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BERLIN  

Donnerstag 22. Januar

1931

Der Abend

Erfdett täglid außer suntega Bugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Vf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Expedition; Berlin   SW68, Lindenstr. 3

Spalausgabe des Vorwärts

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Nr. 36

B 18 48. Jahrgang

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Neues Opfer der Mordpest

Hakenkreuzler erschießen einen Arbeiter

Rölu, 22. Januar.( Eigenbericht.) Eine neue politische Bluttat hat sich in der bergangenen Nacht in dem Vorort Sülz abgespielt. Ein 30jähriger Kommunist, der von einigen Parteigenossen nach Hause begleitet worden war, wurde vor seiner Wohnung von vorübergehenden National. fozialisten erschossen. Er war sofort tot. Die Polizei verhaftete vier Nationalsozialisten, diese be. streiten aber die Tat. Es besteht kaum ein Zweifel, daß sie die Mörder des Kommunisten find. Die Tat geschah ohne jede äußere Veranlassung. Der Ermordete war als besonders ruhiger und fleißiger Arbeiter bekannt, der politisch in feiner Weise irgendwie hervortrat.

Hafenfreuzfrawalle überall.

In im neranstalteten die Hafenkreuzler unter Führung des Reichstagsabgeordneten Dreher einen Fadelzug auf dem Münster  plag, mo fie durch ihr Verhalten auf den Widerspruch des dort vor­handenen Bublifums stießen. Das größte Befremden erregte bie Beteiligung einer größeren 3ahl höherer Schüler mit ihren Klaffenmüßen an diesem Aufmarsch. Die Hafentreugler stürzten sich mit Gummifnüppeln und Lederzeug, teilweise auch mit brennenden Fadeln auf das Publikum, so daß sich die Polizei da­zwischenwerfen nnußte.

Aehnliches wird aus Ebingen   im Anschluß an eine Bersammlung berichtet, die der Fememörder Seines dort abhielt. Schon zu Beginn der Versammlung gab es infolge einer Schlägerei mit Kommunisten einige Berlegte, die sich nachher auf dem Podium mit nerbundenem Kopf als Märtyrer vorstellten. Nach Schluß der Ver­fammlung entwidelten sich in verschiedenen Straßen blutige Schläs gereien, bei denen Messer, Schlagringe und Lattenstüde eine Rolle fpielten.

Die Nazis fneifen.

Rein Reichsbannermann geht in ihre Bersammlung! Bom Gauvorstand des Reichsbanners wird uns geschrieben: Die NSDAP  . hat der Deffentlichkeit von einer angeblichen Einladung an das Reichsbanner zu einer Aussprache in einer Bersammlung zwei Tage vor Stattfinden Kenntnis gegeben. Eine dirette Einladung ist bis heute noch nicht erfolgt. Trotzdem hat das Reichsbanner die öffentliche Einladung angenom men und in einem Schreiben an die NSDAP  . bestimmte Be. dingungen gestellt. Eine Antwort ist darauf nicht ein gegangen. Der Angriff" gibt das Schreiben des Reichsbanners nicht einmal feinen Refern bekannt. Das Reichsbanner läßt über den Krieg nur Männer reden, die ihn tennen. Es setzt sich mit seinen Gegnern auseinander, wie es unter mit Bernunft be­gabten Menschen üblich ist. Es ladet den Gegner nicht zu einer Aussprache ein, um ihn zu schröpfen.

Heute hat die NSDAP  . gekniffen. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Kein Reichsbannermann geht heute in die Naziversammlung!

Fall Bullerjahn und Reichsjustiz

Der Haushaltsausschuß tagt wieder, aber unter sozialdemokratischer Leitung

Jur heutigen Sihung des Haushaltsausschusses des Reichstags waren die sozialdemokratischen Ausschußmitglieder wieder erschienen, da heute der sozialdemokratische Abge. ordnete ei mann den Borfih führte, der gestern infolge einer wichtigen Sihung im Bezirksamt Wedding   an der Leitung der Sigung behindert war.

