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BERLIN

Donnerstag 26. Februar

1931

Der Abend

Erfcheint tåglich außer Sonntags. Bugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 m. pro Monat. Redaktion und Erpedition; Berlin SW68, Lindenstr. 3

Spalausgabe des Vorwärts

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10 Pf.

Nr. 96

B 48

48. Jahrgang

66 Anzeigenpreis: Die einfpaltige Nonpareillezeile

80 Vf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Poftfcheckkonto: Vorwärts- Verlag G. m. b. H., Berlin Nr. 87 536. Fernfprecher: Donhoff 292 bis 297

Gewerkschaften bei Hindenburg

Für die Arbeitslosen- Gegen Lohnabbau und Einschränkung der Arbeiterrechte

Panama Reeder macht sich gesund

Und die Moliwe: Gesellschaft nicht minder

Die Borstände des Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts­ bundes , des Afu- Bundes, des Deutschen Gewerkschaftsbundes und des Gewerkschaftsringes Deutscher Arbeiter-, Angestellten und Beamtenverbände sind unter der Führung des Vor­fihenden des ADGB . Theodor Ceipart heute mittag beim Reichspräsidenten vorstellig geworden, um ihm in einer Aus­sprache die ernsten Besorgnisse der Gewerkschaften über die Lage der deutschen Arbeiterschaft und die Not Im Haushaltsausschuß des Reichstags begann die allgemeine der Erwerbslofen vorzutragen. Die Vertreter der Beratung des Haushalts des Auswärtigen Amtes mit Er Spikenorganisationen der deutschen Gewerkschaften aller Richtungen haben ihre Auffaffung über die Lage der Wirt- läuterungen, die der Außenminister Curtius zu Personal- und schaft und ihre Forderungen zur Linderung der Not der Sachfragen gab. Abg. Heinig( Soz.) fragt das Auswärtige Amt, oo es für seine Bemühungen um deutsche geschäftliche Intereffen immer so belohnt werde, wie von der Reederei Bogemann­Hamburg.

Arbeiter und Angestellten der arbeitenden wie der erwerbs­lofen, in einer gemeinsamen schriftlichen Willenskundgebung zufammengefaßt und zur Kenntnis des Reichspräsidenten gebracht. Die Kundgebung lautet:

Die unterzeichneten Spizenorganisationen der Arbeiter und An­gestellten möchten die Aufmerksamkeit des Herrn Reichspräsidenten auf die überaus bedrückte Lage der deutschen Arbeitnehmer richten. Bei aller Würdigung der schwierigen Lage anderer Berufsschichten bleibt doch unbestreitbar, daß not und Elend nirgends so groß sind wie bei den fünf Millionen Erwerbs­ losen und deren Familien. Aber auch die Lebenshaltung der Arbeitenden ist so start eingeschränkt, daß Arbeitsfähigkeit und Arbeitswille, Gesundheit und Wirtschaft des deutschen Volkes darunter aufs schwerste leiden. Unsere größte Sorge ist die um

das Schicksal der unfreiwillig Arbeitslofen. Bornehmste Gegenwartsaufgabe ist die Wiedereinführung dieser Millionen in den Produktionsprozeß. Die bisherigen Maßnahmen haben sich als unzulänglich erwiesen; einige davon, in erster Linie die vielfach schematisch durchgeführte Lohnsentung, als schädlich. Nicht zuletzt in Auswirkung der Kauftraft ver­ringernden Lohnfentung ist die Zahl der Arbeitslosen gestiegen. Die Einstellung der von den deutschen Unternehmern und amtlicher­feits getriebenen Lohnsenfungspolitik ist eine der

erften Voraussetzung zur Gesundung der Wirtschaft und zur Beruhigung der deutschen Arbeitnehmer. Bir anerkennen, daß die schwierige Lage der deutschen Wirtschaft und der Arbeit. nehmer auch durch Ereignisse herbeigeführt worden ist, die zu be­feitigen außerhalb der für Deutschland gegebenen Möglichkeiten liegt. Um so mehr ist notwendig, daß innerhalb der uns gezogenen Grenzen mit äußerster Energie an der Beseitigung aller Störungen der Wirtschaft gearbeitet wird. Das ist unserer Auffassung nach noch nicht im erforderlichen Ausmaße geschehen.

