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, Beilage zumVorlviirts" Berliner   Bolksblatt. Kr. 116. Mittwoch, den 20. Mai 1896. 13. Jahrg. Meichskstg. vom 19. M a i I89S. Bundesrathes: von 1 Uhr. B o e t t i ch e r, Hcimath ist sechsmal im Alle unsere Deshalb sind 93. Sitzung Am Tische des von Marschall. Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des Nachtrags zum Etat der Schutzgebiete und zwar speziell für das s ü d w e st a f r i k a n i s ch e Schutzgebiet. Dem Reichszuschuß von 2 Millionen Mark, welcher gefordert wird, stehen gegenüber an Ausgaben: 1. Fortdauernde: Besoldung der Schutztruppe, die um 400 Köpfe verstärkt werden soll, 433 339 M.; für Farbige 23 000 M., für sachliche und vermischte Ausgaben 1 139 400 M.; 2. Einmalige: Für Neubauten und Beschaffung der inneren Einrichtung w. 100 000 M., und für die Ausreise des Verstärkungstransports 130 000 M.; 3. Reservefonds zu un- vorhergesehenen Ausgaben 132 061 M. Direktor der Kolonial-Abtheilung Kayser weist darauf hin, daß seit einigen Monaten in Südwest- Afrika ein Aufstand der Khauas-Hottentotten ausgebrochen sei; es habe ein heftiger Zusammenstoß stattgefunden, der auch schwere Verl  » st e mit sich gebracht habe. lliedner gedenkt der braven Männer, welche zum theil die ganzen Strapazen des Witboikriegcs durchgemacht haben. Es stand zu befürchten, daß sich die Hereros mit den Hottentotten vereinigten. Sowohl die Nachrichten des Landeshauptmanns als auch der Missionare bezeichneten es als dringend nothwendig, eine solche Vereinigung zu verhindern. Damals wurde unsere Schutztrnppe verstärkt. Man hat es dem Landeshauptmann zum Vorwurf gemacht, daß er nicht den Hendrik Witbor vernichtete. Das wäre aber eine sehr schwierige Aufgabe gewesen, weil unsere Truppen zu erschöpft waren. Deshalb wollte der Landes- Hauptmann lieber durch Wohlwollen und Entgegenkommen die Eingeborenen gewinnen und schloß ein Bündniß mit Witboi. Die Hereros hätten nun uns dankbar sein sollen, daß sie von einer langjährigen Plage befreit waren. Das war aber nicht der Fall. Sie haben einen großen Viehbestand, brauchen ausgedehnte Weideplätze, drängen infolge dessen immer weiter vor und belästigten schließlich auch die deutschen Ansiedler. Diese verlangten, daß wir einmal ernst machen sollten. Im Gegensatz dazu hat sich der Major Leutwein be- müht, zu einem friedlichen Verhältniß zu kommen. Wir würden es als ein Unglück betrachten, wenn so ein Krieg ent- stände, der nur mit der V e r n i ch t u n g dieses Stammes und mit der Verwüstung großer Länder st recken enden könnte. Umso wunderbarer ist es jetzt, daß un- geachtet dieser Bemühungen es zu einem Aufstand gekommen ist, an dem nicht blos die Hottentotten sondern auch Hererostämme betheiligt sind. Die Verbindung unserer Schutzgebiete mit der eine ganz ungenügende, wir haben nur Jahre einen regelmäßigen Schiffsverkehr. Depeschen müssen über Kapstadt   gehen. auch unsere bisherigen Nachrichten über diesen Aufstand äußerst dürftig. Wir haben aber von unserem General- konsulat in Kapstadt   die Mittheilung erhalten, daß es dringend geboten sei, eine Verstärkung von mindestens 400 Mann so schnell als möglich nach Südweft-Afrika zu schicken, damit der Landeshauptmann im stände sei, etwaigen Angriffen der Hereros entgegenzutreten. Wir haben geglaubt, dieser Aufforderung nach allen Richtungen entsprechen zu müssen, weil wir die Ver- antwortung dafür nicht tragen können, daß in unserem Schutz- gebiete das Leben der Weißen in derselben Weise gefährdet werde, wie es im Lande der Matabele geschehen ist, wo eine ganze Menge von Europäern von de» Eingeborenen abgeschlachtet