Erbarmt Euch der£ebenden!
(S-Aub)
Don Johannes Schönherr
„Nachts auf einer Patrouille war es. links dort vom Moni Cornillet/ begann Dricßnack wieder gefaßt.„Der Mond schien nicht zu hell. Ts war das rechte Wetter. In altem Offensiogeländ« lagen wir. Die Situation war unklar. Eine verlassene deutsche Stellung sollten wir. ein Unterofizier und ich, zwischen den Linien untersuchen. Eine Stunde lang krochen wir schon in zerschossenen Unterständen herum und schlichen behutsam weiter. Auf einmal krachte ein Schuß. Vor dem Eingang standen mindestens zehn Franzosen. lind schon lagen wir, von Kolben niedergeschlagen, am Boden. Richtig zur Besinnung kam ich erst in dem Unterstand eines Ossi- ziers. Wir bekamen Wein zu trinken, wurden ausgefragt, am ganzen Leibe abgesucht und dann unter der Bedeckung von zwei älteren Soldaten durch den Laufgraben nach hinten geführt, der unter deutschem Granatfeuer lag. Bei jeder Salve warfen wir uns zu Boden. Mein Kamerad schrie mir in einem solchen Tumull zu, daß wir fliehen müßten. Und es geschah beim nächsten Hinwerfen. In einem günstigen Augenblick waren wir aus dem Graben heraus, standen auf freiem Feld und stürzten davon. Nach drei Stunden graute der Tag. Wir suchten einen tiefen Trichter, um den Tag darin zu verbringen. Als es hell war, plagte uns eine entsetzliche Müdigkeit. Nach Mittag brachen plötzlich Gra- naten über das Gelände herein. Unbarncherzig brannte die August- sonne. Durst stellte sich ein. Eine Ewigkeit verrann, ehe die Nacht wieder kam. Unser Entschluß stand fest: es blieb uns nichts anderes übrig, irgendwo mußten wir durchbrechen. Die Qual des Durstes und dazu der Hunger trieben uns weiter, immer von Trichter zu Trichter und durch Stacheldrahtnester. Dieser entsetzliche Durst! Und nirgends eine Pfütze in den Löchern. In halber Bewußtlosigkeit krochen wir noch einige Stunden herum, fast unfähig, klar zu denken. Ein neuer Tag stieg glühend über uns auf. Aber am Nachmittag brach es doch los. Ein Gewitter goß strömendes Wasser hernieder und beschert« uns eine Pfütze auf dem Grunde des Trichters. Wir tranken aus dem Schlamm die köstliche Kühle. Ruhig erwarteten wir diesmal die Nacht, die von einer seltenen Stille war. Wir lauerten jetzt nahe vor der feindlichen Kampfstellung, wo es-laut, fast lustig, in den ersten Abendstunden herging. Wir warteten und horchten. Im Morgengrauen konnten wir feststellen, daß an dieser Stelle der Durchbruch möglich war. Schließlich verschoben wir die letzte Tat aber doch noch aus die nächste Nacht. Wieder ein heißer Tag. Am Spätnachmittag beschmierten wir unsere Mützen mit weißem Kreidedreck. Danach wagten wir vor» sichtig über den Rand des Trichters zu lugen. Unsere Entdeckung war tief deprimierend. Der Graben vor uns war nicht die vorderste Stellung. Wieder sank die Nacht herab, diesmal schwarz und un- durchsichtig. Dazu schwelt« ein feuchter Nebel. Ein Posten zog vor uns auf. Wir sahen im Aufleuchten eines Feuerzeuges einen Mann im Stahlhelm, wie er hin und her schlenderte. Sonst war der Laus- graben leer. Unser Plan war gefaßt. Wir mußten es wagen. In einem günstigen Augenblick stürzten wir uns auf den Mann, dem der Unteroffizier den Dolch in die Kehle stieß. Ein gurgelnder Schrei! Schon hotten wir ihn gepackt, über den Rand des Grabens hoch» gezogen und in einen Trichter geschleift. Wie von allen Sinnen fielen wir über den Sterbenden her, der unter unseren Händen verzückte. Mantel, Jacke, Gewehr und Ledergehäng«, all«, rissen mir ihm vom Leibe. Ehe ich aufsprang, sah ich deutlich, trotz der Finsternis, sein ' Gesicht, in grüßlichem Entsetzen erstarrt. Im nächsten Augenblick fanden wir uns. mein Kamerad und ich, wieder in einem arideren Trichter. In Erl« zogen wir uns um. Unter dem Dreck verwühlt« tch mein« Nack« und vertauscht« sie mit der blutbesudelten des Fran- zofen und stülpt« den flachen Helm auf den Kopf. Mein Kamerad hatte den Mantel angetan und setzte sich die Mütze des Franzosen , die er w einer der Taschen gefunden hatte, schief auf. Auch das
