Der Kampf um die Hedemannstraße. Stennes gibt die Druckerei frei, bleibt aber im Gaubüro.
In Abwesenheit des in München weilenden Gauleiters Goebbels gibt der stellvertretende Gauleiter der NSDAP . Dr. Manshausen folgende Mitteilung heraus: Am Donnerstagabend versammelten sich sämtliche Bezirks und Sektionsführer des Gaues Groß- Berlin der NSDAP . und erklärten sich einstimmig für die Maßnahmen Adolf Hitlers gegen Hauptmann Stennes, dessen Verhalten auf das schärfste verurteilt wurde"
Die Berechtigung zur Herausgabe einer solchen Erklärung wird aus den Kreisen um Hauptmann Stennes mit der Begründung bestritten, daß eine Reihe der hier genannten Bezirks- und Sektionsführer gleichzeitig SA. - Leute seien, nachweislich an der Versammlung auch nicht teilgenommen hätten und daß es eine andere SA. als die des Hauptmann Stennes in Berlin nicht gebe.
Bon seiten der Gauleitung wurde weiter mitgeteilt, daß die bisher von der Stennes- SA. bejezt gehaltene Gaugeschäftsstelle der Partei in der Hedemannstraße, in der sich auch die Redaktion des Goebbels- Organs„ Der Angriff" befindet, am Donnerstagabend geräumt worden sei. Es wird angekündigt, daß die Geschäftsstelle von Hitlertreuer SA. besetzt worden würde.
Die Stennes- SA. stellt demgegenüber fest, daß von ihr lediglich 12 Mann, die die Druckerei bewachten, zurückgezogen worden seien, da ohnehin ein Polizeirevier in der Nähe sei und Gefahr für eine Beschädigung der Druckerei damit nicht bestehe. Dagegen sei die Gaugeschäftsstelle felbst nach wie vor von der SA. besegt. Darüber hinaus gibt Hauptmann Stennes eine neue Erklärung heraus, die beweist, daß er nicht gewillt ist, das Feld freiwillig zu räumen. Die Erklärung besagt:
Zahlreiche Pressemeldungen ermeden bewußt falsche Vorstellungen über die Lage in der nationalsozialistischen Bewegung in Berlin . Sie liegen begründet in planmäßig verbreiteten Falschmeldungen der heute abgeseßten Bauleitung( Goebbels ). Da die Zersehungsarbeit der Münchener Parteileitung, die in der wortbrüchigen Absehung von Hauptmann Stennes gipfelte, als verräterisch abgewendet werden mußte, wurde die Führung von der SA. übernommen."
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Techow und Heines.
Der Rathenau Mörder und der Fememörder. Vor dem Berliner Parteibüro der NSDAP . fam es am Donnerstag wiederholt zu Ansammlungen und Diskussionen zwischen Anhängern und Gegnern Hitlers . Die Polizei sah sich des halb veranlaßt, ihre Patrouillen in der Hedemannstraße zu verstärten. Das Berliner Tageblatt" meldet dazu u. a. noch:„ Als der Adjutant des von Hitler ernannten Berliner S.- Kommandeurs, der Fememörder Heines, am Donnerstagmittag versuchte, in ber Hedemmanstraße mit den 52- Leuten zu verhandeln, soll es zwischen ihm und dem am Rathenau Mord beteiligten Techom bei nahe zu einer Schlägerei gefommen sein. Dabei soll Techom geäußert haben:„ Dazu haben mir den Rathenau umgebracht, daß Ihr Bürgerbonzen euch jest hier hereinfegt!"
Hedemannstraße.
Was ist der Grund des Hin und Hergerennes, Bas fegen die G. fich jah in Trab?
..Heil Hitler!" ruft es hier, und dort Heil Stennes!" Stennes fett Goebbels, Hitler Stennes ab.
Der wird geohrfeigt, und der wird ge- osaft, Nicht mal vor Fememördern macht man halt. Ne Kinderchens, ich bin gewiß nicht boshaft, Doch freu ich mich, wenn Heines Bade fnallt. ,, Mein Mordfollege, merde hier nicht frech, oh! Sonst mirst bu ganz wie Rathenau gefillt!" Der dieses äußert, ist der Heinz Gerd Techom. Wir find nun über das Mileu im Bild.
