k-irthfchaftlichrn Produltion w Frankreich : während der Jahrzehnte 1S72— ISgl lieferte die Getreide-Ernte durchschnittlich im Jahre 100 296 000 Hektoliter, während des Jahrzehnts 1832—1891 stieg der durchschnittliche Ernte-Ertrag ans 107 098 ovo Hektoliter im Jahr, und während de? Jahr» fünfts 1892— 188S auf 112 327 000 Hektoliter. Die jährliche Haferproduktion betrug durchschnittlich 7V IVB 000 Hekto» Itter von 1872—1881 und 81 100 000 Hektoliter von 1832 bis 1895. Noch bedeutender ist das Wachsthum der Kar» t o f f, l- Produktion: in den drei bezeichneten Perioden betrug sie im Jahresdurchschnitt S1B00 000, 106 600 000, 127 322 000 Doppelzentner.— Daß der Agrarier Meline über diese Zahlen nichts weniger alS erfreut ist, versteht sich von selbst.„Mit dem Produziren allein ist«S nicht gethan," heißt es naiv im Rundschreiben des BrotvertheuererS. Bor allem komme es dem Landwirlh auf einen„vortheilhaften* Preis an: „die Marktpreise sind aber unglücklicherweis» er- b e b l i ch gesunken... es scheint am nöthigen Absatz zu sehlen..." Neben dem zynischen Bedauern der verbilligung des Getreides, von der übrigen? die Brot konsumenten nichts oder wenig profitiren. ist daS Eingeständniß des Hochschutzzöllners werthvoll, daß die Getreidezölle, die Produktion künstlich anspornend, schließlich die Hoffnungen der agrarischen Plusmacher getäuscht haben. Als Mittel zur Wiederherstellung„vortheilhafter" Preise empfiehlt Meline vorderhand die Älbmästung von Schlachtvieh mit Ge- treibe und Kartoffeln. Wenn er nicht gleich ein» Er- höhung der Getreidezölle in Ausficht nimmt, so nur heShalb, weil ihm sein Ministerportefeuille noch viel lieber ist als die Interessen der„Landwirthschast". Die industrielle Bourgeoisie beginnt bereits die Regierung vor etwaigen Schutzzollplänen zu warnen. Die„Gesellschaft für industrielle und Handelsökonomie bat soeben dem Handelsminister eine Resolution überreicht, worin sie zwar dem Ministerium ihre Unterstützung verspricht für alle Maßnahmen, welche geeignet wären,„das Wachs- t h u m des Sozialismus zu hemm« n." Sie sce aber„nicht minder fest entschlossen, jede protektionistische Maßnahme zu bekämpfen. Sie will hoffen, daß das Ministerium, welches n u r d« S h a l b am Ruder ist, weil«S sich geneigt ge- zeigt hat, den Sozialismus zu bekämpfen, die Gelegenheit nicht dazu benutzen wird, den Protektionisten neue Begünstigungen zu gewähren." Das ruhige Regieren während der ParlamentSferlen geht zu Ende. Mit dem Wiederzusammentritt der Kammer am 28. Mai beginnt der dornenvolle Weg, auf dem daS Ministerium über kurz oder lang wundenbedeckt seinen letzten Hauch aus' athmen wird. Für ein paar recht stachliche Dornen haben unsere Genossen bereits gesorgt. Der sozialistische Abgeordnete Clovis Hugues wird den Minister des Innern i n t e r- pelliren über die merkwürdige Sanftmuth der sonst so brutalen Polizei gegenüber den bonapartistischen Manifestanten vor der Bendömesäule. Er wird um Auskunft bitten, warum die.republikanische" Polizei nicht dieselbe Sanftmuth bei Knud gedungen sozialistischer Republikaner an den Tag legt.