Bann zwang. Wir setzten oft unsere Meinungen gegeneinander, im heftigen Kampf rangen wir miteinander um den einzuschlagenden Weg, aber niemals blieb ein Stachel zurück nach solcher Ausein- andersetzung. Er wagte es, die Gunst der Massen aufs Spiel zu fetzen, aber er vermied es, die Fäden zu durchschneiden, die ihn mit denen verband, die er führte. Von ihm gilt das Wort Goethes, daß nur der im Leben und Wissen etwas zu leisten vermöge, der das Zulänglich« vom lln- zulänglichen zu scheiden wisse. Hermann Müller kannte die Forderungen und Möglichkeiten des Tages, und er bewies durch die Tat, daß man ein Führer der Sozialdemokratie fein kann und gleichzeitig dem gesamten Volt dienen, daß man für die Internationale wirken und gleichzeitig den besten Forderungen der Nation Rechnung tragen kann. So senken sich nicht nur die roten Fahnen, sondern auch die Fahnen des Reiches, der Republik , die er hat aufbauen helfen. Wir denken mit herzlicher Anteilnahme an seine Familie. Sic hat viel gegeben, als er noch am Leben war. Sie wußte, was es heißt, im öffentlichen Leben zu stehen. Vielleicht ist es ihr ein Trost, daß er von schwerem Leiden erlöst wurde. Vielleicht tröstet es sie, daß sie mit Millionen stolz daran denken kann, was er in feinem Leben feinem Volke, feiner Partei gewesen ist. Wir Lebenden nehmen Abschied und unser letzter Gruß und Gelöbnis ist: w i r werden uns bemühen, zu arbeiten im Sinne und nach dem Wolle n Hermann Müllers! Dann tritt der Führer der französischen Sozialisten L6on Blum an die Bahre des Führers der deutschen Soziakdemokraten und sagt: „Genossen von der deutschen Sozialdemokratie! Ich überbringe im Namen meiner Partei und ihrer Parlamentsfraktion die Gefühle tiefster Anteilnahme an eurem Schmerz. Wir wisien, was ihr an Hermann Müller verloren habt. Dieser Verlust trifft euch in einem überaus schwierigen Augenblick, in dem ihr so harte, zuweilen sogar heroische Opfer für die Erhaltung der deutschen Republik and damit des europäischen Friedens bringen müßt. Wir wissen, daß dieser vorzeitige Tod euch nicht allein einen lieben Freund und Kameraden entrissen hat, sondern auch einen großen, unvergleichlichen Führer mit sicherem und festem Urteil begabt, der zwei Eigenschaften in sich vereinigte, die man nur selten in einem und demselben Manne findet, die Vorsicht und die Tapferkeit. Die internationale Solidarität wäre nur ein leerer Begriff, wenn sie sich auf die Freuden und die Feste der Arbeiter aller Länder beschränkte und sich nicht auf die Tage der Prüfungen und der Trauer er st reckte. Diese Solidarität mit der deutschen Soziaföemokratie empfinden wir französischen Sozialisten ganz besonders, die wir sa fett dreizehn Jahren im engsten Einvernehmen gemeinsam daran arbeiten, die Wanden des Wellkrieges zu heilen. Trotz aller gegen uns in beiden Ländern ausgestoßenen Drohungen haben wir unermüdlich daran gearbeitet, unsere Re» gierungen in die Bahn der Verständigungspolitik zu treiben und sie für unsere Friedensziele einzuspannen. Gemeinsam sind unsere Wünsche, gemeinsam unsere Hoffnungen, gemeinsam unser Wille. Und dies« Wünsch«, dies« Hofftüingen und dieser Will« gehen dahin, daß die Ewigkell. dl« zwischen unseren beiden Parkslea herrscht. sich ans unsere