Hier stehen Gemütathleten von Kaliber, Hier tommandiert die Handschuhnummer zehn.
Urd sicher, ist der Zauber erst vorüber, Wird man sogar Herrn Goebbels wiedersehn.
Jonathan.
Prinz Auweih wird widerlegt! Die Vorfälle auf dem Hauptbahnhof in Königsberg . Königsberg , 2. April. Der Regierungspräsident von Königsberg hat aus Anlaß der Vorwürfe, die gegenüber der Polizei wegen ihres Einschreitens auf dem hiesigen Hauptbahnhof am 20. März in verschiedenen Zeitungen und in einem Offenen Brief des Schriftstellers Hans Grimm erhoben worden sind, eine Untersuchung vorgenommen. Dabei sind 53 Personen, und zwar sämtliche beteiligten Polizeibeamten und 9 Beamte und Angestellte der Reichsbahn über die Vorfälle angehört worden. Aus diesen Ermittlungen hat sich, wie der Regie rungspräsident mitteilt, ergeben, daß die schweren Bor mürfe in wesentlichen Puntten unbegründet sind. Vor allem find von den Polizeibeamten vor und auch während der Anwendung des Polizeifnüppels Aufforderungen zur Räumung des Bahnsteiges ergangen. Auch eine schwere, z. T. handgreifliche Belästigung durch die Polizei hat nicht festgestellt werden können. An dem fraglichen Abend find 500 Bahnsteigfarten mehr verkauft worden als durchschnittlich an sonstigen Tagen, obwohl an dem Tage feine besonderen, einen Mehrverkauf begründenden Ereignisse waren. Die Polizei ist schwer geschmäht worden, z. B. haben Zeugen Ausbrüde angegeben wie Bluthunde", müppelgarde", Ihr Mörder", Ihr grünen Lumpen". Auch ist den Polizeibeamten tätlicher Widerstand geleistet worden: Tritte ins Gefäß und in den Leib, Schläge an Backe, Schläfe, Genic und Schläge an den Tschalo. Beiter sind sie mit Stöden und anderen Gegenständen bedroht worden. Gegen mehrere Bersonen ist bereits ein Straf verfahren wegen Widerstandes gegen die Staatsgemalt eingeleitet worden. Die Behauptung, ein Polizeioffizier habe feine Beamten aufgefordert, dem Prinzen ordentlich eins reinzuwischen", bestreiten die Polizeioffiziere aufs entschiedenste.
Der neue Bizetönig von Judien Lord Willingdon hat am Donnerstag London verlassen, um sich auf seinen Boften in NeuDelhi zu begeben
Ostern im braunen Hause. C
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Hitler
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Volkischer Beobachte
Plener Ausgab
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Heute begeht die christliche Kirche einen Feiertag, der an den Opfertod ihres Gründers erinnern soll. Nach der Ueberlieferung wurde der Nazarener Jesus durch römische Kriegstnechte ans Kreuz geschlagen, weil er sich zum König der Juden hätte machen wollen. Das Bolf, das furz vorher ihn mit Hosianna!" begrüßt hatte, schrie fegt Kreuzige ihn!". Und um die Strafe des Todes für ihn besonders entehrend zu machen, errichtete man sein Kreuz zwischen denen zweier ,, Schächer", was mir heute etwa als„, frimineller Verbrecher" bezeichnen würden. So lehrt es die Ueberlieferung, fo Lernen es die christlichen Kinder aller Sonfeffionen, und heute mird die Ueberlieferung von allen Kanzeln wiederholt.
