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Morgenausgabe

Nr. 157

A 79

48.Jahrgang

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Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend Illustrierte Beilage Boll und Zeit" Ferner Frauenstimme", Techni?"," Blid in die Büchermelt", Jugend- Borwärts" u. Stadtbeilage

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Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Freitag

3. Apríl 1931 Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einspalt. Nonpareillezeile 80 f. Retlamezeile 5,- RM. Kleine An getgen" das fettgedruckte Wort 25 Pf. Guläffig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Pf., jedes weitere Wort 10 Pf. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Zeile 60 Bf. Familien­anzeigen Zeile 40 Bf Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen­täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Der Krach um Hitler .

Hitler schließt Stennes aus.- Stennes setzt Goebbels ab.- SA. gegen politische Organisation.

München , 2. April

Die Parteileitung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter­partei gibt folgende Meldung aus: Polizeihauptmann Stennes fowie Wehel und Beltjens wurden heute vormittag aus der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei ausgeschlossen." Weitere fünf SA - Führer ausgeschlossen.

München , 2. April.

Die Leitung der NSDAP . teilt mit: Bon der Parteileitung der NSDAP . wurden auf Grund der Vorkommnisse in der Angelegenheit Stennes am Donnerstag folgende Parteigenossen ausgeschlossen: Walter Jahn Berlin , Hans Lustig Stettin, Kurt Kremser Breslau, B. No wad- Breslau, Wilhelm Püstow

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Rostod( Mecklenburg ). NSDAP ."

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München , 2. April. Parteileitung der

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Zwischen den feindlichen Gruppen in der Hitler - Partei hat gestern ein heftiger Krieg mit Erklärungen eingesetzt. Die Barteileitung Hitlers hat Stennes und zwei weitere SA. - Führer aus der Partei ausgeschlossen, sie läßt sich von allen Seiten her Sympathieerklärungen für Hitler gegen Stennes schiden. Die politische Organisation der Hitler- Partei wird gegen die SA. in Bewegung gesetzt. Stennes hat seine Stellung im Parteihaus in der Hedemannstraße bis gestern abend gehalten. Auch der ,, An­griff", der gestern erschien, und der sichtlich mit Mühe zu fammengestellt worden ist, stand noch unter seinem Einfluß. fammengestellt worden ist, stand noch unter seinem Einfluß. Daraufhin erließ die politische Leitung des Gaues Berlin der NSDAP . die folgende Erflärung:

Das bisherige Blatt des Gaues Berlin , Der Angriff". Das bisherige Blatt des Gaues Berlin ," Der Angriff", wird zur Zeit durch die im Verlage angestellten Stennes - Anhänger terrorisiert, so daß es im Augenblick nicht als Organ der NSDAP . zu betrachten ist. Juristische Schritte werden eingeleitet, um diesen Zustand zu beseitigen. Im übrigen hat sich bereits jetzt fast die gesamte Parteigenossenschaft zu Adolf Hitler bekannt, und auch der überwiegende Teil der SA. - Leute ver­wirft die Handlungsweise des Herrn Polizeihauptmanns a. D. Stennes, hinter dem vornehmlich seine Stäbe stehen, als Verrat am Nationalsozialismus und am deutschen Freiheitstampfe. Inzwischen ist der Polizeihauptmann Stennes nebst den Herren Wezel, Beltjens und einigen anderen aus der Partei ausge

schieden und enthebt damit der NSDAP. der Mühe, sie auszu­

fchließen.

Die Parteileitung ist fest entschlossen, durchzugreifen und wird fede Persönlichkeit aus der NSDAP . ausschließen, die sich der Partei­disziplin, die gerade in der jetzigen Notzeit des Vaterlandes bitter nötig ist, widersetzt.

Entgegen den Behauptungen der Linkspresse steht Gau Berlin wie alle norddeutschen Gaue treu zu Adolf Hitler . Die NSDAP . mird gegenüber allen Meuterern rücksichtslos durchgreifen."

Für den Ausschluß hat Stennes fich revanchiert, indem er in einem am Abend erscheinenden Flugblatt anordnete: Goebbels abgesetzt.

