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Nr. 1 62 48. Jahrgang
des Vorwärts
Mittwoch. 8. April 4 934
Sgon&riedell:
Qeheimnis der 9£absburger
Dorauqeilend hat Rudolf von Habsburg   den ganzen Matcriabs- mus der späteren siädtijchen Kultur in sich bereits erlebt und in- korniert in einer Zech die die Zusammenhänge� des Lebens noch norwiegend romantisch sah. Es ist weder einem kuriosen Zufall, noch einem schlauen Frontwechsel der kurfürstlichen Politik zu per- danken, daß nach den Hohenstaufen ein solcher Mann auf den Thron gelangte In diesem Geschlecht hatte die Kaiseridee ausgeblüht, das deutsche Königtum hatte von nun an nur noch zwei Möglichkeiten: entweder völlig abzudanken oder sich aus ein« völlig neue Basis zu stellen, sein Gesicht so vollständig zu verändern, daß eine Negation de» Bisherigen herauskommen mußte. Dies tot Rudolf von Habs- bürg: darum mar er der rechte Mann. Und es ist klar, daß auch nur ein Mensch nut solchen Clgenschosten im Deutschen Reich Ord- nung schaffen tonnte: ein völlig feuerloser, idcalloscr, nur auf das Handgreiflichste und Nächste gerichteter, dies aber fest und sicher erfassendes Geist. Rudolf von Habsburg   ist der erste große Philister der neueren Geschichte, der erste bürgerlich orientierte Mensch un Königsmantel: in chm gelangte der Geschäftsmann, der Real- Politiker, der Hausmachtschieber, ans Staatsruder, der Mann ohne Borurteile, das heißt: ohne Gewisien und ohne Phantasie. Eine eigentümliche, fast unheimliche Glanzlpsigkeit liegt um seine Gestalt und seine Regierung. Wie sein Gewand, so war dieser ganz» Mensch: grau, farblos, abgetragen, unansehnlich, unrepräsen- totiv. Seine vielgerühmt«.Schlichtheit hat ihre Wurzel teils in schlauer Berechnung, einem Werben um Lesebuchsyinpathien, teils in Kleinlichkeit und Geiz, tells tn einem völligen Mangel an Tem- perament. Er war eine vollkommen amusische Natur: ohne Ler- sändnis oder auch nur Sympathie für die Künste, gegen die Dichter seines Hofes knauserig und sie nur so weit fördernd, als er in ihnen einegute Presse" witterte, wie er denn überhaupt olle Menschen unter dem Gesichtspunkt seines persönlichen Borteils ansah, den er ebenso vorsichtig zu erspähen wie energisch festzuhalten wußte: der Prototyp des biegsamen und zähen, fischblütigen und gewalttätigen, versierten und skrupellosen Selfmademan. Römisch war er aus reiner Politik, weder aus Frömmigkeit noch aus Ueberzeugung, auch nicht au« Bigotterie: den» in diesem engen Herzen hatte nicht ein- mal der Fanatismus Platz. Er war wie alle Geschäftsleute sehr peinlich um den äußerlich guten Ruf der Firma besorgt, was ihn natürlich nicht hinderte, wenn er sich vertuschen oder beschönigen ließ, zu den gröbsten Unredlichkeiten und Brutalitäten zu greifen und, wo es nur anging, zu schnorren und zu erpressen. Sehr treffend sagte Johannes Schere von ihm, daß er heutzutage wahr­scheinlich an der Börse gespielt hätte wie Louis Philipp. Er er- innert auch darin an einen modernen Finanzmonn, daß er die lypisthc Börsoanerf exu aliiöt besaß, jene grobe Form d-r Geilheit und Potenz, die bei großen Geldmännern sehr häufig angetroffen wird. Schon die Zahl seiner legitimen Kinder war sehr groß, und er heiratete noch mit sechsundsechzig Jahren ein vierzehnjähriges Mädchen, aber auch das scheint ihm nicht genügt zu hal'en, denn er hielt sichauf Anraten der Aerzte" dazu noch mehrere Mätressen. Der Instinkt der Geschichte hat aber trotz oder vielmehr wegen dieser dubiosen Eharaktereigenschaften durchaus das Richtig« ge- troffen, wenn er in ihm den Inaugurator einer neuen Zeit und >m