beide» großen Völker erstrecke, damit sie zu- sauunen für den Fortschritt und die Gerechtigfett werben. Dies haben wir schon manches Mal erklärt, aber ich wiederhole es am Sarge eines Mannes, der fein ganzes Leben dem Sozialismus in seinem Lande und in der Welt gewidmet hat. Hermann Müller tft mitten im Kamps« gefallen. Er hat seine hervorragenden Eigenschaften in den Dienst unserer Sache gestellt. So wie er sind schon vor ihm viele ander« von uns im Zbamps mn unsere Ideal« des Friedens und der Menschlichkeit gefallen, und es werden nach ihm noch viele andere fallen: Ist aber ernst unser Ziel erreicht, dann erst haben Männer wie Hermann Müller die wahre Unsterblichkeit errungen!"' Nun sprach der Vertreter des Wahlkreises Franken Martin Treu: Lieber Freund Hermann Müller ! Die letzten, die von dir Ab- schied nehmen, sind deine Wähler und Freunde au» Franken, in deren Namen ich den Abschiedsgruß zu übermitteln habe. Nicht nur Franken, ganz Bayern und besonders auch die Bayerische Pfalz , die ja in erster Linie ihr« Befreiung deiner Politik zu verdanken hat, fühll den Schmerz. Es ist ein geringer Trost, daß heute deine Politik allgemein anerkannt wird, Politiker, Staatsmänner beklagen den Derlust eines edlen Menschen, die fränkische Sozialdemokratie aber beweint den Verlust ihres genial«» Abgeordneten und stets hilfs- bereiten Freundes. Das deutsche Volk hat einen Staatsmann, die deutsche Sozial- demokrati« einen ihrer Führer verloren— den Franken war Her- mann Müller mehrt Wir waren stolz, als wir 1ö2l> Hermann t Müller in den Reichstag schicken konnten, und wir hatten auch das * Recht dazu. Denn vom ersten Tag« des Zusannnenarbettens mit ihm hatten wir die Ueberzeugung: das ist der Mann, der uns m treuer Arbeit vieles geben kann! Er hat uns und wir ihm die Treue ge- hallen. Wir haben um ihn gebongt, als schweres Leiden ihn auss Krankenlager warf. Und Hermann Müller wußte es. wie die Herzen in Franken für ihn schlugen. Oft und gern« war er bei uns. Noch als kranker Mann hat er sich allen Strapazen des Wahlkampfes unterworfen, wie er nie gefehll hat, wo es galt, Not zu lindern. Denn Hermann Müller war seinen Wählern nicht nur der große Staatsmann, er war ihnen Helfer und Freund. Wir glaubten vor elf Jahren, daß das herzliche Verhältnis viele Jahrzehnt« dauern sollt«. Das Schicksal hat es anders gewollt. Am vergangenen Dien »- tag tagte in Nürnberg eine Versammlung, die ihn bei der nächsten Reichstagswahl wieder an die Spitze stellen wollte, und heute stehen wir als Abgesandte von Hunderttausenden von Wählern und be- trauern ihn. Wir wollen bestrebt sein, zu handeln wie er, dem Volt« zu dienen bis zum letzten Atem- zuge. wie er es getan hat. Mögen die Flammen deinen Leib verzehren; dein« treuen Franken werden dich nie vergessen! Oer Garg sinkt in die Tiefe. Nach den Abschiedsreden senkt« sich der Sarg mit den sterblichen U-berresten des toten Führers in die Tiefs„Unsterbliche Opfer" klang es, tief« Ergriffenheit breitet« sich über alle Teilnehmer und Blumen fielen als letzter Gruß auf den sinkende» Sarg. vi « Ehrenwach« de» Reichsbanner« salutiert«.
Oer Zollplan Berlin -Wien . Keine Debatte im Nattonalrat.— Ernste Töne in Prag. — Frankreich sott d:e Handelsverträge kündigen.