Pg. Wetzel Gauleiter von Berlin .

In Ausführung meines Befehls vom 1. prif betr. Ieber. nahme der Führung durch die SA. ordne ich an: Der Gauleiter von Berlin Dr. Joseph Goebbels ist wegen Treu­bruchs feines Postens als Gauleiter enthoben.

Zum Nachfolger bestimme ich Pg. Wezzei, Oberführer, Berlin . Sämtliche politischen Führer haben ausschließlich mit Pg. Wetzel zu verfehren. Alle anderen Anordnungen sind ungültig. Der S.- Führer Ost. gez.: Stennes.

Außerdem hat er die zu ihm stehenden SA. - Führer be­auftragt, alle politischen Funktionäre in ihren Bezirfen, die nicht zu ihm stehen, abzusetzen. In dem Flugblatt heißt es weiter unter der Parole: SA. marschiert. Stennes übernimmt das Kommando":

Heute ist sie das lästige Gewissen, das an das ver ratene Barteiprogramm mahnt, und den Kampf um die alten Ideale des Nationalsozialismus, fordert, im Gegensatz zu der opportunisti schen, versöhnlichen Intereffenpolitik in München . Die E.- Führung denkt nicht daran, ihre arbeitslosen S. Kameraden zur Finanzierung des Braunen Hauses " und als Schacherobjekt für politische Geschäfte mißbrauchen zu lassen."

Während Stennes Goebbels absetzt, hat Hitler auf Vor­schlag von Schulz den früheren SA. - Führer Da lüge zum SA. - Führer von Berlin ernannt. Ein liebliches Durchein­ander!

Angeblich werden über die Besitzverhältnisse am An­griff" Berhandlungen zwischen Hitler und Goebbels auf der einen Seite, und Stennes auf der anderen Seite ge­führt. Stennes foll ferner_beabsichtigen, in Berlin die Agi­tation gegen Hitler und Goebbels in großem Stile aufzu­nehmen.

Hitlers Kasernenhof.

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Die tschechischen Nazis.

Aus der Hexenküche des Prager Faschismus.

Von Rudolf Illovy.

Seit mehreren Wochen ist die tschechische Deffentlichkeit durch den Fall Bergler in Bewegung. Pergler, einer von den drei Abgeordneten der tschechisch- faschistischen ,, Nationalen Liga", wurde am 26. Februar vom Wahlgericht wegen ame­rifanischer und nicht tschechslowakischer Staatsangehörigkeit für mandatsverlustig erflärt. Er war wohl eine Zeitlang tschechoslowakischer Gesandter in Japan , doch die Frage feiner Staatsbürgerschaft wurde bei seiner damaligen Er­nennung nicht erörtert, und er hatte unterlassen, sich um ihre Erteilung selbst zu fümmern. Nun hat sein Klubkollege Stribrny einen Att im Außenministerium stehlen lassen, laut melchem auf eine Anfrage der tschechoslowakischen Ge­sandtschaft in Washington , ob Bergler ein Reisepaß ausgestellt werden könne, die bejahende Ansicht des Innenministe­riums gedrahtet wurde. Deshalb trat das Wahlgericht am 21. März nochmals zusammen und beschloß, dieses Schrift­ftück anzufordern, um eine etwaige neue Entscheidung danach zu treffen.