Soweit der Abbau der Preise in Frage kommt, vollzieht er fich langfamer als die Senkung der Löhne und Gehälter. Auf weiten Gebieten ist

Diese Reederei, die jetzt auf ihren Schiffen die deutsche Flagge niedergeholt und durch die Panama - Flagge erfekt hat, erhielt aus den von den Bereinigten Staaten gezahlten Freigabegeldern für ihre ,, Bogesen"

SP.P

Austausch

SPD PD SPD

SED

SPD SPP SPD SPD

SPP PD

beinahe das Doppelte von dem, was der Dampfer bor Jahrzehnten gekostet hat.

Heinig fragte, ob man nicht dafür sorgen fönne, daß jener Reederei das Freigabegeld nicht ausgezahlt refp. pieder entzogen werde.

Weiter führte der Redner aus, wie ihm bekannt geworden sei, habe die Tochtergesellschaft der Deutschen Togo - Gesellschaft, die Molime- Pflanzungs- Gesellschaft in Berlin erhebliche Gelder, die das Reich ihr gegeben hat, nicht zurüdgezahlt. In der Generalversamm­lung fei das auch ganz offen ausgesprochen worden. Dieses Ber fahren müsse um fo merkwürdiger berühren, als die Deutsche Togo Gesellschaft vom Reich auf Grund des Kriegsschädenschlußgefeßes 470 000 Mart in Reichsschuldbuchforderungen erhielt und in der Lage ist, für das Geschäftsjahr 1930 eine Dividende von 24 Proz. auszuschütten. In der Generalversammlung ihrer Tochtergesellschaft, der Molime- Gesellschaft, sei festgestellt worden, daß die Gesellschaft nach dem Kriegsschädenschlußgefeß für zuviel gezahlten Bor fchuß einen erheblichen Betrag an das Reich zurückzuzahlen habe. Das Reich habe aber nicht gemahnt, daher sei der Betrag zu einem fehr niedrigen Zinsfuß bei der Gesellschaft stehengeblieben. Rüd ständige Zinsen an das Reich in Höhe von 8300 Mart habe die Ge sellschaft gleichfalls nicht abgeführt, weil die Behörde diese Summe nicht angefordert habe.

Abg. Breitscheid ( Soz.) erörterte die Personal- und Ge= halts politit des Auswärtigen Amtes an vielen Einzelbeispielen. Ein Beamter des Auswärtigen Amtes, Herr von Bismard, sei vom Minister tro'z einer tattlosen Rede vor dem Stahl­helmverteibigt worden. Herr von Bismard fönne sich freuen,

30 ehemalige Kommunisten tehrten zur Gozialdemokratie daß er der Entel des Reichskanzlers Bismard und dieser nicht sein

-

zurüd

BERLIN - MOSKAU

FLORITY

ein Zurückgehen der Preise noch kaum sichtbar. Hier liegen noch unausgeschöpfte Möglichkeiten zur Konfum belebung. Die Arbeitsbeschaffung durch die öffentliche Hand wird gehemmt durch Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den beteiligten Verwaltungen, die sich praktisch als Erschwerung der zusätzlichen Arbeitsbeschaffung auswirken und deshalb beseitigt werden müssen. dafür suchten sieben Schwerfapitalisten in Sowjetrußland Die Erhöhung des Inlandsverbrauchs als eines der bedeutendsten Mittel zur Steigerung des Beschäftigungsgrades, bedingt auch nach unserer Meinung eine faufträftige Landwirtschaft, deren Schutz aber innerhalb der Grenzen zu bleiben hat, die von der Rücksicht auf unseren industriellen Export und auf die Lebens haltung der breiten Maffen gezogen werden müssen. Wir sehen uns deshalb genötigt, darauf hinzuweisen, daß die gegenwärtig Dorliegenden