— Genosse R o u a n e t wird den Kriegsminister interpellire» über die Wiederaufnahme in den Jntendanturdienst des Generalintendanten Barati er, des Gönners von offizierlichen Lieferungs schwindlern. Rouanet wird auch interessante Dokumente zur Beleuchtung des in der militärischen Verwaltung herrschenden Panamismus beibringen Am 30. Mai wird hier ein Banket sozialistischer Gemetnderäthe stattfinden zur Feier der sozialistischen Siege bei den Gemeindewahle». Neben den Vertretern der sozialistischen Gemeinderäthe von ganz Frankreich werden am Banket auch die sozialistischen Abgeordneten theilnehmen. Die französische Bourgeoisie wird immer mehr kosakifch. Die Moskauer KrönungSfeier hat, nach dem Ausdruck eines radikalen Blatte?, die Zarenbegeisterung der Bourgeoisie biS zur Zaren Vergötterung gesteigert. ES hagelt förmlich von allerunterthänigsten Glückwunschadresten der berufensten Organ« der Bourgeoisie, wie die Handelskammern; die PreßkuliS der Bourgeoisie schreiben begeisterte Lobes- und Festhymnen in Prosa, in mehrere» Städten werden die Börsen und die Magazine am Krönungstag geschlossen sein, in Paris wird die Bourgeoiste zu Ehren des PumperS aller Reußen flaggen.... Nicht genug damit, erklärt der„republikanische" Unterrichts- minister, Professor R o m b a u d, aus Anregung des mouarchistischen Arthur Meyer , Herausgeber deS Gaulois, den Krönungstag für einen Schulferientag! Di«„Petite Röpublique" fragt, wie sich die Schuljugend daS Feiern der Krönung eines Monarchen mit dem Feiern der Ent- krönung eines Monarchen am 14. Juli zusammenreimen soll... Die Kriecherei vor dem Zaren trägt einen so spontanen Charakter, daß man sie unmöglich einzig durch diplomatisch« Rücksichten erklären kann. Es ist übrigens kein Geheimniß mehr, daß die Bourgeoisie, durch die Angst vor der wachsenden Macht deS Sozialismus gepeinigt, die republikanische RegierungSsorm nur noch alS ein nothwendigeS Uebel betrachtet. Pari», 2B. Mai.(Gig. Ber.) Die alljährliche Trauer- kundgebung auf dem PSre-Lachaife zum Sedächtniß der hingemordeten Kommunehelden hatte diesmal, an der fünf- »ndzwanzigjährigen Wiederkehr der blutigen Maiwoche, einen überaus imposanten Charakter. Die Zahl der Betheiligten wird auf 20— 2B000 geschätzt. Eämmtliche sozialpolitischen Organi- sationen, ohne Unterschied der Richtung, fanden sich an der „Mauer der Föderirlen" zusammen, geeinigt durch den Gedanken an die heldeumüthigen Borkämpfer deS Proletariats. Angesichts der mastcnhaften Betheiligung mußte Präfekt Löpine, den bisherigen Gepflogenheiten entgegen, der ganzen Meng« den Einlaß in den Kirchhof gewähren. Die aufgebotene Polizei- und Militärmacht beschränkte sich auf kleinlich« Chikanericn. Reden durften freilich keine gehalten werden. Genosse B a i l l a n t proteftirte in kurzen Worten gegen die Gewalt, die die Sozialisten hindert, frei ihre Tobten zu ehren. Bom Polizeikommissar unterbrochen, schloß er mit dem Rufe:„ES lebe die Kommune I" Mit dem gleichen Rufe wurden die unzähligen Kränze an der Mauer der Föderirten befestigt. Ter prächtige rothe Jmmortellen-Kranz der sozialistischen Kammer- fraktio» wurde von den Deputirten JauräS, Gerault- Richard und B i v i a n i bis an die Mauer getragen unter vieltauseudstimmigen Hochrufen auf die sozialistische Union und die soziale Republik . Drei Kränze wurden vom Nationalrath(Darteivorstand) der französischen Sozialdemokratie im Namen der r» s s i s ch e n Genossen niedergelegt: die Arbeiter von 28 Moskauer Fabriken, Petersburger Arbeiter und 36 Ber- eine russisch» jüdischer Arbeiter hatten dem Nationalrath