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Artist Urban vor Gericht.

Der Mord am Kinodirektor Schmoller vom Mercedes  - Palast Bor dem Landgericht II begann heute die Verhandlung gegen den Artisten Karl Urban. Die Anklage lautet auf Mord; die Staatsanwaltschaft nimmt an, daß Urban den Tod des Geschäfts­führers im Kinopalast Mercedes  , Ernst Schmoller, am 20. Ja­nuar d. 3. mit Borsatz und Ueberlegung herbeigeführt hat. Ferner wird dem Angeklagten Raub und unbefugter Waffenbesitz zur Caft gelegt.

Urban, ein nicht sehr großer breitschulteriger Dreiunddreißig. jähriger, forrekt gefleidet, mit einem Seidentüchlein in der Brust tasche, tommt anfangs fast gar nicht zu Wort. Die Feststellungen des Landgerichtsdirektors Sachs über seinen Lebenslauf beantwortet er mit einem einfilbigen Ja und Nein. Urbans Bater, pensio nierter Straßenbahnschaffner, lebt noch, seine Mutter ist im Jahre 1925 gestorben, er ist der Aelteste unter mehreren Geschwistern, zu denen er in guten Beziehungen steht. Nach Beendigung der Volks schule war er bei Borsig in der Lehre, schieb aber 1913 vorzeitig aus, nahm am Kriege in der Marinedivision teil und wurde von 1920 bis 1922 mehrere Male straffällig wegen Diebstahls. Seine legte Tat beging er etwa 14 Tage vor der beabsichtigten Hochzeit, wie er damals sagte, um sich Mittel zur Heirat zu verschaffen. Im Jahre 1923 heiratete Urban, um sich bereits zwei Jahre später von feiner Frau scheiden zu lassen. Für das Kind, das der Ehe entstammte, hatte er zu sorgen. Durch Intervention seines Bruders Erwin arbeitete er als Bühnenmeister in verschiedenen Kinos, löfte im Jahre 1928 wegen Differenzen sein Arbeitsverhältnis mit dem Mercedes  - Palast und trat als Artist in die Nelson- Truppe ein. Am 20. Dezember v. J. traf er mit 400 Dollar von seiner Amerita Gastspielreise in Berlin   ein. In der Stadt Mansfeld im Staate Ohio   hatte er sich eine Steyer- Pistole zugelegt.

Am 2. Januar lernte Urban im Darmstädter Hof Fräulein Schent tennen, die unter dem Namen Roth als Grotesktänzerin auftrat. Die neue Freundschaft wurde durch ein ausgedehntes Geft­

40 Jahre Arbeitergesang in Berlin  

Auftakt zum Gaujubiläum

9. Bezirk Orpheum.

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Unter den Werbeveranstaltungen für die kommende Festwoche besuchte ich die beiden Sonntagsmorgen- Konzerte des 9. und 7. Be zirts im Orpheum" und im Titania Balast" Steglig. So entging mir vom Konzert des 9. Bezirks der zweite Teil seit seiner interessanten Erstaufführung Auf den Straßen zu fingen" von Hanns Eisler  , dem Bielumstrittenen, aber nicht mehr zu umgehenden, beidemal aber neben anderem Bekannten Klaus Bringsheims schon heute populärstes Arbeiterlied". Dafür hörte und sah ich nach zwei von Hans Schreiber gut ein­studierten Uthmannschen Männerchören die Uraufführung der Schritte im Gefängnishof" von Rosebery d'Arguto nach Worten von Kurt Eisner  . Ist der Text schon troß seines nach Worten von Kurt Eisner  . Ist der Text schon trop feines Telegraphenstils ungewöhnlich und lapidar packend, so hat der Kom ponist, vereint mit der Tanzmeisterin Catania von Malotti ein Werk geschaffen, das sicher für alle Zukunft neue Pfade weift. Der gemischte Chor, begleitet von zwei dumpfen Kesselpaufen, singt die Worte nicht mit irgendeiner zusammenhängenden Melodie", sondern hauptsächlich rhythmisch- harmonisch anregend, befeuernd, erläuternd, ohne aber alles der Tänzergruppe auf der Bühne( der Chor mußte leider unterhalb der Bühne sich postieren) vorweg­zunehmen. Diese, keineswegs Sklavin der Musit, bewegt sich in voller dramatisch selbständiger Freiheit, gebunden nur durch den einheitlichen Kollettivwillen, um alle Empfindungen und Höchst steigerungen der Dichtung in lebensvollste Wirklichkeit umzudichten. Namentlich die Schlußpunkte der drei Strophen" sind von über. wältigender Kraft und Wahrheit, und die Aufführung erfüllte. restlos alle Intentionen. Dazu kam, daß in der Tanzgruppe nicht nur ein erstklassiges förperliches Material vorhanden war, sondern die Jüng­linge und Mädchen durchweg Schönheit, Energie und Intelligenz

