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Jugendjahre der Arbeiterbildung

Aus Anlaß des 40jährigen Jubiläums der Arbeiterbildungsschule| mittelbaren Nöter einer in Gärung befindlichen ganzen Welt aus­mag es mir vergönnt sein, aus alten Papieren meines Vaters ver­gangene Zeiten und Namen in Erinnerung zu rufen.

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Mein Bater gehörte zu den ältesten Mitgliedern der Partei. Soweit mir aus seinen Erzählungen erinnerlich ist, war er schon Mitglied jenes demokratischen Arbeitervereins, der 1868- nach dem Nürnberger Vereinstag von der bürgerlichen Demokratie sich loslöfte und alsbald der Eisenacher Partei anschloß. Er hat dann die schweren Jahre des Sozialistengesetzes im 4. Wahlkreis, zum Leil meines Wissens als Kassierer, durchgemacht. Die Veteranen unter den Berliner   Genossen erinnern sich gewiß noch des chwarzen Robert", wie er wegen seines langen schwarzen Bartes scherzweise im Gegensatz zu dem kürzlich verstorbenen Ge­nossen Wengels, dem roten Robert", genannt wurde. Als nach dem Fall des Sozialistengefeges die Arbeiterbildungsschule gegründet wurde, beteiligte er sich lebhaft an ihren Bestrebungen und murde ich weiß nicht genau wann? nach einiger Zeit ihr erster Vorsitzender. Aus jener Zeit November 1893 be= fize ich noch ein dides Diarium, es ist zwar nur zu einem geringen Teil beschrieben, aber es hat durch die Personen, die darin vor­fommen, parteigeschichtliches Intereffe, um so mehr, als nach meinen Erfundigungen urkundliches Material über die Schule aus jenen Zeiten nicht vorhanden zu sein scheint. Daneben habe ich noch eine Anzahl Briefe aus jenen Jahren; auch sie sind nicht so sehr durch den Inhalt von Interesse als vielmehr durch die Personen, um deren Gewinnung für Vorträge es fich handelte.

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Nur wenige in jenem Heft und in den Briefen vorkommende Genossen sind noch am Beben. Da finde ich in einem Verzeichnis der Referenten Liln von Gezydi, die spätere Lily Braun  , offenbar, wie ein Brief verrät, damals noch nicht der Partei an­gehörig, die über ein allgemeines Thema mit geschichtlichem Hinter grund aus der Frauenbewegung" sprechen will. Ich blättere weiter und finde die Namen Wilhelm Liebknecht  , Emanuel

Luise Wengels. Von Lebenden seien Dr. Lug, Dr. Zadet,

Wolfgang Heine   erwähnt. Auch Heinrich Schulz   steht

da, er war damals von Liebknecht zu meinem Vater geschickt wor­den, um in der Schule ein Betätigungsfeld zu finden; er schlug dem Vorstand in einem Brief die Einrichtung eines Abends über

Troy all des Schweren, das die Jahre der Republik   der Partei beschert haben, wollen wir dankbar den Fortschritt anerkennen, den der neue Staat der Arbeiterbewegung durch gesteigerten gesellschaft­lichen Einfluß gebracht hat. Die Wissenschaft und die Arbeiter". möglichen Lassalles Wort, das Motto des heutigen Tages mag auch aus der Erinnerung an die Träger der Arbeiterbildungsschule vor 40 Jahren Dr. Georg Flatow. zukunftweisend sein.

einanderzusehen. Wohl gab es damals eine gesunde Opposition, aber niemand hätte gewiß den Bestand einer von der Berantwortungs­losigkeit lebenden hemmungslosen zweiten Arbeiterpartei für mög­lich gehalten, von der nicht der Segen der Opposition, sondern der Fluch der hemmenden Uneinigkeit ausströmt. Sollen wir deshalb die Bergangenheit glüdlich preifen? Nein'

Die Schule für Arbeiterbildung.

