Günthers Attentäter".
Bertrag mit Schulte- Naumburg ungültig.
Weimar , 13. Mai. ( Eigenbericht.)
Das glüdlicherweise harmlos verlaufene Attentat eines geistes schwachen Jungen auf den Jenaer Rasseprofessor Günther hatte im Landtag ein Nachspiel. Eine Erflärung der sozialdemokratischen Landtagsfraktion wendet sich gegen die Methode der doppelten Berichterstattung, wie sie in diesem Falle von der Polizei angewandt murde. Während es nämlich in dem Bericht für Berlin vom Attentäter heißt:„ Er gibt an, er habe den Gedanken allein gefaßt und sei von niemand angestiftet worden. Einer politischen Partei mill Dannebauer nicht angehören", wird in dem zweiten Bericht, der der Jenaer Presse zugegangen ist, hinzugefügt:„ Er gibt jedoch an, fein Vater fei Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Desterreichs und sein Bekanntenkreis gehöre ebenfalls zu diesem Kreise." Die Fraktion verwahrt sich gegen diese tendenziöse Methode.
Großes Aufsehen erregte im Landtag das Bekanntwerden des Vertrags, den Frid seinerzeit mit dem Maler Schulze- Naum burg als Leiter der Weimarer Kunstschule abgeschlossen hatte, Der Bertrag enthält nämlich die Klausel vorbehaltlich der 3u= stimmung des Landtags", er ist aber tatsächlich nie dem Landtag vorgelegt worden.
Nazi für Zinsfnechtschaft.
Brechung erst im Dritten Reich.
Braunschweig , 13. Mai. ( Eigenbericht.) Die Nationalsozialisten wollen die Zinstnechtschaft brechen. Sie haben deshalb im Reichstag einen Antrag eingereicht, nach dem jeder, der mehr als 5 Prozent Zinsen nimmt, mit Gefängnis bestraft werden soll. Die nationalsozialistische Fraktion des Braunschweigischen Landtags hat dennoch am Mittwoch in Gemeinschaft mit der bürgerlichen Arbeitsgemeinschaft einen Vertrag mit der Kirche abgeschlossen, der der Kirche große Summen zusichert, die für eine zwei Jahre zurückliegende Zeit mit 10 Prozent und für die Zukunft mit 8 Prozent zu verzinsen sind. Als die Sozialdemokraten auf diesen Widerspruch aufmerksam machten, wußten die Nazis nichts zu erwidern. Nur in einem Zwischenruf brachten sie zum Ausdrud, daß sie im ,, Dritten Reich", also am St. Nimmerleinstag, die Zinsfäße herabsehen würden.
Die Hetze gegen Grzesinsti.
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gegen die Sozialdemokratie
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wie sie sich vor Gericht in ihre Bestandteile auflöst!
Hugenberg zu 500 Marf verurteilt.
Wegen öffentlicher Beamtenbeleidigung.
Das Schöffengericht Berlin- Mitte verkündete gestern nach| tommen von Unregelmäßigkeiten bei der Eintragung zum Vortslängerer Beratung folgendes Urteil im Beleidigungsprozeß gegen begehren als unwahr unterstellte. Hugenberg: Der Angeklagte iff zu einer Geldstrafe in Höhe von 500 Mark, für die im Nichtbeitreibungsfalle 20 Tage Haft treten, zu verurteilen. Dem Reichsminister des Innern, dem preußifchen Staatsminister des Junern, dem braunschweigischen Staatsminister des Innern, dem anhaltischen Staatsministerium und der Schaumburg- Lippeschen Landesregierung wird Publikationsbefugnis im„ Berliner Lokal- Anzeiger", dem„ Tag" und der Deut
Wen gehts was an, wie sein Vater hieß? Der ,, Angriff" beschäftigt sich wieder einmal mit den Familienverhältnissen des Berliner Polizeipräsidenten und hat nach Widerlegung seiner fattfam bekannten Lügen über die jüdische Abstam mung" des Genossen Grzesinski einen schweren Stand. Vor einigen Tagen hatte vor dem Amtsgericht Mitte ein Termin gegen de: Herrn Münch mener stattgefunden, weil dieser die Behauptung aufgestellt hatte, Grzesinski sei ein uneheliches Kind eines Juden namens Cohn. Genoffe Grzesinski hat in seiner eidlichen Aussage flipp und klar erklärt, daß an dieser Behauptung tein wahres Wort ift, was den Angriff" nicht hindert, durch eine Entstellung der Zeugenaussage den Eindrud zu erweden, als ob Genosse Grzesinstischen Zeitung" auf Koften des Angeklagten zuerkannt. das bestätigt habe, was er eigentlich bestreiten mollte. Der An griff" geht sogar so weit, dem Genossen Grzesinsti in vorsichtiger Form den Bormurf des Falscheides zu machen. Er behauptet nämlich, daß Genoffe Grzesinsti in einem im Februar d. 3. statt. gefundenen Brozeß gegen den jezigen Gaufturmführer von Berlin , Herrn von Betersdorf. ausgefagt habe, daß an seine Mutter 300 Mart Alimente gezahlt worden feien. Ueber die Beziehung diefer 300 Mart zu der Person des Herrn Cohn foll fich Genoffe Grzesinski vorsichtig und ausweichend geäußert haben. Wiederholte Brozesse haben zur Genüge die Tatsache festgestellt, daß von einer unehelichen Vaterschaft des betreffenden Herrn Cohn feine Rede sein fann. Genosse Grzesinsti ist das Kind eines Albert Lehmann in Potsdam .