Es ist nicht unsere Aufgabe, den Lehrsagen der Religionsgemeinschaften nachzuspuren. Wenn mir heute ausnahmsweise daran erinnern, so beshalb, meil ber überlieferte Borgang vor turzem in einem Prozeß vor dem Gericht in 3midau Gegenstand sehr peinlich mittender Erörterung murbe. Dort mußte fich ber Rebatteur unseres Parteiblattes, Genosse Walter Victor, megen Gotteslästerung verantworten, und er wurde zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Das Urteil hatte aber eine Borgeschichte: Nachdem der Staatsanwalt die Anflage er hoben hatte, fprad bas 3midauer Gericht zunächst frei Das Reichsgericht hob als Revisionsinstanz dieses freifprechende Urteil auf. Erst in zweiter Berhandlung tam bem Schöffengericht mun die Erleuchtung. daß der sozialdemokratische Redakteur den gefreuzigten Christus und damit den christlichen Bottesbegriff habe. lästern", also roh beschimpfen wollen.( Bergehen gegen§ 166 des Strafgesetzbuchs.) Da man ihm den positiven Borsatz zu solch sträflichem Tun beim besten Willen nicht nachweisen fonnte, begnügte man sich mit dem dolus eventualis", dem ,, bedingten Vorsag", das heißt, man konstruierte, der Redakteur habe mit der Möglich feit rechnen müssen, daß die vom Staatsanwalt angegriffene Notiz als Gotteslästerung bei den Lesern empfunden werde. Wenn er aber mit solcher Möglichkeit rechnete und sie trotzdem veröffentlichte, so habe er dieses Empfinden auch gewollt. Deshalb und so weiter...
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Den Anlaß zu dem ganzen hochnotpeinlichen Verfahren bot eine Anekdote, die in dem Wigblatt- Teil des 3widauer Volks blattes" veröffentlicht wurde. Darin war in 20 Zeilen er zählt, daß ein zu lebenslangem Zuchthaus verdammter Sünder fich zum Sterben legen wollte und kurz zuvor die Bitte aussprach, der Gefängnisdirektor und der Anstaltsgeiftliche möchten an seinem Sterbelager Platz nehmen. Das geschah. Als nun der Geistliche den Sterbenden fragt, ob er noch einen Wunsch habe, antwortet dieser: Nein, ich kann jetzt ruhig abreisen. Unser Jesus starb ja auch zwischen zwei halunten."
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Dieser Satz hat es dem Staatsanwalt, dem Reichsgericht und schließlich auch dem Zwidauer Schöffengericht angetan. Der Hin weis auf die Tatsache, daß es sich um eine Anekdote handle, die bestenfalls eine Kritit oder eine Berulfung des Strafvollzugs darstelle, daß sie aber mit dem christlichen Lehrgebäude auch rein gar nichts zu tun haben sollte dieser Hinweis wird vom Gericht mit einer Handbewegung abgetan. Dafür aber werden viele, viele Seiten lang juristisch- philosophische Beweise dafür aufgeführt, daß die gedankliche Verbindung des gefreuzigten Nazareners mit dem bestraften Zuchthäusler in Wirklichkeit eine ,, Lästerung Gottes " dar stelle, für die eine Gefängnisstrafe von vier Monaten als notwendige, aber auch ausreichende Sühne“ erschien.
Staatstheater.
Ernst Penzoldt :„ Die Portugalefifche Schlacht".
Bhantafie eines jungen, doch schon sehr altflugen Dichters über die halb historische Anekdote vom Portugiesenfönig Sebastian, deffen Doppelgänger geföpft wurde, dessen Doppelgänger aber vielleicht auch der König selber war. Das epische Schauspiel verfällt in Operette, Tragödie und psychologisches Mysterium. Da das Mysterium erst am Ende drei sehr belasteter Stunden tommt, ging das Rätsel den Bernünftlern im Barfett gentnerschwer auf die Rerven. Trogdem fonnte fich der Dichter bei einigen dankbaren M. H. Zuschauern für schönen Beifall bedanken.
Man kann sogar der
Wir wollen hier nicht untersuchen, ob die veröffentlichte Anekdote literarisch wertvoll oder sonst so bedeutend sei, daß um ihretwillen überhaupt ein Prozeß nötig war. Meinung fein, daß die Wendung von„ Jesus zwischen zwei Halunten" nicht einmal eine gute Pointe fet. Aber mit aller Entschiedenheit muß bestritten werden, daß darin eine Lästerung Christi und damit des christlichen Gottesbegriffes zu finden wäre. Wenn wir nicht irren, hat nach der christlichen Lehre Jesus von bazareth fich doch gerade der 3öllner" und anderer Sünder angenommen. Seißt es nicht im Evangelium( Markus 2, 16, 17):
Und die Schriftgelehrten und Pharifaer, da fie fahen, daß er mit den 3öllnern umb Sunbern ab. fprachen fie zu feinen Jüngern: Warum iffet und trintet er mit ben 35finern und Sündern?