Zu Beginn der Sigung teilte der Vorsitzende mit, daß die Abgeordneten Roßmann und Dr. Rosenfeld gegen die ihnen gestern erteilten Ordnungsrufe Einspruch erhoben hätten. Der Bor fißende erklärte, daß er auf diese Einsprüche in einer der nächsten

Der Nazi- Vorsitzende

( Zu den Borkommniffen im Haushaltsausschus)

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Zum Geben geboren, zum Schauen bestellt... Sigungen zurückommen würde. Der Ausschuß sezte alsdann die Der Ausschuß seẞte alsdann die Beratungen zum Justizetat fort. Nach einer Rede des Abg. Löwenthal( Komm.), der die Rechtsprechung des Reichsgerichts tritifierte, erklärte Staatssekretär getragen seien, nicht auf die einzelnen angefochtenen Urteile des Joel, daß er bei der Fülle der Einzelfälle, die vor­Reichsgerichts an dieser Stelle eingehen könne. Reichsgerichts an dieser Stelle eingehen könne. Wenn behauptet werde, der Oberreichsanwalt gehe einseitig gegen die Kommunisten vor, so fönnte ja gegen den Oberreichsanwalt Strafanzeige erstattet und Beschwerde beim Justizminifterium eingereicht werden.

Die letzte Amnestie

Abrüftungskonferenz noch unbestimmt. freiheit gebracht. Bezüglich der durch das Reichsgericht feſtgeſetzten

Noch feine Einigung.- 3rat und Tanganjika  .

Genf  , 22. Januar.  ( Eigenbericht.)

In nichtöffentlicher Sigung des Rates wurde heute teine Entscheidung gefällt über die Abrüftungstonferenz. Einzig wurde be­schlossen, das Datum für die allgemeine Abrüstungstonferenz in dieser Ratstagung zu bestimmen. Die vertrauliche Aussprache über den Borsiz und den Ort der Konferenz wird heute nachmittag fort gefeßt.

In der öffentlichen Sizung wurde der Bericht der Mandats fommission angenommen, wobei Henderson erklärte, daß die Frage der Beendigung des Jratmantats gestellt worden sei. Es sollte in nächster Zeit ein englischer Bericht über den Irat gegeben werden. Er schließe sich dem Bericht an, der die Mandatskommiffion auf fordert, die grundsätzliche Frage der Beendigung eines Mandats meiter zu untersuchen.

Die Beratung der engeren Verwaltungsgemeinschaft zwischen dem Mandatsgebiet Tanganjita und den englischen Kolonien Kenya   und Uganda   wurde bis zur englischen Entscheidung über die Auskunftforderung der Ratstagung vom September 1930 vertagt. Die Aussprache über die Sflaverei in Liberia   hat begonnen.

habe sowohl den Rechtsradikalen wie den Linksradikalen Straf­Strafen sei die Amnestie überhaupt nur Linksradikalen zugute gekommen, in Breßen 13 Feme  - und Rechtsfälle und 3 Linksfälle, in Bayern 1   Rechtsfall und 10 Linksfälle. Die Amnestie habe ferner Niederschlagung gebracht in 14 Links- und 10 Rechtsfällen, während 6 sich gegen Separatisten richteten. Eine neue Amnestie müsse ab­gelehnt werden.

Abg Schmidt( DBp.) brachte den Fall Kürten   zur Sprache und hielt es für taftvoll, schon jetzt für den Fall der Ber­urteilung Kürtens zu fordern, daß dieser nicht begnadigt, sondern hingerichtet werde.

Abg. Fischer( Dem.) unterstützte das gestern von Dr. Rosenfeld geäußerte Verlangen nach

Untersuchung des Falles Bullerjahn,

auf deffen Aufflärung das Ministerium hinwirten müffe. Es sollte den Doerreichsanwalt veranlassen, fich für die Zulassung des Wieder aufnahmeverfahrens auszusprechen.

Abg. Stöder( Komm.) fritisierte die Rechtsprechung des Reichsgerichts gegenüber Kommunisten, von denen nicht weniger als 66 in den letzten Monaten verurteilt worden seien.

Biedraufnahme des Falles Bullerjahn berufen habe. Er habe sich gründlich mit den Akten beschäftigt. Er müsse aber fagen, daß einzelne Bedenten nur formaler Art seien, das Materielle müffe aber entscheiden und das Ministerium sollte. alles tun, um die Zulassung des Wiederaufnahme­verfahrens durchzusetzen.