Lehmann oder Cohn- men geht's schließlich was an? Haupt sache, daß der Sohn ein anständiger Kerl ist! Und das ist er ebenso gewiß, wie die Leute ein übles Gesindel sind, die ihn wegen feiner angeblichen Abstammung von einem Herrn Cohn verfolgen!
Oberstaatsanwalt Sturm sagte, der Unterschied sei unperständlich, den der Angeklagte zwischen den Organen des Ministers Severing und den Beamten mache. Das Strafmaß müffe gegen den Berfasser des Artikels höher sein als gegen die Redakteure. Bu berücksichtigen sei auch, daß der Angeklagte die von ihm gemachte be leidigende Aeußerung auch heute noch nicht bedauere, sondern sie für politisch notwendig halte und ihre Form als milde betrachte. Unter diesen Umständen seien 1500 Mart, für die im Nichteintreibungsfalle 30 Tage Haft zu treten hätten, eine angemessene Strafe.
In der Urteilsbegründung führte der Borsigende u. a. aus: Die Auslegung des Angeklagten Dr. Hugenberg hat das Gericht non feiner Auffaffung, die es im Urteil gegen die Rebatteure zum Ausbrud gebracht hat, nicht abbringen können. Insofern allerdings hat es seine Anficht geändert, als es jegt entsprechend des Berufungs urteils des Landgerichts der Ansicht ist, daß durch den Artikel bloß die Beamten, die der Staatsregierung nabestehen, also die fozialistischen Beamten getroffen werden sollten. Daß sich aber der Artitel gegen die Beamten richtete, unterliegt feinem Zweifel. Alle Retuschierungsversuche der Berteidiger ändern daran nichts. Das Wort retuschieren ist nicht so qufzufassen, daß Sugenberg fich bloß gegen die rigorose Prüfung der Eintragungsergebnisse menden wollte. Es
Bor dem Schöffengericht Berlin- Mitte perantwortete sich gestern Dr. Surgenberg megen Beleipigung der mit der Feststellung der zahlenmäßigen Ergebnisse des Boltsbegehrens gegen ben Donug Plan beschäftigten Beamten. Dr. Hugenberg batte am 31. Oftober 1929 im Botal- Anzeiger", im„ Tag" und in der Deutschen Zeitung" einen Artikel Der erste Schlag" erscheinen lassen, in dem es u. a. hieß: Ist die Schlacht gewonnen oder verloren: der sozialbemo fratische Innenminister will es uns am 6. November verraten. Hoffentlich wird in der 3mischenzeit nicht allzu sehr retuschiert". In den weiteren Säßen:„ Der Kampf geht weiter und wir versprechen uns von ihm Gutes, einerlei, mas bie Organe des Innenministeriums herausrechnen", erblidten der Reichsinnenminister Severing, das Preußische Staatsministerium und einige andere Länderregierungen eine Beleidigung der Beamten, die mit der Feststellung des zahlenmäßigen Ergebnisses des Bolksbegehrens gegen den Young- Plan betraut maren. Wegen der Veröffentlichung des Artikels würden zunächst die Redakteure des„ Tag", der„ Deutschen Zeitung" von zwei Instanzen zu je Das Gericht läßt es dahingestellt, ob Hugenberg dem Reichsinnen
follte eben der Vorwurf gemacht werden, daß die Beamten fähig feien, dieses Ergebnis zu fälschen, also etwas Strafbares zu begehen.