zu diesem Zwecke 100 Rubel übermittelt nebst Sympathie-Adressen aus Anlaß deS 2Bjährigen Gedenktages der Kommune. So reichen die russischen Proletarier ihren französischen Brüdern die Hand, während die herrschenden Klassen Rußlands und Frankreichs «inträchtig auf dem Bauche vor dem Zaren liegen. Alles verlief ohne zeden erwähnenswerthen Zwischenfall. Die Polizei hatte offenbar kein« provokatorische» Instruktionen erhallen, was wohl auf die bevorstehende Interpellation deS sozialdemokratischen Abgeordneten Clovis HugueS zurückzuführen sein wird. Der Minister deS Innern hat einige bedeutsame A e n d e- ru ngen im Präfektenperfonal vorgenommen. Der Präfekt D o u x. berüchtigt wegen seiner provokatorischen Thätig- keit während des AusstandeS in Carmaux. erhält eine Rang- erhöhung. Bourgeois hatte ihm bekanntlich auS dem Deparl«. ment Tarn nach dem minder bedeutenden Departement Corröze versetzt. Dagegen ist der von Bourgeois an Doux' Stelle er- nannte Präfekt Planacaffagne feines Amtes enthoben worden. Die ministerielle Presse kominentirt� freudig und ekten dafür, baß der Genieinderath von Aldi nistischen in sozialistische Hände überging. Das gleiche Schicksal trifft«in paar weitere Präfekten, die Gesetz und Recht nicht zu gunsten der Ordnungsklique beugten..... B a r t h o u, der es mit dem schneidigen Regieren so eilig hat, wird sich für diese Willkürakte zu verantworten haben. Jauräs hat ihm soeben über die Einbringung einer bezüglichen Interpellation benachrichtigt. Die bonapartistischen Bundesgenossen des KabinetS Meline werden ungeberdig. Wie die„Petit« Rspublique" er- fährt, haben die bonapartistischen Abgeordneten beschlossen, dem Ministerium ihre Unterstützung zu versagen, falls es die R e n t e n st e u e r vorschlage und die vom radikalen Kultus- minister verfügte Suspendirung des Gehalts einer Anzahl von Geistlichen ausrecht erhalten sollte. Außerdem verlangen sie die Abberufung oder Versetzung einiger ihnen mißliebiger Gerichts- Beamten.—„Mit Meline— aber nur für den Geldsack und die Kirche!" DaS die Losung der regierungsfreundlichen Monarchisten. Die arbeiterfeindliche Politik Meline's treibt weitere Blüthen. Nach den Arbeitern der Waffenfabrik von Poteaux kommen die Zündhölzchen -Arbeiter an die Reihe. Die unter dem radikalen Kabinet angeordneten humanen Maßnahmen, darunter die Gratislieferung eines Liters Milch täglich an das Arbeitspersonal zur Verhütung des Kierferknochen- brandeS, werden von der Administration nicht mehr durchgeführt. Die Arbeiter wenden sich nun an den früheren Finanzminister D o u m er(die Zündhölzchen -Fabriken stehen unter der Leitung des Finanzministeriums) mit der Bitte, ihnen bei seinem Nach- solger C o ch e r y zu ihrem Rechte zu verHelsen.— Pari», 26. Mai. (Eig. Ber.) In seiner gestrigen Tisch- rede auf dem Banket zu Mclun begnügte sich Leon Bourgeois nicht mit der Entwickelung des radikalen Aktions- Programms. DaS anerkannte Haupt der radikalen oder, wie er sie zutreffend umtaufen möchte, der„fort- schrittlich-demokratischen" Partei hielt es auch für uoth- wendig, wieder einmal zum Sozialismus Stellung »u nehmen. Er griff dabei das abgedroschene Argument der französischen Sozialistentödter auf, die den Sozialismus alS dem„französischen Nationalgeiste" widersprechend erklären.... Dieser neue Ausfall gegen den Sozialismus in