„ Rauhe Kämpfer" und Spizbuben.
Zimmer aufgebrochen, Roffer gestohlen!
Bei der letzten S. Barabe in Weimar haben Hitlers ..rauhe Kämpfer" nicht nur ihren Führer ins blaue Auge schauen" dürfen, sondern einige von ihnen haben auch in Kisten und Raften ihrer Gastgeber Umschau gehalten und dabei verschiedenes mitgehen heißen. Daß fie hierbei auch vor dem Eigentum einer Broletarierin nicht haitmachten, zeigt folgender Silferuf einer armen Gasthausangestellten an ihre Eltern, der das Treiben gemisser Braunhemdenmaße drastisch beleuchtet. Das Mädchen schreibt:
Liebe Eltern und Geschwister!
Bei uns war am Sonntag großer Betrieb. Es haben piele Hunderte von Nazi bei uns gegeffen und es war so poll, daß mir nicht in unser Zimmer fonnten. Als ich dann rauf fam, hatten sie unser Zimmer aufgebrochen und mir meinen Koffer mit fämtlichen Sachen weggetragen. Ich habe dann gleich bie Kriminalpolizei angerufen und am anderen Tage haben wir den Koffer auf dem Boden unter dem Dach gefunden. Es mar aber nicht mehr viel drin. Es fehlen mir Hemben, drei Baar Strümpfe, meine ganzen Taschentücher, meine Handtasche und einige Mart Geld. Ich habe also bis jest um= fonst gearbeitet und befize nur noch drei Hemben. Einen anständigen Rod habe ich auch nicht mehr und gar feine Strümpfe. Bielleicht könnt Ihr mir einmal etwas zulegen, denn ich bekomme doch nichts ersetzt und Ihr habt doch auch immer etwas von mir bekommen. Das muß ich sagen, ich bin in Stellung mehr runtergefommen als wenn ich zu Hause ge= blieben märe. Da fonnte ich mir doch menigstens alle Monate die Schuhe befohlen laffen. Meine guten Schuhe find taput und für die Arbeit habe ich überhaupt teine mehr. Ich habe mur ein Boar Holzpantoffeln, aber die tann ich doch nicht dauernd an ziehen. Außerdem habe ich lange an meinem Mantel bezahlt, da fann ich nun wieder von vorne anfangen. Wir sind Sonntag früh 5 Uhr aufgestanden, da famen schon um 7 Uhr ein Haufen Nazis zum Kaffee und abends 9 Uhr waren wir immer noch nicht fertig."
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Die Schutz und Ehrengarde der fünftigen Reichserneuerer berauscht sich an dem Phrasengewäsch ihrer Führer über Moral und gute Sitten, gleichzeitig lauen einzelne ihrer Glieder einem armen Mädel ihre letten paar Sachen. Reizende Gesellschaft!
Ein ,, Erneuerer Deutschlands ". Diebstahl, Unterschlagung und Minifferbeleidigung- alles unterm Hafenfreuz.
Welche Leute die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei auf Agitationsreisen schickt und gegen den bestehenden Staat und die Regierungsmitglieder Tag für Tag mit verheßenden und verleumbenden Ausführungen auftreten läßt, zeigt nachstehender Fall: Im Laufe des Monats Juli v. 3. trat in pielen öffentlichen Bersammlungen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei der landwirtschaftliche Arbeiter" 3wan Jungbluth auf, deffen Reden zahlreiche Beleidigungen der Mitglieder der Reichs- und der preußischen Staatsregierung enthielten. Es wurde deshalb gegen Jungbluth Strafantrag gestellt. Im Berfolg diefes Strafantrags stellt sich nunmehr heraus, daß Jungbluth überhaupt teinen fefter Wohnsitz hat, so daß ihm die Anlagefchrift bisher nicht sugestellt werden konnte. Dieser nationalsozialistische Propaganda rebner ift, wie fich weiter herausstellie, bereits je einmol wegen Unterlegung und wegen Diebstahls vorbestraft. Mun mehr hat bis Staatsanwaltschaft in Stettin , pon ber er in einer anderen Sache gesucht wird, gegen ihn einen Stebrief erlaffen. Die Grünbe, aus benen Jungblish einen festen Wohnsitz hat, liegen
also auf der Hand.
So fieht ein Mann aus, der als offizieller Redner van ben Rationalsozialisten herausgeschickt wird, um in zahlreichen Berjamu lungen die Werbetraft ihrer, fittlichen Ideen" zu verfünden und bie „ Erneuerung Deutschlands " durch den Nationalsozialismurs 34 propagieren!
