Beleidigungsprozeß Sugenbergs gegen Genossen Dr. Curt Geher, den verantwortlichen Redakteur des ,, Vorwärts".

Linksregierung in Frankreich  

Redakteur des Steegs Ministerliste mit Briand  , Daladier   und Leygues

Hugenberg, der persönlich gekommen ist, und aufmerksam noch einmal den bekannten, gegen ihn gerichteten Artikel liest, wird unterstützt von Justizrat Donner, dem Syndifus des Hugenberg­Konzerns, dem deutschnationalen Reichstagsabgeordneten Ever­ling und Rechtsanwalt Tetens, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Ostdeutschen Brivatbank. Die Verteidigung Geyers hat Rechtsanwalt Otto Landsberg   übernommen.

wie folgt zusammen:

Paris  , 13. Dezember.( Eigenbericht.)

Budget: Pal made, Abgeordneter( Sozialrepublikaner); Krieg: Barthou  . Senator( Demokratische und radikale Ver­einigung);

Nach 3 Uhr morgens ist das Ministerium Steeg end­gültig gebildet worden. Wie Havas mitteilt, feht sich das Kabinett Ministerpräsident und Kolonien: Steeg, Senator( radikal); Janeres:£ eygues, Abgeordneter( Cinksrepublifaner); Juftiz: Chéron, Senator( Republikanische Bereinigung); Der Andrang der Presse in dem kleinen Verhandlungsraum-Aeußeres; Briand  , Abgeordneter( Sozialrepublikaner); der Prozeß war ursprünglich im kleinen Schwurgerichtssaal des Finanzen: Germain Martin, Abgeordneter( radikale alten Moabiter Kriminalgerichtsgebäudes angesetzt ist sehr start. Cinfe); Es handelt sich in diesem Prozeß um einen Artikel, der am 29. November 1929 im Vorwärts" erschienen ist. Um jene Beit wurde bekannt, daß die von Hugenberg beherrschte Oft bant für Handel und Gewerbe" non der Dresdner   Bant über­nommen worden sei, und zwar hatte sich die Preußische Staatsbant an dieser Transattion beteiligt. Diese Oftbant mar ursprünglich ein Kreditunternehmen für den landwirtschaftlichen Often, die Gelder der Einleger maren gegeben zu wirtschaftlichen 3weden. Hugenberg jedoch, der Aufsichtsratsvorsitzende dieser Dst­bant, verwandte die Depofiten für die politischen Zmede seines Breffetonzerns. Aus diesem Verhalten Hugenbergs hat der ,, Bor­wärts" ihm den Vorwurf der Untreue gegen feine Depositäre gemacht. Darauf strengte Hugenberg Klage gegen die Redaktion an.

Was dem Prozeß jedoch den besonderen Rahmen gibt, ist das zum wiederholten Male erfolgte Bemühen Hugenbergs um

Hilfsattionen des preußischen Staales für seine Unternehmungen. Bekanntlich führt Hugenberg in feinen vielen Presseorganen Tag für Tag den schärfsten Kampf gegen das ,, margistische Preußen", ist aber heilfroh, wenn dieser von ihm auf das heftigste befehdete Staat die Bantunternehmungen des Hugenberg­Konzerns saniert. So war es 1925 mit der

verkrachten Candbank, bei deren Sanierung der Hugenberg­Konzern immerhin noch an die 500 000 Goldmark verdient hatte, nachher wurde dann natürlich wieder auf Preußen geschimpft, und so war es 1929 bei der Ost bant. Der Borwärts" hat nach näherer Darlegung all dieser Zusammenhänge von einem Hugen= berg- Standal gesprochen, wie er es überhaupt als seine publizistische Pflicht ansah, den 3miespalt zwischen dem Polititer und dem Wirtschaftsführer Hugenberg der Deffentlichkeit einmal mit aller Deutlichkeit vor Augen zu führen.

Die Anklage gegen Hugenberg.

