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BERLIN  Montag 15. Dezember

1930

Der Abend

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Nr. 585

B 292 47. Jahrgang

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Gaskatastrophe in Berlin   N.

Wohnhaus droht einzustürzen!- Ehepaar umgekommen

Im Hause Chausseestraße 53   ereignete sich in der ver gangenen Nacht ein schweres Gasunglück, das zwei Menschenleben forderte. Mehrere Hausbewohner, die ebenfalls durch das ausströmende Gas schwer erkrankten, fonnten durch die Feuerwehr im letzten Augenblick ge­rettet werden. Das ganze Haus stand in Gefahr, in die Luft zu fliegen! Lediglich einem glücklichen Zufall ist es zu berdanken, daß es zu feiner großen Katastrophe gekommen ist.

Im dritten Stockwerk des Quergebäudes bewohnt der 38jährige Im dritten Stockwerk des Quergebäudes bewohnt der 38jährige Arbeiter Paul Schmittchen mit seiner um einige Jahre älteren Frau eine Wohnküche. Das Ehepaar fehrte in der Montagnacht erst um 2 Uhr in lustiger Stimmung heim. Heute früh gegen 9 Uhr bemerkten Mieter auf dem Treppenflur Gas geruch, der inner stärker wurde. Schließlich wurde die Feuermehr alarmiert. Als die Beamten in die Wohnung eundrangen, fanden sie das Ehepaar in dem völlig mit Gas erfüllten Schlafraum leblos auf. Der Mann Lag neben dem Gasherd, von dem der Schlauch gewaltsam abge riffen war, so daß gewaltige Gasmengen ungehindert aus­ftrömen fonnten.

Die Frau lag in ihrem Bett, das Kissen unter ihrem Kopf brannte ichlerloh. Die Situation war so bedrohlich, daß jeden Augenblid eine furchtbare Erplofion erfolgen fonnte.

Mit allen Vorsichtsmaßregeln ließ Baurat Kallas von der Weddingwache deshalb seine Beamten zu Werke gehen. Den Ehe­leuten tonnte keine Hilfe mehr gebracht werden. Die Feuerwehr­leute drangen auf Anraten einer Geschäftsfrau außerdem in die Wohnung einer Frau Fey ein. Hierhin hatten sich die Gase ver­zogen und Frau Fen im Schlafe überrascht. Die Samariter be­mühten sich fast eine Stunde um die Bewußtlose. Frau F. wurde ins Virchow- Krankenhaus gebracht, wo sie sehr bedenklich danieder­liegt. Außerdem ftellten sich noch bei einem achtjährigen Kinde und einer 36jährigen Frau, die in zweiten Stodwerk wohnen, Ber­giftungserscheinungen heraus. Den Ertranften wurde Sauerstoff inhaliert, fie fonnten in ihren Wohnungen verbleiben.

Man nimmt an, daß Frau Sch. rauchend zu Bett gegangen und mit der brennenden Zigarette eingeschlafen ist. Der Mann dürfte in der Dunkelheit, von Uebelfein befallen, noch einmal auf gestanden sein und dabei den Schlauch abgerissen haben.

Ausflugsdampfer explodiert. Benzintank sprengt das Schiff. Schiffbrüchige von Hai  :

fischen bedroht.

Miami Beach  ( Ohio  ), 15. Dezember. Der Ausflugsdampfer Eureka II" ist durch drei Explosionen zerstört worden. Bereits die erste Explosion verursachte eine große Panit unter den 135 Passagieren, die aus Furcht vor den Haifischen noch auf dem brennenden kleinen Dampfer bleiben wollten, bis die zweite Explosion, die im Benzintant erfolgte, fie zum Abspringen zwang. Mehrere Fahrzeuge der Küstenwache, Jachten und Fischerboote retteten über 100 Passagiere, darunter viel Kinder. Vermißt werden 29 Personen. Da bis heute morgen nur drei Tofe festgestellt wurden, hofft man, daß sie von irgend­welchen Fahrzeugen gerettet worden sind.

Anschluß an Preußen!

Beschluß der anhaltischen Sozialdemokraten.

Dessau  , 15. Dezember.( Eigenbericht.) Eine Landeskonferenz der Sozialdemokratischen Partei, die am Sonntag in Dessau   stattfand, beauftragte die sozialdemokratische Fraktion des Landtags von Anhalt  , geeignete Schritte vorzubereiten, um baldmöglichst den Anschluß von Anhalt   an Preußen durchzu führen. Der Beschluß wurde einstimmig gefaßt.

