Vlax Marthel:
3)er llflörder
Viele Schicksale erfüllten sich auf den italienischen Landstraßen. In Rom zum Beispiel hatte ein junger Tippelbruder namens Harri Herz seinen Freund Kuba wegen fünfzig Lire in den Z�itakomben ermordet. Ueber Harri Herz wußte man wenig, nur das war bekannt, daß er sich unsichtbar machte, wenn ein anderer Kund« auftauchte, der unter dem Namen Bismarck bekannt war. Hirsch- müller, ein junger Wanderbursche, kannte Herz und Bismarck, und als er nun in Venedig über die Riva degli Schiavoni bummelte, wurde er von einem Fremden angesprochen. I „Augenblick. Herr," sagte der Fremde,„wir haben uns doch schon irgendwie und irgendwo getroffen. War es nicht in Rom ?" Hirschmüller lachte und sagte: „Natürlich kennen wir uns. Du bist doch Bismarck. Und gc- wohnlich haben wir Du zueinander gesagt." Der Fremde lachte auch. „Kommen Sie," sagte er.„trinken wir ein Glas Wermut zu- fammen. Ich kenne eine gute Kneipe, da gibt es den besten Wermut in ganz Italien. „Er schleppte Hirschmüller in eine schmale Gaste, über eine steile Brücke, lenkte in eine neue Gasse ein und hatte das Ziel bald erreicht. Er bestellte Wermut und die beiden Männer tranken schweigend das erste Glas. „Ich bin." begann nun Bismarck,„und das hat sich, wie ich hörte, herumgesprochen, kein Kunde, kein Tippelbruder. Bin auch kein Spitzel, wie sich die Penner erzählen. Ich bin," er zögerte und sagte dann entschlossen,„ich bin der Bruder des Mädchens, das sich vor drei Iahren neben Harri Herz erschossen hat. Hinter Harri war ich her, bin ich her, und ich hätte ihn über den Haufen ge- schössen, mit meinen Händen würde ich ihn erwürgt haben, wenn, ja wenn!" Er machte aus den Händen eine grausame Klammer.„Er- würgt hätte ich ihn, wenn er mir unter die Finger gekommen wäre!" „Du bist der Bruder des Mädchens, das sich neben Harri erschossen hat? Mensch, das war also ein doppelter Mörder? Und darum gingst du aus die Walze, und darum verkroch sich der Kerl, wenn du in der Nähe warst?" staunte Hirschmüller. „Wenn Hesselbach in der Nähe war. ich heiße Hestelbach." „Und Harri, wo»st Harri?" ging das Gespräch weiter. „Er kann uns nicht mehr entkommen, der Harri, er ist ge- fangen!" antwortete Hestelbach,„er ist verrückt geworden. Meine Schwester sitzt neben ihm, der ermordete Kuba sitzt neben ihm. Passen Sie auf," fuhr er fort,„wie alles gekommen ist. Bor drei Jahren mußte Harri türmen. Er war schon damals ein kalter Schurke, schon auf der Schule Einmal, kurz vor der Flucht, sagte er zu einem Bekannten, er habe meine Schwester mehr aus anatomischer als aus erotischer Neugier verführt. Und ich habe ihn jedes Jahr einige Wochen gejagt. Juristisch konnte man ihm nichts anhaben. Ich weiß, wegen Mord an Kuba konnte man ihn schon packen, aber ihn hat es ja gepackt, er ist ja am Ende. Ich weiß, wo er jetzt ist, der Harri: wollen Sie einen Mörder in allen Aengsten sehen?" Sie tranken den Wermut und gingen. Hesselbach schritt wie ein Richter voraus, überquerte wieder eine Brücke und steuerte auf eine verräucherte Osteria zu. In der finstersten Ecke hockte ein Mann. Es war Harri Herz. Sein Gesicht war versallen, unter den entzündeten Augen lagen dunkle Schatten. Die früher so glatte Stirn war gerunzell und der schöne Mund halllos geworden. Harri stierte die beiden Männer verständnislos an. Sie nahmen an seinem Tische Platz, bestellten Wein, und Hestelbach fragte neugierig: „Na, wie gehts denn, Kamerad? Trinkst du ein Glas Wein' mit uns?"