Jubiläumsfeier im Haufe des preußischen Landtages

Im Plenarsaal der einstmals reafionärsten Kammer Europas   ,, fonfrete Aufgaben in größtem Ausmaß lösen des preußischen Herrenhauses, weht das Banner des Bezirksver- mußte. Hüten wir uns vor Nichtbeachtung und Geringschätzung bandes Berlin- Brandenburg   der deutschen   Sozialdemokratie. Aus der Kleinarbeit, die hier geleistet werden muß. Halten wir stets die rotem Hintergrunde grüßt und mahnt das Bild wilhelm Bindung zu den Massen aufrecht. Ciebfnechts, des Begründers der Arbeiterbildungsschule Berlin  , die gestern auf ein 40jähriges Bestehen zurückblickte.

Alexander Stein, der Vorsitzende des Bezirksausschusses für soziale Bildungsarbeit, begrüßt die Gäste, Lehrer und Schüler, Ab­geordnete und Regierungsvertreter. Er erinnert daran, daß einst das preußische Handelsministerium und das Berliner   Polizeipräsi­dium der Arbeiterbildungsschule eine besonders sorgfältige Beob­achtung angedeihen ließen und feiert dann den Kämpfer und Men­schen Wilhelm Liebknecht  , der im Mittelpunkt der Gedächtniskund­gebung steht. Die Hauptrede hält der preußische Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, Dr. Grimme, der das Thema

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Wurm, Abolf Braun, Hermann Weyl  , Dr. Siffo; Die Biſſenſchaft und die Arbeiter" Dr. Christeller und von Frauen Ottilie Baader   und gewählt hat. Dank gebührt den Männern und Frauen, die einst 1891 dieses Werk schufen. Dank gebührt denen, die es 40 Jahre lang erhielten, Dank den Führern und Lehrern und Dank auch den unbekannten Soldaten, die dem Werke die Treue hielten. Mögen im Leben eines Volkes 40 Jahre eine kurze Spanne bedeuten, für die Partei der sozialen Demokratie sind diese 40 Jahre erfüllt von das Thema Streifzüge auf dem Gebiet der schönen Wissenschaften größter eigener, oft genug leiderfüllter Erinnerung. 1891 war eben und Künſte" vor: er hat damals- April 1894 gewiß nicht das Sozialistengesetz gefallen, es änderten sich die Bewegungs­geahnt, daß er 36 Jahre später nach einem preußischen Kultus­minister die Festrede halten würde. Be bel fündigt einmal einen möglichkeiten der Partei und Wilhelm Liebknecht   war es, der dieser Schule die Grundgedanken gab. Mehr als tausend Genossen mel­Bortrag über Rapital und Einkommenkonzentration" an, während deten sich damals sofort in einer Begeisterung, die fein Strohfeuer Ignaz Auer   bittet, ihn mit Vorträgen zu verschonen. Leo war. Die große Aufgabe der Schule lag nicht in erster Linie darin, Arons, der unvergeßliche Förderer der Berliner   Arbeiter= bewegung, scheint sich der Schule gegenüber in der damaligen Zeit Bildungstücken auszufüllen, sondern darin, den deutschen   Ar etwas ablehnend verhalten zu haben. Bon Außenstehenden sei noch Bielsetzung dahin, daß die revolutionäre Aufgabe der Sozialdemo beiter politisch zu schulen. Wilhelm Liebknecht   gab diese der prächtige Moriß von Egidy, der frühere Oberstleutnant, tratie nicht darin liegt, durch Gewalt rasche äußere Erfolge zu er aus dem Kreise der Gesellschaft für ethische Kultur, genannt. Er zielen. Das muß in der Zeit der politischen Schlagwörter und war einer jener parteilosen Idealisten, die sich in das Getriebe der Schlagringe, deren Vertreter auf schlagende Gründe nicht sehen, Organisation mit all ihren unvermeidlichen, oft nicht erfreulichen betont werden. Liebknecht sprach aus, daß Gemalt seit Jahrtausen­Nebenerscheinungen nicht einspannen lassen und sich damit selbst den ein reaktionärer Faktor war. Und ein Bismard, dem durch des Einfluffes berauben, den man gerade ihnen, um der Sache Jahrzehnte die gesamte Staatsgewalt zur Verfügung stand, erwies willen, eben wegen ihrer Selbftlosigkeit sich gegenüber den geistigen Waffen der Sozialdemokratie als der würde. Schwächere. Liebknecht ließ das Borurteil zusammenbrechen, daß Bolitik und Bildung widerstreitende Begriffe feien. Er betonte, daß Politik und Bildung unlösbar miteinander verbunden sind und hob die politische Seite der Bildung heraus. Es gab teine Schulen, die nicht politisch waren. Die politische Seite wurde nur nicht be: tont und man empfand sie vielleicht nicht. Aber der Umstand, daß junge Menschen vor sozialdemokratischen Buchhandlungen standen mit dem Gefühl, verbotene Früchte zu genießen, beweist die poli­tische Borstellungswelt, die aus der Schule her in den Menschen lebendig war. Liebknecht wollte kein Wohltätigkeitsinstitut, feine Anstalt, in der mit den Brosamen vom Tische der Reichen die Armen ihren Bildungshunger stillten, und keine Universität im Westen taschenformat. Das politische Wiffen war ihm nicht Selbstzweck, sondern politisches Zwedwissen im Befreiungsfampf der Klasse. Die Menschen sollten nicht nur gescheit sein, sondern auch Haltung zeigen. So warb die Schule zu einer erstklassigen Funktionär­schule für die deutsche Sozialdemokratische Partei  . grund stand die Erkenntnis, daß Bildung Gestaltwerdung der Ber­fönlichkeit heißt. Sie bewährte sich, als nach der Neugestaltung des Staates die große deutsche   Staatspartei der Republik  , die So