Da das Jesus hörte, sprach er zu ihnen: Die Starten bedürfen feines Arztes, sondern die Kranken. Ich bin gelommen, zu rufen die Sünder zur Buße, nicht die Gerechten."
Das alles gehört zur chriftlichen Glaubenslehre. Im Jahre 1931 aber findet sich ein deutsches Gericht, das schon die bloße ge bantliche Verbindung des Jesus von Nazareth mit einem„ Sünder" ( in biblischem Sinne) als Gotteslästerung erflärt!
Uns scheint, durch das Urteil von Zwidau wird mehr gefündigt, als durch jene Anekdote; denn dieses Urteil verge. waltigt den Sinn der christlichen Lehre und außerbem: es schlägt geradezu den Sinn fürs Recht ans Kreuz! Es wird Zeit, daß es im Berufungsverfahren aufgehoben wird.
Gemeinden und Krisenfürsorge.
Der Reichsrat fordert eine Uebergangsmaßnahme.
Der Reichsrat hat gestern beschlossen, gegen die vom Reichstag verabschiedete 2 e nderung des Fleisch beschaugejeges mit der Begründung Einspruch einzulegen, daß die Gemeinden nicht mitten im Etatsjahr den entstehenden Gebührenausfall tragen tönnten.
Der Reichsrat befaßte sich dann abermals mit dem in der letzten Sigung gestellten bayerischen Antrag, der die Belastung der Gemeinden durch die Wohlfahrtserwerbs. lofen fürsorge zum Gegenstand hat.
Der Berichterstatter wies darauf hin, daß die schwere Belastung der vom Arbeitsamt anerkannten Wohlfahrtserwerbslosen seit September 1930 um rund 218 000 auf 665 000 angewachsen. Im Laufe der nächsten drei Monate sei ein weiteres Ansteigen um 200 000 in Preußen zu erwarten. In Berlin , wo bisher 140 000 Wohlfahrtserwerbslose vorhanden sind, trete am 1. April mit einem Schlage eine Vermehrung um 15 000 ein, was eine monatliche Mehrausgabe von% Millionen Mart bedeute. In Sachsen seien die Zahlen noch betrüblicher. Diese Lasten könnten von den Gemeinden mit ihren Mitteln nicht mehr getragen werden. Die Reichsregierung habe ihre besondere Aufmerksamkeit bereits dieser Frage zugewandt und eine Regelung zugesagt, sobald das Gutachten der Sachverständigen vorliege. Darauf fönnten aber die Gemeinden nicht warten. Es müsse als llebergangsmaßnahme irgend etwas geschehen. Von den Ausschüssen sei daher einstimmig folgende Entschließung angenommen worden:
der Gemeinden genügend bekannt sei. In Preußen sei die Zahl
,, Der Reichsrat beschließt, die Reichsregierung zu bitten, un verzüglich Maßnahmen zu treffen, die verhindern, daß die Gemeinden durch das Einströmen von Krisenfürsorgeempfängern in die Wohlfahrtserwerbslosenfürsorge seit dem 28. März 1931 weiter belastet werden, ohne daß ihnen entsprechende Mittel zusäßlich überwiesen werden."
Ministerialdirektor Dr. Weigert vom Reichsarbeitsministe rium erklärte, daß die Reichsregierung das schwierige Broblem volltommen anerkenne. Im Augenblid ständen Mittel nicht zur Verfügung, um der Entschließung Rechnung zu tragen. Die Reichsregierung werde unverzüglich nach der Osterpause zusammentreten, um gerade diese Frage eingehend zu erörtern. Der Antrag der Ausschüsse wurde einstimmig anges
nommen.
Die nächste Reichsratsfizung wird erst Ende April stattfinden.