worden ist. Als Gründe des Aufstanoes werden mehrere angeführt; es scheint, daß die Nachricht von o�m Tode des Herrn Stokes am Kongo  mit dazu beigetragen hat. Zweifellos verbreiten sich unter den Eingeborenen dergleichen Nachrichten mit großer Schnelligkeit und unter großen Uebertrcibunge». Es kann auch sein, daß die Nachrichten aus Abessynien es den Eingeborenen nahe gelegt haben, sich ebenfalls gegen die Herrschaft der Weißen auf- znlehnen. Am allerwahrscheinlichsten ist es, daß die benach- barlen Matabele, welche mit den Eingeborenen unserer Schutz- gebiete, insbesondere mit den Hereros, eine gemeinsame Abstammung haben, auf den Aufstand der Eingeborenen ein- gewirkt haben. Wie dem auch sei, wir müssen, entsprechend dem Rufe des Landeshauptmanns, der Kolonie zu Hilfe kommen, wenn wir sie nicht in die größte Gefahr bringen wollen. Wir haben uns in der Forderung für Südwest-Afrika die größte Sparsamkeil auferlegt. Wenn diese 400 Mann, für die alles vorbereitet ist, wie wir hoffen am 3l. Mai von Hamburg   ab- fahren können, wird der Landeshauptmann dort über eine an- sehnliche Macht versügen. Es werden ihm über 1200 Mann zu geböte stehen. Wir hoffen, daß er mit dieser Truppe im stände sein wird, den Aufstand zu unterdrücken und den Frieden auf die Dauer wieder herzustellen, in die Lage kommen kann, auch mehr Entwaffnung der Eingeborenen zu denke». unser erster Kommissar»ach dem Schutz- gebiet kam, befanden sich kaum 4030 Weiße in dem dortigen Gebiet; gegenwärtig befinden sich, abgesehen von Beamten, mehr nüe 200 Deutsche daselbst; darunter sind Ansiedler aus unserer Schutztruppe selbst, ein gutes Zeichen dafür, daß die Leute die Hoffnung und gute Zuversicht haben, daß sie sich im Lande eine sichere Existenz bilden können. Auch wandern dauernd An- siedler nach Südwest-Afrika aus, und die Explorationen über die Vortheile des Schutzgebietes sind noch nicht beendet. Das mag als Beweis dafür betrachtet werden, daß unser Schutz- gebiet in einer günstigen Entwickelung begriffen ist. Vielleicht wird man einwenden, daß die großen Mittel, welche wir hier verlangen, nicht sowohl den deutschen als den englischen Interessen dienen werden. Dieser Einwand ist unbegründet. Als die eng- lischen Gesellschaften konzessionirt wurden, war den deutschen Gesellschaften, welche in Südwest-Afrika Interessen zu vertreten hatten, ihr Kapital völlig ausgegangen, und es war auch in Deutschland   unmöglich, die Kapitalien dafür zu finden. Seit der Zeit hat sich aber der Zuspruch des deutschen Kapitals erheblich vermehrt; das kann ziffermäßig nachgewiesen werden. Im übrigen haben die englischen Gesellschaste» bisher nur beträchtliches Geld ausgegeben für Explorationen und Expeditionen, die noch nicht zu Ende sind, sie habe» noch kein thatsächliches Interesse an der Kolonie. Wir verlangen also nichts für fremde Interessen. Es würde aber eine Lücke in meinen Ausführungen zurückbleiben, wenn ich nicht wenigsten die Andeutung niachte, daß die Aufrechterhaltnng der deutschen Herrschaft in Südwest-Afrika nicht allein im kolonialen sonder» im allgemeinen deutsch  -politischen Interesse liegt. Die ver- bündeten Regierungen sind der Ansicht, und sie hoffen dabei auch auf die Zustimmung wenigstens der überwiegenden Mehrheit dieses Hauses daß wir uuter keinen Umständen und zu keiner Zeit unsere deutsche Herrschaft in Südwest-Afrika ausgeben können und werden.(Beifall rechts.)