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Doehrino, der Seelenhirt. Ein christliches Läfierm-üntchen. Vor un» liegt«in Traktat, das den Titel trägt:..Soll ich meines Bruders Hüter sein? Gedanken zur Gegenwart auf Grund 1. Mose 4,9*. Verfasser und Herausgeber ist der Berliner   Hof- und Domprediger Dr. Doehring. im Nebenberuj Reichstags­abgeordneter von Hugenbergs Gnaden. Das Geschreibsel dieses be� zahltenDieners am Wort* ist dem Nachweis gewidmet, dah der Arbeiter von heute sich nicht durch marxistische Irrlehren davon ab- halten lassen dürfe, den Geldbeutel seines Arbeitgebers zu schützen, weil er als Bruder nach dem mosaischen Recht dazu verpflichtet sei, auch der Hüter des Unternehmers zu sein: Ucberdies wird keine Gotteeordnung dadurch hinfällig, datz marxistische Schreier dagegen Jahrzehnte lang demon- ftrieren. Im Gegenteil ich rede nach menschlicher Weise. wenn dem lebendigen Gott eines Tages dieser Gassenjungen- lärm zuviel wird, dann wird er ihnen kurzerhand das last er- l i ch e Maul stopfen.* Einstweilen läßt jedoch der christliche Dompfaff sein Laster. schnäbelchen schnattern. An anderer Stelle der 15-Pf.-Schrift finden sich auch diese Sätze: Der lügenhafte marxistische Traum der Arbeiter- schaft ist ausgeträumt, das Erwachen steht unmittelbar bevor. Zwa» kämpfen die herzlosen Nachfahren des seilen Mietlings Marx noch um ihre durch Arbeitergroschen höchst eindringlichen Posten. In der Seele des Arbeiters jedoch, die Marx   und sein Klüngel geflissentlich narkotisiert hatten, beginnt's zu dämmern: Em   heißes Sehnen regt sich nach Menschen, die ihm nicht Miet- linge, sonder Hirten und Hüter sind.* Karl Marx  , der fast fünfzig Jahre nach seinem Tode von dem wohlbestallten und wohlbezahltenSeelenhirten* Doehring als feiler Mietling* beschimpft wird, hat bekanntlich den Rest seines kleinen Vermögens geopfert, um die Schulden derNeuen Rheini- schen Zeltung* zu decken, nachdem die christliche Regierung des christlichen Königs von Preußen sie plötzlich unterdrückt hatte. Da- nach hat Marx   mehr als drei Jahrzehnte bis zu seinem Tode in der bUtersten Not und in der dauernden Sorge umden Lebensunterhalt gelebt. In d i« f e r Ver- fofsung hat er das G r ö ß t e für die Arbeiterklasse geleistet, das ein Mensch nur leisten kann. Er hat ihr die Entwicklungsgesetze der kapitalfftischen Wirtschaft aufgezeigt und ihr den Weg gewiesen, der sie durch Zusammenschluß einer besseren Zukunft� entgcgenführen kann und führen wird. Diesen Großen der Geschichte kann selbst dos christliche Gefasel eines bezahlten Priesters vom Dom zu Berlin   nicht ver- kleinem. Hier aber nageln wir das Pharisäergeschwätz eines Mannes an, der wirtschaftlich« Not nur vom 5)örensagcn kennt, ober seinen Beruf zum Predigen der Religion der Lieb« dazu mißbraucht, unter Verstoß gegen das achte Gebot seines Meisters einen Gewaltigen des Geistes und der praktischen Nächsten- liebe noch nach dem Tod« persönlich zu begeifern. Die protestantische Kirche wie die Deutschnationale Partei kann auf solchen Priester wirklich stolz sein! Skandalsucher. Oer Aqrarier Stubbendorf aus der Materiaisvche. Die Verhandlungen des Untersuchungsausschusies des Reichs- tages über die Roggenstützung verlaufen bisher vollkommen ohne jedes System. In der Hauptsache liegt das karan, daß be- stimmte Abgeordnete keine sachlich« Klärung der Zusammenhange bei dxr Roggenstützung