besonderen den Begründer der österreichischen Grußmacht erblukt hat. Denn er mar es in der Tot, der den Kanevas geschaffen hat. nach dem Oesterreich groß geworden ist und ollein groß werden konnte: er ist der Urheber der Austria-Nube-Politik und Erfinder jener Taktik des..Temporifierens", Lavierens, Hinhaltens, halben Versprechens, die sich sechs Jahrhunderte lang für die Habsburger  in erfolgreich erwiesen hat. und er hat schon damals mit klarem Bück die Traisen für das spätere osterrcichisch-ungarische Staatsgebilde abgesteckt: Bähmen, Ungar», Siidslawien, gruppiert um den festen Kern der deutschen   Stammländer. Er war die siegreiche Berkörpe- rung eines Seelenzustandes, den die Welt erst viel später in semer Nützlichkeit und in seiner Nichtsnutzigkeit begriff und dem erst Kürn- berger einen Name» gegeben hat: der österreichischen   Haus-, Hos- und Staat sp flicht: nicht zu sein« sondern zu scheinen." Den höchsten Gipfel seiner Macht hat das Haus Hoäsburg unter Karl V.   erreicht, der sein ganzes Leben long von'unerhörtein Glück begleitet war: stegreich gegen innere und äußere Feinde, gegen auf- ständische Spanier und Niederländer  , gegen Päpste und Ketzer. deutsche   Fürsten und tunesische Seeräuber, Franzosen   und Eng- länder, Indianer und Türken; und doch hoben olle diel« Siege im Grunde zu nichts geführt, was wert wäre, in der Geschichte der europäischen   Kultur als bedeutsam oerzeichnet zu werden. Dies: das Leerlaufen oller seiner Erfolge lag in seinem Charakter und. im Eharakter der Habsburger   überhaupt. Dieses Geschlecht, das ein halbes Jahrtausend laug die Geschicke Europas   so wesentlich mitbestimmt hat, ist«in psychologisches Rätsel. Hevmann Bahr sagt in einer MonographieWien  ":Ü:ster den hobsburgischen Fürsten sind genialische und simple, stürmische und stille leutselige und mürrische, siegend- und geschlagen«, gesellige und vereinsamte gewesen, Menschen jeder Art. aber allen ist gemein, daß ihnen der Smn für das Wirkliche fehlt." Und in semer Schrift Da? Geschlecht Lzobsburg" bezeichnet Erich von Kahler   als einen der entscheidendsten Grundzüge der Habsburger   ihre Entrück, heit. Wenn etwas die Habsburger   unter den Sprosien anderer Go- schlechter besonders auszeichnet, so ist es dies, daß sie alle... stetig von Geheimnis umzogen sind. An jedem von ihnen und tn jeder von ihren Bewegungen, von der Staatsaktion bis zum unwilllür- Uchen Wenden d'es Körpers spürt man ein Ferngehaltcnsein." Die «in« Beobachtung ergänzt die andere. Sie hatten keinen Sinn fürs Wirkliche, weil sie selbst nicht wirklich waren. Der Bischof Liud- prand von Cremona  , der um die Mitte des IE. Jahrhunderts Kon- stantinopel besuchte, berichtet über seine Audienz beim byzantinischen Kaiser:Nachdem ich zum dritteiniml nach der Sitte m-ch vor den, Kaiser anbetend in den Staub geworfen Hatto, erhob ich mem Zsnllitz, und ihn. den ich eben noch in mäßiger Hohe über der Erde hatte thronen sehen, sah ich jetzt in ganz neuem Gewand fast die Decke der Hall« erreichend. Wie das kam, konnte ich nicht begreifen. «zenn er nicht vielleicht durch eine Maschine emporgehoben wurde." Euiok derartigen Maschinerie haben sich die Habsburger   auf psycho- lggischem Gebiet hedient. Oder eigentlich gor nicht dedient: e» war ihronalüriiche Mg ist und ererbt- Fählgfest. in jedem Äutzondlick ..V ganz neuem Gemanh" hoch über der Erde schwohen zu können. Alle Habsburger   kann man irgendwie auf dies« Generalnenner dringen. Sie sind da und nicht da. zugleich stärker al» da« Wirtlich« mch schwächer als das Virffiche. wie ein Alpdruck, et» böse? Trau«.