heit und Bosheit haben sie angehen müssen, aber sie haben den Geg miterleben werden. Zwei nennt er ausdrücklich, Frizz Kortum davongetragen. Er wünscht ihnen, daß sie einen neuen Aufstieg noch Jahre 1891 dem Borstand angehörten. Nach diesem gedankenreiden und Alex Kaiser, die damals bei der Gründung des Gaues im und temperamentvollen Redner sprach Karl Stauder, Bundes­vorfigender, eine echte Rämpfernatur. Er legt den Hauptnachdruck auf die ethische und gesellschaftliche Knechtung des Proletariats in der Vergangenheit, der gegenüber nur eine geschloffene Einheit zum Siege führen könnte und tann. Siege führen könnte und tann.

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Der musikalische Abend wird teils durch ein vortreffliches Bläser­orchester, das allerdings etwas sehr geräuschvoll sich auswirkt, das neue Tontünstlerorchester unter Kapellmeister H. Schulze­Wittenberg, bestritten, teils durch Liedervorträge verschiedener Ber­eine des 1. Bezirks. Unter ihnen treten die tüchtigen Leistungen des Verbandsgesangvereins Morgengrauen" unter Eduard Reiche und des Berliner Sängerchors" unter Philipp Helb hervor. Den stärksten Eindruck aber hinterließen die abfolut muster­gültigen Darbietungen der Berliner   Liederfreunde" unter Alfred öpel, ber mit Dieges Aufstieg" sich als tiefschürfender Meister ermies. Auch im geselligen Teil" erfreute Göpel mit seinen Sängern die zahlreichen, festlich gestimmten Zuhörer mit launigen Gaben von Johann Strauß  . Außer famosen, akrobatischen Nummern, die ein sehr wißiger Conférencier jeweils anjagte, genoß man noch das Ebert Manz- Quartett, das durch die Bollendung und tiefe Beseeltheit seiner Vorträge allgemeine Begeisterung auslöfte. 1. und 2. Bezirk Saalbau Friedrichshain.

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H. M.

Der 1. und 2. Berliner   Bezirk gaben ihr Festkonzert mit

gelage besiegelt, Fräulein Schent weihte Urban in ein trauriges vereinigten, weit entfernt von jenen blöden Puppengefichtern, die fämpferischem Programm, beispielhaft für den politifierten Geist, der

Liebesabenteuer mit einem Schiffstapitän ein, durch Handschlag ver­sprach er, ihr zu helfen. In der Darstellung dieses Falles zeigte sich bereits die Ueberschwenglichkeit des Angeklagten in Gefühl und Aus­drucksweise. Am 14. Januar wurden die Ringe getauscht, für den 7. Februar wurde der Hochzeitstag bestimmt. Es sollten 40 Gäste geladen werden, der Hochzeitsschmaus 600 Mart tosten. Am 16. Januar fuhr Fräulein Schent nach Leipzig  .