wünschen, sondern nur nach Gelegenheiten suchen, größere und kleinere Skondälchen herbeizuführen. Be- wrders der deutschnational« Abgeordnete S t u b b« n d o r s tick sich hierin hervor. Am Freitag wurde im Untersuchungsausschuß zu- ichst das Verhältms zwischen Reich und Roggenstützungsgesell- hasten weiter behandelt. Reichsernährungsminister Schiele ließ sich eingehend über dt« Zusammenarbeit der Deutschen   Getreide- Kmdelsgesellschaft und der Getreide-Industrie- und Kaminissions- gcselljchaft aus, aber nachdem die Debatte eine Zeitlang sachlich ge- sichrt worden war, schämte sich der deutschnationale Abgeordnete Stiibbendorf nicht, den Reichskommissar für die Roggenstützung. Dr. Baabe, zu fragen, ob die In der vefsentlichkeit verbreiteten Gerüchte stmmcken, daß er für seine Tätigkeit als Reichskommissor das Gehalt eines Staatssekretär» erhalte. Reichskommissar Dr. Baabe erhob sich sofort und gab bekannt, daß er als Reicbskvmmisiar für die Roggenstützung vom Reich nie einen Pfennig erhalten habe, noch erhalte. Seine Bezüge vom Reich bekommt er als Leiter der Reichs- forschungsgesellschaft für landwirtschaftliches Marktwesen. Sein Ge- halt dort entspreche dem Gehalt eines Ministerialdirektors, aber natürlich ohne Pensionsansprüche. Herrn Stubbendorfs neuester Skandolversuch war dcmrt klag. lich zusammengebrochen. Aber nach den Mitteilungen Dr. Vaades ivandte sich der Abg. Horlacher(Bayr. Vp.) mit Entrüstung gegen die von Herrn Swbbendors beliebte Methode, an Stelle von sachlicher Untersuchungsarbeck persönliche Angelegenheiten in die Diskussion des Ausschusses hineinzutragen. Die Feststellung der Be- züge von Reichsongestellten sei Sache des Haushalteauxschusies. Im übrigen fei es unerhört, einen Angestellten für seine Bezüge ver- antwortlich zu machen. Auskunst darüber zu erteilen, sei aus- schließlich Sache de» zuständigen Mmister«. Nach diesem Zwischenfall beschloß der Ausschuß die Oefsent. lichkeit auszuschließen, um in vertraulicher Sitzung über die B«r- einbarungen mit Polen   über Roggenausfuhr zu verhandeln. In der nächsten Sitzung sollen die Herren Dietrich. Haoedorn. Kisller. Klepper und Scheuer als Zeugen über da» Verhältnis zwischen beiden Roggenstützungsgesellschasten vernommen werden.
Revue der Hampelmänuer Brecht, Legal und das �Epische Theater"
Aus der Brikettmdustrie. Zweitage-Arbeitswoche statt dreitäqiger. Mückeoberg(Sreis Lieben werda). 7. Februar. Da der Absah der Vraonkohlenbriketts ,roh der winterlichen Kälte noch mehr znröckgegangen ifl. und sast gon, stockt, sieh« sich die Braunkohlen- und Briketlindusine(bublag) genötigt, den ge- samten Srnbeu- und Abroumbetiieb iv Klein-Leipisch stillu, legen. Sie hal vorbehaltlich der Zustimmung de» Vemobilmachung«. kommissars allen Lelegschaftsmitglledern zum 14. Februar gekündigt. Außerdem hal sie ln» Auge gesaßt, iu lhreo andsren Betrieben für die Zukunft nur uoch au zwei Tag?o der Woche arbeilen zu lasten, während bisher wenigsten» an drei Togen noch gearbeitet wurde, von den Eullasjungeu werden mehrere hunder, aArbeit- nehmer betroffen. Wie lanze   Ist es«her. seitdem die Aufhebung de» Mehr» arbeit«,«itab kommen, im Braunkrchlenbergbau abgeleimt iwd diese» Abkommen verlängert wurde. Und wie beschimpften die B-anukohlenherren die Arbeitslosen al» bei der strengen Kälte im Februar 1SZ9 nicht sofort genügend Arbeitskräfte zur Der. ludung von Briketts zur Verfügung standen!