andere verteilten wir. Dann liefen wir ausrecht bis zum Laufgraben zurück, rutschten hinein und schritten schweigend hinereinander her. Endlich kamen wir in den Kampfgraben. Jetzt galt es. Aus einem Unterstand drang Stimmengewirr und blitzte Lichtschein. Plötzlich stand ein Posten auf hohem Postament, er schoß gerade in das Gelände und sah sich gar nicht um. Vorsichtig kletterten wir heraus. Da knallte es von links. Der Posten, den wir gesehen hatten, war es. Mein Kamerad schrie unterdrückt auf. stürzte jedoch weiter hinter mir her. In einem Granatloch zwischen den Linien blieben wir liegen. Blindlings knallten Schüsse in die Finsternis. Im deutschen Graben vor uns wurde das Feuer erwidert. Nach einer halben Swnde war Ruhe. Mein Kamerad war am Oberarm verwundet. Ich riß ein Stück meines Hemdes los und band es straff um die stark blutend« Wunde. Gebückt schlichen wir vorwärts. Dann krochen wir langsam näher. Die Front blieb ruhig. Plötzlich gerieten wir in das deutsche Hindernis. Ich schrie:„Kamerad, schieß nicht! Hier sind zwei deutsche Kameraden!"' Eine Leuchtkugel war die Antwort. Ich kniete mich auf und hob die Arme. Stimmen flüsterten aus dem Dunkel. Endlich waren sie ganz nah. Gestallen kamen gekrochen, fragten und wir antworteten. Mit ihrer Hilfe ge» langten wir durch eine Gass« des Verhaus in den deutschen Graben. Endlich waren wir gerettet!" Drießnack atmete schwer wie ein Gehetzter. Er rang nach Luft und fuhr dann fort:„In derselben Nacht noch fand ich im Rock de« Toten diese Papiere."— Völlig erschöpft sank Drießnack in sich zu- sammen, als er seine Beichte geendet hatte. Sein Gesicht schimmerte
bleich in krankhafter Vlasi«. Langsam wendete sich ihm der Franzose zu. Behutsam, wie in Scheu und Scham, legte er seinen Arm um Drießnackz Schuller, sah ihm in die Augen und schwieg. „Wir alle haben getötet, um nicht selbst getötet zu werden," löste es sich endlich schwer von seinen Lippen.—„Wer aber weiß es so gewiß, daß er getötet hat?" warf Drießnack in schmerzhafter Unruhe «in,„ich weiß es und kenne ihn genau, den wir in jener Nacht über- fielen, als er, nichts ahnend, vielleicht nur mst dem Gedanken an Weib und Kind beschäftigt, in dem stillen ungefährlichen Graben hinten auf und ab ging. Kein Gott und keine Kirche können mich von dieser Tat freisprechen!" Drießnack sah vor sich ins Leer«. Der Franzose erhob sich jäh. „Gott und Kirche? Nein! Nein!" seine Stimme klang hart wie klingendes Metall.„Freisprechen? Nein! Aber auch verfluchen können sie nicht die, deren Taten und Waffen sie im Kriege ge- segnet haben." Eine hohle Stille stand zwischen den beiden Männern.„Nur Menschen werden oerstehen, was Ihnen geschah, Menschen, wie Joseph Cordoin einer war," brach endlich der Franzose das Schweigen. Der Krüppel beugte sich zu dem Sitzenden hernieder und hob ihm mit sanftem Zwang hoch:„Kommen Sie! Vielleicht können Ihnen die Toten sekbst noch die Antwort geben, die ich Ihnen nicht geben konnte." Damit schritten sie beide Arm in Arm dem Ausgang des Friedhofes zu, wo dunkel ein hölzernes Riesenkreuz am Wege ragte. In seinem schmalen Schatten blieb der Franzose stehen und zeigte hinauf.„Lesen Sie dies« Inschrift! Das Testament der Toten, ihre einzige Botschaft an uns Lebende."— Drießnack hob gläubig und willig sein« Augen.„Erbarmet euch der Lebenden!" las er stumm.—„Haben Sie Joseph Cordoin verstanden?" sagte der Franzose nach einem langen Schweigen.— Drießnack nickt« ernst und sah dem Krüppel frei ins Gesicht. Und über den Gräbern ihrer Toten fanden sich ihre Hände.