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mur zu gern gönnen

Neben diesen, der wetteren Deffentlichkeit bekannten Personen, waren in den Aemtern der Schule viele Genossen tätig, die in der örtlichen Berliner Bewegung eine führende Rolle gespielt haben. Soldaten der Partei in Reih und Glied, die zukunftsgläubig ihr Bestes für die Sache des Sozialismus hergaben.

Es bestanden damals 3 Schulen, eine Ost, eine Südost und eine Nordenschule. Ein Teil der Vortragenden war un­entgeltlich tätig, ein anderer Teil bekam Honorare. Einmal bittet Emanuel Wurm  , einem auswärtigen Referenten mehr als 6 Mark für das Referat zu geben. Unterrichtsfächer waren Gesezeskunde, faufmännisches Rechnen, Deutsch  , Geschichte, Gesundheitslehre, Buch­führung u. a. m., vor allem als gemeinsamer Sonntagskursus für alle 3 Schulen: Nationalökonomie.

Im Border

Damals waren es wohl mehr die großen Linien der Geschichte, die die Bildungsarbeit der Partei fennzeichneten, das Erwecken der Arbeiterschaft zum Bewußtsein ihrer geschichtlichen Mission. Heute ist erdenschwer die Fülle der Gegenwartsaufgaben hinzugetreten, von denen man damals wenig greifbare Vorstellungen hatte: die Tagesprobleme der Beeinflussung von Wirtschaft und Staat, der harie 3wang, fich in verantwortlichem Mitgestalten mit den un- zialdemokratie, in täglicher Mitverantwortung

Palucca tanzt.