Gestern wurde im Staatlichen Schauspielhau» BrechtsMann ist Mann* aufgeführt. Im epischen Theater hat der Schauspieler mehrer« Funktionen. und je nachdem, welche Funktion er erfüllt, ändert sich der Stil, in dem er spielt. Das epische Stück ist ein Gebäude, das rationell betrachtet werden muß, in dem Dinge erkannt werden müssen. seine Darstellung muß also diesen Betrachtungen entgegen- kommen...* Ich frage mich: wer muß? Weiter heißt es hier, in denDramaturgischen Blättern des Schauspielhauses*, in diesem Aussatz, der dasEpische Theater* souverän anbefiehlt, aber nicht erklärt: ... ganz im Gegensatz zu anderen Stücken kommt es hiek also gar nicht auf das Mitreißen und Stimmungwecken im Publi- kum an." Also wenn es gar nicht darauf ankommt, dann würde ich vor- schlagen: einfach ohne Publikum. Es stört ja sowieso nur. Natürlich ist es eine Parabel, die hier aufgeführt wurde, und kein Theaterstück. Parabeln kenne ich aus meiner Kindheit, zum Beispiel die Parabel vom Eselchen, vom Milchmann, vom Geldbries- träger usw. Parabeln sind schön und lehrreich, also man freut sich, oder aber man gewinnt etwas. Hier freut man sich nicht und verliert eine Menge Zeit. Wir haben das Stück nicht verstanden. sind nicht mitgerissen worden, und keine noch so kleine Stim­mung wurde in uns erweckt. Wir waren lediglich verwirrt und oerärgert. Mitunter führten die Hampelmänner auf der Bühne gelungene Spaße aus, und taten mit unversrorener Grandezza das absolute Gegenteil von dem, was man vielleicht noch erwarten konnte. So daß im Pubikum, dem ja. wie vorhin erwähnt, im Epischen Theater sast alles verboten wird, auch harmloses Gelächter, Heiterkeit entstand. Und aus oller Wirrnis eines zerrisienen Zu- schauerherzens erblüht die Frage: Was will Brecht? Zweitens: Was will Legal? Drittens: Was sollen die armen Schauspieler- kulis? Brecht will(in einem Aufsatz derDramaturgischen Blätter*) ... die epische Dramatik, materialistisch eingestellt, an Gefühls-
investierungcn ihres Zuschauers wenig interesiiert, kennt eigentlich kein Ziel, sondern nur ein Ende, und kenni eine andere Zwang»- läufigkeit in der der Raum nicht nur in gerader Linie, sondern auch in Kurven, ja sogar in Sprüngen ersolgen kann Kennt nur«in End«, wozu dann erst ansangen? Läuft In Sprüngen und Kurven. Das stimmt. Schlimmer ist. daß man hier im Zuschauerraum sitzt, und gern etwas sehen, hören und zu» gegeben, unverschämtcrweise etwas erleben möchte. Mit bestem Willen und der reinsten Absicht sitzt man da. hält sich für«inen durchschnittlich oussassungssähigen Menschen, nimmt an. daß auch sonst nicht lauter Idioten im Theater sitzen, und muh heimgehen, leer wie ein versiegter Bronnen. Ich kann also ein Streichholz nehmen, es vor mir ausstellen und mir befehlen: denke setz! an den Eiffelturm, und erlebe einen Flug über den Kanal. Es sragt sich. ob ich will, aber ich könnte. Dieses Theater zwingt mich, Eigenes in ein brüchiges, mir ausgezwungenes Gerüst einzusügen. fordert vom Publikum das Stück. Legal will ein Geburtshelfer desEpischen Theaters* sein. Die Inszenierung war übrigens bunt, voll Bewegung und drastisch. Dag Bühnenbild scheint schlecht gewesen