Lohnverhandlungen im Ruhrbergbau vertagt. Auf Wunsch der Gewerkschaften bis 29. Dezember.

Spanisches Blutgericht  

Offiziere standrechtlich erschossen

Madrid  , 15. Dezember.

Das in Huesca   tagende außerordentliche Standgericht hat am Sonntag den Infanteriehauptmann Galan und den Artilleriehauptmann Hernandez wegen des Aufstandes zum Tode durch Erschießen, den Artilleriehauptmann Salnias, die Oberleutnants Muniz und Navarro sowie einen Sergeanten zu lebenslänglichem schwerem Kerker verurteilt. Die Todesstrafe wurde um 13.30 Uhr in Suesca vollstreckt.

Die beiden zum Tode verurteilten Offiziere waren bereits unter der Dittatur Primo de Riveras in Aufruhrversuche verwickelt, was als straferich merend beurteilt wurde. Hauptmann Galan wurde übrigens nicht von den Regierungstruppen gefangen, sondern hat sich an der Spitze feiner 300 Mann in voller Ordnung selbst gestellt, um das Leben seiner Leute nicht nutzlos zu opfern. Die Fluchtmöglichkeit nach Frankreich   fieß er ungenutzt.

Man erwartet für Montag früh die Erklärung des General­streifs in Madrid  , Barcelona  , Balencia, Sevilla   und Bilbao.  3n Madrid   hat die Regierung 7000 2ann Bürgergarde zu­jammengezogen und in Klöstern untergebracht. Der normale Stand dieser Truppe in der Hauptstadt beträgt sonst etwa 2000 Mann.

Die Regierung erflärt, fie verfüge über die Befehlshaber der Truppenverbände. Die Arbeiterschaft scheint mit Waffen reichlich versehen zu sein. Die Regierung glaubt, die lebenswichtigen Be­triebe durch Besetzung mit Truppen aufrechterhalten zu können. Die Regierung teilt mit, daß bei den Kämpfen bei Jaca   der Militärgouverneur, Generalleutnant heras, vermundet murde, ebenso ein Hauptmann der Bürgergarde. Ein weiterer Hauptmann dieser Truppe wurde von den Rebellen erschossen, außerdem ein Feldwebel. Weitere Regierungsverluste find bis jetzt nicht bekannt­gegeben.

In Madrid   wurden weitere Republikaner verhaftet, darunter der während der Diktatur nach Paris   verbannte Eduardo Ortega n Gaffet. In der Hauptstadt sollen einige politische Persönlichkeiten,

darunter Alcala 3 amora und Miguel Maura  , verhaftet, ein

Waffen und Munitionsdepot entdeckt, ein Professor der Industrie­schule von Saragossa  , ein Geschäftsführer und gegen 50 Kommu niften und Extremisten festgenommen worden sein.

Im Mitternat hat ein Flugzeug über Madrid   Flug. blätter mit einem revolutionären Aufruf zur Revolution

Das Reichsbanner

marschiert!

Am Montag, dem 15. Dezember 1930, 20 Uhr, in folgenden Lokalen: Neue Welt" ,,, Saalbau Friedrichshain" ,,, Pharus- Säle" und ,, Spichern- Säle"

Protest kundgebungen Das Reichsbanner ruft die Frontkämpfer, Kriegsteilnehmer und Republikaner auf, gegen das von den Rechtsradikalen ertrotzte

Verbot des Filmes: Im Westen nichts Neues zu protestieren Als Redner sind gewonnen worden: Major a. D. Hauff, MdL. Franz Künstler  , MdR.; Ernst Lemmer  , MdR.; Karl Litke  , MdR.; Dr. Mierendorf, MdR.; Philipp Scheide­ mann  , MdR.; Dr. Karl Schreiner; Gerhard Seeger, MdR. Ministerpräsident& D. Stelling, MdR. und Dr. Braubach

Es gilt. Protest zu erheben gegen die Unterdrückung der

Wahrheit über den Krieg und gegen das Zurückweichen der Urheber des Verbotes vor Horden unreffer Hakenkreuzanbeler.

cloj od ni

Schweres Straßenbahnunglüd. Zusammenstoß in der Leipziger Straße.- Zahlreiche Schwerverletzte.