IV. Zanzmatinee im Theater am Bülowplah. Man müßte ein Dichter sein, um das Tanzen der Palucca zu beschreiben. Man ist keiner; und deshalb fann man das Wunder ihres Körperausdrucks in Worten nur andeuten, nicht lebendig machen. Denn es ist ein Wunder, was sich vollzieht, wenn die Pa­lucca tanzt: eine Frau, gar nicht auf hübsch hergerichtet, in höchst bescheidenen Kostümen steht auf der Bühne; und sobald sie beginnt fich zu bewegen, hält sie ein Dielföpfiges Publikum im Bann, stundenlang, sie ganz allein. Der Beifall raft nach jedem Tanz, und nach dem letzten stehen die Zuschauer wie eine Mauer, flatschen, rufen... Und die ihr zujubeln, find feine naiven, jungen Tanz­enthusiasten; es ist Boltsbühnenpublifum, jeden Alters.

dankbar, froh, zärtlich. Ein paarmal in diesen ellen Tänzen" steht sie ganz still, der Klaviermusik lauschend, auf der Bühne: und fo, in dieser Unbeweglichkeit, gehört sie zur Mufif, wird Teil von ihr. Es ist schwer, von Einzelheiten ihres Tanzes zu sprechen. Wie fann man da Worte finden, um die spielerische Körperfreude ihrer Technischen Improvisationen", die Bewegungsbesessenheit ihres Beidenschaftlichen Tangos" auszudrücken, wie von dem Stillen Lied" erzählen, in dem die sonst von ihrem Tanz erfüllte Bühne zu unendlicher Weite wächst, in deren Einsamkeit sehnsüchtig und ver­loren jede Geste in sich zurückfinkt.

Die Tänze der Palucca werden nur von Klavier- und sehr zu rückhaltender Schlagzeugmusik begleitet. Das Schlagzeug bediente Elisabeth Rau, ein Mitglied der Balucca- Tanzgruppe. Am Flügel faß Herbert Traniow, der würdige musikalische Bartner der

Palucca.

Trude E. Schulz.

dasfelbe: fich. Ber fie nie tanzen jah, weiß nicht, was das heißt. Lohengrin  " in der Städtischen Oper.

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Die Palucca unterhält nicht mit Pantomimen; sie versucht nicht, Zeitkritik und Zeitprobleme zu tanzen; fie tanzt nur eins, immer Es ist ein großer Trost, ist Freude, Schönheit, Hoffnung und Ver­heißung. Es ist die Berkündigung des unendlichen Reichtums, der im Menschen schläft; vielleicht verschüttet, verfümmert ist aber doch vorhanden. Indem die Palucca sich tanzt, tanzt sie dich, mich, uns alle: so, wie mir uns vielleicht manchmal in unseren Träumen erleben, reich in uns selber, aus uns selber. Ihre Tänze sind feines­falls ein ewiges Gleiten in Harmonic. Ihr Tanz ist Leben, er­regende Unruhe, Spannung, Sehnsucht: doch alle Disharmonie ist nur Verkündigung der ewig lebentigen, ewig fiegreichen Harmonie, die aufblicken fann, wenn das Sch nur an sie glaubt; die des Daseins große, treibende Kraft werden kann.

In diesem Sinne bietet die Balueca auch Zeittanz: Tanz aller Zeiten, aller Menschen, aller menschlichen Gefühle. Sie ist unend­lich wandelbar in sich selber. Denn in ihr ruhen die Verwandlungs. möglichkeiten, sie sucht sie nicht in Aeußerlichkeiten. Erstaunlich ist, wie sie Musik erlebt. Es gibt wohl faum eine zweite Tänzerin, die soviel Ehrfurcht vor dem musikalischen Kunstwerk hat. Sie tanzt zu Musik von Bach, leise, zarte Oberstimmen fomponiert ihr Körper dazu, der sich in die Musik des alten Meisters hineinschmiegt,

Kritische Bemerkungen.