Wenn Tardieu eine Reise tut
und was er dann erzählt. Paris , 24. April. ( Eigenbericht.) Tardieu, der am Donnerstag in Toulouse beim Berlaffen der Handelskammer wiederum sozialistische Gegenfundgebungen erfuhr, erklärte danach Bressevertretern, vor allem barüber erstaunt zu sein, daß es den Sozialisten nicht gelungen sei, das Programm feines Besuches umzustoßen. Die Rundgebungen seien sehr ungeschidt gewesen, denn seine Reise habe nicht politischen Charafter gehabt, sondern eine große Kundgebung der Landwirtschaft, zu der die Vertreter von 20 Departements eingeladen waren, habe man gestört.
19 Kroll Untersuchungsausschuß.
.19/ 1
KLEMPERER
STENDEL
KOCH
眼镜
3a, wäre immer folches Theater gespielt worden,- die Kroll Oper hätte nicht zu schließen brauchen!
Volkswirtschaftlicher Unterricht.
Die Roggenausschußsihung als Schule für zurückgebliebene Deutschnationale.
fommen. Angesichts der schweren Agrarfrise hat sich die Sozialdemokratie mit der neuen Roggenpolitit seinerzeit einverstanden er flärt, obwohl sie den Konsumenten gewisse Opfer auferlegt und obwohl fie alle Einzelheiten diefer Politik nicht gebilligt hat. Die Be denten gegen die Ueberspannung der Roggenpolitik find aber in der letzten Zeit besonders gewachsen, da sie eine Berteuerung des Brotes zur Folge haben kann, was für die Konsumentenschaft absolut unbrauchbar ist. Die Politik, die von den Deutschnationalen aber pertreten wird, sei pöllig unmöglich, da durch sie die Produktionstosten für die Berebelungswirtschaft und damit das Fleisch und die Moltereiprodukte unendlich verteuert würden."
Im Mittelpunkt der gestrigen Sigung des Untersuchungsaus.| werden wir auch zu einem ähnlichen Abkommen mit Rußland schuffes über die Roggenstügung stand eine Diskussion zwischen dem minister Schiele und den Vertretern verschiedener Parteien über die Getreidepolitik des legten Jahres. Gegenüber den Angriffen des Abg. Stubbendorf( Dn.), der durch die Distuffion am letzten Sigungstage anscheinend nichts zugelernt hatte und immer noch sein altes Steckenpferd Berschleuderung des Roggens im Ausland mit Hilfe der Einfuhrscheine" ritt, wurde vom minister Schiele ausgeführt, daß seit dem Frühjahr 1929 fich eine grundsägliche Wandlung der Struttur des Roggenmeltmarftes vollzogen hat, bie fich in einem Sinfen des Roggenweltmarktpreises pon 170 auf etwa 70 Mart, teilweise sogar auf 58 mart je Tonne auswirkte. Desmegen hätten wir uns fchrittmeife aus dem Roggenexport zurückgezogen und an feiner Stelle durch die Cofinroggenpofiit eine beffere Berwertung unserer Ueberschüsse im Inland herbeigeführt.
Bom Gen. Hilferding murbe Herrn Starbbendorf geraten, erst einmal bie primitivften Grundlagen der Handelspolitit fennen u lernen, nach denen jeder, der ausführen will, felbftverständlich auaren einführen muß. Der irrigen Unficht, daß die Ausfuhr non Gebreide mit Hilfe von Exportprämien teine poltswirtschaftliche Berschwendung darstellt, meil eine gleiche Menge non Getreide wieder eingeführt werden müffe, entgegnete Hilfending, daß selbst perständlich es sich bei einer folden Ausfuhr um volts wirt haftliche Berluste handelt. Wenn der Weltmarktpreis 90 Mart beträgt, der Inlandspreis aber 180, dann bedeutet, menn unter solchen Verhältnissen ausgeführt mind, die Differenz von 90 Wharf einen glatten Berlust für die Wirtschaft. Auch für die Reichsfinanzen ist das Einfuhrscheinsystem sehr verlustreich, menit mit dem Einfuhrschein der Soll für eine andere Getreideart bezahlt werden fann, als für die er ausgestellt ist. Unter ben heutigen Ber hältnissen bedeutet die Anwendung der Einfuhrscheine aber eine Belastung der Reichstaffe, felbst wenn er redynungsmäßig nicht ere cheint. Das gleiche System der Berschleuberung deutschen Bolts vermögens, wie mir es beim Getreide vor Einstellung der Einfuhr scheinausgabe gehabt haben, besteht auch auf dem Gebiet der Rohlen- und Eisenwirtschaft. Auch hier wird die Ware im Ausland billiger verkauft als im Inland, um die Konkurrenten aus anderen Ländern zu unterbieten. Deswegen ist der Abschluß des deutsch - polnischen Roggenabtommens, das ein gegenseitiges Unterbieten verhindern soll, durchaus zu begrüßen. Hoffentlich
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Den gleichen Standpunkt nahm der Abg. Erhard( 3.) ein, den die Ansicht perirat, daß die Inlandspreise nicht auf das Niveau der Weltmarktpreise absinten dürften und daß dieses durch die jezige Getreidepolitit vermieden sei. Die Zollmaßnahmen müßter aber ihre Grenzen finden an der Aufnahmefähigteit der arbeitenden Schichten. Würden die Preise noch mehr erhabt, fo fei eine Raditalisierung weiter Verbraucherschichten und eine solierung der Landwirtschaft zu erwarten, die zu ihrem Berderben ausschlagen mürbe unb innerpalitische Rämpfe nach fidh sleben würde.