An der Ede der Mauerstraße und Leipziger Straße  fließen heute mittag zwei Straßenbahnwagen der Linien 40 und 43 mit großer Heftigkeit zusammen. Ein Triebwagen wurde fast völlig 3 ertrümmert. Bei Schluß des Blattes ist die Feuer­wehr und das Städtische Rettungsamt mit dem Abtransport der Ber letzten beschäftigt. Die Unfalistelle ist in weitem Umkreise polizeilich abgesperrt worden.

und für die Republik   abgeworfen. Dieser Aufruf soll das verabredete Zeichen zum Beginn des Aufstandes sein. Der Generalstreit ist bis jeht ausgerufen worden in Santander, Bilbao  , Valencia  , San Sebastian  , Jaen  , Sevilla  , Cadiz  , San Fernando   und Barcelona  . In Madrid  ziehen starke Polizeipatrouillen durch die Stadt. Flieger­major Franco und ein bekannter Syndikalistenführer sollen in Madrid   als Leiter der Bewegung anwesend sein. Die Lage ist ernst. leber

die Erschießung der beiden Offiziere in Jaca  berichtet das Pariser, Journal": Die Hinrichtung erfolgte gesterni mittag in der Nähe von Huesca  . Beide Offiziere find mutig ge­storben. Das Hinrichtungsdetachement war einem Regiment ent­nommen worden, dessen Treue einen Augenblick lang be 3 wei­felt werden konnte. Die Leute haben jedoch den Befehl befolgt.

Goebbels  : Mann als Mörder. Schuhstoffelführer erschießt einen Kommunisten. Auch der Bruder von Dr. Goebbels   verhaftet.

Köln  , 15. Dezember.( Eigenbericht.) In Rheydt   fam es in der Nacht zum Sonntag zu einer bluti­gen Auseinandersehung zwischen Nationalsozialisten und Kommunisien. Ein kommunist erhielt einen Schuß in das Herz und war auf der Stelle fof. Die Nationalsozialisten hatten am Sonnabend in Rheydt   eine Versammlung abhailen wollen. Die Veranstaltung hatte faum begonnen, als es zu Streitig­feiten tam und die Polizei zur Auflösung der Versamm­lung schritt. Während der Streitigkeiten erhielt ein National­fozialist einen Messerstich. Er mußte fich in ärztliche Behandlung begeben. Die übrigen Nazis marschierten gefchloffen zu ihrem Ber­jammlungslotal in Gladbach  . Die Kommunisten, die der natio­valsozialistischen Bersammlung beigewohnt hatten. 3ogen ebenfalls nach Gladbach   zu einer fommuniffischen Veranstaltung. Wenige Stunden später fehrten vier Nationalsozialisten nach Rheydt   in das Berjammlungslokal zurüd, wo sie noch kommuniffen vermuteten. lls die Kommunisien nun 1 Uhr nachts bei Eintritt der Polizei­stunde das Lokal verließen, 30g der Führer der nationalsozia­iftischen Schuhftaffel 160, ein gewiffer Arnold Röhles, einen Revolver und gab vier Schüsse auf die kommunisten ab. Der Stuffateur Reiner wurde durch Herzschuß tödlich ge­troffen.

Der Mörder und seine drei Begleiter, darunter der Bruder des Abgeordneten Goebbels, wurden bald nach der ver­brecherischen Tat verhaftet.

Unterstaatssekretäre flüchten.

Paris  , 15. Dezember.

Dem Unterstaatssetretär im Luftfahrtministerium, Riché, iſt Der Unterstaatssekretär im Finanzministerium, Barety, mit dem Rücktritt gefolgt. In einem Brief an den Ministerpräsidenten teilt er mit, daß er auf die Ehre perzichten müsse, die ihm durch Die auf den 19. Dezember anberaumten Cohnverhandlungen im Parteigenossen! Ruhrbergbau find auf Antrag der Gewertschaftsver- Nehmt teil an den Kundgebungen des Reichs- bas ihm entgegengebrachte Vertrauen erwiesen worden sei, weil seine Partei( republikanische Linke) zur neuen Regierung in Oppo= treter auf den 29. Dezember vertagt worden. Die Ge­merkschaften begründeten den Antrag damit, daß man aus tein banners! Verstärkt die Wucht des Protestes! fition stehe. Die Zahl der Unterstaatssetretäre vermindert sich

praktischen Gründen nicht in der Lage sei, den Termin einzuhalten.

Der Bezirksvorstand auf zehn.