....... Abg. Richter- Es kracht in der Kolonialpolitik. Die Berliner   Bankiers sangen an kühl zu werden in Neu-Guinea  . sie wollen die Sache auf das Reich übertragen. Welche Hoffnungen hat man nicht auf Wißmann's Ernennung gesetzt und nun kehrt er auf längeren Urlaub zurück und man bezweifelt, ob er je wieder nach Ostasrika gehen wird. Für Südwest- weil er nunmehr und mehr an eine Als vor 11 Jahren Afrika   verlangt man eine Verdoppelung des Reichs- zuschusses. Wie leicht wird es. solche Ausgaben zu beantragen für Südwest- Afrika. In Preußen ist dagegen ei» Lehrer- besoldungs- Gesetz gescheitert, weil der Finanzminister sich nicht dazu verstand, l�si Millionen Mark herzugeben. Steigende Ausgaben in Südwest-Afrika aber keine wirthschaftlichen Er- solge. Früher begnügte man sich, die Landeshoheit zu markiren durch einen Gouverneur und einen Sekretär; das kostete 30 000 M. Dann erhielt er eine Leibgarde von 30 Mann. Dann begannen die Händel mit Witboi   und sofort wuchs der Reichszuschuß in die Millionen hinein. Mit Ende des Etats- jahres werden 10 Millionen hineingesteckt sein. Wenn man die Reden der Regierungsvertreter liest, dann bekommt man eine ganze Sammlung amtlicher Illusionen. Lüderitz  wurde gefeiert als deutscher Pionier und doch hatte er bald die ganze Gescknchte an England verschachert.(Heiterkeit.) Dann wurden uns Goldklumpen in der Budgetkommission vor- gezeigt.(Heiterkeit.) Dann kam eine große Schlächterei- gcnossenschaft in Berlin   auf für Südwest-Afrika, welche Fleisch- konserven importire» wollte. Dann kam die Periode der Woll- schafzucht. Aber die Anlage Kubub wurde durch Witboi   zer- stört. Nun wird die ganze Hoffnung gesetzt auf die An- siedclungen in der Nähe von Windhoek  ; das sind aber nur Ansiedelungen, wie überall in der Nähe von Kasernen, von Leuten, die von der Schutztruppe leben wollen. Der Stolz, daß da 200 Deutsche sind, ist also nicht so besonders gerechtfertigt. Ohne die Schutztrnppe würden es nur 20 bis 30 Deutsche sein, welche eine selbständige wirthschastliche Stellung hätten. Das ist keine Unterlage für eine Schutzherrschafl, die größer ist als Deutschland   selbst. Wenn das Land einen Werth hätte, hätten die Engländer nicht bis zu unserer Flaggenhiffung gewartet, sondern das Land selbst in Besitz genommen. Die englische Gesellschaft ist über Expeditionen und Explorationen noch nicht hinausgekommen. Trotzdem wirthschastliche. Jnter- essen nicht in bedeutendem Maße vorhanden sind, wächst die Gefahr der Verwickelung mit den Hirten- und Nomadenstämmen, die sich ihre Bezirke nicht vorschreiben lassen wollen. Diese Aufständischen, wie man sie nennt, vertheidige» ihr natürliches Recht. Wenn sie besiegt werden, ziehen sie sich wo anders hin und dann fängt die Geschichte wieder von vorne an. Gefährlich wird der Aus- stand, weil die Eingeborenen mit Hinterladern versorgt sind. Abg. Graf Arnim(Np.) polemisirt zuerst in ganz allgemeiner Weise gegen Eugen Richter   und fährt dann folgendermaßen fort: Ich danke der'Regierung dafür, daß sie sich entschlossen hat, diese Vorlage zu machen. Die Kämpfe mit Witboi   haben sich jahrelang hingezogen. Das System des Fabins Cunctator   ist endlich anfgeaeben und man hat eingesehen, daß schnelle Siege billige Siege sind. Man sollte für die Schutztruppe nur Bauern- söhne oder Handwerker auwerben, keine Städter, weil diese sich drüben nicht so wohl fühlen. Redner verweist darauf, daß die englischen Gesellschaften einer strengen Hontrolle unterzogen werden müssen. Der Direktor einer dieser Gesellschaften ist zu- gleich Direktor der Chartered Compagnie. Durch diese Aktion werden wir beweisen, daß wir die Absicht haben, Südwest-Afrika zu behalten gegenüber der großen Anzahl der Gegner, welche es schon für Ueberhebung halten, daß wir es überhaupt wagen, in Afrika   Kolonien zu haben. Redner verweist darauf, daß