Die Musikkritik ist aufgefordert, die Leistung eines Sängers zu begutachten, der als Gast in der Rolle des Telramund erscheint und feine Eignung für die städtische Opernbühne erproben soll. Leider ist nur zu sagen, daß man einem vielleicht in bescheidenerem Rahmen brauchbaren Künstler lieber die Beschämung, hätte ersparen sollen, fich feine Unzulänglichkeit öffentlich bestätigen zu laffenfeine Un­zufänglichkeit, wenn der Maßstab angelegt wird, mit dem auch in Zukunft hier gemessen werden muß. Dieser Maßstab ist keine Frage des Etats. Es ist notwendig, das heute deutlich auszusprechen, nachdem der Aufsichtsrat den begrüßenswerten Entschluß gefaßt hat, cine erhebliche Einschränkung der Ausgaben durchzuführen dem Ziel, den jährlichen Zuschuß etwa um eine halbe Million Mart zu mindern. Dieses Ziel wird nicht erreicht werden, wenn mit den Kosten das Niveau gesenkt wird; Preisabbau darf nicht Qualitätsabbau bedeuten. Das Berliner   Opernpublikum läßt sich seine Ansprüche nicht vorschreiben, noch herunterdrücken; Nachlassen der Leistung wird mit Nachlassen des Besuchs beantwortet.

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mit

Kultur ist teine Angelegenheit der Oberschicht, sondern muß aus den schöpferischen Kräften des gesamten Boltes fich bilden. Mas bisher zur Erreichung dieses Bildungszieles geschah, find nur Anfäße aus einer Kulturepoche, die bürgerlich etikettiert ist. Ber wechseln wir in der Ungeduld aber auch nicht Rührigkeit mit Tun. Reine Schicht des Bolkes ist zur Erfüllung ihrer Aufgabe mehr ge­eignet als die Arbeiterschaft, die Politik nicht denkt, sondern lebt. Ob der breite Strom der Arbeiterbildung zur entscheidenden Um­formung der Gesamtkultur des Volkes führt, ist eine Frage, die Deutschlands   Zukunft entscheidet. Es liegt gar kein Anlaß vor, die Segel zu streichen, wenn heute die sozialistische Bewegung ähn­lich heftig bekämpft wird wie einst. Gegenüber der Kopfroller­politit der Nationalsozialisten steht die Arbeiterbewegung, die, wenn fie fozialistisch fagt, auch sozialistisch meint und national handelt, ohne sich dieser Selbstverständlichkeit zu rühmen. Wenn aus diesen Erkenntnissen heraus die Arbeiterbildungsschale weiter wirkt, dann ist sie nicht umsonst gegründet worden."

Nach der Rede des Ministers, die mit stürmischem Beifall auf­genommen wird, schildert Staatssekretär Heinrich Schulz, der Borsigende des Reichsausschusses für soziale Bildungsarbeit, persön liche Erfahrungen aus den Gründungsjahren der Schule. Seine Ausführungen gipfeln in dem Sage: Nicht bilden wir den ein. zelnen um seiner selbst willen, sondern um der Gesamtheit willen." Im Namen des Bezirksverbandes Berlin- Brandenburg  ( pricht Reichstagsabgeordneter Karl Bitte, früher selbst Schüler der Arbeiterbildungsschule, kurze Worte des Glückwunsches und des Dantes, in denen er noch einmal das Wirken Wilhelm Liebknechts hervorhebt.

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Der fünstlerische Teil des Programms.