einer Programm- rede, die sonst auf die Vereinigung aller oppositionellen Kräfte zum Kampfe gegen das Kabiuet Meline abzielt, kommt nicht von ungefähr. Die unter dem radikale» Ministerium ent- standen« Spaltung der bürgerlichen Republikaner in zwei feind- liche Lager und andererseits das Zusammengehen der Radi- kalen und Sozialisten in der Kammer, wie vielfach bei den Gemeinderaths-Wahlen haben den«rsteren von feiten der Ordunngspartei den Vorwurf eingebracht, sie marschirten im Schlepptau des Kollektivismus. Ein gefährlicher Vorwurf nichtnur in den Augen deS gut bürgerlichen Gros der radikalen Partei, sondern auch in den Augen des linken Flügels dieser Partei, der sich offiziell„sozialistisch« radikal" nennt und dessen Sozialismus lediglich in einigen staatssozialistischen Forderungen besteht, als da sind: Verstaatlichung des Bankwesens, der Bergwerke und Eisenbahnen. Unmittelbar nach den Gemeinde- raths- Wahlen entbrannte daher eine lebhafte Preßpolemik, in welcher die bedeutendsten radikalen Organe den Kollek- tiviSmus nach Kräften abschüttelten, durchweg mit denselben Ar- gumenten, die dem deutscheu Leser aus Eugen Richter's sozia» listentödterischen Schriftchen sattsam bekannt sind. Rene Gablet, der Vorsitzende der sozialistisch- radikalen Kanimerfraktion, ver- öffentlichte die halbvergessene Prinzipien- Erklärung dieser vor zwei Jahren entstandenen Fraktion, worin u. a. zu lesen ist:„Wir weise» entschieden die kollektivistischen Lehren zurück und erblicken vielmehr den gesellschaftlichen Fortschritt darin, den industriellen wie landwirthschaftlichen Arbeitern immer mehr den Zutritt zum Privateigenthum zu erleichtern." Bourgeois' antisozialistische Erklärungen haben somit keine weitere Bedeutung, als die radikalen Angstmeier zu beschwichtigen und den wider besseres Wissen erhobenen opportunistischen Vorwurf zu entkräften. In politischer Beziehung ist nach wie vor da? thatfächliche, durch feine Verabredungen und Bedingungen fanklionirte Zusammengehen der bürgerlichen Demokratie und ber sozialistischen Partei eine von selbst gegebene Nothwendigkeit. Das wurde auch von Bourgeois mehr oder minder deutlich aus« gesprochen. Im übrigen ist die reinlich« theoretische Scheidung zwischen Radikalismus und Sozialismus nur zu begrüßen. Unsere fran- zöflschen Genossen verlangen nur, daß die Radikalen konsequent bleiben und nicht im Interesse eines Wahlerfolges— wie das auch in den Gemeinderaths-Wahlen wiederholt vorgekommen ist — daS populäre Banner des Sozialismus aufhissen. Italien . Rom , 24. Mai. (Eigener Bericht.) Im italienischen Parlament ist der Antrag Cavallotti's, daß dem Hause die Akten des von Cavallotti gegen CriSpi augestrengten Prozesses wegen Bestechung d«S letzteren durch die römische Bank und wegen des Verkaufes italienischer Orden an Ausländer zur Beschluß« fassuug vorgelegt würde», durch Vertagung beseitigt worden. Der Prozeß war bekanntlich dadurch abgebrochen worden, daß der Gerichtshof sich in der Sache inkompetent erklärt hatte. Die Kammer, der damit die Eulscheidung zufiel, halte indcß, da sie uuter dem Einfluß Crispi's gewählt worden ist, keine Lust, von der ihr zustehenden Kompetenz Gebrauch zu machen, und die Re- gierung, welche vor dem Skandal, mit welchem eine Entscheidung verbunden sein würde, zurückschrak, begünstigte die ablehnende Haltung der