1930
Der Abend
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Nr. 585
B 292 47. Jahrgang
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Im Hause Chausseestraße 53 ereignete sich in der ver gangenen Nacht ein schweres Gasunglück, das zwei Menschenleben forderte. Mehrere Hausbewohner, die ebenfalls durch das ausströmende Gas schwer erkrankten, fonnten durch die Feuerwehr im letzten Augenblick gerettet werden. Das ganze Haus stand in Gefahr, in die Luft zu fliegen! Lediglich einem glücklichen Zufall ist es zu berdanken, daß es zu feiner großen Katastrophe gekommen ist.
Im dritten Stockwerk des Quergebäudes bewohnt der 38jährige Im dritten Stockwerk des Quergebäudes bewohnt der 38jährige Arbeiter Paul Schmittchen mit seiner um einige Jahre älteren Frau eine Wohnküche. Das Ehepaar fehrte in der Montagnacht erst um 2 Uhr in lustiger Stimmung heim. Heute früh gegen 9 Uhr bemerkten Mieter auf dem Treppenflur Gas geruch, der inner stärker wurde. Schließlich wurde die Feuermehr alarmiert. Als die Beamten in die Wohnung eundrangen, fanden sie das Ehepaar in dem völlig mit Gas erfüllten Schlafraum leblos auf. Der Mann Lag neben dem Gasherd, von dem der Schlauch gewaltsam abge riffen war, so daß gewaltige Gasmengen ungehindert ausftrömen fonnten.
Die Frau lag in ihrem Bett, das Kissen unter ihrem Kopf brannte ichlerloh. Die Situation war so bedrohlich, daß jeden Augenblid eine furchtbare Erplofion erfolgen fonnte.
Mit allen Vorsichtsmaßregeln ließ Baurat Kallas von der Weddingwache deshalb seine Beamten zu Werke gehen. Den Eheleuten tonnte keine Hilfe mehr gebracht werden. Die Feuerwehrleute drangen auf Anraten einer Geschäftsfrau außerdem in die Wohnung einer Frau Fey ein. Hierhin hatten sich die Gase verzogen und Frau Fen im Schlafe überrascht. Die Samariter bemühten sich fast eine Stunde um die Bewußtlose. Frau F. wurde ins Virchow- Krankenhaus gebracht, wo sie sehr bedenklich daniederliegt. Außerdem ftellten sich noch bei einem achtjährigen Kinde und einer 36jährigen Frau, die in zweiten Stodwerk wohnen, Bergiftungserscheinungen heraus. Den Ertranften wurde Sauerstoff inhaliert, fie fonnten in ihren Wohnungen verbleiben.
Man nimmt an, daß Frau Sch. rauchend zu Bett gegangen und mit der brennenden Zigarette eingeschlafen ist. Der Mann dürfte in der Dunkelheit, von Uebelfein befallen, noch einmal auf gestanden sein und dabei den Schlauch abgerissen haben.
Ausflugsdampfer explodiert. Benzintank sprengt das Schiff. Schiffbrüchige von Hai :
fischen bedroht.
Miami Beach ( Ohio ), 15. Dezember. Der Ausflugsdampfer„ Eureka II" ist durch drei Explosionen zerstört worden. Bereits die erste Explosion verursachte eine große Panit unter den 135 Passagieren, die aus Furcht vor den Haifischen noch auf dem brennenden kleinen Dampfer bleiben wollten, bis die zweite Explosion, die im Benzintant erfolgte, fie zum Abspringen zwang. Mehrere Fahrzeuge der Küstenwache, Jachten und Fischerboote retteten über 100 Passagiere, darunter viel Kinder. Vermißt werden 29 Personen. Da bis heute morgen nur drei Tofe festgestellt wurden, hofft man, daß sie von irgendwelchen Fahrzeugen gerettet worden sind.
Anschluß an Preußen!
Beschluß der anhaltischen Sozialdemokraten.
Dessau , 15. Dezember.( Eigenbericht.) Eine Landeskonferenz der Sozialdemokratischen Partei, die am Sonntag in Dessau stattfand, beauftragte die sozialdemokratische Fraktion des Landtags von Anhalt , geeignete Schritte vorzubereiten, um baldmöglichst den Anschluß von Anhalt an Preußen durchzu führen. Der Beschluß wurde einstimmig gefaßt.