Wien , 26. März.(Amtlich.) Me schon letzte Woche im Hauptausschuh, so berichtet« heute die Bundesregierung den Fraktionsführern des Nationalrats über den Stand der Angelegenheit eines Zollabkommens mit Deutschland und ersuchte, von einer Besprechung der Frage in der heutigen Sitzung aus außenpolitischen Rücksichten a b z u s e h c n. Die Parteien sicherten die Erfüllung dieses Wunsches zu. Die Regierung wird in dieser Frage mit den Parteien weiterhin Fühlung beHallen. Benesch sieht Kriedensgefahren. Prag , 26. März. Außenminffter Dr. B e n e s ch gab heute im Außenausschuh des Abgeordnetenhauses eine Erklärung ab, in der er sagte: Das öfter- reichifch-deutsche Zollabkommen ist ein in seinen politischen und wirtschaftlichen Folgen weitreichendes Ereignis, voraus- gesetzt, daß es ins Leben tritt. Die ganze Sache ist bisher noch nicht fertig, es wird weiter darüber verhandelt und die Regie- rungen und die öffentliche Meinung der interessierten Staaten werden sich noch einige Zell damit beschästigen. Ich bttte demnach, aus Gründen staatlicher Interessen nur meine kurze Erklärung ent- gegenzunehmen, damit unser Parlament und unsere Oeffentlichkeit sehen, daß sich unsere Regierung inner- und außenpolitisch mit dieser Frage ernstlich befaßt und die Interessen unseres Staates schützt, daß unsere Oeffentlichkeit die Entwicklung der Ereignisse ruhig und würdig abwarten kann. Wir sind unserer Sache sicher und ans die verschiedenen Even- tualitälen vorbereitet. Die ganze Frage ist von drei Gesichtspunkten, welche nicht von- einander geschieden werden können, zu beurteilen: vom Wirtschaft- lichen, politischen und vötkerrechtlichen. Insbesondere können die politischen und wirtschaftlichen Faktoren in diesen Dingen über- Haupt nicht voneinander gesondert werden. Uns könnte die angedeutete Konstruktion nur dann befriedigen, wenn sie im gesamteuropäischen Rahmen durchgeführt und so abgeändert würde, daß sie den Interessen aller Staaten entspricht. Die begrenzte Konstruktion, wie sie vorgelegt wird, würde weder unseren politischen noch den wirffchafttichen Interessen entsprechen und hierbei unseren Staat vital tangieren. Sie könnte die Interessen auch anderer Staaten schwer berühren und so nach Mitteleuropa neue dem Frieden gefährliche Schwierigkeiten tragen. Dabei ryird indirekt die politische Frage des Anschlusses gestellt, zu der unser Standpunkt bekannt ist. Daher können wir diesen Plan nicht annehmen. Benesch erklärte dann, daß der Plan Berlin -Wien die Friedensverträg«, insbesondere den Vertrag von St. Germai» und das Genfer Protokoll Liber die Sanierung Oesterreich vom 4. Oktober 1922, verletzen würde. Es handle sich hier um eine für die Ruhe und den Frieden Europas wichtig« Angelegenheit. Wir werden die kammende Genfer Lösung, welch« sicher den eurpMschsu Interesse»««spricht und keineswegs örtlich begrenzt nur den I«eeessen einer Seite««sprechen wird, gern an- nehmen. Die Regierungen der Staate» dar Kleinen Entente find in ihrer Ansicht üb« diese ganz« Frag« gleich vom ersten Augenblick an vollkonune» einig, wir gingen einheitlich auch mit der französischen Regierung vor und tarn Vorgehen der britischen Regierung, welche gemeinsam mit der französischen Regierung die Angelegenheit dem Völkerbundsrat vorlegen will, stimmen wir zu. Unsere Regierung bedauert aufrichtig, daß in dieser ganzen Angelegenheit, welche so vital uns und«ine ganze Reihe ander» Staaten, die in Europa — man kann sagen—«ine wirkliche Erregung hervorrief, ein Vorgehen gewählt wurde, das nicht dem G e i st e entspricht, welch» in den Beziehungen der europä- ischen Staaten durch den Völkerbund eingeführt wurde, und daß besonders in dem Augenblick, wo wir uns auf die Schaffung einer guten Atmosphäre für die künstig« Abrüstungskonferenz vorbereiten, auf die internationale Lage dieser schwer« Schatten fiel. Ich glaube, daß dieser Schatten durch die weitere Entwicklung der Ereignisse verschwinden wird. Meine Unter- redungen mit den Vertretern der deutsche» und der österreichischen Regierung sind in sreundschastlichem Geiste und Tone geführt worden, und ich hoffe, daß die freundschaftlichen politischen Beziehungen unser« Staaten dadurch nicht leiden werd«».