Der Streit hatte einen Rattenkönig von Polemiken zur Folge. Sensationell wirkte die Feststellung, daß Bergler be­reit war, von Stribrny sich zu trennen und nach Amerika Gie haben teine Fragen zu stellen." Hitlers Telegramm zurüdzukehren, falls er wieder in den Staatsdienst aufge­an Stennes. - Interview mit dem Gausturmführer Wetzel.nommen werden würde. Man kann es Bergler wohl nach­fühlen, daß er als ehemaliger Sozialdemokrat Ueber die Haltung der norddeutschen SA. zu dem Konflikt sich in der Gesellschaft eines Stribrny nicht wohl fühlt. Vor zwischen Stennes und Hitler hat der Oberführer des Gauſturms furzem wurde eine Kommission von 24 Abgeordneten einge­Berlin, Bezel, in einer Unterredung mit einem Bertreter des setzt, um den Ursprung des Millionenvermögens des früheren Preſſeverlages Dr. Dammert folgende intereffante Aufschlüsse gegeben: Ministers Stribrny zu untersuchen. Stribrny hat eine Re­Zunächst haben Sie wohl schon aus dem Rundfunk gehört, daß die gesamte S. Norddeutschlands geschlossen zu Hauptmann Stennes volverjournalistit gegründet, welche durch blutrünstige und überall die Zustimmungserklärung der Ober- und Außerdem lebt sie noch vom Kampf gegen Benesch und steht. Wir haben von Königsberg bis Nordsachsen und Mecklenburg erotische Sensationsnachrichten Leser zu gewinnen trachtet. unterführer. Der Kampf, um den es geht, will nicht neue Masaryk . Stribrny gibt auch ein derart gemeines Wigblatt Biele; Hauptmann Stennes und wir fämpfen für die sozialen und heraus, daß jede Nummer aus Sittlichkeitsgründen beschlag­revolutionären Ideen des Nationalsozialismus, wie sie Adolf Hitler früher vertreten hat. Jetzt hat er sie aufgegeben. Die G2. hat schon nahmt werden muß. Nach diesem Blatt( ,, Schejdrem", d. h. feit langem innerhalb der Partei den Kampf gegen diese Schejbristen genannt. Durch den lüsternen Inhalt seiner SA. Krumm gegangen") werden seine Anhänger furzweg Berfälschung unserer Idee geführt, wie Sie sehen, ohne Erfolg. Durch die unerhört unanständige Art, in der die Absetzung Schundpresse schafft sich Stribrny Anhänger unter Klein­Don Hauptmann Stennes erfolgt ist, hat er gezeigt, welcher Geist jetzt bürgern und Staatsbeamten. Die ganze Gesellschaft der in München herrscht. Die SA. denkt nicht daran, sich dadurch irgend wegen Unehrlichkeit und Korruption, wegen Unfähigkeit und wie beirren zu lassen. Sie fämpft weiter für die alten Ziele, wenn Pflichtverlegung entlassenen und zurückgesetzten Würdenträger, es sein muß auch gegen Adolf Hitler ." Don Strebern nach Macht und Geld, von Leuten, die in ihren hochtrabenden Hoffnungen enttäuscht worden sind und von allerhand anrüchigen Individuen gehört zu den begeistertsten Anhängern der Schejdriftenpartei. Zu ihr zählen auch Leute, die in Stribrny einen tschecheschen Hitler sehen, und hoffen, daß er die Republit von Juden und Deutschen reinigen" werde. Ein politisches Programm hat die Schejdristenpartei nicht.

,, Wie ist die Absetzung von Hauptmann Stennes eigentlich er folgt?"

Die Sache mit dem Eitbrief, in dem Hauptmann Röhm Stennes die Absetzung mitteilte, fennen Sie ja. Sie war durch die Presse bekannt, bevor der Eilbrief in die Hände von Hauptmann Stennes gelangte. Was aber nicht bekannt ist, ist die Tatsache, daß Hauptmann Stennes sich noch nach Empfang des Eilbriefes am Mittwochabend um eine Bei legung des Ronflittes bemüht hat. Er telegraphierte nach Weimar an Adolf Hitler und erfundigte sich, ob die Verfügung Röhm gegen ihn zu Recht bestehe. Das Antworttelegramm

Hitlers lautete mörtlich:

Sie haben keine Fragen zu stellen. Sie haben einen gegebenen Dienstbefehl auszuführen und mit den( bezeichneten) Oberführern hierher nach Weimar zu kommen. Adolf Hitler ."

Die Stimme des Sprechenden bebt einen Augenblid in auf brechender Empörung: Hier haben Sie den Beweis, wie man mit Stennes verfahren ist und wie man den besten Kräften der NSDAP. , den SA. , zu begegnen wagt!"

,, Betrachtet sich die SA. Norddeutschlands durch das Borgehen Hitlers aus der Partei ausgeschlossen?"