..... �, j . Harri schüttelte sich und sagte:'[ „Nein, nein/ dp solsst verrecken mit deinem. Kamerad! Ber- recken mit deinem Wein! Wer bist du denn, mein Junge? Nimm dich in acht, ich steche dich nieder!" Er suchte in der Tasche»ach seinem Messer, aber das hatte ihm Hestelbach schon längst abge- nommen. 5iarri schrie:„Warum kommst du immer zu mir und sagst, ich soll trinken? Nein, ich trinke nicht mehr! Wenn ich sause, höre ich Kuba sprechen, und so ein verdammtes Frauenzimmer lacht v immer dazwischen. Wie hieß sie doch gleich? Ich habe sie doch gekannt! Habt ihr den Kuba nicht gesehen?" Hesselbach schüttelte den Kopf, aber Hirschmüller erbarmte sich und sagte: „Den Kuba ? Aber selbstverständlich habe ich den Kuba gesehen. In Neapel , vor einer Woche erst." „Vor einer Woche?" wiederholte der Mörder und fuhr sich mit der Hand über die Stirn,„vor einer Woche in Napoli ?" Er rech- nete fieberhaft nach und sein Gesicht war grenzenlose Qual. Dann entspannte sich sein Gesicht und er sagte noch einmal:„Bor einer Woche hast du ihn in Napoli gesehen? Ja. zum Berrecken, porca Madonna, habe ich denn alles nur geträumt? Cameriere," rief er, „bringt für mich auch ein Glas!" Der Kellner brachte das Glas, Harri füllte es und schüttete den Wein mit einer hastigen Bewegung hinunter. Dann trommelten seine Finger den nervösen Alarm eines Marsches auf der schmutzigen Tischplatte. Dann trank er noch ein Glas Wein und schien neue Kräfte zu bekommen. „Wer bist du?" wandte er sich an Hesselbach,„dich kenne ich nicht. Du willst mich wohl an Bismarck verpfeifen?" „Bismarck?" fragte Hesselbach leichthin,„kenne keinen Bis- marck." Er zögerte und sagte:„Ach so, den Kerl meinst du. Der ist doch schon lange tot!" Harri kicherte. „Das ist gut so," sagte er,„Bismarck ist tot. Der Hund war viel zu lange hinter mir her. Wir alle müssen mal sterben, ist das nicht so? Kuba lebt, Kuba ist in Napoli, der Gauner, er hat mich in Stich gelassen, der Schurke! Aber er soll leben, Kuba soll leben, salutel" Cr hob grüßend das Glas. Dann fragte er drohend: „Wer hat da eben so laut gelacht? Wo ist das Frauenzimmer, das gekichert hat? Sie soll still sein und nicht kichern, Kuba ist doch in Napoli !" Hesselbach, der Bruder des Mädchens, das sich neben Harri er- .-schössen hatte, behielt sein steinernes Gesicht. Hirschmüller grauste es, er war mitleidig und sagte: „Kein Mensch hat gelacht, Harri, es ist niemand anders hier als wir Wer soll denn lachen, wenn Kuba in Neapel ist?" Harri hatte sich beruhigt. Er lauschte mit offnem Mundo und trank jedes Wort als könne er damit Vergessen trinken. Dann wurde er lustig, nahm das Glas und erzählte: „Wir waren in den Katakomben, wißt ihr. in Rom . haben antike Platten gesucht und der Professor, verrecken soll der Kerl, von ihm kommt das ganze Elend, der Professor hat sie gekauft. Machten gute Geschäfte da unten, aber der Bismarck kam in die Stadt und ich inußte mich verkriechen. Kuba machte mit. Und da. eines Tages, hat er mich verlassen, der Kuba , da hat er eine Platte verkauft, das Geld behalten und ist nach Napoli getürmt, der Gauner. Was sagte er denn zu dir. als du ihn trafst?" fragte er Hirschmüller. „Sollte dich grüßen. Dann habe ich ihm eine Lira gegeben." „Das ist er, der Kuba , wie er leibt und lebt, der alte Speck- jäger! Er konnte niemals den Hals voll kriegen." lachte Harrt schaurig,.Mich hat er einmal um fünfzig Lire betrügen wollen."
