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BERLIN Zreitag 15. Mi 1931

tO Pf.; �r. 22 ~B 112 48. Jahrgang

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Briand in Genf

Eröffnungssitzung derEuropakommission/Henderson begrüßiBriand

Gens, 15. Mai.(Eigenbericht.) Ueber der Eröffnungssitzung der Europa-Kommission lag deutlich der Druck der Niedertage Briands bei der Präsidenten- wähl. Es gilt als sicher, daß Briand am Dienstag nächster Woche nach Paris zurückreisen und am Mittwoch seine Demission veröffentlichen wird. Für den Rest der Tagungen bleibt Frangois Pocet in Genf , ein Vertrauensmann der französischen Schwerindustrie. Nach kurzer Geheimsitzung begannen die Beratungen mit einer Eröffnungsrede Briands. der sichtlich niedergeschlagen

Ate Präfldentenirahl in der franssöfifchen ttalionalverfammlung b« vorliegend« organisatorisch« und wirtschaftliche Arbeit besprach. In dieser Tagung müsie vor allem auch der wichtige neue Weg geprüft werden, den Dr. Curtius über die Zollverständigung an- geregt Hab«. Henderson begrüßte Briand unter wiederholtem starken Beifall in außerordentlich warmen und herzlichen Worten. Er sei nicht nur ein nationaler Politiker, sondern vor allem ein großer internationaler Staatsmann, ein Garant für den Frieden und die Verständigung der Völker. Er symbolisiere da» völkerbundsideal. Es laste sich nicht verbergen, daß er nicht mehr in der gleichen Situation fei wie noch vor kurzem. Alle Versammelten wünschten aber, daß kein« Veränderungen eintreten mögen, die alle beklagen würden und bei denen sich niemand einmischen könne. Hoffentlich sei es ihm möglich, dem Völkerbund seine überragende Arbeitskrast zu erhalten. Was auch immer kommen möge, all« Versammellen hätten größte Befriedigung über die Arbeit mit ihm gehabt. Briand dankt« sehr bewegt. Der Völkerbund und die Europa - Komnrifsion seien Einrichtungen des Friedens, in denen er seinen Platz einnehmen durfte. Er habe hier die Möglichkeiten gefunden, der Verständigung zu dienen. Unter welcher Form er auch immer sein werde, er werde der Arbeit am Frieden immer treu bleiben. Nach Eintritt in die Tagesordnung erstattet« Motto- Schweiz den Bericht über die Arbeiten des Organisationsausschusses vom März, der ohne Aussprache angenommen und an die Völkerbunds- Versammlung wellergeleitct wurde. Di« Teilnahme Danzigs an den Wirtschaftsarbeiten der Europa- Kommission, von Danzig durch Palen beantragt, wurde gleichfalls debattelos genehmigt. Darauf wurden die Beratungen auf Sonnabendvornnttag vertagt. Ablenkung vom Zollunionsplan. Nach Besprechungen mit den Delegationsführern Deutsch- land», Englands und Oesterreichs hat die Abordnung Italiens den Antrag gestellt, die Inkraftsetzung der Genfer Handelskonvention auf die Tagesordnung zu stellen: es handelt sich dabei um die internationale Einstellung von Zoll- «chöhuazen mit den, Ziel de» Aollabbaus.

Gewittersturm über Berlin Zwei Todesopfer auf dem Geddinfee/ Ausflügler vom Blitz getroffen

Der gestrige himmelsahrlslag verlief nicht so programmäßig, wie die wetlerkundtgea es mit allzu großer Bestimmtheit prophezeit hatten. Schon um die Mittagsstunde bezog sich der Himmel um Berlia unheilkündend und gegen 15 Uhr ging ein heftige« Ge- witte r in mehreren Intervallen nieder, da» der Freude ein rasches Sude bereitete. Zwar klärte sich der Himmel nach dem starten Gewitterregen wieder auf. aber da neigte sich der Tag auch schon seinem Ende entgegen. Zm großen und ganzen haben sich gestern. bis aus eine Boolskatastrophe aus dem Seddinsee. das zwei Todesopfer forderte, und auf einen Blitzschlag im Grüne- wald, der einen Mann verletzte, nur wenige, leichtere Unfälle er­eignet. Das überaus sonnig« und warm« Wetter am Bormittag hatte Hunderllausend« in die Ausflugsort« gelockt, lleerall tauchten die Herrenpartien auf, die bei mehr oder weniger harmlosem Ulk den Tag auf ihr« Art oerbrachten. Die Ausflugslokale an den Seen und Flußgebieten hatten zeitweise einen Massenansturm zu verzeichnen. Das Strandbad Wannsee war außerordentlich stark besucht und auch die übrigen Freibäder, die erst offiziell zu Pfingsten ihr« Pforten öffnen, wiesen schon recht hohe Besucherzahlen auf. Die beiden größten Strandbäder Berlins waren am gestrigen Himmelfahrtstage sehr besucht. Das Strandbad Wann- s e e zählte 10 20V und das Standbad Müggelsee 5000 Besucher. Vootskatastrophe auf dem Seddinsee. Der heftige Sturm, der dem von allen Seiten heraufziehenden Gewitter vorausging, verursachte«ine groß« Zahl von Bootsun- fällen, die in der Mehrzahl dank eines gut funktionierenden Ret- tungsdienstes auf den märkischen Wasserstraßen fast ausnahmslos glimpflich verliefen. Auf dem Seddinsee, im Gebiet der Spree östlich Berlins , wurde durch eine Gewikterboe ein mit vier Personen besehte» Segelboot zum Seatern gebracht. Das im Augenblick stark aufgewühlte Master, besten hochgehende Wellen Schaumkronen auf- gesetzt hatten, erschwerten die Rettungsversuche von Wassersportlern, die mit ihren Motorbooten an die Rettungsstelle geeilt waren, außerordentlich. Der gekentert« Bootskörper brachte die Boot« der Retter ständig in die Gefahr einer Haoarie, so daß nur mit aller Geschöst ist Geschäst Oer Thüringer Bäderverband fordert kür Bade- und Kurort« ein Vemonstrattonsverbot