Qoldmacherei in alier SEeil
Der Münchener Goldmacher Franz Tausend , der ehemalige Klempnergeselle aus Mittenwald , desien Prozeß auch jenseits der Grenzen Deutschlands ungeheures Aufsehen erregt, hat zahlreiche Vorgänger gehabt, denn bis auf unsere Tage haben Abenteurer und Schufindler, die sich rühmten, das heißbegehrt«, kostbare Metall auf künsttichem Wege herstellen zu können, viele Anhänger ge- funden. Wie wenig aufgeklärt die Menschheit heutzutage noch ist und wie tief der Glaube an den alten Traum der Alchimisten Wurzel geschlagen hat, bezeugt schon die Tatsache, daß Angehörige verschiedener Nationen dem Untersuchungsrichter im Prozeß tausend Angebote gemacht haben, die Versuche des Münchener Goldmachers finanziell unterstützen zu wollen. Schon aus dem Altertum wurden uns Nachrichten überliefert von Versuchen, unedle Metalle wie Blei, Quecksilber usw. in Gold und Sllber zu verwandeln. Di« Ursprünge der Goldmacherkunst (Alchimie) sind in Aegypten zu suchen; im 4. Jahrhundert n. Chr. beschäftigte man sich auf der Gelehrtenschule zu Alexandria ein- gehend mll dem Problem. Auf Befehl des Kaisers Diokletian mußten im Jahre 296 n. Chr. sämtliche ägyptische Bücher über Goldmachertunst verbrannt werden. Von den Aegyptcrn lernten die Römer und Griechen und von diesen die Araber die Alchimie kennen, die sie mit. besonderem Eifer betrieben und der sie auch den Vtamea gaben �al— kintta): Nach dem WeMande kam fi« im 10. Jahrhundert durch die Araber und Maureti in Spanten. Namentlich fett dem Mittelalter nutzten zahlreiche Wenteursr den weitverbreiteten Glauben an die Möglichkell, Gold künstlich her- stellen zu können, zu betrügerischen Zwecken au». In erster Linie fielen ihnen Fürstlichkellen und vornehme Leute zum Opfer, nach- dem sie Scheinproben ihrer„Kunst" abgelegt hatten.
