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BERLIN  Dienstag 10. Februar 1931

Der Abend

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Nr. 68 B 34 48. Jahrgang

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Hitlers Marnefchlacht

Reichstag bis 3 Uhr morgens- Obstruktion niedergekämpft

Die Dauersigung des Reichstags hat um 2% Uhr morgens ihr Ende gefunden. Die Obstruktionsversuche lourden immer schwächer.

Schließlich wurde das Initiativgesek der hinter der Regierung stehenden Parteien auf Aenderung des Brengejekes, wonach den Schutz der Immunität ge. xießende Personen nicht verantwortliche Redakteure sein dürfen, in erster und zweiter Lesung anger

nommen.

Der Antrag auf Bewilligung der vorliegen. den Strafverfolgungsanträge wurde mit 292 gegen 9 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen.

Darauf vertagte sich der Reichstag   auf heute nach mittag 3 Uhr zur Beratung des Etats des Aud­wärtigen Amts.

Nach der Abrechnung, die Genosse Dittmann mit National fozialisten und Kommunisten hielt, sprach in der Nachtsizung bei Beginn des neuen Tages.

Abg Schumann- Thüringen  ( Komm.). Er bekämpft die An. träge Bell und Rauch unter scharfen Angriffen gegen die Sozial­demokraten.

Abg. Dr. Hauß( Dem.) meist auf ein Buch des nationalsozia­listischen Abg. Feder hin, in dem erklärt wird, die National­fozialisten würden es als ihre Aufgabe betrachten, den Begriff der parlamentarischen Immunität grundsäglich zu beseitigen. Der heutige Rampf der Nationalsozialisten gegen die vorliegenden An­träge richte sich also gegen die von den Nationalsozialisten selbst gepredigten Grundfäße. Die Nationalsozialisten hätten das Man. dat zu einem Mittel zur Flucht aus der Berant. mortung gemacht. Der Abg. Frant II habe gezeigt, wie sich der kleine Morig die Demofratie vorstellt, aber er habe vergessen, daß zur Demokratie auch eine gewisse Fairnes gehört, die bei den daß zur Demokratie auch eine gemiffe Fairneß gehört, die bei den Nationalsozialisten fehlt.

Fehlgegangener Obstruktionsversuch. Abg. Dr. Frid( Natsoz.) beantragt die Herbeirufung des Staats­fekretärs Joels vom Reichsjuftizministerium.

Bras. Cobe erwidert, der Reichstag   habe das Recht, Minister herbeizurufen, nicht Staatsjefretäre.( Bärm bei den Naisoz.)

Abstrafung eines Hakenkreuzlers.

Abg. Ranch( Bayr. Bp.) erhört, die parlamentarische Immuni tät sei zu einer Landplage geworden, durch den Mißbrauc,

Zerschellt!

Die politische Niederlage der Nationalsozialisten. Die Nationalsozialisten und ihre Hilfstruppen um Thälmann   und Hugenberg haben eine Schlacht verloren. Es ist nicht nur eine techtisch- parlamentarische Niederlage, die sie erlitten haben, sondern eine politische. Obstruktion im Parlament fann von einer ent schloffenen Mehrheit immer niedergefämpft merden. Daß die Db.

ftruttion nach zwölf Stunden am Ende war, das ist die parla mentarisch- tattische Niederlage- aber daß eine feste geschlossene und entfchloffene Arbeitsmehrheit im Reichstag   sich gebildet hat- das ist die große politische Niederlage der Feinde des Parlaments!

Die Niederlage besteht in der 3 erstörung der Illufionen der Anhänger der Bürgerkriegsparteien. Ihre Agitatoren haben fie in dem Glauben gewiegt, daß das Maulaufreißen der Hafen­treugler genügen würde, um das Gebäude der deutschen Republik ein­zustürzen. Sie haben systematisch Lufterschütterung für wirtliche Macht ausgegeben, und sie haben zu einem guten Teil selber daran geglaubt.

Das ist der typische Fehler aller politischen Dilettanten, daß fie die eigene Macht gewaltig überschäzen und dann zusammenbrechen, menn sie mit der Wirklichkeit zusammenstoßen! So hat Wilhelm II.  deffamiert: Herrlichen Zeiten führe ich euch entgegen!" So reißen die kommunistischen   Führer das Maul weit auf-um noch jedesmal eine klägliche Niederlage zu erleiden. So deklamieren Hitler und die Seinen, ohne jede Kenntnis der wirklichen Machtverhältnisse jedesmal folgt der Zusammenbruch den Deflamationen auf dem Fuße! Die um Hitler   haben großartig angekündigt, daß der Reichstag pleite sei und daß das dritte Reich unmittelbar vor der Tür stehe. und nun? Noch nicht ganz zwölf Stunden haben die Illusionen Dorgehalten!