Bon dem Gelde, das Urban aus Amerika   mitgebracht hatte, hatte er nicht mehr einen Pfennig. In der Hauptsache war es auf Alkohol draufgegangen. Ein neues Engagement fonnte erst Mitte Februar im Zirkus Busch angetreten werden. Um das Reise­geld für seine Braut zu besorgen, hatte Urban bereits seine Kollegen anpumpen müssen. Die Tat selbst schildert er folgendermaßen: Am 20. Januar habe ich nicht anders als sonst verbracht, hatte mich trainiert und war am Nachmittag ins Hotel Darmstädter Hof zurüd­gekehrt. Als ich gegen 8 Uhr an der Thete einige Mollen und einige Rognats getrunken hatte, fam mir meine traurige Lage in den Sinn, meine Braut hatte aus Leipzig   angefragt, ob der Saal für das Hochzeitsfeft bereits festgemacht, ob das Bett bereits gekauft sei. Plötzlich kam mir der Gedanke, nach dem Mercedes  - Palast zu gehen, dem Geschäftsführer Silbermann eine Ohrfeige zu versetzen und etwas Gelb zu nehmen. Im Büro des Mercedes  - Balastes fah

ich einen fremden Mann vor mir,

wie die Pistole in meine Hand kam, weiß ich nicht, ich hörte nur zuerst einen Schuß, dann einen zweifen Schuß fallen, ich weiß auch nicht, wie ich aus dem Kino herausgekommen bin. Ich sah mich plötzlich in der Jägerstraße, lief zur Straßenbahn, wie weit ich gefahren bin, weiß ich auch nicht. Dann fuhr ich im Auto­bus bis zum Halleschen Tor, dort nahm ich eine Tage. Den Revolver warf ich von der Weidendammer Brücke in die Spree, im Darm­städter Hof und später in der Kantine des Zirkus Busch trank ich mit verschiedenen Leuten Bier und Rognat." Urban erzählt weiter, er habe keinen Pfennig Geld im Mercedes  - Palast

geraubt.

Mistinguette Revue.

Theater des Westens  .

Die französische   Diva gastiert in Berlin  . Man erzählt, daß sie über 60 Jahre alt sei. Ihre Konkurrentinnen blättern den Kalender rüdwärts. Sie straft die Natur Lügen, und hat sie Runzein, dann haben fie fich wahrscheinlich in ihre Fußsohlen eingeschrieben. Mistinguette, internationaler Repuestar, Freude unserer Bäter, ohne Einschränkung auch noch unsere Freude, schmückt sich mit einem Berg von Straußenfedern, sie enthüllt die Beine, die berühmt sind wie ein Bild von Degas   oder Picasso  , sie mimt die Schönheits­königin, den Badfisch, der das Küffen lernt und lehrt, die Apachen­braut, Asphaltblüte romantischster Banditenkultur, den Straßen­lümmel, die akrobatische Tanzfee, turz bas ganze Repertoire der Tingeltangel. Sie frächst, trällert, hüpft, schreitet damenhaft und schlenkert dirnenhaft. Pariser Leben  , wie es die Lebemänner träumen und die nach erfolgreicher Hochzeitsnacht entführten Bürger weiblein auf dem Montmartre anglozen, das ist ihr Komödianten

leben.

Mistinguette konserviert sich und das Revuegenre, dessen glänzendste Heroine fie ist, fabelhaft. Man ist ehrlich entzückt, weil es ihr gelingt, drei Stunden lang auch den trübfeligsten Offen barungseidgenossen zu verzaubern. In Paris  , wo selbst die Prole tarier noch fröhlich sein können, gehört sie auch dem Volt. Erpor tiert sie ihre Kunst, dann hat sie hohe Spesen und darf nur Leute einladen, die aus Renten oder Kredit ihre Untosten bestreiten. Aber sie ist Künstlerin vom blonden Grazienkopf bis zur Zehe, wortwörtlich. Und sie ist nicht eifersüchtig, wenn neben thr die Revuejugend paradiert, all das hübsche Jungen- und Mädchen­personal, das steppend, fingend, cancannierend, geziert, aufgeputzt, herrlich dressiert und einfaltsreich, clownmäßig und doch immer taktvoll, um die Meisterin strahlt.

In Berlin   wurde die Revue, die volkstümlichste Animierfunft für arm und reich, jahrelang durch unerträglichen Snobismus auf den Hund gebracht. In der Friedrichstraße und im Zirkustheater

wir von unseren meisten Balletts in Erinnerung haben. Der Ein­druck bei der Hörerschaft schien sehr bedeutend zu sein.