in Hongkong   zwei Deutsche verurtheilt worden feien; es hieß zuerst zu Zwangsarbeit; jetzt soll blos eine Geldstrafe aus- gesprochen sein. Es wäre mir erfreulich zu hören, ob das blos im Wege der Gnade geschehen ist. Staatssekretär f. Marschall: Es liegt ein Telegramm unseres Konsuls vor. Der Kapitän und der Arzt des Postdampfers Hohenzollern  " sind gelandet an einer Stelle, deren Betretung unter besonderer Strafe verboten ist. Sie wurden beide bestrast, der eine mit drei, der andere mit vier Monaten Zuchthaus. Es ist eine Wiederaufnahme des Versahrens eingeleitet worden und es wurde auf eine Geldstrafe von Ivo Dollars erkannt. Etwas weiteres weiß ich von der Sache noch nicht. Abg. Hasse(natl.): Bei der Sachlage ist es geboten, die Vor- läge möglichst schnell zu erledigen. Abg. Förster-Nenstettin(Reform-P.): Für eine allgemeine Kolonialdcbatte eignet sich die Frage nicht. Wenn die Hottentotten keinen Schuß Pulver werth sind, dann wollen wir bessere Leute an deren Stelle fetzen, nämlich unsere Landsleute, da sich das Land sehr gut zur Ansiedelung eignet. Es handelt sich schließlich heute nicht um die Frage, ob wir kolonisiren wollen oder nicht, sondern darum, ob wir unsere Landsleute dort retten wollen oder nicht. UnsereIEHre erfordert es, unsere Stellung aufrecht zu erhalten. Der Ausstand soll durch englische Einflüsse veranlaßt sein; davon ist bisher nichts erwähnt worden. Abg. Prinz Arenbcrg(Z.): Wir erkennen die geschäftliche Zwangslage an und akzepuren die Vorlage. Abg. Graf Limburg- Stirum  (k.) erklärt ebenfalls namens seiner politischen Freunde die Zustimmung zur Vorlage. Abg. Richter: In Südwest-Afrika können Deutsche   sich ansiedeln; aber es fehlt an Wasser und Holz und dadurch ist die ganze Entwickelung unterbunden. Wenn Herr Förster die Deutschen   dort ansiedeln will, so rathe ich doch seinen Partei- genossen, dorthin zu gehen, denn das Land ist noch judenrein (Heiterkeit), also nur hinüber!(Heiterkeit). Hinter den Kolonialfreunden sind so viele Millionäre, daß diese allein das Kapital für die Kolonien ausbringen können. Bilden Sie doch Gesellschaften zum Bau von Eisenbahnen ohne Reichsgarantie und zapfen Sie nicht immer das Reichssaß an. Abg. Graf Aruini: Es gilt etwas zu holen; weshalb hätten denn sonst die Engländer sich so beeilt, den Guano weg- zuholen? Wie lange sind die Buren in Transvaal   gewesen, ehe Gold gefunden wurde. So kann es in Südwest-Afrika auch gehen. Aber Zeit und Geld wird es kosten. Abg. Förster-Neustettin: Ich weiß nicht, ob Herr Richter meinte, ob wir dorthin gehen oder unsere Gegner dorthin ab- schieben sollen. In letzterer Beziehung könnten wir mit Herrn Richter Hand in Hand gehen. Uebrigens giebt es auch dort von dem jüdischen Volke schon genug, sodaß wir es nicht zu ver- mehren brauchen.(Zuruf Richters: Sie sollen ja selber hin- gehen.) Endlich sollte doch Herr Richter mit seinen Konfratres in Südwest-Afrika, den Ehelosen, denen es an Frauen fehlt, etwas Mitleid haben.(Heiterkeit.) Damit schließt die erste Berathung. Die einzelnen Titel des Nachtragsetats werden in der zweiten Berathung ohne Debatte gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Freisinnigen genehmigt.' Abg. v. Bennigsen beantragt, sofort nach Schluß der heutigen Sitzung eine Sitzung zur Erledigung der dritten Berathung statt- finden zu lassen. Präsident v. Bnol ist damit einverstanden und setzt, da ein Widerspruch nicht stattfindet, diese Sitzung auf nachmittags 4 Uhr fest. Auf der Tagesordnung steht weiter die dritte Berathung des Gesetzentwurfs betreffend den Abgabentarif für den Kaiser- Wilhelm- Kanal  . Abg. Jebsen(natl.) empfiehlt