Kammer. Dagegen wurden der Kammer die Ergebnisse einer administrativen Untersuchung über verschieden« van Crispi begangene Budgetüberschreitungen und über die unrechtmäßig« Entnahme größerer Summen aus verschiedenen unter der Aufsicht des Ministeriums des Innern stehenden Kassen vorgelegt, weil die Kammer das rechtswidrig verursachte Defizit von einigen hunderttausend Franks durch Nachbewilligunge» decken muß. Unter anderen hatte CriSpi die Kasse ausgeleert, in welcher die den Sträflingen abgenommenen oder von ihnen durch Gcfängnißarbeit verdienten Gelder bis zur Beendigung der Strafbast aufbewahrt werden. In dieser Weise hatte sich Crispi die Mittel zu einer ausgebreiteten Bestechung der in- und ausländischen Presse zu verschaffen gewußt, zu welcher der Dispositionsfonds, obwohl reichlich bemessen, nicht mehr auS- reichte. 3! och unmittelbar vor seinem Abgang soll er zu diesem Zweck reichlich Gelder vertheilt haben. Von außerparlamentarischen Vorgängen ist der große AuS« st and der Strohflechterinnen in der Umgegend von Florenz bemerkenswerth. Die Strohflechterei ist in der Um- gedung von Florenz , in welcher die für sie erforder- liche besondere Art von Stroh gewonnen wird, eine sehr alte, aus der Landwirthschast hervorgewachsene Industrie, die zuerst als Hausindustrie betrieben wurde, jetzt aber zum größten Theil von Unternehmern in großen Werkstätteu konzentrirt worden ist. Die Unternehmer hatten angeblich wegen der Minderung des Absatzes durch auswärtige Konkurrenz in verschiedenen kleinen Landstädten bei Florenz «inen Theil der Arbeiterinnen entlassen. Dies führte zu einem allgemeinen Aus- stand respektive zur Anwendung von Gewalt gegen diejenigen Arbeiterinnen, welche die Arbeit fortsetzen wollten. Die Zufuhr von Stroh nach den Werkstätten wurde durch die ausstäudischen Arbeiterinnen verhindert, das auf dem Transport von chncn vorgefundene Material wurde verbrannt, Tramwayzüge wurden zum Zweck der Untersuchung angehalten u. f. w. Die Behörden haben gegen die Arbeiterinnen, besonders wenn diese Versamm- lungen abhalten wollten, mit Infanterie und Kavallerie manövrirt, nicht innner mit Erfolg. Der AusstandSbezirk ist sehr ausgedehnt, die Zahl der ausständischen Arbeiterinnen beläuft sich aufmehrere Tausend.— Rom, 26. Mai. Deputirten kämm er. Die Berathung auS opportu- 1 gaben für Afrika ' beantragt Jmbriani dteStreichnug "'von einer halben Million Lire als Bestätigung der Absicht, die Kolonie zu räumen. Ministerpräsident di Rudinr bringt eine Vorlage ein, durch welche das Gesetz, betreffend die politischen Wahlen, in dem Sinne abgeändert wird, daß die höheren Offiziere des Heeres und der Flotte ihr Mandat zur gesetzgebenden Körperschaft verlieren, sowie daß solche un wählbar werden, sobald siezu den in Kriegszeiten mobilisirten Truppen gehören. Der Kriegsminister erklärte, die Regierung nehme den Autrag Jmbriani nicht an, denn die Regierung gedenke die Kolonie nicht aufzugeben, sie wolle sich viel- mehr daselbst innerhalb der von ihr erklärten Grenzen in militärischer Beziehung wie auch hinsichtlich der Zivilverwalwng befestigen; die Regierung beabsichtige auch, für den Augenblick Kassala zu behalten unter dem Vorbehalt, daß sie einen«nd- gilligen Beschluß hierüber in einigen Monaten fassen werde. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wird der Antrag Jmbriani ans Streichung von>/« Million Lire von den Ausgaben für Afrika in namentlicher Abstimniung mit 169 gegen 24 Stimmen ab- gelehnt.— Rom , 27. Mai. Der Antrag auf Genehmigung der straf. rechtlichen Verfolgung des Generals Baratieri»st heute Vor- mittag veröffentlicht, vordem In demselben wird die Ueberweisung Baratieri's an ein Kriegsgericht gefordert, vor dem er sich»vegen Verbrechens gegen die Artikel 74 und 38 des Militär-Strafgesetzbuches und»vegen der Anklagen verantivorten soll, daß er am 1. März 1896 auS unentschuldbaren Gründen einen Angriff unternommen habe, obwohl die damalige Lage eine Niederlage unvermeidlich machte, und daß er ferner den Oberbefehl in der Zeit vom 1. März 1896, 12i/s Uhr mittags, bis zum 3. März, 9 Uhr vormittags, nicht ausgeübt und es ebenso unterlassen habe, geeignete Instruktionen zu geben. um di« Folgen der Niederlage abzuschwächen.— wahrheitsgemäß diese Maßregelung als eine Bestrafung des I über das Kriegsbudget wird sortgesetzt. Bei dem Kapitel„AuS- Nuftland. — In Warschau sollen 60 Sozialisten verhaftet worden sein.— Türkei . Konstantinopel , 27. Mai. Nach hier vorliegenden zu- verlässigen Nachrichten aus Kreta »vird die Schuld an den Straßenkämpfen in den kretensischeu Städten und au den» Eindringen der Mohamedaner in christliche Häuser Kanea'S hauptsächlich den vom Lande in die Städte gefluchteten M o h a m e- danern beige in essen. DaS KonsularkorpS,»velcheS seine betreffenden Staatsangehörigen nur schwer zu schützen verinag, bezeichnet die gegenwärtige Lage auf der Insel als äußerst kritisch und erklärt weiteren Schutz ohne fremde Kriegsschiffe für unmöglich. Diesem Wunsch ist inzwischen von mehreren Staaten Rechnung getragen worden. Die Pforte entsendet sechs Bataillone und zwei Kriegs- schiffe nach Kreta . Die für den 29. d. Mts. verfügte Einberufung des kretensischen Landtages dürfte angesichts der Ausdehnung, welche die Unruhen genommen haben, abermals vertagt werden. Der bisherige Verlust der türkischen Truppen wird aus 130 Mann angegeben.— Llfvika. — Verbot der Anwerbung von Arbeitern in Ostafrika zum Zwecke der Ausfuhr nach fremden Gebieten. Der Gouverneur von Deutsch - Ostasrika hat am 26. März in Dar-es-Salaam folgende Verordnung erlassen:„Die Anwerbung von Arbeitern in Deutsch -Ostasrika zum Zwecke der Ausfuhr derselben nach fremden Gebieten wird hierdurch ver- boten. Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung werden mit Geldstrafen bis zu 3000 Rupien, Gefängniß bis zu 3 Monaten. allein oder in Verbindmig mit einander, bestraft. Diese Ver- ordnung tritt mit dem heutigen Tage in kraft." Unter dieser„Anwerbung von Arbeitern" zur Ausfuhr nach fremden Gebieten verbirgt sich ein thatsächlicher Sklaven- Handel. Um wirksam den Sklavenhandel zu bekämpfen, müßte aber auch die Einfuhr solcher Kulis verboten werden.