Stobespierre und die DjodesHrafe Don Friedrich hl. dlircheifen
E» gibt einen Robespierr« der Legende und einen Robespierrc der Geschichte. Der Legende nach ist der Führer der Jakobiner eines der blutdürfttgsten menschlichen Ungeheuer, die je gelebt haben. In Wirklichkeit schaut dieser Mann aber ganz anders aus. In seinen politischen Ansichten ursprünglich durchaus gemäßigt, erwies Robes- pierre sich als ausgesprochener Gegner staatlicher Umwälzungen und der Todesstrafe! Als Briffot und die Girondisten auf der Tribüne der Gesetzgebenden Versammlung zum Kriege gegen Deutschland hetzten und sich auch bei den Iako- bineru viele fanden, die sich für den Krieg begeisterten, da rief er !h>ien in seinem Klub zu:„Bändigen wir erst unser« inneren Feinde, und dann erst wollen wir gegen die fremden Feinde marschieren!" Der Redner wurde aber nicht gehört, und mll wenigen Ausnahmen stimmten an jenem denkwürdigen 2. April 1792 fast all« Mitglieder der Gesetzgebenden Versammlung für den Krieg mll dem.Lönig von Ungarn und Böhmen ", für den Krieg, der nxhr als 29 Jahre lang Europa in Feuer und Schrecken versetzt«. btoch eigentümlicher war das Verhallen Robespierres, als er am 89. Mai 1791 eine Red« für die Abschaffung der Todes» st r a f« h i« l t! Als m Athen die Nachricht eingetroffen war, rief er. daß in Argos athenische Bürger zum Tode verurteill worden seien, eille man in die Tempel und beschwor die Götter, so grausam« und schreckliche Gedanken von den Athenern abzuwenden. Ich komme, nicht um die Göller, sondern die Gesetzgeber zu bitten, die die Organ« und Dolmetscher der ewigen Gesetze, welche die Gotihett den Menschen gegeben hat, sein sollen, daß sie aus dem Gesetzbuch der Franzosen die Blutgesetz« streichen, die gerichtlichen Mord be- fehlen, und lue durch ihre Sitten und ihre neu« Verfassung verdamnck werden. Ich will Ihnen beweisen, ersten», daß die Todesstrafe ihrer Natur nach ungerecht, zweitens, daß sie nicht die abschreckendste Strafe ist, und daß sie viel mehr Verbrechen erzeugt, als sie ver- hütet. Ein Sieger, der seme gesangenen Feinde töten läßt, wird Barbar genannt. Ein erwachsener Mann, der ein Kind, das er ent« waffnen und bestrafen kann, erwürgt, erscheint als«in Ungeheuer! Ein Angeklagter, den dl» Gefellschost verurteill. ist wenigstens für sie nur ein besiegter,«in ohnmächtiger Feind: Bor ihr ist er schwächer als ein Kind vor einem Erwachsenen. Folglich sind in den Äugen der Wahrheit und der Gerechtigkeit j«N« Hinrichtungen, dle Mit solchem Gepränge veranstaltet«erden. nichts wettet als feige Meuchelmord«, feierlich« Derbrechen, die Nicht von einzelnen, sondern van ganzen Notionen in gesetzlichen Formen begangen werdsn. Di» Todesstrafe sei notwendig, sogen Sie. Gut! Wenn an dem wäre» warum kommen verschiedene Völker ohne sie au«? Hvrt Ms Stimme der Gerechtigkeit und der»enunp, sie ruft
euch zu. daß menschlich« Urteile niemals sicher genug sind, damit die Gesellschaft«inen durch andere fehlbare Menschen Derurteilten den Tod geben könnte. Hättet ihr die vollkommen't« Prozeßordnung erfunden, besäßet ihr die unbestechlichsten und einsichtigsten Richter. so bleibt immer noch Platz für Irrtum und Befangenheit. Weshalb wollt ihr euch das Mittel nehmen, sie wieder gut zu machen? Warum wollt ihr euch in die Unmöglichkell versetzen, der unter- drückten Unschuld die helsend« Hand zu reichen' Was nützen jene unfruchtbaren Selbstvorwürf«, jene trügerischen Verrichtungen, die ihr einem leblosen Sch-ttten, einer gefühllosen Asche bewilligt? Das sind nur die traurigen Denkmäler der Barbarei eurer