Das Ergebnis dieser Diskussion mar aljo, bas fämtliche ernst zu nehmende Barteien grundläglich ben Crlag der alten Einfuhra feinpolitif durch die icgige Getreibepoluit ber Regierung billigten, wenn auch vom Zentrum und besonders von der Sozialdemokratie gegen die Ueberfpannung der Schnigmaßnahmen Stellung genommen wurde und die Vermeidung jeglicher Erhöhung der Preise nach drücklichst gefordert wurde.
Vor dieser Diskussion wurde Reichsfinanzminister Dietrich. der bis zum April 1930 Reichsernährungsminister mar, über die Borgänge pernommen, die zu der Berufung des Genpffen Baade als Reichskommissar für die Roggenwirtschaft geführt hat, Dietrich sagte aus, daß damals die Frage auftauchte, wie man die verluftbringende Einfuhrscheinpolitif durch andere für die Landwirtschaft wirkungsvollere Maßnahmen ablösen fönnte. Da gerade. Dr. Baade für diese Aufgabe geeignet erschien, wurde er von mir zum Getreidefommissar ernannt. Für die Landwirtschaft war das gewiß tein Schaden, sondern ein Vorteil, denn damals haben wir die Agrarpolitit mit Unterstützung der sozialdemokratischen Partei umgestellt, und ohne diese Umstellung würde die Landwirtschaft heute pleite sein.
Diese Behauptungen Tardieus treffen nicht zu. Einmal ist die Laban über die Berliner Kündigungen. 50 annen tönne für die Berliner Staatsoper keineswegs als
Besichtigung der Ausstellung, in der Tardieu den ihn auspfeifenden Sozialisten entgegenpfiff, bedeutend abgefürzt worden und der Herr Minister hat vorgezogen, die Rückfahrt nicht von Toulouse , sondern non Montauban anzutreten, da er neue Kundgebungen auf dem Bahnhof befürchtete. Außerdem mar nicht Iardieu einge laben worden, nach Zoulouse zu tommen, sondern fein Vorgänger im Kabinett Steeg, Boret. Als die Stadtverwaltung erfuhr, das Lardieu der an Boret ergangenen Einladung Folge leisten wollte, hat sie ihn wissen laffen, daß sein Besuch unerwünscht fei, und daß sie sich nicht an dem Empfang beteiligen merbe: ba Tardieu trozdem nach Touloufe reifte, beweist den politischen Tardieu trozdem nach Toulouse reifte, beweist den politischen Charafter feines Besuches.
Präsidentschaftskandidat Briand .
Paris , 24. April. ( Eigenbericht.) Im Gegensatz zu den Nachrichten der Rechtspreffe, daß Briand sich entschloffen habe, aur Präsidentenwahl zu fandidieren, erklärt ber Intranfigeant" am Freitag, baß eine ents sprechende Entscheidung Briands bisher noch nicht vorliege. Man glaube aber in gut unterrichteten Kreisen, daß Briand schließlich nichts bagegen einwenden werbe, wenn feine Kandidatur aufgeftellt merde. In diesem Falle sei es mahrscheinlich, daß fein anderer Minister des gegenwärtigen Rabinetis eine Gegenfandidatur an nehmen würbe.
Aus, wirtschaftlichen Erwägungen".