Borher hielt der Bundesvorsitzende Fehsel eine Ansprache, in der er die Bedeutung der Arbeiterfängerbewegung beleuchtete und vor allem den grundlegenden Unterschieb der alten( mehr einen Lurus darstellenden) und der neuen, naturnotwendigen Kultur pflege darlegte. Die Entwicklungsturve unserer Arbeiterfänger bewegung gibt Anlaß zu berechtigtem Stolz. In Berlin   haben wir 11 000 ausführende Mitglieder. Hannover   im Jahre 1929 mit seinen 56 großen Veranstaltungen erregte das Erstaunen der ganzen Welt. In Frankfurt   a. M., das für seine Kaiserwettsingen eine Riesenhalle für über 20 000 Menschen erbaute, haben die Arbeiterfänger die bürgerlichen schon nahezu verbrängt, bie den Raum nicht mehr zu füllen vermögen.

7. Bezirk

Titania- Palast  ".

Von den Sängern und Sängerinnen des 7. Bezirks hörte ich Der Bezirksmännerchor hat nicht die Kraft, Fülle und Sattheit der nur noch die Kinder der leichten Muse, die humoristischen Lieder. da- capo- Leistung im Gruß an den Mai". Der gemischte Chor Neuköllner   Sangesbrüder, brachte es aber zu einer vortrefflichen brillierte restlos. Die Gesangskultur des Männerchors ist derjenigen des gemischten Chors offenbar weit unterlegen, wie überhaupt der noch sehr jugendliche Dirigent der beiden unter diejenigen gehört. denen man von Zeit zu Zeit eine kleine Warnung in dem Sinne zukommen lassen muß, daß eine so rasche Karriere auch große Ber­pflichtungen in sich birgt.

Jubilarfeier im Saalbau Friedrichshain.

Der Nachmittag im Friebrichshain brachte zwei Ansprachen, die wir vorwegnehmen wollen. Die erste hielt der I. Gauvorsigende Paul Schneider  . Sein Wort gilt den Beteranen, den alten Kämpfern unter dem Sozialistengesetz. Gegen eine Welt von Dumm­

die sich zum Verwechseln ähnlich sehen? Und wenn sie nicht existieren, so bilden sie wenigstens den Stoff zu einem Cancan herrlichen Blödsinns.

Die Szene muß ständig bewegt sein. Der Wirbel steigert sich bis zum großen Schlußfinale. Shakespeare   findet feinen Platz gefühlsgesättigte Arien, er jagt nur vorwärts und hat keine Zeit, den Menschen eine Seele zu geben. Noch sind sie ihm bloße Figuren in einer theaterfreudigen Handlung, in der Technik grober Holz­schnitte ausgeführt. Roch steht diefe Handlung an erster Stelle und nicht der Mensch, dessen dramatisches Wollen die Fäden knüpft und die Vorgänge schicksalhaft formt.

Burlestes Theater, gereinigt vom Staub philosophischer Weis­heit, Theater, erwachsen aus dem Bergnügen am Theaterspleten, ausgelassen, tänzerisch beschwingt und wiederum von erdverbundener derber Komit, Theater ohne psychologische Tüftelet, biefe ursprüng­liche Poffenform crhält Die Komödie der Jrrungen" als Schüler vorstellung auf der Volksbühne. Weshalb selien die Clownerien im Stalten, Griechenland   oder im England der Renaiffance vor sich gehen? Der Regisseur Heims Stroug schafft in dem dekorativen Rahmen eine Art ameritantscher Negerrepublik ra cillenmeer, mit Indios, Spagniofen, Mestizen und Mufatten in grotesten lini formen. Caballeros erleben mit ihren indianifchen Beons mert­würdige Dinge. Der Beherrscher der Insel Ephesus   wird bei Leonhard Steckel   zu einem Mulattengeneral, und der Dr. Zwir Hans Weidts erscheint als schwarzer Medizinmann, Abenteurer­romane liegen uns näher als die klassische Bose.