zu sein, denn es erweckte Stimmung und gefiel dem Publikum(es war von Caspar N e h« r). Als Hampelmänner in englischer Unisorm marschierien auf: Paul Bildt  , Theo Lingen  , Alexander Granach  , Wo'fgang Heinz und Leo R e uh. Sie sprachen klingende, scköngefä'-bte Worte vor sich hin. Peter L o r r e. der irische Bagger Galy Gay. der gezwungen wird, sein Ich umzuwandeln in den Soldaten Jerajah Iip, beherrschte die ihm zugeteilten Phrasen. Helene W e i g e l sprach klar, schön und verständlich Elfriede B o r o d i n erweckte Sympathie, wirkte menschlich, wird also wohl schlecht ge- wesen sein. Ich glaube mit gutem Gewisien sagen zu können: sie wußten nicht, was sie taten. Viele pfiffen: diese waren anscheinend ohne Stimmung und nicht mttgerissen, mtt einem Wort Publikum nach Brechts Geschmack. Viele applaudierten: diesen Unverständigen schienen die Bilder etwas zu geben. Also waren sie Ignoranten desEpischen Theaters*. Alexsnder von Sachcr-Masoch.
Dostojewski   im Tonfilm. Eapitol Am 9. Februar werden 50 Jahre verflossen sein, fett Dostojewski  die Augen geschlossen hat. Der Film, der große Aneigner, der sich die ganze Weltliteratur zunutze macht, hat längst auch noch Dosto  - jewski gegriffen, und besonders fein SpätwerkDie Bruder Karamosoff' ist in seinen farbenreichen und dramatischen Partien wiederhott gefilmt worden. Zum erstenmal erhallen wir jetzt auch «inen Tonfilm, der dasselbe Gebiet behandelt. Man kann fragen, od dieser tiefe Psycholog«! Mystiker und Revolutionär in einer Person, dieser Dichter, der in alle Tiefen Hinabftieg, der die furcht- barste Wirklichkeit ersaßte, gleichzeitig aber in seinen Bisionen allen Realismus hinter sich ließ, zur Verfilmung besonders geeignet ist. Den Mörder Dimitri Karamasosj* hat«in deutscher Dichter,-Her in seinen Anfängen selbst stark unter dem Einfluß Dostojewski  ». stand. Leonhard Frank  , gestaltet. Da» bedeutet vor allem, daß Dostosewski gegeben wirb, was Dostojewski   gebührt, und in einer Sprache, die Rhythmus und dramatischen Akzent hat. Da Fedor O z e p s Regie es versteht, die Intentionen des Buchverfasiers e?/ ins Bildlich« zu übersetzen mit all den Untertanen und Stimmung?- reizen(wie wirkt die Landschaft mit!), so ist«in Film entstanden, der den vielen, die Dostojewski   nicht lesen,«in Ersatz sein kann. Hoffentlich regt der Film, der natürlich für sich besteht, auch manchen Zuschauer an. nun zu dem Dichter selber vorzudringen. Dem Wort und Bild gesellt sich eine breite musikalische Unter- malung von Karol Rathaus  , die sich nicht damtt begnügt, an passender Stelle Lieder einzulegen und den Rausch und die Melancholie per Orgie be! den Zigeunern mit slawischen Melodien roll erklingen zu lasten, sondern auch sonst an allen gesühlsstarken Stellen die Musik als gewichtigen Faktor zur Geltung bringt. Die rein filmischen Höhepunkte sind die gespenstischen Szenen vor den Fenstern des allen Karamasoff, die nächtlich« Fahrt zu den Zigeunern und da» reich bewegt«, von starken Gegensätzen gesättigte Fest selber und dann nach den nüchternen Vorgängen des Gerichtssaales wieder die stark ergreifende Abschiedsfzcne, da der Zug der Verbannten. unter ihnen Dimitri, nach Sibirien   abdampft. Fritz Kortner   und Anne S!