Lohnverhandlungen im Ruhrbergbau vertagt. Auf Wunsch der Gewerkschaften bis 29. Dezember.
Das in Huesca tagende außerordentliche Standgericht hat am Sonntag den Infanteriehauptmann Galan und den Artilleriehauptmann Hernandez wegen des Aufstandes zum Tode durch Erschießen, den Artilleriehauptmann Salnias, die Oberleutnants Muniz und Navarro sowie einen Sergeanten zu lebenslänglichem schwerem Kerker verurteilt. Die Todesstrafe wurde um 13.30 Uhr in Suesca vollstreckt.
Die beiden zum Tode verurteilten Offiziere waren bereits unter der Dittatur Primo de Riveras in Aufruhrversuche verwickelt, was als straferich merend beurteilt wurde. Hauptmann Galan wurde übrigens nicht von den Regierungstruppen gefangen, sondern hat sich an der Spitze feiner 300 Mann in voller Ordnung selbst gestellt, um das Leben seiner Leute nicht nutzlos zu opfern. Die Fluchtmöglichkeit nach Frankreich fieß er ungenutzt.
Man erwartet für Montag früh die Erklärung des Generalstreifs in Madrid , Barcelona , Balencia, Sevilla und Bilbao. 3n Madrid hat die Regierung 7000 2ann Bürgergarde zujammengezogen und in Klöstern untergebracht. Der normale Stand dieser Truppe in der Hauptstadt beträgt sonst etwa 2000 Mann.
Die Regierung erflärt, fie verfüge über die Befehlshaber der Truppenverbände. Die Arbeiterschaft scheint mit Waffen reichlich versehen zu sein. Die Regierung glaubt, die lebenswichtigen Betriebe durch Besetzung mit Truppen aufrechterhalten zu können. Die Regierung teilt mit, daß bei den Kämpfen bei Jaca der Militärgouverneur, Generalleutnant heras, vermundet murde, ebenso ein Hauptmann der Bürgergarde. Ein weiterer Hauptmann dieser Truppe wurde von den Rebellen erschossen, außerdem ein Feldwebel. Weitere Regierungsverluste find bis jetzt nicht bekanntgegeben.
In Madrid wurden weitere Republikaner verhaftet, darunter der während der Diktatur nach Paris verbannte Eduardo Ortega n Gaffet. In der Hauptstadt sollen einige politische Persönlichkeiten,
darunter Alcala 3 amora und Miguel Maura , verhaftet, ein
Waffen und Munitionsdepot entdeckt, ein Professor der Industrieschule von Saragossa , ein Geschäftsführer und gegen 50 Kommu niften und Extremisten festgenommen worden sein.
Im Mitternat hat ein Flugzeug über Madrid Flug. blätter mit einem revolutionären Aufruf zur Revolution
Das Reichsbanner
marschiert!
Am Montag, dem 15. Dezember 1930, 20 Uhr, in folgenden Lokalen: Neue Welt" ,,, Saalbau Friedrichshain" ,,, Pharus- Säle" und ,, Spichern- Säle"
Protest kundgebungen Das Reichsbanner ruft die Frontkämpfer, Kriegsteilnehmer und Republikaner auf, gegen das von den Rechtsradikalen ertrotzte
Verbot des Filmes: Im Westen nichts Neues zu protestieren Als Redner sind gewonnen worden: Major a. D. Hauff, MdL. Franz Künstler , MdR.; Ernst Lemmer , MdR.; Karl Litke , MdR.; Dr. Mierendorf, MdR.; Philipp Scheide mann , MdR.; Dr. Karl Schreiner; Gerhard Seeger, MdR. Ministerpräsident& D. Stelling, MdR. und Dr. Braubach
Es gilt. Protest zu erheben gegen die Unterdrückung der
Wahrheit über den Krieg und gegen das Zurückweichen der Urheber des Verbotes vor Horden unreffer Hakenkreuzanbeler.
cloj od ni
Schweres Straßenbahnunglüd. Zusammenstoß in der Leipziger Straße.- Zahlreiche Schwerverletzte.