Sein Lachen wurde immer schauriger,„aber der Harri Herz läßt sich nicht beschwindeln, porca Madonna, nein!" „In Genua hat mir schon der Kundenkönig gesagt, daß man dich nicht beschwindeln kann." antwortete Hirschmüller. „Der Kundenkönig? Der Heiland?" Harri dachte nach und zitierte:„Jede Menschenseele ist eine Majestät und will danach be- handelt werden!" Das Zitat stammte vom Kundenkönig, und Harri duckte sich hinter dem Ausspruch, den er oft verhöhnt hatte, wie hinter einer Barrikade. Dann flüsterte er:„Und du hast den Kuba lebendig in Napoli gesehen, he? Und er sagte, du solltest mich grüßen?" Als Hirschmüller nickte, leerte Harri das Glas zum vicrtenmal. Dann schüttelte er sich schlug mit der Faust auf den Tisch und brüllte im hellen Wahnsinn: „Ihr lügt, ihr lügt, der Kuba ist nicht in Napoli , ich habe ihn in den Katakomben ermordet, und jetzt sitzt er hier in der Beize, der Hund, ich höre ihn meckern! Ich höre ihn meckern! Und ein Frauen- zimmer lacht immer dazwischen, sie soll die Schnauze halten, ich mache sie nochmal kalt, und wenn sie nicht still ist, gebe ich ihr den Revolver, daß sie sich nochmal zuerst erschießen kann! Verrecken sollen alle, auch ihr sollt verrecken, porca Madonna!" Noch einmal knallte seine Faust auf den Tisch, die Weingläser tanzten und ver- schütteten Wein, und bevor sich Hesselbach und Hirschmüller besannen, war Harri aufgesprungen und daoongerast. „Bleib sitzen." befahl Hesselbach,„du kamst heute gerade zur rechten Zeit. Deine Erzählung von Kuba in Neapel hat ihn fertig gemacht. Und hast du gehört: er hat meiner Schwester selbst den Revolver in die Hand gedrückt? Mit Harn ist es zu Ende. Harri Fuchs, so ist sein Name, Harri Fuchs ist erledigt Kuba nift ihn und meine Schwester lacht dazwischen. Er hat es nicht anders verdient, der Mörder, für ihn gibt es keine Gnade I" Sein Gesicht war kühl und fanatisch. In den Augen funkelte jene Grausamkeit die mit der Gerechtigkeit verschwistert ist. Dann schössen ihm die Tränen in die Augen. Er legte den Arm auf die
woinbesleckte Tischplatte und ließ den Kops aus den Arm fallen. Endlickz, endlich hatte er seine Aufgabe erfüllt. Der Mörder mußte büßen. Hirschmüller verließ die Kneipe, in der das Urteil gesprochen wurde Cr war selbst als Geschworener dabei gewesen. Der Dtörder mußte büßen. Cr rannte durch schmale Gassen und über die vielen Brücke», drängte sich durch die Leute, rannte ein kleines Mädchen um. fließ sich aus einer Treppe die Knie wund, keuchte weiter und kam nach dem Canol Grande. Und immer hörte er den ermordeten Kuba neben sich reden und das tote Mädchen neben sich lachen. Und nun blieb er stehen, nun verstopfte er sich die Ohren, aber immer noch hörte er Kuba reden und das Mädchen lachen Die Front berühmter Paläste baute sich am Canol Grande auf. Harri stand auf der Rialwbrücke und erregte einiges Aussehen. Aber die Venezianer waren an die verrückten Fremden schon ge- wöhnt, die in jeder Marmorsäule ein Heiligtum entdeckten. Sie gingen vorüber an dem Mann, der auf der Brücke swnd und in das dahinfließende Wasser starrte. Harri stöhnte. Unten im Wasser sah er ein Gesicht: da unten im Canal Grande sag sein Freund Kuba und winkte mit der Hand! Und neben ihm auf der Brücke stand, nur Harri sichtbar, ein junges Mädchen mit ausgestreckten Armen und zeigte in die Tiefe! Da wollte der Mörder fliehen, aber er konnte sich plötzlich nicht mehr rühren, es gab kein Vorwärts»ich kein Rückwärts mehr für ihn. Bor chm stand das Mädchen, hinter ihm schien sich ein Abgrund zu öffnen, und da unten im Kanal im Wasser lockte Kuba . Es gab keine Rettung für den Mörder. Und da sprang er mit furchtbarem Schrei über die Brücke in die Tiefe! Er sprang in die Tiefe, um Kuba an die Kehle zu fahren, um ihn noch einmal zu ermorden. Als er auf dem Wasser aufklatschte, verschwand Kuba . Der Mörder sank unter und kam nicht wieder hoch. Die Abendzeitungen brachten etile kleine Notiz über den unbe- kannten Mann, der sich von der Rialtobrücke aus unbekannten Gründen in den Canal Grande gestürzt hatte. Hesselbach las die Notiz und verließ noch am selben Tage die Stadt. Seine Schwester war gerächt. Der Mörder mußte büßen.
m. StMeuberl: ScMchfäl...