dringend eine Reform des Tarifes und zwar müsse derselbe so einfach wie möglich gestaltet werden. Besonders empfiehlt Redner, den Zuschlag für die Wintermonate zu streichen. Staatssekretär v. Böttichcr: Es ist richtig: je einfacher der Tarif, desto besser. Bon diesem Satze haben wir uns auch leiten lassen, und wenn die Frequenz nicht so zugenommen hat, wie wir das wünschen müssen schon im Interesse der Deckung der Verwaltungskosten, so bin ich weit davon entfernt, die Schuld nicht mit auf die Tarife zu schieben. Die Konferenz, welche wir gegenwärtig zusammenberufen haben, wird uns hoffentlich die Gesichtspunkte angeben, wie man den Tarif besser normiren kann. Aber eines bitte ich dabei zu er- wägen: so irrationell ist der Tarif und namentlich der Winterznschlag nicht gewesen. Wenn wir dem Verkehr von den näheren Häfen einen größeren Tarif auferlegt hätten, so würden wir gegen die Einfachheit verstoßen haben. Die Kanalverwaltung hat im Winter höhere Verwaltungskosten, um den Verkehr aufrecht zu erhalten; im Winter ist der Weg für die Schiffe um Skagen   gefährlicher, der Vortheil des Kanalweges also ein größerer. Ich bin kein Freund der Aufrechterhaltung des Winterzuschlages, wenn nur auf andere Weise die Kosten gedeckt werden. Die Ersahrungen beim Suez-Kanal  sprechen nicht für Herabsetzung des Tarifs. Die Einnahmen sind erst sehr gering gewesen und erst nach Erhöhung der Tarife ist eine größere Frequenz eingetreten. Abg. Hahn empfiehlt eine besondere Berücksichtigung der deutschen Küstenschifffahrt, die in bezug auf den Tarif der ans- ländischen vollständig gleichgestellt sei. Redner beruft sich auf eine Resolution, welche der Reichstag   in dieser Beziehung beims Binnenfchifffahrts-Gcsetz angenommen habe. r Abg. Rickcrt meint, daß diese Resolution wohl nur au Versehen angenommen sei; man habe gar nicht gehört, daß de Präsident sie zur Berathung gestellt habe. Staatssekretär V. Bötticher: Die holländische Flagge ist längere Zeit ausgeschlossen gewesen von der Küstenschifffahrt; sie ist 1886 der deutschen gleichgestellt. Wollten wir wieder den Ausschluß herbeiführen, so würde das als ein Akt der Feinfeligkeit betrachtet werden, der einer Begründung ent- behren würde. Jedenfalls können wir keine Nation von dem Verkehr auf dem Kanal ausschließen. Die Begünstigung der kleineren Schiffe kommt den deutschen Schiffen in erster Linie. ja fast ausschließlich zu gute, weil die niederländischen Küsten- fahrer größtentheils einen größeren Tonnengehalt haben als den, welcher zum niedrigeren Tarif berechtigt. Die Vorlage wird nach kurzer, weiterer Debatte in end« giltiger Abstimmung genehmigt. Darauf wird die Wahl des Abg. v. D z i e m b o w s k i(Rp.) beanstandet und die Wahl des Abg. Grafen Bismarck für giltig erklärt. Zum Mitglieds der Reichsschulden- Kommission wird Abg. Schall durch Zuruf gewählt. Schluß 3>/l Uhr. Nächste Sitzung präzis 4 Uhr.(Dritte Berathung des Nachtragsetats für Südwest-Afrika.) 9 4. S i tz u n g. 4 U h r. In dritter Berathung erledigt das Haus ohne jede Debatte den Nachtrags-Etat für das südwe st- afrikanische Schutzgebiet; derselbe wird endgiltig genehmigt. Schluß 4 Uhr 10 Minuten. Nächste Sitzung: D i e n st a g, den 2. Juni, 2 Uhr nachm.