-

und

Die Kommunisten haben bereits Erfahrung in solchen Ent­

Mit 290 gegen 138 Stimmen wird in namentlicher Abstimmung der Uebergang zur Tagesordnung abgelehnt.

Der Antrag Rauch auf Bewilligung aller vorliegenden Straf­verfolgungsanträge wird hierauf in namentlicher Abstim­

täuschungen. Sie reagieren darauf mit ohnmächtigem Geschrei, und so schreien sie heute: ,, Das ist Sozialfaschismus!" Nun ist Soziala faschismus" die dümmste politische Wort und Begriffsbildung, bie jemals erfunden wurde, schon eine Begünstigung des wirtlichen Faschismus in sich. Die tommunistischen Führer, die noch einigen Berstand haben, schlagen tlagend die Hände über dem Kopf zu­sammen, wenn sie die Parole von Sozialfaschismus" hören.

das

Aber ausgerechnet heute die Beschuldigung des Sozialfaschis ist zur politischen Niederlage hinzu die völlige Pleite des Intellefts. mus" von Kommunisten gegen Sozialdemokraten erhoben ist zur politischen Niederlage hinzu die völlige Pleite des Intellefts. Sozialfaschismus?

Wenn die Hatenfreuzler die Boltsrechte rauben und die Kommu­niften ihnen dazu Hilfstruppen stellen was ist das?

Benn Herr Stöhr pfeift, und die kommunistische Reichstags­fraktion unter dem Befehl von Unteroffizier Stöder daraufhin was ist das? antritt

Wenn die kommunistische Reichstagsfrattion fich zum Bertei diger der Hitlerpartet aufwirft was ist das?

-

Das blödsinnige und verlogene Schlagwort vam ,, Sozialfaschis­ mus  " fann die Niederlage der Kommunisten mur perſtärken!

Die Berlierer des Feldzuges aber sind die Nationalsozialisten! was sie erreicht haben, ist das: das Volk gewinnt Klarheit über die mirtlichen Machtverhältnisse, es unterscheidet zwischen leeren Re­nommiſtereien und wirklicher Macht, es erfennt, daß ein fester ge­fchloffener Bille den Deflamationen der Bürgerkriegsparteien ent­gegensteht!

Die Nationalsozialisten wollten das Chaos herbeiführen- statt deffen haben sie eine Demonstration der staatlichen Ordnung, der Festigkeit des demokratischen Parlamentarismus hervorgerufen, statt der Zerstörung die Festigung des Bertrauens Erschütterung des Glaubens und des Bertrauens ihrer Anhänger in dafür aber die die Wirksamkeit nationalsozialistischer Deflamationen! Das ist eine politische Niederlage ersten Ranges!

Tauwetter!

Aus ift's mit dem Schnee.- 3Zwei Grad Wärme.

Im Laufe des heutigen Nachmittags war in Berlin   ein außer­

den die Nationalsozialisten damit getrieben haben. Der national mung mit 292 gegen 9 Stimmen bei einer Stimmenthaltung ange ordentlich starter Temperaturanstieg zu verzeichnen. Wäh­

fozialistische Stadtverordnete e If dhom hatte fälschlich einen Hand­merismeister des Betruges beschuldigt. Das Berfahren gegen den Meister wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Dennoch hat Telschom die falsche Behauptung wiederholt und als er nun in den Reichstag   gewählt wurde, hat seine Frattion die Einstellung des von dem beleidigten Meister gegen ihn angestrengten Berfahrens beantragt. Ein ehrenwerter Mann soll also während der ganzen Abgeordnetenzeit des Abg. Telschem eine schmere Be schuldigung auf sich fißen lassen und der Möglichkeit beraubt sein, fich durch einen Prozeß gegen seinen Beleidiger zu reinigen. Mit diefem Mißbrauch muß aufgeräumt werden.( Beifall.)

Die letzten Krakeeler ausgeschlossen. Die Abgg. Schaller( Natsoz.) und Dr. Cey( Natioz.) werden megen wiederholter beleidigender Rufe gegen den Abg. Rauch aus dem Saale gewiesen.

Abg. Schwarz- Memmingen( Natsoz.) meint, es sei fein Zufall, daß der Antrag auf Aenderung des Breßgefeßes von demselben Dr. Bell unterschrieben sei, der seine Unterschrift unter den Ber­failler Bertrag gefekt habe.

Abg. Geschte( Komm.) richtet heftige Angriffe gegen die Sozial demokraten.