Nachdem der Bormärts"-Artifel vom 29. November 1929 in der Berhandlung verlesen war, erhielt der Betlagte, Curt Geyer  , das Wort zu ausführlichen Erklärungen, in denen er die in dem Artikel aufgestellten Behauptungen begründet und teilweise noch erweitert. Dr. Gener führte in einstündiger Rede im einzelnen aus:

,, Am 28. November 1929 wurde bekannt, daß die Ostbank für Handel und Gewerbe von der Dresdner Bank im Wege der Fusion übernommen werden würde, ferner daß sich die Preußische Staats­ bank   an der Transaktion beteiligen würde. Die Mitteilung darüber erfolgte durch die Reichsbant. Es handelte sich um einen sehr bedeutsamen Schritt. Die Redaktion des Vorwärts" fühlte daher die Verpflichtung, den zusammenhängen nachzugehen und ihren Lesern die wirtschaftliche und politische Bedeutung der Transaktion flarzulegen.

Sie hat daraufhin in dem unter Anklage stehenden Artikel ihre Auffaffungen über den Fall Oftbank dargelegt, sie hat ihn zugleich in einen größeren Rahmen gestellt. Sie hat untersucht, welche Beziehungen der Hugenberg- Konzern zur Ostbank hat. sie hat ferner darauf hingewiesen, daß der Fall Ostbank nicht die erste Affäre des Hugenberg  - Konzerns darstellt, die in der Offentlichkeit größtes Auffchen hervorgerujen hat.

Unsere Redaktion hat darauf verwiesen, daß der Fall Ostbank in gewiffem Sinne eine Barallele zum Fall Landbant darstellt. Sie hat im Zusammenhang damit eine Reihe von Tat fachen behauptet, deren Kernpuntte unbestreitbar und jederzeit zu bemeijen find

Marine: Albert Sarraut  , Senator( radikal); Unterricht: Chautemps  , Abgeordneter( radikal); Nationale Wirtschaft( Handel und Industrie):£ oucheur, Ab­geordneter( radikale Cinfe);

Landwirtschaft: Victor Boret, Senator,( Demofrafische und radifale Bereinigung);

Oeffentliche Arbeiten: Daladier  , Abgeordneter( radikal): Boft und Telegraphic: George Bonnet, Abgeordneter ( radital); Cufffahrt: Painlevé  , Abgeordneter( Sozialrepublikaner); Handelsmarine: Danielou, Abgeordneter( Unabhängige

Cinfe;

Arbeit: Grinda, Abgeordneter( Linksrepublikaner); Benfionen: Thou myre, Abgeordneter( Cinksrepublikaner); Gefundheitspflege: Queuille, Abgeordneter( radikal).

Senator Steeg,

der die neue französische   Regierung führt.

Zunächst der Fall Landban t. Hier haben mir behauptet, daß es fich um einen Sugenberg- Standal handle, und daß der preußische Staat für den Zusammenbruch der Landbank mit schweren Opfern habe eintreten müssen. Herr Geheimrat Hugenberg ist seit 1919 Mitglied des Aufsichtsrats der Landbank. Die Landbank hatte bereits seit dem Ende des Krieges mit Schwierigkeiten zu hatte bereits seit dem Ende des Krieges mit Schwierigkeiten zu fämpfen. Im Jahre 1923, zur Zeit der Hochinflation, geriet fie in, eine außerordentlich fritische Situation. Sie war tatsächlich mittellos, außerdem drüdte fie eine noch aus der Vortriegszeit stammende holländische Guldenschuld. Sie erhöhte im Auguft 1923 ihr Attienkapital von 20 auf 65 Millionen Mart. Diese 45 Mil lionen Mart neue Aktien, also die Aktienmajorität, wurde über­nommen von einem Konsortium, dessen Führung die Neuland 2.-G. hatte. An dem Konsortium mar ferner beteiligt die O ft deutsche Privatbank, d. h. die holding Gesellschaft des Hugenberg- Konzerns.

Für den Erwerb der Attienmajorität der Landbank zahlte das Konfortium am 3. August 1923 in Papiermark den Wert vou

Jules Steeg  , der alte Politiker ohne Glanz, aber reich an Erfahrungen und Querverbindungen" nach rechts und links, hat es doch geschafft, obwohl man gerade ihm von Anfang an wenig Chancen einräumte.