(Nachtrags-Etat und Anleihegesctz; Verträge zwischen dem Reiche und Japan   und zweite Lesung des Depotgesetzes). AlS gesetzliche(in Ermangelung des Vorliegens eines Testaments eintretenden Erbfolge-Ordnung setzt der Entwurf für ein Bürgerliches Gesetzbuch folgende fünf Grade ei»: Es erben(als e r st e Ordnung) die Kinder des Erblassers und die Abkömmlinge eines etwa verstorbenen Kindes. Gesetzliche Erben zw ei t e r Ordnung sollen sein: die Eltern und deren Abkömmlinge. Sind auch solche nicht vorhanden, so erben(in dritter Ordnung) die Großeltern und deren Abkönnn- linge(also Onkel. Tanten und so weiter). Lebt keiner dieser Verwandten, so sollen in vierter Ordnung die Urgroßeltern und deren Abkömmlinge Erben sein. Als in letzter (fünfter) Ordnung will der Entwurf auch die entfernteren Voreltern des Erblassers und deren Abkömmlinge erben lassen. Dann soll der Fiskus eintreten. In der Konunission beantragte am Dienstag Abg. v. C u n y die Streichung der fünften Ordnung, Abg. Gröber die Ausdehnung der Verwandtschasts- Erbschaft durch folgenden Antrag:Gesetzliche Erben der fünften Ordnung und der folgenden Ordnungen sind die entfernteren Voreltern des Erblassers und deren Abkömmlinge." Die Kommission nahm mit 11 gegen 8 Stimmen diesen Antrag Gröber a». Unsere Genossen F r o h m e und Stadthagen   stimmten gegen den Antrag und führten aus: Die Erbfolge ist im Entwurf nach mehrfachen Richtungen hin antisozial und inkonsequent geregelt. Wolle man überhaupt eine gesetzliche Erbfolge also den Er- werb ohne Arbeit und ohne Willen des Verstorbenen zulasfen so sei der Standpunkt, daß die Blutsverwandtschaft erbe, doch nur so weit sozial verständlich und berechtigt, alS der Kreis der Blutsverwandte» gegen einander alimeutationsverpflichtct sei. Von demselben Gesichtspunkt aus würde dann nicht der Fiskus, sondern die eventuell alimentationsverpflichtete Gemeinde als erbberechtigt zu bezeichnen sein. Eine der Ge- rechtigkeit entsprechende Ordnung hätte also, auch wenn sie im Rahmen der bestehenden Gesellschaftsordnung ein gesetzliches Erbrecht anerkennen wollte, die Alimentationspflicht in Ver- bindung mit der Unterstützungspflicht der Gemeinden oder anderer Verbände das Erbrecht regeln müssen. Der Entwurf hält sich leider hiervon fern. Bei der kursorischen Durch- peitschung des Entwurfs in der e r st e n Berathung der Kommission seien Anträge nach dieser Richtung hin aussichts- und zwecklos. Aber auch wenn man dem Entwurf darin folge, daß lediglich die Blutsverwandtschaft zu einer gesetzlichen Erbfolge berechtige, sei der Entwurf zu Ungunsten der sozial fchlechter Situirten inkonsequent. So wolle er im Interesse der Aufrechterhaltung einer Adelsmacht eine Be- schränkung selbst des Pflichttheils Hochadliger zulassen, das Anerbenrecht begünstigen, das in seiner Konsequenz dazu führen müsse, die jüngeren Geschwister erb- und eigenthumslos zugunsten des Erstgeborenen zu machen und dem Proletariat zu nähern. J»s- besondere sei doch aber im höchste» Grade die Inkonsequenz hervor- zuHeben, daß uneheliche Kinder nicht als bluts- verwandt und deshalb nicht als erbberechtigt gelten sollen. Der Entwurf und in Uebereinstimmung mit ihm die Kommission lehnen im Gegensatz zu vielen Gesetzgebungen ein gesetzliches Erbrecht eines unehelichen Kindes seinem Vater gegenüber ab, anerkennen aber da, wo es dem unehelichen Kinde zum Nachtheil gereiche, eine Art Verwandtschaft(bei dem Eheverbot fZ 1293j zwischen Personen, von denen die eine mit Eltern, Voreltern oder Abkömmlingen der anderen Geschlechts- gemeinschaft gepflogen hat, und bei dem in§ 1688 dem Erben deS außerehelichen Vaters beigelegten Recht, den Alimentations- ansprüch des außerehelichen Kindes durch Hingabe eines Betrages zu beseitigen, der dem Kinde als Pflichttheil gebühren würde, wenn es ehelich wäre). Für die zweite Lesung behielten sie sich einen Antrag auf Bewilligung eines gesetzlichen Erbrechts des unehelichen Kindes vor. Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde folgender Antag G r ö b e r> C u» y