Abg. Telschow( Ratfoz.) bezeichnet die Darstellung des Abg. Rauch pon seinem Streitfall mit einem Handwerksmeister als bewußt falfa).

Abg. Raud( Bayer. Bp.) erwidert, seine Darstellung stütze sich auf den Afteninhalt. Wenn Abg. Telschom im Recht sei, brauchte er sich doch nicht dem gegen ihn angeſtrengten Beleidigungsprozeß 31

entziehen.

Die Abstimmungen.

nommen.

Der vom Abg. Dr. Bell beantragte Kenderungsentwurf zum Breßgefez wird dann in erster und zweiter Beratung ange Damit ist um Uhr die Sigung beendet.

nomnien.

Heute Curtius: Rede.

Die Außenpolitif vor dem Reichstag  .

Die heutige Reichstagsfihung beginnt mit Rüdficht auf die vor­angegangene Nachtjihung erft um 15 Uhr. Auf ihrer Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Lefung des Reichshaushaltsgesetzes beim Haushalt des Auswärtigen Amtes. Gleich zu Beginn der Sigung wird Reichsaußenminiffer Dr. Curtius eingehend die außen­politischen Fragen erörtern und insbesondere zu dem Ergebnis der letzten Genfer   Böllerbundsverhandlungen Stellung nehmen. Man sieht seiner Rede mit großer Spannung entgegen.

Waffenfund bei Karlsruhe  .

Ein Maschinengewehr und fünfzehn Karabiner. Karlsruhe  , 10. Februar.( Eigenbericht.)

Auf einem Felde bei Karlsruhe   wurden in der Nacht zum Dienstag ein leines Maschinengewehr sowie 15& ara­biner gefunden. Die Polizei hat eine Untersuchung eingeleitet der Polizei das Lager

Quedfilberfäule in den folgenden Stunden ganz rapide, und gegen rend um 8 Uhr früh noch 5 Grad Kälte gemessen wurden, stieg die 1 Uhr mittags herrschten annähernd 2 Grad Wärme.

Mit zunehmender Bewölkung ist nach den Mitteilungen des Amtlichen Wetterdienstes mit einer weiteren Erwärmung zu rechnen. Die tommende Nacht dürfte bei etwa 5 bis 6 Grad Wärme fogar etwas Regen bringen. Die Ursache des Wetterumschlags ist eine Depression, die heute früh über dem Eismeer lagerte und auf beren Südseite milde ozeanische Luftmassen schnell vordringen. Im Nordwesten und einem Teil Westdeutschlands hat das Taumetter 5 Grad Bärme. Db das Tauwetter den Uebergang zu beständigem bereits eingefeßt. Aachen   beispielsweise verzeichnete heute früh mildem Better bedeutet oder ob in den nächsten Tagen abermals mit einem Sinten der Temperaturen zu rechnen ist, fann mit Sicher­heit noch nicht gesagt werden.

Run fein Schnee- Alarm mehr. Zehntausende sportbegeisterter Berliner   werden der sachte ent­schwindenden winterlichen Schönheit nun nachtrauern. Was war das für ein erquickendes Leben und Treiben auf dem winterlichen Hoch gelände des heimischen Grunewaldes, wie sprang die Sti­mannschaft auf Ontel Toms Hütte, wie sausten die Rodel­schlitten der Kleinen und Reinsten mit fröhlichem Gekreisch die sanften Hügel hinab! Aber was dem een sin llhl, is dem andern sin Nachti­gall! Gewiß brachte das Schneewetter einer fleinen Anzahl Ar­beitstofer auch wiederum Berdienstmöglichkeit und sehnsüchtig warteten fie Tag für Tag auf den heißerfehnten Schnee Alarm: gewesen,

Damit ist die erste Beratung des vom Abg. Dr. Bell( 3) verraten. Angeblich follen die Waffen von Kommunisten ftam. und viel, viel größer ist die Zahl derer, die die Schönheit des flaren

beendet.

Abg. Stöhr( Ratioz.) beantragt Uebergang zur Tagesordnung über den vom Abg. n. Karborff begründeten Antrag Rauch auf Be milligung fämtlicher Strafverfolgungsanträge.

men. Man vermutet aber, daß fie im Besitz von National. fozialisten waren, die sich vor einer Entdeckung fürchteten und deshalb das Lager selbst der Polizei verraten haben, um die Kom­muniffen zu belasten.

Im fadenscheinigen, dünnen Ueberrod, mit fnurrendem Magen und einem Herzen voll Sorge hat man für Winterfreuden absolut fein Berständnis. Und daheim der falte Ofen und auf der Straße der eisige Bind, mohin mit all dem Jammer?