Sic sind diaphan. zweidimensional, nicht zu sasien. Sie haben keine Brücken zu den Menschen und die Menschen keine zu. ihnen. Sie sind Inseln.Die Wirklichkeit soll sich nach ihnen richten, nicht sie sich nach der Wirklichkeit": aber das wäre ja die Definition des Genies; denn was ist das Genie anders als ein höchst gespannter Wille, der die Welt, die Zeit gebieterisch nach seinem Ebenbild modelt> Aber sie waren leider keine Genies. Ohne diese Voraussetzung jedoch ist, wer eine solche Veranlagung besitzt, ein gefährlicher Phantast, ein Feind de- Menschengeschlechts. Sie haben aus einer selbstgeschafse- ncn Scheinwelt heraus, die sie nie verliehen, jahrhundertelang die wirkliche Welt beherrscht: ein sehr sonderbarer Vorgang. Nur die Kehrseite dieser seltsamen Vcrstiegcnheit ist die große Nüchternheit, der Mangel an Begeisterung, Schwung, Hingabe, wo- durch alle Habsburger charakterisiert sind. Und im Zusammenhang damit steht ihre vollständige Unbelehrbarkeit, der berühmte Habs- burgische Eigensinn, der es verschmäht, an Menschen, Dingen, Creig- nissen etwas zu lernen, am Leben zu wachsen und sich zu wandeln: sie haben alle keine Entwicklung. Ob sie papistische Fanatiker waren wie Ferdinand II.   oder liberale Weltverbesserer wie Josef II.  , starre Legitimisten wie Franz I.   oder halbe Anärchisten wie der Kronprinz Rudolf  , immer nehmen sie die Materialien zu dem Weltbild, das sie der übrigen Menschheit aufzwingen wollen, ganz aus sich selbst, wie die Spinn« die Fäden zu ihrem Gewebe aus ihrem eigenen Leibe zieht. Für alle diese Eigenschaften kann Kaiser Franz Josef I.  als klassisches Beispiel dienen: in einem fast neunzigjährigen Leben ist chm nie irgendein Mensch, irgendein Erlebnis nahe gekommen. in einer fast siebzigjährigen Regierung hat er nie einem Ratgeber oder dem Wandel der Zeiten Einfluß auf feine Entschließunzen ein- geräumt, nie ist ein farbiges oder auch nur ein warmes Wort, eine starke Geste, eine besonders hohe oder besonders niedrige Handlung, die chn als Bruder der übrigen Menschen enthüllt hätte, von ihm ausgegangen: es war, als ob die Geschichte alle Wesenszüge des Geschlechtes in dem letzten Habsburgischen   Herrscher noch einmal vor-
bildlich hätte zusammenfassen wollen. In dem letzten: denn dies ist der tragisch-iranische Epilog dieses s echshundertjährigen Schicksals die große Reihe endete mit einer Rull. Karl I.   war nur«in Linienofsizisr. Die Zeit des Geschlechts Habsburg   war erfüllt. Mit jenem anderen Karl dem Ersten aber, der als deutscher Kaiser der Fünfte hieß, beginnt die Reihe der echten Habsburger  . Maximilian war noch ein normaler deutscher   Fürst: helter, spart- jreudiz, redselig, von liebenswürdiger Sprunghostigkeit, für alles mögliche lebhaft, wenn auch etwas oberslächlich interessiert, ein Mensch unter Menschen. Um seinen Enkel liegt der Habsburgische Flor. Wer hat je in seiner Seele gelesen? War