Nach den Ausführungen Dr. Beneischs stellten die Kommunisten den Antrag auf sofortige Eröffnung der Debatte über diese Crklä- rungen. Dr. Benesch stimmte dem Antrag zu, sprach aber de» Wunsch aus, diese mst seinem weiteren ausführlichen Expose-a verbinden, welches er in der nächsten Zeit erstatten wolle, 'obald die Situation vollkommen klar sei. Der Antrag der Korrrnu- nisten wurde abgelehnt. Englische Antwort an Brüning . London , 26. März(Eigenbericht). Die Antwort des Reichskanzlers Dr. Br ü n i n g auf den Verhondlungsvorschlag des Außenministers Henderfon in Sachen der Zollunion hat in England äußerst be stürzend gewirkt. Das geht insbesondere aus einem Artikel des„Daily Herald" her- vor. der schreibt: „Die Haltung der deutschen Regierung ist unbegreiflich und beklagenswert. Es ist nicht die Sache Deutschlands oder irgend eines anderen Cinzelstaates, zu entscheiden, was der Völkerbundsrat zu diskutieren für gut befindet. Der Völkerbund hat das klare Recht, Fragen zu prüfen, die unter eine feiner Fassungen fallen, ganz be- fonders aber, wenn ein Mitglied des Windes dieses beantragt. Brüning erklärte, das deutsch -österreichische Abkommen steh« im Ein- klang mit dem Protokoll von 1922, aber Dr. Brünings Urteil ist schwerlich entscheidend. Es kann nur als die Ansicht eines Außen- sttters betrachtet werden, denn es ist die Auslegung eines Ver- troges, der zwischen Oesterreich , England, Frankreich , Italien und der Tschechoslowakei geschlossen worden ist. Die deutsche Regierung ist weder ein internationaler oberster Rat noch ein internationaler Schiedsrichter über die Handlungen des Völkerbundsrates. Und es ist die größte Tollheit, Klagen vorzubringen und Behauptungen aufzustellen, die weder unterstützt noch zugelassen werden können. Wir glauben, daß der Fall Deutschland -Oester- reich ernst ist. Die beiden Staaten sind schlecht beraten, sich durch rauhe UnHöflichkeit selbst zu schaden. Sie sind noch schlechter beraten, wenn sie schwerere Probleme aufrollen, indem sie die Autorität des Völkerbundes herausfordern. Der deutsche Kanzler wird Alt tun, seinen Sinn und seine Art zu andern; in freund- lichem Geist einen freundlichen Borschlog Hendersons anzunehmen, indem er die Streitfrage dem Völkerbund überweist, vertrauend in die Störte fein» nach eigener Ansicht guten Cache." Die Erregung in Frankreich - Poris. 26. März.(Eigenbericht.) Die Zolllommission der Kammer hat in einer längeren Ent- schließung die Regierung aufgefordert, sich dem Zustandekommen dieser Zollunion energisch zu widersetzen; sollte dieser Widerstand fruchtlos bleiben, sollen sofort die Handelsverträge mit beiden Ländern gekündigt werden. Außerdem soll mit den anderen euro päischen Mächten über eine' gleiche Intor Dentin n»»handelt ur o im Fall« von deren Scheitern ein Seneralabkommen mtt Ihnen an die Stelle der einzelne» Handelsverträge gsstsllt werden. Di« Kam- Mission begründet ihr« Forderung u. a. damit, daß ein Zollbünlnis Berlin -Wien das wirtschaftliche und das politische Gleichgewicht Europas g»fähren würde— in ein« Zelt, in der die europäischen Staaten es durch ihre Föderation kansilidieesn wollten. Der deutsch . französtsche Handel sei im Jahre 1930 mit einem Defizit von 3253 Millionen Franken passiv für Frankreich . Die Zollunion Berlin -Wien stände in formellem Widerspruch zu dem Artikel 88 von St. Germain und dem Genfer Sanierungsprotokoll von 1922. Wie der Pariser Korrespondet des„Soz. Pressedienstes" meldet, ist Briand auf das tiefst« verstimmt, weniger über den Inhalt des Protokolls als durch die Methode der Verhandlungen Berlin - Wien . Er hat geäußert, daß diese Methoden dieselben seien, wie die des kaiserlichen Deutschland ; in der jetzigen Zeit d« Völkerverständigung müßten sie auf das schärfst« verurteilt werden. Auch bei den französischen Linksparteien e i n s chl i e ß- lich der Sozialisten hat die Zurückhaltung des Reichs- außenmlnisters Curtius sehr üblen Eindruck gemacht. Man meint, daß Deutschland mtt dem Abschluß dieser Vereinbarung«inen schweren Fehler begangen habe, dessen Folgen sich später noch in sehr unangenehmer Weis« bemerkbar machen würden.