Strafgesetze. Dem Menschen die Möylichkell zu geben, seine Missetat zu be- reuen oder ihm unerbittlicherwcise jegliche Rückkehr zur Tugend und zu sich selbst zu oerschließen, ist in meinen Augen die ichrecklichste Ver- feinerung der Grausamkeit. Die erste Pflicht des Gesetzgebers ist, die öfienttichen Sitten, die die Quelle aller Freihell und allen sozialen Glück« darstellen, zu bilden und zu erhalten. Infolgedessen muß das Gesetz den Völkern stets das reinste Bild der Gerechtigkell und der Vernunft gewähren Wenn Sie an Stelle jener mächtigen, ruhigen, maßvollen Streng«, die Sie auszeichnen muß. den Zorn und die Rachsucht setzen, wenn Sie Menschcnblut fließen lasten, das Sie sparen können und kein Recht haben zu ver- gießen, wenn Sie den Augen des Bolls das Schauspiel grausamer Szenen und zu Tod« gemarterter Leichname geben, dann zerstören Sie im Herzen der Bürger die Idee von Recht und Unrecht: Sie losten im Schöße der Gesellschaft wilde Vorurteile wuchern, die ihrer- stits andere erzeugen. Der Mensch ist fiir den Menschen kein so geheiligter Gegenstand mehr, man hat von seiner Würde eine gerin» gcre Vorstellung, wenn die Staatsgewalt mit seinem Leben spielt. Der Gedanke an den Mord stößt geringeren Abscheu ein, wenn das Gesetz selbst das Beispiel und Schauspiel des Mordens gibt! Das Grauen vor dem Verbrechen mindert sich, wenn das Gesetz es durch ein neues Verbrechen bestrast. Hütet euch sehr, die Wirksamkeit der Strafen nach dein Uebermaß der Strenge zu demesten: eins ist dem anderen durchaus entgegengesetzt. Alles spricht sich für die mildert alle» empört sich gegen die grausamen Gesetz« Ich schließe meine Ausführungen mit dem Wunsch, daß die Todes st rafendgeschofft werde! Robespierr« kam mll seinen gemäßigten AusfÜhrunzen nicht durch, verhielt sich aber in der Praxis wie in der Theorie. Nach dem Gesetz des 22. Prairials des Jahres II<19. Juni\794) fanden innerhalb von,49 Tagen nicht weniger als 1Z7ö Hinrichtungen in Paris statt. Aber abgesehen davon, daß viele Todesurteile wegeu be- stimmler Vergehen gewisse Berechtigung hatten, trug doch nur «in einzige» hie Unterschrift Robesxierre»!___
Zahlreiche gekrönte Häupter des 15. bis 17. Jahrhundert« be° schästigien sich selbst eingehend mit dem Studium der Goidmacherei: meist aber überließen sie es irgendeinem hergelaufenen Aben- teurer, der sich unter einem klingenden Ramen Zutritt zu ihnen verschafft hatte. Heinrich VI. von England überschwemmte, unter« stützt von einer Schar Goldmacher, sein Land mit falschem Gold und falscher Münze. Das Metall, das hier als Gold ausgegeben wurde, war weller nichts als eine Kupferlegierung. Zu derselben Zeit trieb in Frankreich Karl VII. mit Unterstützung des Schwindlers Jacques le Coeur die edle Goidmacherei. Unter der Regierung Kaiser Rudolfs II.<1576 bis 1612) war Wien ein Dorado der Alchimisten, der Mittelpunkt der alchimistischen Bestrebungen jener Zeit. Dem Beispiel Rudolf« folgte man im Rachbarlande Sachsen: Kurfürst August und seine Gemahlin Anna beschäftigten sich eifrig mll Goldmacherei, jener in feinem„Soldhaus" zu Dresden , diese in ihrem großartig eingerichteten Laboratorium zu Annaberg . Auch unter den Nachfolgern des Kurfürsten August betrieb man die alchimistische Kunst, mit deren Erträgen man den großen Aus- wand bestreiten zu können hoffte, den die Erwerbung der Krone Polens erforderte. Am Berliner Hofe trieb unter Kurfürst Johann Georg (1625 bi* 1598) der Goldmacher Leonhard Thür nh»y s sey: sein Unwesen.' Als'ihm der Boden an der Spree zu heiß wurde, suchte er schleunigst das Weile. Besonders inieressant ist der Fast des Goldmachers Bragadino. der ebenfalls im 16. Jahrhundert lebt«. Er stammte von der Insel Cypern, trat zuerst in Venedig als Alchimist auf, mußte aber von dort wegen eines Verbrechens fliehen und wurde Kapuzinermönch. 