Die Aufführung verläuft paufenlos. Alles wird zufammen­gedrängt, entpathetisiert und betommt frische Farbe und Leben. Die Darsteller wie Karchow, Staudte  , Berghof, Gretler, Spelmans, Gina Faltenberg, Marcella Salzer besigen das Temperament und die Spielfreube für dieses unbeschwerte Theater. Eine vergeffene Boffe, fanft in Bietät eingewedt, erweist sich als amüsante Unterhaltung, weil eine einfaltsreiche Regie den Mut hat, eine Boffe als Bosse zu fpielen und auf Tradition zu pfeifen.

F. Sch.

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heute dem Arbeitergefang Richtung und Ziel anweist. Das Arbeiter­chorlied ein politisch Lied: das war das Thema der Ansprache, in der Genosse Klauder( vom Bundesvorstand) mit seltener Klarheit und Eindringlichkeit die Aufgaben des Deutschen   Arbeiter- Sänger­bundes, thre hiftorische Entwicklung und Erfüllung in vierzig Jahren darstellte. Diese Darstellung, getragen vom Kraftbewußtsein einer Bewegung, in der der politische Wille der proletarischen Maffen sich fünstlerischen Ausdruck geschaffen hat, war aufrüttelnde, mitreißende Mahnung zur gemeinsamen Arbeit am gemeinsamen Kampfwert der Arbeiterschaft.

Man hörte alte und neue Kampflieder, Tendenzchöre, revolu tionäre Gesänge, von Uthmann bis Eisler  ; die meisten werden wir in dieser Woche in den Feierstunden der Arbeiter. fänger" noch einmal hören, in den großen Festkonzerten in der Philharmonie und in der Festveranstaltung im Stadion Neukölln, die nächsten Sonntag den Abschluß der Berliner   Jubiläumsfeier bilden soll. Gemischte Chorgruppen, Männer- Chorgruppen, Gemischte Massenchöre, Männer- Massenchöre: fast alle Verbände und Vereine der beiden Bezirke waren aufgeboten; unter der Leitung der Chor­D. G. Schumann löften sie sich in Chorleistungen ab, die vom meister Heinz Tießen  , L. W. Karp, Josef Schmid und Bollen und können unserer Arbeiterfänger ein prachtvolles Gefaint­bild gaben. Die Hörerschaft, die den Riesensaaf bis auf den letzten Plaz füllte, hatte allen Grund zu dem begeisterten Beifall, den sie an nach jeder Nummer spendete; auch nach den Darbietungen der Real zitatorin Marta John, die mit außerordentlicher Beherrschung ihrer Mittel und mit unwiderstehlichem Elan proletarisch- revcultio­näre Dichtungen sprach. Kaum ein Lied, das die Hörer nicht am liebsten zur Wiederholung verlangt hätten. Aber ein Mißgriff war es, daß mittendrin eine Chorgruppe als Zugabe das Lied ,, Brüder zur Sonne" sang, das ohnehin als letztes Stück auf dem Programm stand; das Arbeiter- Kampflied soll bei solcher Gelegenheit nicht zum Wettkampf- Lied der singenden Arbeiter werden.

K. P.

wieder zusammenzugehen und brennen unbekümmert durch. Die beiden folgenden Afte zeigen nichts als die kleinen Alltäglichkeiten der Ehe. Das ist dem Leben abgelauscht und mit seltener Ursprüng­lichkeit, mit Temperament und Charme gestaltet. Die Frauen kommen bei Coward ebenso schlecht weg wie bei Strindberg, aber der Engländer zeichnet die Fehler der Frau ohne jede Bitterfeit und mit einem befreienden und überlegenen Humor. Seiten ist in einem Theater soviel gelacht worden wie bei dieser Eheillustration. Und doch ist die Komödie mehr als ein bloßes Amüsierstüc; hinter aller und dichterische Luftigkeit steckt ein gutes Stück Lebensflugheit Gestaltungskraft.