Vorbeimarsch-1% Stunden in Achterreihen! Daß die gewaltige Trauer kundgebung für Hermann Müller «ine der größten sozialdemokratischen Kundgebungen war, die Berlin in letzter Zett erlebt hat, zeigt die Tatsache, daß der Borbet- marsch länger als anderthalb Stunden dauert«. Die Spitz« des Trauerzuges erreichte das Brandenburg» Tor gegen 18 Uhr. Ununterbrochen marschierten die Massen dann üb« den Pariser Platz bis nach 19� Uhr. Und dabei gingen die Arbeiter und Angestellten, Männer, Frauen und Jugendliche, die eben aus Fabrik uno Kontor geeilt waren, m Achterreihen! Neben chen zahllosen Fahnengruppen der verschiedensten Sportorganisationen, der Naturfreunde und d» Arbeiterjugend sielen m dem riesigen Zug be- sonders die in Uniform marschierenden Angestellte» der BVG. und die gleichfalls unfformierten Feuerwehrleute ans, die sogar mtt ein» eigenen Kapell« oertreten waren. Weit« waren in voller Uniform Vertreter der Postbeamten und d« Eisenbahner erschienen. Im Zuge mtt marschierten auch Vertreter der Polizeibeamten in voll» Uniform mtt einem riesigen Kranz. Hervorgehc.ben verdient aber auch das Muster- gültige Avbetten der Berlin » Schutzpolizei . Zweckmäßige Ab- sperrmaßnahmen sicherten«in« reibungslos« Durchführung der ge- waltigen Trauerkundgebung.
Schon bald nachdem sich die Tor« des„Vorwärts"-Gebäudes hinter den letzten Trouergästen um 16 Uhr geschlossen hatten, wurden draußen von der Polizei die für den fast endtosen Trauerzug not- wendigen Absperrungen vorgenommen. Di« Linden- st r a ß e, von der R t t t« r st r a ß e bis zum Halleschen Tor, wurde für jeden Fuhrwerksverkehr gesperrt. Ebenso waren die Seitenstraßen abgeriegelt worden. Lediglich die Straßenbahnen durften mtt kurzer Unterbrechung die Lindenstraße passieren. Der gesamte Fährverkehr wurde beretts am Halleschen Tor üb» die Gttschiner und Alte Iakobstraße abgelettet. Leider kam es an dieser Stell« zu»heblichen, bei dem starken Autovevlehr jedoch um»«- meidlichen Stockungen. Aehnlich« Zustände waren zeitweise am
Brandenburger Tor zu beobachten, die sich aus den not- wendigen Umleitungen ergaben. Es war erstaunlich, welche unübersehbare Menschenmenge be- reits mn 16 Uhr, also bereits Stunden vor dem Vorüberzug des Trauerkonduktes, die Wilhelmstraße vom Belle-Allianee-Platz bis hinaus zum Reichskanzlerpalais zu beiden Setten besetzt hielt. Am Reichstanzlerpalais wurden die Absperrungen beizeiten streng ge- handhabt. Auch vor dem Reichstagsgebäude . am Platz der Republik, harrt« eine oieltaufendköpfige Menge stundenlang aus, um dem V«storben«n die letzte Ehr« zu erweisen. Ueberall standen große Schupooufgebote berett; berittene Abtei- lungen hketten die Fahrdämme frei und sorgten dafür, daß die Absperrungslinien beachtet wurden. » An den Beisetzungsfeierlichketten nahmen für die Stadt Berlin Bürgermeister Scholtz, Stadtverordnetenvorsteher Haß, senior Stadtmedizmalrat Prof. Dr. von D r i g a l s k i und die Stadträte W u tz k y und A h r en s teil. Daneben hatten außer den Radau- Parteien beinahe sämlliche Fraktionen des Rathauses Beauftragte entsandt. Fast vollzählig war die sozialdemokratische Stadtverordnetenfraktion erschienen. Der dänische Gesandte Zahle hat im Ramen der d ä n i s ch e n Regierung, der Genosse Ministerpräsident S t a u n i n g für unsere dänischen Parteifreunde Blumenspenden überbracht. Kriegsopfer ehren den Friedenskämpfer. Es war vielleicht eine der ergreifendsten Einzelheiten au» dem riesigen Trauerzuge zu Ehren Hermann Müllers, die Angehörigen des..Reichsbunde« der Kriegsbeschädigten' zu sehen, die zum Teil mit ihren Selbstfahrern vom„Vorwärts"-Haus bis zur Gerichtstratz« am Kondukt teilnahmen, um ihn durch eine Kranzspende zu ehren. Die Opfer des Wellkrieges ehrten den Mann, der sich in der kritischen Iuliwochc des verhängnisvollen Jahres 1914 mtt allen Kräften um die Abwendung der Katastrophe bemühte und dessen stoatvmännisches Wirken nach dem Kriege der Völker- Versöhnung auf der Grundlage der Gerechtigkeit gewidmet war.