er ein Macht- besessener, ein unersättlicher Löndcrsresser, der alles Nahe und Ferne dem Riesenleib seines Weltreiches assimilieren wollte: afrikanische Küsten, amerikanische Märchenreiche, Italien  , Deutschland  . Ostfrank- reich? Aber von seinem Erbe verschenkte er schon beim Antritt seiner Regierung fast die Hälfte an seinen Bruder und aus der Hohe seines Lebens dankte er plötzlich ab, ging in ein Kloster, wurde Gärtner   und Uhrmacher und ließ seine eigens Totenmesse lesen. War er ein treuer Sohn der römischen Papstkirche, der gewaltsam das Mittelalter ver- längern und die Kirchenspaltung um jeden Preis verhindern wollte? Aber er hat fein halbes Leben lang den Papst erbittert bekämpft und seine Landsknechte hoben das heilige Rom   in der furchtbarsten Wesse geplündert und verwüstet. War er deutsch   wie sein Vater, spanisch wie seine Mutter, niederländisch wie seine Heimat, französisch wie seine Muttersprache? Er war nichts von alledem: er war ein Habsburger  . Tizian   hat in seinen beiden Bildnissen mit fast unbegreiflicher Genialität dieses geheimnisvoll«, weltentrückte, außermenschlich« Wesen des Kaisers ersaßt. Im Morgengrauen läßt er ihn über das Schlachtfeld von Mühlberg reiten: als schwarzen, gepanzerten Ritter, mit eingelegter Lanze langsam daherkommend wie ein unwidersteh- liches Schicksal, ein Sieger, der ober seines eigenen Triumphes nicht froh werden kann: die Welt liegt ihm zu Füßen; aber was ist die Welt? Und auf dem Münchener   Porträt läßt er chn einfach still dasitzen, in schlichtes Schwarz gekleidet, den Blick in unergründlich« Fernen gerichtet, als fei alles um ihn herum Luft oder Glas, durch dos er teilnahmslos hindurch sieht: ein tief einsames, gegen alles Leben völlig abgeriegeltes Geschöps; die ganze Tragik des Herrschers ist in diesen Gemälden aufgefangen und der ganze Fluch dieses Geschlechts, kein Herz besitzen zu dürfen.
Johannes T.Jenfen:
Qorra und der Sklave
Gorra, der Ackerbauer, hatte sich einiges Geld erspart und wanderte zur Stadt, um sich einen Sklaven zu kaufen. Der Händler zeigte ihm verschiedene, aber keiner war gesund und kräftig genug.Du willst wohl um deine armseligen Silber- linge einen Riesen kaufen, der mit einer Hand eine Eiche entwurzeln kann?" höhnte der Händler., Gewiß, wenn ich einen Riesen bekommen könnte.. sagte Gorra ernschafl. Sieh dir einmal diesen an. Hast du schon solch mochtigen Brustlasten gesehen? Beachte die kräftigen Muskeln, Sehnen und Gelenke! Und die Zähne sind wie die eines Eisbären. Den Sklaven kannst du haben." Gorra bedachte sich eine Weile, denn der Sklaoenkauf ist keine kleine Sache, befühlte gründlich Arm- und Beinmuskulatur. Da entschloß er sich und zahlte mit saurer Miene. Der Sklave wurde losgekoppelt und Gorra zog mit ihm, seines Handels froh. nach Hause.,. Nach einigen Tagen wurde der Sklave müde und krank. Denn er fühlte sich nicht mehr Ware. die angstvolle