1586 tauchte er von neuem in Italien auf. Er verstand es, die Gunst zahlreicher hoher Herren, darunter der Herzöge von Mantua , zu erwerben und errang einen bedeutenden Ruf als Goldmacher und Heilkundiger. 1589 hiell er mll großem Gefolge seinen feierlichen Einzug in Venedig , wo er die ganze Stadt in Aufregung oersetzte. Man erzählte die merkwürdigsten Geschichten von ihm und behauptete, er habe gleich bei seinem ersten Versuch aus künstlichem Gold 6 Millionen Dukaten angefertigt. Well er jedoch zögerte, vor dem hohen Rat eine Probe seiner Kunst abzulegen, wollte man eine Untersuchung gegen ihn einlellen, der er sich durch die Flucht nach Padua entzog. Bald daraus fand er ein neues Feld seiner Tätig- kell in Bayern , wo Herzog Wilhelm V. , der sich in ewiger Geld- verlegenhsü befand, den Goldmacher mit offenen Armen ausnahm und— sich gründlich von ihm ausbeuten ließ. Da er mit seinen Versuchen nicht vorwärts kam, wurde er 1599 ohne Wissen des Herzogs verhaftet, und nachdem er aus Angst vor der Folter bekannt hatte, das Herausziehen der Seele des Goldes niemals verstanden zu haben, auf grausame Weife hingerichtet.— Der bekonnte Abenteurer Alexander Cagliostro (1743 bis 1795) rühmte sich ebenfalls, Gold machen zu können. Daß auch einmal bei den Versuchet der Alchimisten etwas Gutes herauskommen konnte, bezeugen zwei Fälle: Johann Kunkel(1639 bis 1792), der im Dienst des Großen Kurfürsten stand, entdeckte 1679 das Goldrubinglas, und Johann Friedrich Löttger im Gefängnis zu Dresden 1794 das braune Jaspis- Porzellan und fünf Jahre später das weiße Porzellan. Zu der- selben Zell trieb einer der letzten Goldmacher, E a e t a n o(genannt Graf Ruggiero), an den Hosen von München , Wien und Berlin sein Unwesen, bier ihn sein Schicksal ereilte und man ihn 1799 in der preußischen Hauptstadt an einem mit Flittergold beklebten Galgen aufknüpfte. Bis in die neuere Zeit hinein fand die Gollmiacherei, der auch Friedrich II. Opfer bracht«, am Wiener Hofe ein« Freistatt . Außer Rudolf II. waren Ferdinand I und Ferdinand II. , Karl Franz und Franz I. , der Gatte Maria Theresias, leidenschaftliche Gold- mocher. Daß aber auch ein Herrscher der Neuzeit, Franz Joseph I .. an den Schwindel der Goldmacherei geglaubt hat, überrascht uns einigermaßen. 1867, nach dem für Oesterreich so oerhänginsvollen Kriege.mit Preußen, boten dem Kaiser drei vornehme Fremde«in Verfahren an, Silber in Gold zu verwandeln. Da das alchimistische Dreiblatt keinerlei vorherige Entschädigung verlangte, ging der Kaiser sofort auf das Angebot ein und erteilt« den Dreien den Auf- trag, Ihr Experiment unter Kontrolle des Professors Schrötter vom Wiener Polytechnikum vorzuführen. Der Versuch gelang, und Schrötter berichtete dem Kaiser über den Erfolg, wobei er jedoch gleichzeitig Bedenken äußert«. Obwohl»in zwelles Experiment mißlang, blieb Schrötter zuversichtlich und setzte die Versuche allein fort. Rorcatani. einer der Drei, der inzwischen dem Kaiser sein Geheimnis" enthüllt hatte, hielt nun den vereinbarten Vorschuß von S Millionen Gulden für fällig, wurde sedoch abgewiesen. Alle Versuch« Schrötter?' führten natürlich zu nichts, die ganze An- gsleg«, check oerliei im Sand«, und die drei Goldmacher ve.ichmauden von d«r BUdfläch«. So»nd«t» auch dies« Goldmacherei wie jede ander« nut«inem völlig«« Fiasko.£.£. Ii.