«n haben das Schicksal des Dimitri und der Gruschenka in Händen. So sehr ich Fritz Kortner   be- wundere als den Gestalter der Impulse und Triebe, als den klugen Mienenspieler, der mit seinen dunklen Augen faszinierend wirken kann, so fehlt ihm doch in der allzu hellen und sanfarenhasten Stimme und in der ganzen Wiedergabe irgendein Unsagbare« und Uiuvügbare». Anna S t e n ist ganz die gleißend«, mtt dem Menschen spielende, berauschende und hingebende Dirne, der man den Um- schlag in die treu« Liebe dies berühmte Problem der russischen Literatur glaubt. Eine ganz eigenartige Figur gab Fritz Rasp  al, schleichender und gerissener Smerdsakoff. Er hatte etwas Un- heimliches, wie er den epileptischen Ansall fingierte und hinter seiner heuchlerischen Maske sein wahres Wesen zu verbergen verstand. Max Pohls alter Karamasoff war eln Kabinettsstück pointierender Darstellung. Der Gesamteindruck war nachHallig. Orchesterabend der Funkstunde. Singakademie. Ein Orchesterkonzert, übertrogen au» einem Berliner   Konzert- saal, noch vor wonigen Iahren bedeutete das für da« Rundfunk- Programm eine Stunde der künslleriichen Niveauhebung. Dos Ver­hältnis hat sich geändert. Die F u n k st u n d e. zur Bedienung ihrer Mustkhärer nicht mehr aus die Gelegenheiten des Konzertlebens angewiesen, tritt selbst in der Rolle des Konzertgeber» und»unter, nehmers auf eines Unternehmers, den die Unerschütterlichkett seiner wirtschasllichen Position von der Gefolgschaft«ine» Abonnenten. Publikums, alio auch von besten Wünschen, ebenso unabhängig macht wie von der Konjunktur de» Tagesgeschmack». Hier braucht es auch nicht all die iinanziellen Erwägungen. Rücksichten auf die Kosten der Vorbereitung zu geben, die heut« jeden anderen Beranstaller, mehr
als die Oesfentlichkeit weiß, in der Progrommgestoltung hemmen. Hier darf und kann das Ungewohnt«, auch das Undankbore oder das vielleicht nur Interessante gewagt werden; der Versuch mtt problematischen neuen Orchesterwerken wird immer mehr eine Spezialität des Funkorchesters, dessen Konzertabende solcherart einen wichtigen wertvollen Faktor des Mustkwinters bilden und auch schon ihre Gemeinde interessierter Hörer gebildet haben. Von den beiden Novitäten des Abends in der Singakademie war freilich nur das erste ein Gewinn:Zwei Etüden für Orchester* von Wladimir Vogel  . Etüden das heißt nicht, daß es Studien» werke für Orchester sind: eher Orchesterstudien des Komponisten. Neue Möglichkeiten und Wirkungen des Orchesterklongs werden von einem geistig schöpferischen Musiker erprobt, der sie vor ollem ln dem spukhaft bewegten zweiten Stück, aus starker innerer Vision gewonnen hat. Msredo Cäsellas neues Violinkonzert, das Joseph Szigeti.   