Die Kommunisten- Pleite von Thüringen 150 Mart Geldstrafe verurteilt. Dr. Hugenberg erschien dagegen minister eine Warnung habe zukommen lassen wollen: ber von ihm Oleite von Thüringen
Nur ein Drittel ihrer Wähler beim Volksbegehren. Weimar , 13. Mai( Eigenbericht).
Der Landeswahlausschuß trat am Mittwochvormittag zur Feftstellung des Abstimmungsergebnisses des fommunistischen Boltsbe gehrens auf Auflösung des Thüringischen Landtags zusammen. Es haben sich insgesamt 45 275 Personen eingezeichnet. Die Zahl der Stimmberechtigten in Thüringen betrug bei der legten Reichs tagswahl 1078 129, das erforderliche Zehntel von 107 813 Stimmen wurde also nicht erreicht. Die Kommunisten erhielten bei der legten Reichstagswahl vom 14. September 1930 139 667 Stimmen. Nur ein Drittel ihrer Wähler folgte diesmal ihrer Parole, fo daß das Boltsbegehren eine gewaltige Pleite für fie wurde.
Generaldirektor Strafella.
Sturm im Nationalrat.
Die turglebige Heimwehrregierung Baugoin- Starhemberg hat thren Dr. Strafella zum Generaldirektor der Bundesbahnen gemacht. Nun hat er die Tarife für den Wiener Nahverkehr erhöht jezt in der schlimmsten Not den Befiglofen die Erholung des Ausfluges, den im Lohn gedrückten Draußenmohnern die Fahrt zur und von der Arbeit verteuert und das alles, ohne varfaffungsgemäß die Zu ftimmung bes Barlaments einzuholen. Außerdem verschafft Strafella feinen Freunderin" unter Nachsicht der Eignung Stellen bei der Bundesbahn. Gestoffe Dr. Ellenbogen hat im Nationalrat diese Birtschaft angeprangert. Die Chriftlichsozialen wollten die fozial demokratischen Gegenanträge durch Ueberreichung an den Ausschuß erlepigen", aber die anderen bürgerlichen Barteien stimunten mit unseren Genossen und so wurden die Anträge angenommen Darob großer Sturm im Seipel- Lager, schärffte Borwürfe gegen die brohende Regierungstrife. Alles wegen
Roalitionsbrüder und Strafella.
sede
Der am 15. Juli 1927 abgebrannte Wiener Justizpalast ist so weit miederhergestellt, daß schon die Einteilung für die bereits in nächster Zeit norgesehene Unterbringung der einzelnen Gerichtsabteilungen getroffen werden. Um 7. September werden die ersten Berhand Jungen darin durchgeführt.
erst gestern
nach Aufhebung seiner Immunität durch den Reichstag vor Gericht. Er wurde verteidigt von den Rechtsanwälten Dr. Everling und Dr. Donner.