agrarpolitischen Pläne

über diese Grenzen teilweise weit hinausgehen und u. E. abgelehnt werden müffen. Bis zur vollen Beschäftigung des deutschen Produktionsapparates muß, um einen rgößeren Teil der unfreiwillig Arbeitslosen wieder in geregelte Tätigkeiten zu bringen, die Arbeitszeit wesentlich verkürzt, möglichst auf regelmäßig 40 Stunden gesenkt merden. Die dazu notwendigen Boraussetzungen find unter Siche. rung ber Maffenfauftraft mit größter Beschleunigung herbeizu Als eine unbedingte Notwendigkeit sehen wir die Erhaltung eines rechtlich gesicherten Anspruchs auf ein Existenz mint mum für die arbeitslosen Volksgenossen an. Borauslegung dazu bie Erhaltung ber Arbeitslosenversicherung mit geficherter

führen.

Stellung

Leistungsfähigkeit und die ausreichende Finanzierung einer an schließenden Fürsorge.

DON

Mit besonderem Nachdruck erlauben wir uns die Aufmerksam­feit des Herrn Reichspräsidenten auf die Angriffe zu lenken, die gegen die tarifvertragliche Regelung der Arbeitsverhältnisse, das Schiedssprüchen und gegen die Sozialversicherung geführt werden. Schlichtungswesen einschließlich der Verbindlicherklärung Die deutsche Arbeitnehmerschaft tann und darf nicht dulden, daß ihr Mitbestimmungsrecht bei der Gestaltung der Arbeits­verhältniffe und das Unrecht auf gefehlich gewährleisteten Schutz im Falle unverschuldeter Leistungsunfähigkeit angelastet wird. Die Spizenverbände der Arbeitnehmer haben den dringenden Wunsch, daß alle Schritte, die zur Linderung der Not der deutschen Arbeitnehmer erforderlich find, im Einverständnis mit allen baran beteiligten Streifen mit Beschleunigung durchgeführt werden. Die deutschen Arbeitnehmer haben feither stärkste Opfer gebracht. Sie müssen es aber, als dem Gesamtwohl widersprechend, ablehnen, im im Mißverhältnis zu anderen Boltsschichten über ihre Kraft hin aus mit den Folgen der wirtschaftlichen Strife beloftet gu merben"

Borgesetzter sei.

Bug in den Fluß gestürzt.

Bier Eisenbahner ertrunten.- Personenwagen hängen in der Luft.

New York , 26. Februar. Bei Mobile im Staate Alabama fuhr ein Pers jonenzug auf eine geöffnete Drehbrücke. Die Lokomotive und der Gepäckwagen stürzten in den Flu. Vier Eisenbahner sind ertrunken. Der erste Personenwagen blieb mit den Hinterrädern am Brücken­rand hängen, wodurch eine noch schwerere Katastrophe verhütet wurde.

Sechs Arbeiter verschüttet.

Paris , 26. Februar. Nach einer Meldung aus Longwy find sechs Arbeiter bei Abtragearbeiten verschüttet worden. Zwei tamen ums Leben. Die Berlegungen der vier anderen sind so schwer, daß ihr Zustand als hoffnungslos angesehen wird.

Sonderbare Briefe an den Polizeichef und feinen Vorgänger.

Attentatsgerüchte.

Mif der geftrigen Abendpoft erhielten Polizeipräfident Grzesinsti und der frühere Berliner Polizeipräsident 3ör­giebel je einen Brief, in dem sich eine mit Papierschnitzeln und Zelloloidftreifen gefüllte Streichholzschachtel befand. Als der Brief an 3orgiebel geöffnet wurde, entstand durch Ent­3ündung einiger Streichhölzer eine größere Stichflamme. Beide Briefe trugen als Aufgabestempel ein Postamt in Berlin D. Die ganze Angelegenheit fann nicht anders als ein übler Schers gewertet werden. Die Borfälle gaben Anlaß zu vielerlei Ge­rüchten über angebliche Attentate auf den Berliner Polizeichef und feinen Borgänger, die sich aber glücklicherweise als falsch er­wiefen.