Zl. Dezember 1929. .. Und so sehen wir uns in Anbetracht des schlechten Ge- schäftsganges leider gezwungen, Sie zum ersten Februar entlassen zu müssen. Es fällt uns nicht leicht, dies zu tun, da Sie in den langen Iahren Ihrer Tätigkeit uns nie Grund zur Klage gegeben haben Unsere besten Wünsche begleiten Sie auf Ihrem ferneren Lebenswege. F. Bertold u. Braun, Eisenwaren en gros.'
4 April 1930. .,... Ich bedauere. Ihnen mitteilen zu müssen, daß die Stelle bereits anderweitig besetzt ist. Zeugnisse und Lichtbild folgen anbei zurück. Hochachtungsvoll K. Lierke." « 10. Mai 1930. .. Roch dem bisher Gesagte» wirst Du wohl verstehen, lieber Bruder, daß es mir leider nicht möglich ist. etwas für Dich zu tun. Ich habe selber. den Kopf voll Sorgen, wie ich-mich und meine Familie in dieser schweren Zeit durchbringe. Alles, was ich. Dir zur Zeit geben kann, sind die beiliegenden zehn Mark, aber Dü darfst in Deinem Brief nichts davon erwähnen. Meto würde mir. vielleicht Vorwürfe machen, da wir selber für die Kinder kaum das Nötigste aufbringen. Setze unter Deinen Vornamen zwei Punkte, wenn Du antwortest, da werde ich wissen, daß Du das Geld richtig erhalten hast. Mit vielen Grüßen Dein Bruder Hans." * 8. Juni 1930. „... da Sie noch die halbe Miete des vergangenen Monats zu zahlen und die neue Miete noch gar nicht bezahlt haben, muß ich die Exmissionsklage gegen Sie einreichen, falls nicht umgehend Zahlung geleistet wird. Kilitzkische Häuserverwaftung. gez. Dr. Krech."
20. November 1930. „Aus der Versteigerung der nicht eingelösten Pfänder Nr. 432S und 6859 gehen Ihnen mit Postanweisung 12,50 Mark zu, die sich nach Abzug der Zinsen noch für Sie ergeben haben. Prioat-Lechamt Reichel." * . 5. Dezember 1930. „... Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, daß die Stelle bereits anderweitig vergeben wurde. Hochachtungsvoll E. Warncke, Eisengeschäft." * 8. Januar 1931. „Für das Steuerjahr 1930 sind von Ihnen noch 12 Mark Kirchensteuer zu entrichten. Wir bitten um umgehende Ueber- Weisung des Betrages. Co. Kirchenamt." » 15. Januar 1931. „Trotz mehrfacher Mahnungen haben Sie seit langer Zeit keine Ratenzahlungen geleistet Da Sie uns auch Ihren letzten Wohnungs- Wechsel nicht angegeben haben, nehmen wir an, daß Sie sich Ihrer Zahlungspflicht entziehen wollen. Sollte nicht umgehend ent- sprechende Zahlung erfolgen, müssen wir gerichtlich gegen Sie vorgehen. Kredit-G. m. b. H.. Juristische Abteilung." * 10. Februar 1931. „Die Kosten der Streitsache Kredit-G. m. 6. H gegen Paul Friedrich»weiden nach dem Vergleich vom 2- Februar 1930 auf 25 Mark festgesetzt und sind vom Beklagten zu tragen. Amtsgericht." » 4. Mär, 1931. „Sie haben die fällige Rate wieder nickst bezahlt. Wir ersuchen Sie zum letzten Mal um sofortige Ueberweisung des Betrages. Wir können uns auf keine Bersvrecbungen mehr einlassen. Kredit-G. m. b. H., Juristische Abteilung." ♦ 10. März 1931. „Sie werden hiermit zum Offenbarungseid aufgefordert. Zum Termin haben Sie ein genaues Verzeichnis Ihrer Vermögenswerte mitzubringen. Amtsgericht."
10 März 1931. „Die Stelle ist bereits anderweitig besetzt. Wir danken Ihnen für Ihre Bewerbung und zeichnen hochachtungsvoll Müller u. Co."