Auf die Frage des Vorsitzenden, ob er bereits vorbestraft fei, erwiderte er:„ Ich habe noch nicht Gelegenheit gehabt, auf dieser Bank zu fizen." zur Sache jagte er: Der Artikel richtete sich einzig und allein gegen den damaligen Reichsinnenminister Severing, der für den Verlauf des Volksbegehrens vor der Deffentlichkeit verantwortlich war. Ihn trifft auch die Berantwortung dafür, was die ihm unterstellten Organe an Ungefeglichteiten und Beeinfluffungen anläßlich der Eintragungen zum Boltsbegehren sich zuschulden tommen ließen. Ihn allein konnte ich mit meinem Ar titel meinen. Nach dem Verlauf des Boltsbegehrens und bei der Fülle von Ungefeßlichkeiten, die vorgefallen find, hatte ich nicht nur berechtigtes Interesse, sondern geradezu die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, daß solche Gesezwidrigkeiten fich nicht auch über die Eintragungsfrist hinaus fortfegen. Diesem Zwed diente die Warnung, die ich in aller Deffentlichkeit dem Reichsinnenminister Severing erteilte. Der Artikel mar meder objettiv beleidigend, noch habe ich das Bewußtsein, durdy ihn jemanden beleidigt zu haben. Die wohlverdiente Warnung an den Reichsinnenminister Sepering fonnte nicht in milderer und fachlicherer Form ausge sprochen werden als dies geschehen ist. Wenn darin eine strafbare Beleidigung gefunden werden sollte, so hieße das, in Verbindung mit der Aufhebung der Inmunität durch die Mehrheit des Reidys tages den politischen Minderheiten das Recht der Kritit nehmen. Was ich geschrieben habe, war im Augenblid politisch notwendig und erforderlich und hat seinen 3wed erfüllt. Das Bort Retusche" stammt aus der Photographie und heißt da, Licht und Schatten gegeneinander abwägen, das Gesamtbild verbessern. Tut man das in zu starkem Maße, so entstehen unrichtigteiten. Das Retuschieren ist in der Photographie erlaubt. Wenn ich sage, es möge nicht zu sehr retuschiert werden, so ist das nach allem, was vorge begehren als wahr unterstellte.
Dr. Hugenbergs Berteidiger, die Rechtsanwälte Dr. Everling und Dr. Donner, stellten nun umfangreiche Bemeisanträge, die fämtlich den Zwed hatten, darzutun, daß zahlreiche Unregelmäßig. feiten bei dem Eintragen zum Boltsbegehren vorgekommen feien. Das Gericht lehnte sämtliche Anträge ab, indem es das Bor.
gebrauchte Ausdrud geht jedenfalls über eine solche Warnung hinaus, Der§ 193( Barnehmung berechtigter Interessen) mußte dem Angeflagten versagt werden, da hier leichtfertig ehrenrührige Be hauptungen aufgestellt worden sind. Gewisse Unregelmäßigkeiten fommen bei allen Wahlen vor. Die Zahl der von der Verteidigung gerügten Unregelmäßigkeiten ist angesichts der 60 000 Eintragungsbezirke ganz unbedeutend. Bei der Strafbemessung mar die Schwere der Beleidigung zu berücksichtigen, andererseits aber auch der Umstand, daß der Angeklagte zu dem Volksbegehren besonders nahe Beziehungen hatte und daß er von der Gegenfeite schweren Angriffen ausgefeßt mar.
3wangstätowiert mit Hafenkreuz?
Der Prozeß des Matrofen Jerzyt.
In der polnischen Kampagne gegen Danzig fpielt auch ber Foll des Matrosen Jerzyt eine Rolle. Dieser hatte der Polizei angezeigt, als er Nachtwache auf seinem Schiff hielt, das in der Schichauwerft allein lag, hätten ihn einige Deutsche überfallen, ihm ein af en treuz in die Bruft gerigt und eine polnische Fahne in der Kajüte ebenso behandelt. Da der Beweis sehr negatin ausfiel, murde Jerzyt megen groben Unfugs zum Schaden des Staates anget lagt und vom Schöffengericht zu fech s och en Haft verurteilt. Seine Berufung ist verworfen worden. Das Be rufungsgericht hat den Tatbestand, wie ihn das Schöffengericht feftgelegt hatte, in allen wesentlichen Bunkten durch die neue Be. weis aufname bestätigt gefunden und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß die Tat erdacht, der Ueberfall vor getäuscht war und Jerzyt sich die hafenkreuzähnlichen Schnitte auf der Brust selbst beigebracht hat. Auch die angebliche Beschimpfung der polnischen Flagge erflärte das Gericht als er. dichtet. Der Angeklagte, der erst im Laufe der Verlesung ber Urteilsbegründung erschien, ließ durch den Dolmetscher erklären, daß er sich vorbehalte, Revision einzulegen. Der Staatsanwalt beantragte, ba nun in zwei Instanzen das Urteil ergangen sei und die bringende Gefahr bestehe, daß Jerzyk fich der Strafpollft redung durch die Flucht entziehe, sofortige Inhaftnahme. Das Gericht entschieb auch demgemäß, doch soll Jerzyk gegen eine Sicherstellung von 1500 Gulben auf freien Fuß gesezt werden. Jerzyt wurde zum Schluß der Berhandlung verhaftet.