An der Ede der Mauerstraße und Leipziger Straße fließen heute mittag zwei Straßenbahnwagen der Linien 40 und 43 mit großer Heftigkeit zusammen. Ein Triebwagen wurde fast völlig 3 ertrümmert. Bei Schluß des Blattes ist die Feuerwehr und das Städtische Rettungsamt mit dem Abtransport der Ber letzten beschäftigt. Die Unfalistelle ist in weitem Umkreise polizeilich abgesperrt worden.
und für die Republik abgeworfen. Dieser Aufruf soll das verabredete Zeichen zum Beginn des Aufstandes sein. Der Generalstreit ist bis jeht ausgerufen worden in Santander, Bilbao , Valencia , San Sebastian , Jaen , Sevilla , Cadiz , San Fernando und Barcelona . In Madrid ziehen starke Polizeipatrouillen durch die Stadt. Fliegermajor Franco und ein bekannter Syndikalistenführer sollen in Madrid als Leiter der Bewegung anwesend sein. Die Lage ist ernst. leber
die Erschießung der beiden Offiziere in Jaca berichtet das Pariser, Journal": Die Hinrichtung erfolgte gesterni mittag in der Nähe von Huesca . Beide Offiziere find mutig gestorben. Das Hinrichtungsdetachement war einem Regiment entnommen worden, dessen Treue einen Augenblick lang be 3 weifelt werden konnte. Die Leute haben jedoch den Befehl befolgt.
Goebbels : Mann als Mörder. Schuhstoffelführer erschießt einen Kommunisten. Auch der Bruder von Dr. Goebbels verhaftet.
Köln , 15. Dezember.( Eigenbericht.) In Rheydt fam es in der Nacht zum Sonntag zu einer blutigen Auseinandersehung zwischen Nationalsozialisten und Kommunisien. Ein kommunist erhielt einen Schuß in das Herz und war auf der Stelle fof. Die Nationalsozialisten hatten am Sonnabend in Rheydt eine Versammlung abhailen wollen. Die Veranstaltung hatte faum begonnen, als es zu Streitigfeiten tam und die Polizei zur Auflösung der Versammlung schritt. Während der Streitigkeiten erhielt ein Nationalfozialist einen Messerstich. Er mußte fich in ärztliche Behandlung begeben. Die übrigen Nazis marschierten gefchloffen zu ihrem Berjammlungslotal in Gladbach . Die Kommunisten, die der natiovalsozialistischen Bersammlung beigewohnt hatten. 3ogen ebenfalls nach Gladbach zu einer fommuniffischen Veranstaltung. Wenige Stunden später fehrten vier Nationalsozialisten nach Rheydt in das Berjammlungslokal zurüd, wo sie noch kommuniffen vermuteten. lls die Kommunisien nun 1 Uhr nachts bei Eintritt der Polizeistunde das Lokal verließen, 30g der Führer der nationalsoziaiftischen Schuhftaffel 160, ein gewiffer Arnold Röhles, einen Revolver und gab vier Schüsse auf die kommunisten ab. Der Stuffateur Reiner wurde durch Herzschuß tödlich getroffen.
Der Mörder und seine drei Begleiter, darunter der Bruder des Abgeordneten Goebbels, wurden bald nach der verbrecherischen Tat verhaftet.
Unterstaatssekretäre flüchten.
Dem Unterstaatssetretär im Luftfahrtministerium, Riché, iſt Der Unterstaatssekretär im Finanzministerium, Barety, mit dem Rücktritt gefolgt. In einem Brief an den Ministerpräsidenten teilt er mit, daß er auf die Ehre perzichten müsse, die ihm durch Die auf den 19. Dezember anberaumten Cohnverhandlungen im Parteigenossen! Ruhrbergbau find auf Antrag der Gewertschaftsver- Nehmt teil an den Kundgebungen des Reichs- bas ihm entgegengebrachte Vertrauen erwiesen worden sei, weil seine Partei( republikanische Linke) zur neuen Regierung in Oppo= treter auf den 29. Dezember vertagt worden. Die Gemerkschaften begründeten den Antrag damit, daß man aus tein banners! Verstärkt die Wucht des Protestes! fition stehe. Die Zahl der Unterstaatssetretäre vermindert sich
praktischen Gründen nicht in der Lage sei, den Termin einzuhalten.
Der Bezirksvorstand auf zehn.