Spannung, was wohl die Zukunft bringen würde, war vorüber; jetzt erwachte die Sehnsucht nach seinen heimatlichen Wäldern. Gorra verstand sich gut auf diese Krankheit, und er freute sich. denn Heimweh hatten nur die guten und treuen Sklaven. Er setzte sich an das Lager des Kranken, der regungslos dalag und sterben wollte, und sprach bedächtige Worte zu ihm: Du host Sehnsucht nach deinen Bergen, Mann, ich weiß es. Und du sollst zu ihnen zurückkehren. Ich verspreche es dir, und du kannst dich auf mein Wort verlassen. Du bist noch so jung... wenn du meinen Acker rechtschaffen und fleißig fünf Jahre fleißig bearbeiten willst... ich hob« ja viel Geld fiir dich zahlen müssen. aber ich will nicht daran denken... dann sollst du deine Freiheit zurückerhalten. Fünf Jahre, fünf kurze Jahre!" Der Sklave sprang auf, bekam helle Augen und arbeitet« mit »oller Kraft. Wie«in Hungernder auf die Mahlzeit stürzte er sich tagtäglich aus die Arbeft. Es war eine Lust für Gorra, nJenn er vor der Hauststre in der Abendsonne saß und seinem Sklaven zusah, wie die Muskeln sich unter der braunen Haut wölbten und die mächtigen Fäuste unermüdlich schafften. Fünf Jahre �ang. Fünf Jahre lang.. der Sklave rechnete so viele Sonnen- wenden, wie er Finger an der Hand hatte. Er sah die Sonne jeden Tag. mft Freude untergehen und machte sich Runen in die Rinde der 5>öfeiche, setzte sich Zeichen an den Rand des Feldes, um den Fortschrftt zu verfolgen. Als zum erstenmal wieder die Ernte kam, nach der Weinlese war er gekauft worden, rechnete er nicht mehr den Daumen mit. Räch der zweiten Sonnen- wende es dauert« allerdings bitterlich lange war auch der Zeigefinger frei. Er liebte diese Finger mehr als die anderen, die noch lange, lange Zeit vor sich hatten. Diese beiden Finger waren frei, waren sein einziger Besitz, alles andere gehörte noch feinem Herrn Und so rechnete er, und auch diese Rechnung wurde sein heimlichstes Eigentum. Niemand wußte davon und niemandem teilte er etwas mit. Die Iahreszeften zogen vorbei wie große, grenzenlose Ewig- leiten, die nicht zu fassen waren, aber sie wurden durchschnftten und geteilt durch das täglich sich erneuernde Sterben der Sonne. Der Tag war Arbeit und. Gedankenlosigkeit, aber jeden Abend starrt« der Sklave voll Sehnsucht in den blutigroten Sonnenunter- gong. Fünf Jahre lang... Fünf lange Jahre. Als sie ober endlich um waren, es sagt sich so leicht, kam der Sklave zu Gorra und bat um seine Freiheit. Cr wollte heim. Du hast mein Land gut bearbettet. Mann", sagte Gorra, sage mir nun. wo liegt deine Heimat? Ich sah dich oft gegen Westen hinstarren." Und d«r Sklave dachte diron, daß sein Heimweh alltäglich mis der Swine gegen Westen gezogen war und glaubte, wo die. Sehnsucht«ar. war auch die Hewiat.Gegen Sonnenuntergang liegen mein- Wälder. Herr." Sonnenuntergang ist ein ferne« Land, und der Weg ist weit und schwierig. Und du hast gewiß kein Geld?!"