,, Nein, in feinem Fall, wir werden weiter fämpfen. Die Ent­

wicklung ist vorläufig noch durchaus in der Schwebe. Sie wiffen, die NSDAP . ist ein eingetragener Verein. Wenn ein so großer Teil der Mitglieder gegen den Vorsitzenden revoltiert, müßte eigent lich der Vorsitzende gehen. Wahrscheinlich wird es in wenigen Tagen zu einer Versammlung tommen, in der diese Dinge entschieden werden. Solange die Entscheidung nicht ge fallen ist, denten wir nicht daran, aus der Partei auszutreten."

,, Da nach Ihren Worten die Auseinandersehung zwischen Hitler und Stennes sich noch immer im Rahmen der Partei vollzieht, wäre doch eine Beilegung des Konflikts möglich. Glauben Sie daran?"

" In der Person des Hauptmanns Stennes foll die gesamte S2. getroffen werden. München hatte vergessen, daß einstens die Opfer bereitschaft und Einfachheit die Partei geschaffen und hochgebracht haben. Heute errichtet man um millionenbeträge das Braune haus " in München , während die ein zelnen SA. Männer feinen Groschen haben, um ihre zerriffenen Stiefel instand feßen zu laffen. Die SA. hat der Partei in ihrem Kampfe zu Laufenden von Mandalen in Reich, Ländern und Kommunen verholfen. Heute hat die SA ihre Schuldigteit getan, fie lich mürben. fann gehen

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Oberführer Wetzel zuckt die Achseln: Was die SA. verlangen muß, wenn ein Ausgleich herbeigeführt werden sollte, ist, daß die sozialen und revolutionären Ziele der SA. unbedingt in der Partei­zentrale zum Siege gelangen. Auf Kompromiffelaffen wir uns nicht ein. Sollte man von München aus diesen Dingen zu stimmen, dann stünde der grundfäßliche Sieg der SA. Ideen für uns so im Vordergrund, daß alle Personalfragen nebensä ch

( Siehe auch 3. Geite.)

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Der dritte im Bunde, der abgefeßte Generalstabschef Gajda ist ein lebender Leichnam. Mit Stribrny ist er übers Kreuz und schleudert ihm in seinem Wochenblatt oft heftige Beleidigungen zu. Gajda bekennt fich offen als Faschist, während Stribrny von sich behauptet, Nationalsozialist mit sozialem Einschlag zu sein. Gajda ist am 7. März, dem Ge­burtstage Masaryks, die unverdiente Ehre zuteil geworden, daß durch Ungeschicklichkeit eines Zensurbeamten sechs Prager Morgenzeitungen, darunter auch Regierungsviätter, wegen feiner abfälligen Aeußerung über das Parlament beschlag­nahmt worden sind.

Die Nationaldemokraten( Kramarsch- Partei), welche den haben, beginnen jetzt der Gefahr bewußt zu werden und Faschismus in der Tschechoslowakei groß gezüchtet warnen ihre Parteiangehörigen, die Nationale Liga nicht mit der Nationaldemokratie zu verwechseln. Auch die tschechischen Agrarier bemerken, daß ihnen Herr Stribrny Anhänger weg­

fischt, und ordnen Abwehrmaßregeln gegen seine Agitation unter den Bauern an. Trotz alledem bleiben beide Parteien im Schlepptau des schejdristischen Faschismus. Sie machen aus ihrer Feindschaft gegen alle linksstehenden Faktoren kein Hehl und unterstüßen mit Freude alles, was der Reaktion und dem Kampf gegen den Sozialismus und gegen die ,, Burg " dient. Diese selbstmörderische Politik wird sich an ihnen bei den nächsten Wahlen rächen.

Die Nationaldemokraten, die Partei des Finanz- und Industriefapitals, haben, um ihre Stimmenzahl bei Wahlen zu verbessern, vor einigen Jahren eine Arbeiterfettion, die gelbe ,, Nationale Vereinigung", gegründet, welche in der legten Zeit ehemalige Kommunisten durch Geld und Ver­fprechungen zu gewinnen trachtet. Die Vorgängerin der