Den unbestrittenen Erfolg verstärkt Else Eckersberg  , die sich hier als Weibsteufelchen selbst übertrifft. Sie bringt nmut und beängstigende Streitfucht und Rechthaberei in reizenden Gemisch und zeigt bezaubernd ihre großen fünstlerischen Fähigkeiten. Ihr Gegenpol ist Trude Brionne  , ein Dummchen, das den Mana durch ihre unvernünftige Hingabe zur Verzweiflung bringt. Bon den beiden Männern erfreut Hans Brause wetter mit seinem ewig erstaunten Blick noch mehr als der liebenswürdige Johannes Der Beifall war sehr dauerhaft. Riemann.

dgr.

Gine neue biologische Psychologie. In der Berliner   Ortsgruppe des Deutschen Monisten­bundes sprach Professor M. H. Baege über den Beha= viorismus, die neue blologische Psychologie. Der Vortragende, den älteren Mitgliedern des Monistenbundes von seiner langjähri­gen Tätigkeit in Berlin   noch gut bekannt, wußte in seiner klaren, voltotümlichen Weise diese neue von Amerika   ausgehende Form praktischer Wissenschaft seinen hörern recht anschaulich vorzuführen. Deutschland   war früher in der Binchologie, die eine Zeitlang die große Modewissenschaft war, sowohl in der experimentellen wie in der introspektiven Art führend. Aber mit Recht betonte Baege, daß diese Psychologie uns nicht viel weitergebracht hat. Die neue ameri­tunische Methode, die von der Beobachtung ber Tiere ausging, lehnt alle Metaphysik ab und beschränkt sich darauf, die Berhaltungs­weisen( behavior= Benehmen) der Lebewesen beim Handeln zu

wurde schließlich nur noch nachgeäfft und ins Bombastische ver: Das Eheproblem von der heiteren Geite beobachten und in ihrer Gefeßmäßigkeit zu erkennen. Shr Stei is,

gröbert, was die Londoner   und Bariser erfanden. Jezt amüsiert die Mistinguette, Meisterin des Fachs, durchaus wieder.

Die Komödie der 3rrungen."

Bolfsbühne.

m. h.

Der Wit wird hier noch nicht von Melancholie überschattet oder in die Lyrik der Sprache eingebettet. Dieses Jugendtuftfptet Shakespeares weiß nichts von der Problematik, von Schillern der Charaktere. Es ist reines Theater, Boffe, die eine Situation auf die andere packt und überhaupt nicht nach der Möglichkeit des Ge­schchens fragt. Barum sollen nicht zwei Brüderpaare existieren,

Renaissance- Theater: 3ntimitäten".

Das Thema Ehe haben sich schon viele Bühnenautoren vor geknöpft; mit soviel Lebensnähe, Frische und Natürlichkeit hat es noch feiner behandelt, wie nur oel Coward, der Autor aus England, der sich bei uns rasch einen Namen gemacht hat. Die Handlung seines Luftspiels Intimitäten" beschränkt sich auf den ersten Aft. Da treffen in demselben Hotel zwei Ehepaare zusammen, die über Kreuz verheiratet sind: der erste Ehemann mit der zweiten Frau und die erste Frau mit dem zweiten Mann. In beiden jungen Chen fommt es zu dem üblichen ersten Krach. Dadurch findet sich das ursprüngliche Baar in gemeinsamem Unglüd, beide erkennen, daß es Unsinn war, sich scheiben zu lassen, beschließen,

daraus Boraussagen für die Zukunft abzuleiten; sie ist also durchaus praftisch gerichtet. Wie das Lebewesen Dant feiner Konstitution auf die Reize der Umwelt reagiert, und wie sich daraus Gewohnheiten entwickeln, das ist der Hauptinhalt dieser Psychologie. Alle die Scheinprobleme der alten Psychologie, die aus dem Bewußtsein ab. geleitet wurden, lehnt sie ab. Die neue Lehre hat nach Baege be. reits Bebeutendes nicht nur für die Tierpsychologie, sondern auch besonders für die Auffaffung des Lernens und die Erwerbung neuer Verhaltungsweisen geleistet. Bor allem ist festgestellt, mit welcher Naturausstattung der neugeborene Mensch ins Leben tritt. Be­sonders für die Pädogogit wird brauchbares Material geboren. Die sehr anregenbe Debatte ergab außer Zustimmung auch einige beachtliche Einwendungen. D.