Der Sklave hatte noch niemals Geld gehabt. Er schwieg de- stürzt, und ein großer Wolkenberg legte sich vor die Sonne. Mann, wenn du noch drei kurze Jahr« für mich schassen willst, dann will ich dir Gold, blankes Gold geben, damit du in deine Heimat reisen kannst." Der Sklave neigte sein Haupt und arbeitet« weiter. Wer er rechnete nicht mehr so genau und so freudig wie früher. Keine Runen zeigten mehr den Gang der-Tage, und die Sehnsucht wanderte nicht mehr mit der Sonne. Doch seine Träume waren voll von Wäldern und Bergen, wildem Getier und großen, starten Menschen, und Gorra hörte ihn oft aus dem Schlaf« in fremden, tierähnlichen Worten rufen. Und dann kam die Zeit, wo«r nicht mehr wußte, ob die drei Jahre schon vergangen waren oder ob sie ewig dauerten, da legte er sich stumm auf sein Lager und wurde krank. Gorra neigte sich bestürzt zu ihm und sprach lange auf ihn«in. Seine Worte klangen ehrwürdig und erfahren wie die Rede eines Priesters: Ich bin ein aller Mann und du bist jung. Auch meine Sehn- sucht wanderte früher zu den fernen westlichen Wäldern, aber die Arbeit, die Not und die Ketten meiner Familie waren stärker als meine Sehnsucht. Ich werde niemals gegen Westen ziehen können. denn meine Tage neige» zum Abend. Du aber, Mann, bist jung, und dein Leben steht nicht einmal auf Mittag, ich weiß, du wirst einmal nach Westen kommen, nach Westen, wohin ich mich ver- geblich gesehnt. Aber du mußt stark und gesund bleibenl" Ungern wurde der Sklave gesund. Er arbeitete schwerfällig und bekam einen Hang zum Faulenzen und zum Schlafen. Denn da waren süße Träume bei ihm pnd er sah sich als freien Mann in den Wäldern. Aber aus feinen Träumen riß ihn eines Tages unbarmherzig die Peitsche. Da duckte er sich, arbeitete wieder und weiifte oft in den Nächten... Wieder verging eine Zeit. Müde war der Sklave und zur schweren Apbeit schon untauglich, da gab Gorra seinem Sklaven wirklich die Freiheit. Und er ging gegen Westen und suchte... Nach Iahren kam er zurück, tausendmal müder, als er ge- gangen. Er hatte Berge gesunden und Wälder, wilde Tiere null wilde Menschen, aber überoll war er fremd, und nirgends war seine Heimat. Gorra war all und blind und nicht mehr Herr auf dem Hofe. Aber sein Sohn herrschte und freute sich, einen Sklaven zu be­kommen, der die Felder und Wiesen kannte und liebte. Gorros Aecker trugen gute Früchte. Waldungen wurden ge- kauft, ihres'Baumbestandes' beraubt, gerddet und gepflügt. Mft der Arbeit lebte der Sklave wieder auf, und Gorras Sohn kaufte eines Tages auf dem Markte eine Sklavin. Jahrs vergingen. Hcrrenföhne wuchsen Hera  » und Sklavcnsähne. Und» die Herren wurden zarter und schwächer, und die Sklaven wuchsen hart und knorrig wie Eichen. . Manchmal knallte noch die Peitsche in ihre Sehnsuchtsträume. und manchmal zerrissen sie ihre Ketten und zogen gegen Westen. Aber immer wieder kehrten sie mutlos zurück und arbeiteten weiter als Sklaven. Bis einer von ihnen eines Tages die Axt nicht gegen die Bäume, sondern gegen den schwächlichen 5)errn hob. Da wurden sie mft einem Schlage frei und Herren ihrer Fäuste, ihrer Arbeit, und hatten Heimat, Wälder, Berge. Doch ihre Sehnsucht blieb wach und wanderte tagtäglich gegen Westen.< Deutsch von£. Lödcrsen.l Langlebigkeit der Tarantel. Neue Beobachtungen der Leben»- weise der Taranteln haben ergeben, daß sich dieses Insekt einer ganz außergewöhnlichen Langlebigkeft erfreut. Das Weibchen einer Tarantelart. welche im amerikanischen   Staate Zlrkansaz vorkommt. kann 20 Fahre und eventuell qnch noch älter werden. Auih d«s Männchen könnte dies Hster onrithen. wenn nicht die weibkichc Spinne i«? Mamftier ssfort nach der Paarung verspeisen würve. Ver van de» Luezkanal» dauerte vom t5. April 1R89 bis 19. November 1869. E» arbeiteten ständig gegen AI 000 Arbeiter daran.