— — Sklaventortur im Kongostaat. Wie sehr es nothwendig ist, der Kuliwirthschast ein Ende zu machen, geht aus einer Veröffentlichung im„United States Magazine" hervor. in der Kapitän S a l i S b u r y, der selbst in den Diensten des Kongoftaates gestanden, hat als Augenzeuge über die Zustände am Kongo berichtet. Die Schwarzen, schreibt Kapitän EaliSbury, die die kongostaatlichen Beamten in Sierra Leone , an der Gold» käste und in Lagos anwerben, werden mit der äußersten Grausamkeit behandelt. So wurden einige, weil sie sich weigerten. bei», Landen deS Schiffes, das sie nach dem Nougoftaate führte, nuSzusteigen. einfach niedergeschossen. Und doch waren die Schwarzen im Rechte, denn sie weigerten sich deshalb ans Land zu gehen, weil sie erfahren halten, daß man sie alS Soldaten ver- wenden wollte und nicht als Arbeiter, als welche man sie angeworben hatte. Kapitän Salisbury erzählt, wie er selbst in Boma Zeuge davon gewesen ist, wie die farbigen Soldaten hunderte von Peitschenhieben mit jener teuflischen Erfindung, einer aus Rinder- oder Flußpferdhaut gefertigten Peitsche, „chicot" genannt, erhielten, sodaß sie blutüberströmt zusammen- brachen. Selbst di« Frauen und Kinder der farbigen Sottncken werden täglich mit dieser„Folterpeitsche" bearbeitet. Die in der Sierra Leone und an der Küste verpflichtete» Soldaten, die in das Innere geschafft werden, kehren, selbst wenn ihr Kontrakt abgelaufen ist.niemals in ihre Heimath zurück. Sie verbleiben so lange im Dienste, biS sie alt und krank denselben nicht mehr verrichten können. Dann treibt man sie in die Urwälder und überläßt sie ihrem Schicksal. Kapitän SaliSbury's Schlußartikel über den Kongostaat lautet:„Die ganze Verwaltung deS Staates ist elender Betrug. Das gerühmte GesiltungSwerk besteht auS Mord, Raub und Grausamkeit in einem Grade, wie er selten erreicht wird. Die angebliche Befreiung der Sklaven besteht in der Ein- führung und Aufrechterhaltung der Sklaverei unter so barbarische» Verhältnissen, wie sie in der Geschichte der Plantagen in den südlichen Staaten Amerila'S nicht vorgekommen sind!" Buluwayo, 26. Mai. Die Streitmacht unter Oberst Plumer, welche Sonntag um Mitternacht von hier abging, stieß gestern früh um 2 Uhr, zwölf Meilen von der Stadt entfernt, mit den Matabilis zusammen. Die Eingeborenen leisteten entschiedenen Widerstand, wurden jedoch schließlich in die Flucht geschlagen und verfolgt. Auf englischer Seite wurden zwei Mann ver- mundet.—_ Soziale Vor dem Ginigungsamt deS Berliner GcwerbegerichtS wurden gestern mehrere Gesellen, welche Röcke»nd JacketS ar- beiten, vernommen. Ein ru. 20 jähriger junger Mann, bleich und leidend aussehend, gtebt an, daß er schwindsüchtig sei und schon wegen dieser Krankheit im Winter verschiedene Wochen in der Charitee gelegen habe. Gegen seinen Willen hätten ihn Aerztr oer OrtS- Krankenkasse für Schneider schließlich gesund geschrieben. Von heftigen Brustschmerzen und Husten geplagt, müsse er jetzt wieder täglich 1B Stunden arbeiten, um den dürftigen Lohn zur Bestreitung seiner Existenz herauszuschlagen. Der Betreffende arbeitet Jaqnets im Preise von 2 M.»nd Röcke von 2,50 M. und erreicht einen Wochenlohn von 15— 16 M., von den» noch 60—70 Pf. für Unkosten abgehen. Ein anderer Gehilfe. der mit dem erstere» bei einem Meisler arbeitet, macht über seine Lohnverhältnisse die gleichen Angaben. Auch dieser Arbeiter giebt an. dap feine Gesundheit zerrüttet und er schon läiigere Zeit lungenleidend sei. Beide arbeiten mit dem Meister und dessen Frau zusammen 15 Stunden in einem Raum, mo Meister und Frau dann auch»och schlafen. Gebügelt wird mit dem ungesunden Holzkohlen-Bügeleisen. Die Angaben der beiden Arbeiter bestnden sich mit denen des Meisters, der schon früher vernommen wurde, vollständig im Einklang.
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