Staatssekretär Joel erflärte zum Fall Bullerjahn, daß der frühere Berteidiger selber sich bereiterflärt habe, die Bereiterflärung des französischen   Leutnants Joft zur Aussage herbeizubringen, daß er aber eine solche Erklärung niemals beigebracht habe. Als später Dr. Rosenfeld sich an den Oberreichsanwalt wandte mit der Bitte, diese Erklärung des Zeugen Joft und die Genehmigung der franzö fifchen Regierung beizubringen, habe der Oberreichsanwalt sofort erklärt, daß er dabei mitwirken werde, und es sei alles geschehen, um die französische Regierung auf dem Wege über das Auswärtige 2mt zu veranlaffen, ihre Genehmigung zu ertellen. Was an dent Justizministerium läge, würde geschehen, um Aufklärung des Falles herbeizuführen.

Abg. Köhler( 3.) erklärte für seine Fraktion, daß nach diesen Erklärungen des Staatssekretärs Joel für ihn feine Veranlassung bestände, jetzt auf den Fall Bullerjahn einzugehen.

Vater und Tochter in den Tod.

Wieder eine Tragödie der Rot.

Die Feuerwehr wurde heute mittag nach der Bülow. ffraße 22 alarmiert, wo in seiner Wohnung der 55jährige Auktionator Hermann Schulmann und feine 30jährige Tochter Regina dutch Gas vergiffet, leblos auf­gefunden wurden.

Die Samariter bemühten sich längere Zeit um die Gasvergifteten, jedoch blieben alle Rettungsversuche ohne Erfolg. Wie aus Abschieds­briefen hervorgeht, hatte Schulmann in letzter Zeit mit wirt schaftlichen Schwierigteiten zu fämpfen. Offenbar schon in den gestrigen Abendstunden schritt Sch. zur Ausführung der Tat. Als Hausbewohner auf den Gasgeruch aufmerksam wurden, der den Treppenflur erfüllte, und die Feuerwehr riesen, war es bereits zu spät.

Selbstmord im Eisenbahnfupee.

Rathenow  , 22. Januar.

In dem gestern Nacht von Berlin   in Rathenow   einlaufenden 3uge wurde ein Bremer   Kaufmann mit einer Schußwunde in der Herzgegend tot aufgefunden. Neben dem Loten, der zusammen. gesunken in der Ede des Abteils saß, lag die Baffe. Im Besitz des Toten befand sich ein Brief an seinen Bremer   Freund Dr. Schmidt, in dem er um eine stille, unauffällige Beifetzung in Bremen   bat. Die Gründe für die Tat find noch unbekannt.

Zentnerschwerer Trefor geraubt.

Schwere Jungens bei schwerer Arbeit.

In seiner Wohnung in der Neuen Kantstraße 19 hatte ein Oberregierungsrat in eine Zimmerwand einen Tresor ein. mauern lassen, der etwa 2 bis Zentner wiegt. Gestern nach mittag, als niemand in der Wohnung im zweiten Stod war, hörten die Unterwohner plößlich einen schweren Fall, achteten aber nicht weiter darauf. Als der Wohnungsinhaber abends gegen 8% Uhr die Wohnung betrat, sah er, daß der Tresor aus der Wand heraus. gewuchtet und von unbekannten Dieben entführt worden war. Niemand im Hause hat von dem Abtransport der gewichtigen Beute etwas gesehen. In dem Tresor befanden sich Ausweise, eine goldene Uhr, zwei Brillantzinge, einige Meinere Schmud stüde und ein Scheckbuch Vermutlich hatten die Diebe einen Handwagen bereit, auf dem sie den Trefor abgefahren haben.

In eine Lotterieannehmestelle in der Oranien. burger Straße 87 sind in der vergangenen Nacht Geld. ch ranteinbrecher eingedrungen. Sie hatten die Tür mit einem Nachschlüssel geöffnet, fnabberten im Büro einen Geldschrank auf und erbeuteten daraus 800 m. bares Geld, mit

Abg. Kahl( DBp.) bestätigte, daß Abg. Dr. Rosenfeld sich mit Recht auf seine 3ustimmung zum Verlangen der I dem sie unbemerti enttamen.