musikalisch überlegen, mit unaufdringlicher Virtuosität spiett, bedeutet kaum ein« bleibend« Bereicherung des Repertoires. Ein unübersichtlich gebautes, an Substanz armes Musikstück, und seines Autor» Willigkett und Fähigkeit zur gleichzeitigen Anpastung an alle Stile geht hier so weit, daß von eigenem Stil nichts mehr geblieben ist. Den zroeiten Teil des Programms bildet Max Reger  ? vier- sätzigeSinfonletta* eine Sinfonie dem Umfang wenn'auch nicht dem Anspruch nach. Regers   erstes Orchesterwerk, umkämpft bei seinem Erscheinen vor einem Vierteljahrhundert: im Ganzen ein verfehltes Werk, wir wissen nicht mehr viel damtt anzufangen: nicht nur völlig verfehlt in der Behandlung des Orchesters, die Ueber- ladenheit des Klangs und die Kleinzügigkelt der Arbeit stehen zu einzelnes zu verdeu lichen, durch willkürliche Zerreißung und Zer- Hermann Scherchen   tut in seinem etwas lehrhaften Bemühen. Einzelnes zu verdeutlichen, durch willkürliche Zerreißung und Zer- dehnung des Tempos ein Aeußerstes, den inneren Zusammenhang und Zusammenhalt zu gefährden. Um alle Absichte» dieser Musik klarzulegen, dazu hätte es wohl gründlicherer Probenorbeit bedurft, als offenbar geleistet werden konnte, und das ist freilich ein Mangel, der bei einem Institut in der Position der Funkstund« kaum zu rechtfertigen ist. X. Von Vagabunden. Dortrasisabend der Volksbühne. An einem Vortragsabend, den die Volksbühne im Ver» liner Rathaus veranstaltete, las Alfred B c y e r l e Baga- bundengefchichten. Der Stöfs scheint ihm besonders ans Herz gewachsen zu fern. Beyerle ,st immer ein ausgezeichneter Rezitator. ganz besonders«in ausgezeichneter Prosasprecher. Genußreiche Stunden aber wie an diesem Abend bescherte er nie. Er las au» Werken von B. Traven  . Jack London   und Georg Fink. Aus verschiedenen Teilen der Welt stieg die Atmosphäre auf,«i« nur Vagabunden sie kennen. Die Wirklichkeit verzerrt sich darin iu seltsamen Spiegelungen, die das Schön« häßlich, das Alltägliche gi- heimnisooll, das Gemeine edel zeigen. Und niemand weiß mehr, auf welcher Sette die Wahrheit, aus welcher die Lüge steht wahrschein. lich. weil beide Seiten so gut Wahrheit als Lüge sind. Etwas von dieser melancholisch-heiteren Erkenntnis errafft der Vagabund, etwas davon ließ Beyerle seine Zuhörer spüren in seinein Nachschaffen dieser Bagabundenabenteuer. Zwei Stunden lang, ohne Pause, dauerten seine Vorträge, zwei Stunden lang saßen die Zuhörer laut- los und lauschten. Dann erst brach der Beifall los. T«. harmlose Ehebruchskomödic. Das Rose- Theater unter» halt sein Publikum diesmal mit einem Lustspiel von Leo Lenz  . ..Das Parfüm meiner Frau* Eine der üblichen Lerwechse» lungskomödien: Der Mann glaubt, seine Frau habe ihn mit dein Diener betrogen, die Frau, der Mann sei mit der Zose aus Abwege geraten. Aber schließlich haben nur Diener und Zofe entdeckt, daß sie auegezeichnet zueinander passen, und die Ehegatten können sich getröstet in die Arme sinken. Die Substanz des Stückes ist also nicht sehr gewichtig: dafür ist eme Fülle von Möglichkeiten, komische Situationen zu entivickeln. vorhanden. Da» wird natürlich aus der Rose-Bühn« weidlich aus» genutzt, manchmal sogar ein bißchen zu sehr, so daß dl« heiter« Anmut de» Spiel» durch ein paar massive Ucbertreibungen der Hauptdarsteller Hans Rase und Loni Pyrmont   gelegentlich etwa? aus dem Kleichgrwicht gebracht wird. Eine entzückende Zof« ist Hildeaard Dreyer, der«., lebendiges Spiel hoffentlich Haid einmal in«ner größeren Rolle zur Diskussion gestellt wirdc