.Lieber Schwager, Dein Brief hat mich sehr traurig gemacht. Ich schicke Dir hier ganze zehn Mark, vom Wirtschaftsgeld, mehr habe ich auch nicht. Hans hat große Sorgen im Geschäft, es sind wieder welche entlassen worden. Es ist besser, wenn Hans von den zehn Mark nichts weiß, ich fürchte, daß er mir Borwürfe macht. well wir selbst kaum das Nötigste für die Kinder ausbringen. Hanne ist glücklicherweise versetzt worden. Fritzchen kränkelt wieder. Mach ein kleines Kreuz in die Briefecke, damit ich weiß, daß Du das Geld empfangen hast. Viele Grüße und Wünsche Deine Schwägerin Meta." 3. April 1934 ..Sollten Sie die'rüchständige Miete, nicht bis zum 15! d: M. bezählt haben, sehe ich mich genötigt, auf dem Wege der Zwangs- Vollstreckung gegen Sie vorzugehen, cv. die Exmissionsklage anzu- strengen. Dr. Sinnlos, Hauseigentümer." * Mittellung des Landjägers Kunze in Oberdorf an die vor- gesetzte Dienststelle: „Heute morgen fand ich im Birkenwäldchen dicht am Lussichts- türm die Leiche eines Mannes. Der Betreffende hatte sich erhängt. Nach den Papieren, die ich bei ihm fand, handelt es sich um einen erwerbslosen Paul Friedrich aus B. Der Betreffende wurde zunächst ins Feuerwehrdepot der Gemeinde transportiert, wo er noch liegt..."
Was noch zu erwähnen ist? Eine Rechnung des Tischlermeisters Barchel für die Gemeinde Oberdorf: Einen Armensarg geliefert...
Sin£and der Qegenlätee Kalifornien kann man mit Recht ein Land der Gegensätze nennen: so grundverschieden ist das Bild, dos es in seinen einzelnen Abschnitten dem Reisenden bietet: kühlfeuchtes Küstengebiet, und heißtrockenes Binnenland: schauerlichste Wüste. Stätten, die, wie das surchtbare„Tal des Todes" und die Mohaurwüste, als heißeste Striche der Erde berüchtigt sind, und eisige Firne auf den mehr als 4000 Meter hohen Schneehäuptcrv der Sierra Nevada: langweiliges, Meilenweit mit Bohrtürmen gespicktes Gelände und herrliche, in wogende Palmen geschmiegte Seebäder an der Küste des Pazifik . Bon der Gründlichkeit, mit der die Amerikaner das Land Wirtschaft- i lich ausnutzen, kann sich, wer es nicht sah, schwerlich eine Vorstellung ! machen: in weit mehr als hunderttausend Farmen werden Getreide, ; Gemüse und olle jene kösllichen Obstarten und Früchte gewonnen. � für deren Größe und vorzügliche Beschaffenheit Kalifornien in aller i Welt berühmt geworden ist. Im Norden des Landes überwiegen Getreidebau und Holzgewinnung: in etwa 1000 Meter Höhe beginnt an den Hängen des Gebirges das holzreiche Gebiet der Rlesenzedern, Ricscntannen, Douglasfichten, Zuckerkiefern und Sequoien. Im Süden Kaliforniens aber haben künstliche Bewässerungsanlagen von echt amerikanischer Großzügigkeit aus unfruchtbarem Wüsten- land einen riesigen Obstgarten von Apfelsinen-, Zitronen-, Pflaumen-, Birnen-, Aepsel-, Aprikosen-, Mandel-, Nuß- und Traubrvsinen- Kulturen hervorgezaubert. Und es bietet ein seltsames Bild, wenn man etwa durch das dunkelgrüne, von zahllosen goldgelben Kugeln durchsetzte Laub der Orangenbäume die glitzernden Schneerlesen des nahen Hochgebirges hindurchleuchten sieht Freilich, auf die Dauer wirken die kalifornischen Fruchtpflanzungen auf das Gemüt des aus der Alten Welt Gekommenen ein wenig eintönig: gar zu sehr ha: hier dem Gesetz der Zweckmäßigkeit das der Schönheit weichen müssen, lieber Meilen hin, soweit dos Auge reicht, laufen die Obstbäume oder Fruchtpflanzen in schnurgeraden Linien über den Boden. Haarschars ausgerichtet, eine w'e d>e andere. In diesem öden Massenbetrieb geht alle Eigenart unter, und es bleibt nichts weiter übrig als ein einziger, formgewordener Ausdruck der Zweckhaftigkeft und des Nutzens. Wenn das Auge ermüdet über die endlosen, lang- welligen Pflanzungen hingleitet, in denen die Pflanz zur Moschine. zum Frucht-Automaten zu werden scheint, dann sehnt es sich roohl nach einem blühenden Obschaumhain daheim, nach unseren Rrbni- Hügeln und nach den Orangen» und Zitronenwäldern an den Küsteo des blauen Mittelmeers.