Aus Düsseldorf schreibt unser H. N.Mitarbeiter: Erwartungsgemäß mußte Rudolf von Laban im Rahmen der Berhandlungen bes 25. Berbandstages des Deutschen Chorfängerperbandes und Länzerbundes e. B. zu der Frage der Kündigung der Solotänzer der Berliner Staatsoper sich äußern. Schon zu Beginn der General bebatte murde von seiten des Vertreters der Dresdener Tänzerschaft angeschnitten und der Befürchtung Ausbrud gegeben, es fönne die die Frage der Kündigung der Solotänger der Berliner Staatsoper Berdrängung der Solotänger von Berlin auf bas Reich übergreifen. Dem gegenüber stellte Laban fest, daß er alles andere lei, denn ein Gegner des Sofotenzes. Seine ganze Ber gangenheit spreche dagegen, die große Zahl von Solotänzern, die er ausgebildet habe, mürbe gegen eine folche Unterstellung zeugen. Die Ründigung der sieben Solotänger und tänzerinnen an der Berliner Staatsoper, die in der Bresse soviel Staub aufgemirbelt habe, jei lediglich
der
Don feiten der Generalintendanz Berliner Staatsoper aus wirtschaftlichen Grwägungen heraus erfolgt. Es sei nach seiner Meinung aber auch aus Epzial erwägungen herous ben Solptängern zu tündigen gewefen, ba Ein sparungen unumgänglich waren; denn gerade diese Salatänger hätten Diel leichler ein neues Engagement gefunden, als es Gruppentänzern geglüdt wäre. Rudolf von Laban wies darauf hin, daß die Splo tänzer der Berliner Staatsoper, beten Berträge nicht erneuert worben find, bereits langfristige Engagements an einem Berliner Barietéunternehmen in Händen hätten; er verschwieg nicht, daß häufige Gastspiele dieser Rünstler beim Film usw. eine tänzerische Artiffit bei diesen herausgebildet habe, die im Gegenfaz stehe zu den gegenwärtigen Aufgaben des Berliner Staatsopernoalletts. Er unterstrich aber nachbrüdlich, daß er es unbedingt für not Der deutsche Abgeordnete Brendert wurde als rumänischer men big erachte, Solotänger neu einzustellen, sobald Minderheitenminister pereibigt es irgend die wirtschaftliche Lage erlaube; denn ein Tangförper von
Die Reichspartei des Deutschen Mittelflandes( Wirtschaftspartei) tritt in Hannover zu ihrem Reichsparteltag zusammen.
Zeitungsverbot. Die Regierung von Unterfronten hat mit Entschließung vom 21. April 1931 die in Bürzburg erscheinende nationalsozialistische Wochenschrift Die Freiheit" bis 21. Mai nere
boten.
ausreichend bezeichnet werden.
Lords sabotieren Siedelung. Labourregierung wird dieAgrarreform ohne das Oberhaus
Durchführen.
London , 24. April. ( Eigenbericht.)
Das Oberhaus jaß auch am Donnerstag über dem upm Unterhaus angenommenen Agrargesez, das selbst von der Landwirt. Mittwoch zeigten die Lords am zweiten Beratungstage, daß ſie schaft als großer Fortschritt bezeichnet wird. Noch deutlicher als am brauf und dran sind, das Gesetz bis zur Unbrauchbarkeit zu ver stümmeln. Nachdem sie die Gelder für die Musterfarmen abgelehnt haben, opponieren sie gegen den Bandantauf zu Siedlungszweden. Gegenüber dieser Sabotage erklärte die Regierung, fie merde gegebenenfalls das gesamte Gefeß unter die Barlaments afte stellen, so daß es nach Abiquf von zwei Jahren automatisch in Kraft tritt.
Der Königsberger Zwischenfall. Zwischen dem deutschen Botschafter v. Hoesch und dem franzöfifchen Außenminister Briand findet gegenwärtig ein Meinungsaustausch zum Zmed der Beis legung des Königsberger 3mifchenfalls statt.
Ausweifung vor Schiedsgericht. Da die litauische Regierung die Ausweisung des Studienrats Hartung aus Memel nicht zurüidge nommen hat, hat die Reichsregierung diesen Fall dem Schiedsgericht überwiesen.
Präsidium des Bollzugskomitees der Somjetunion wurde der Chef Der Chefredakteur der Jsmeftija" gemaßregelt. Durch das rebatteur ber 3fweftija", Krumin, von seinem Bosten enthoben und durch Brofeffor Groniti erfegt. Strumin war früher Chefrebat. teur ber Etonomitichestaja Schin" und murde 1930 infolge feiner Zugehörigkeit zur Opposition abberufen.