Seine Regierung ist sehr geschickt zusammengesetzt. Ihr Schwergewicht liegt zwar nach links; denn man findet in der Liste die Namen einer ganzen Reihe von befannten Politikern des ehemaligen Linkskartells, wie Daladier  , gesichts der nach rechts neigenben Mehrheit der Deputierten­Chautemps, Georges Bonnet  , Painlevé  . An­fammer ist die Bildung eines solchen Kabinetts an sich schon ein Bagnis: vor Jahresfrist war Chautemps   mit einem Bintstabinett gleidh am ersten Tage gestürzt worden.

Indessen hat es Steeg verstanden, auch einige promi­nente Namen der gemäßigten Rechten zu gewinnen, por allem Georges Bengues, der großes Ansehen genießt und einen starten persönlichen Anhang zählt, unb Barthnu, beides Politifer, die mehrfach Minister und sogar schon selbst Ministerpräsidenten waren und immer der Rechten näher standen als der Linken.

Briand   ist Außenminister geblieben und dürfte sich in diesem Ministerium viel wohler fühlen als im Kabinett Tardieu. Außer ihm sind noch Cheron und Germain­Martin von dem vor einer Woche gestürzten Kabinett über­nommen worden.

Bariser Meldungen versichern, daß die Opposition gegen das Ministerium Steeg fehr stark sein wird, manche meinen fogar, daß es den ersten Tag nicht überleben werde. Bir teilen diese Auffassung nicht. Selbstverständlich wird nicht nur die extrem- nationalistische Marin- Gruppe, sondern auch das Gros der Tardieu- Gruppe dem Kabinett Steeg, das in diesen Kreisen etwas übertrieben als eine Regierung des Bintstartells bezeichnet wird, den Kampf ansagen. Aber der neue Ministerpräsident dürfte sich doch dant Lengues und Barthous soviel gemäßigte Stimmen gesichert haben, daß er diefen Angriff, wenigstens in der ersten Zeit, zurückschlagen wird. Freilich wird das nur möglich sein mit unter­tüzung der Sozialisten. Es dürfte unseren Partei­freunden in Frankreich   zwar nicht ganz leicht fallen, ihre 103 Stimmen einem Ministerium zur Verfügung zu stellen, das durchaus nicht einheitlich lintsgerichtet ist, aber allein die feindselige Haltung der Reaktion gegen das Kabinett Steeg wird fie vermutlich veranlassen, die neue Kombination als das fleinere Uebel und als einen unzweifelhaften innerpolitischen Fortschritt gegenüber Tardieu zu tole= rieren.

Obwohl konfessionelle Gesichtspunkte in Frankreich   nur eine untergeordnete Rolle spielen, ist es doch interessant zu bemerken, daß Steeg Protestant ist, ebenso wie Dou­mergue. Der ganz fleine protestantische Bevölkerungsteil Frankreichs   ftellt also gegenwärtig sowohl den Präsidenten der Republik wie den Ministerpräsidenten.

42,93 Goldmart, am 3. Oktober nochmals den Wert von 0,03 Goldmart.

mart an das Konsortium Hugenberg gefallen. Neben dieser Bar­Tatsächlich ist damals die Majorität der Landbank für 42,96 Gold­leistung von rund 43 Goldmart übernahm das Konsortium ferner die Verpflichtung, die zur Abdeckung der Schuld von 540 000 holl. Gulden erforderlichen Guldenbeträge der Landbank zur Verfügung züglich Binsen qüimählich abzahlen. Tatsächlich haben die Mitglieder zu stellen. Die Landbank sollte die vorgeschossenen Beträge zu­des Konsortiums aus dieser Verpflichtung im November 1923­also wenige Monate vor dem Zusammenbruch der Landbank 99 123 Goldmart= 58 300 holl. Gulden vorgeschossen.

Die Gesamtleiffungen des Konsortiums bestanden also aus einem Borschuß von 58 300 holl. Gulden und einer Barzahlung voil 43 Goldmart!

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In der Folge ging die Atticnmajorität von dem Konsortium auf die Ostdeutsche Privatbant über. Borsigender des Auf­