Chorgesang und Sprechchor. Der ausgezeichnete Junge Chor" gibt unter Leitung seines Dirigenten Walter Rohde Proben seines oft bewährten könnens, vor allem in Mussorsfis feierlich- schwungvoller Sonnenhymne" und in Heinz Lieffens Be­arbeitung der Marseillaise Weckruf", der zugleich den Abschluß der Veranstaltung und der vorangehenden Brogrammnummern bildet: Heinrich Lerschs Deutsche Hymne", vom Sprechchor für proletarische Feierstunden"( Leitung: Albert Florath  ) sehr ein­dringlich zum Vortrag gebracht; diese Aufteilung des Wortes zmien Einzelsprechern und Massenchor ergibt immer wieder schöne Möglichkeiten der Gruppierung und Steigerung. Die Strophen des Gedichts sind urch musikalische Zwischenspiele unterbrochen; und mag vielleicht gegen solche Art, furze Zitate aus der 9. Sinfonie zur Ausgestaltung eines Sprechchors zu verwenden, vom Standpunkt des Musikers gewisse Bedenten haben, aber es ist ein guter Geist, der einzelne Bestandteile beziehungsvoll zu einem tünstlerischen Ganzen zu ordnen versucht. Derselbe Geist zeigt sich in der gesamten Programmgestaltung. Nicht einzelne Nummern werden aneinandergereiht, sondern aus Gliedern fügt sich ein Ganzes: die Verwirklichung einer Programmidee. Bon dieser Programmidee sind auch die orchestralen Vorträge beherrscht: eine Haydn- Sinfonie, von festlich- freudigem Grundharatter, in zwei Hälften geteilt, durch die Festreden. Die Feier wurde durch einen Festmarsch von Mozart  ( nicht von Beethopen, wie im Programmi zu lesen stand) wirkungsvoll eröffnet. Und man lernt bei dieser Gelegenheit Eduard Fendlers Kammersinfonieorchester" als eine disziplinierte, ficher geführte Musikervereinigung fennen.

Aber das sind Zukunftssorgen: vom gegenwärtigen Stand der Städtischen Oper gibt dieser Lohengrin  - Abend fein erfreuliches Bild. Die Aufführung, in der vorigen Saifon als Glanzstück des Opern­jahres herausgebracht, ist in vielem taum wiederzuerkennen. Ge­blieben ist in der Besetzung fast nur Hans Fidessers über­ragender seine Umgebung weit überragender Lohengrin  ; die Elsa der Elisabeth Friedrich neu im Ensemble, fällt durch stimmliche Qualität vorteilhaft auf. Aber welch ein erschreckendes Nachlassen im Gesamtbild und Gesamtniveau der Vorstellung! Die Chöre, beginnend mit dem Schwanenchor im ersten Art, unpräzis und un­ordentlich, das Orchester laut und glanglos, unsicherer Kontak: amischen Bühne und Bult, auch die szenische Disziplin bedenklich gelockert. Die einstigen Leiter der Aufführung, Furtwängler   und Tietjen, sind nicht mehr zur Stelle. Einen Regisseur, der den Ver­

lauf der Vorstellung verantwortet, nennt der Theaterzettel nicht. Als Dirigent ist Denzler an Furtwänglers Stelle getreten; wir er­jahren auf diese Weise, daß Furtwängler   nicht mehr als Dirigent am Bult der Städtischen Oper erscheint. Gegen den großen Konzert­dirigenten als Operndirigenten und noch mehr gegen die Art seiner Berwendung in der Städtischen Oper find hier oft grundsägliche Bedenken geäußert worden. Aber diese Methode, sozusagen still­schweigend eine künstlerische Figur verschwinden zu lassen, auf die das Renommee und das Geschäft des Hauses gegründet schien, muß Befremden erwecken,

K. P.

Studio des Kabaretts der Komiter.

Der Gedante, in Berlin   ein Studio zu schaffen, das der neuen, aufblühenden Kabarettkunst gute Darsteller und ein gutes Programm zuführen könnte, war ein guter Gedanke. Erst wurde eine kleine Bühne von Willi Schaeffers   geleitet, und man wußte in Berlin  , daß bei diesen anspruchslosen zwei bis dreimal im Monat statt­findenden Darbietungen junge Leute auf den Brettern standen, die bereit waren, ihr Talent zur Prüfung dem Publikum zu unter­werfen. Die Vorstellungen begannen am frühen Nachmittag, die