Vorsicht zu Werke gegangen werden tonnte. Zu allem Unglück setzte auch noch dichter Hagelschauer ein, so daß zeitweise jede Sicht genommen war. Hunderte waren von den Ufern aus Zeugen der aufregenden Rettungsaktion. Leider gelang es nur zwei der Ber- unglücklen zu retten. Der ZZjährige Zeichner Rudolf psihner aus der Rubeasftraße 25 in Lankwitz uud der 20jöhrige Friseur Gerhard Reiße aus der Saiser-wilhelm-Sttaße 24 in Lankwitz fanden den Tod in den wellen. Ihre Leichen konnten noch nicht gelandet werden. Aus dem M ü g g e l- und W a n n s e e kenterten ebenfalls meh- rere Segel- und Paddelboote, sämtliche Insassen wurden jedoch vom Reichswasterschutz und Motorbootsportlern geborgen. Blitzschlag in Aueflüglergruppe. Ein Zweiundzwanzigjähriger ins Krankenhaus gebracht. während des gestrigen GewWlers wurde in der Bismarck- st r a h e in Wannsee an Richters Eck der 22jShrlge Ernst klinge, aus Zriedrichfirahe 136, als er unter einem Baum vor einem Ge- witter Schutz suchte, vom Blitz getroffen. Er erlitt innere Ber- te Hungen und wurde ins hlndenburgtrankenhau» gebracht. Ein Augenzeuge erzählt: Als ich gestern kurz vor 3 Uhr auf dem Rückwege vom Jagdschloß Grunewald an dem kleinen Birken- Wäldchen in der Nähe von Roseneck vom Gewitter überrascht wurde, suchte ich, wie viele andere Ausflügler auch, unter den Bäumen Schutz vor dem herunterprastelnden Regen. An Blitz- gefahr dachte niemand, da die Wolken, in denen die Blitze zuckten, recht hoch schienen. Es dauerte auch, als das Gewitter unmittelbar über uns war mindestens drei Sekunden, bis auf den Blitz der Donner folgte, plötzlich sauste krachend, kaum hundert Bieter vor mir, der Blitz zur Erde, eine dünne gelblichweiße Rauchsahne war am Räude des Siefernwaldes zu sehen, und eine Gruppe erschreckter Kinder lief schreiend davon. Als nach drei Minuten der Regen auf- hörte, ging ich in der Richtung des Einschlages und sah an einer Kiefer, die etwa fünf Meter vom Rand des Kiefernwaldes die anderen etwas überragte, einen hellen Streifen: der Blitz hatte unterhalb der Baumkrone eingeschlagen, und die Rinde in einem langen hellen Streifen bis zur Erde abgeristen. Am Stamme lag ein toter Pudel, dessen Herrin sich weinend über ihn beugte. Daneben stand ein Herr, der über sein Bein klagte, das er nicht mehr bewegen konnte, weil die Nerven anscheinend ver- sagten, und am Boden lag, vor Atemnot Brust und Gesicht ganz blau, ein jüngerer Mann. Er hatte, wie der andere, dicht am Baum gestanden und den Schlag am heftigsten erhalten. Da glücklicherweise Häuser in der Nähe waren, tonnt« sogleich nach einem Rettungsauto der Stadt telephoniert werden, das in schneller Fahr ankam, als ich den Wald verließ.

Ltnglück bei der Herrenpartie. Orei Autoverletzte im Beelitzer Krankenhaus. In der Kolonie Fichtenwald« bei Beelitz-Heilstätten ereignet« sich am Donnerstag gegen 17.30 Uhr ein schweres Automobilunglück. Eine Herrenpartie, die anscheinend aus Werder mit eineui 1-Tonnen-Lastkroslwagen eintraf, kippte in einer Kurve um. Don den sieben im Beelitzer Kronkenhaus eingelieferten Verletzten tonnten drei nach Verbindung der Wunden wieder entlasten werden. Zwei Herren und eine Dome aus Charlottenburg sind ziemlich schwer verletzt, so daß sie vorläufig dort bleiben mußten.

»Kommt im Herbst wieder. In der Saison bin ich streng neutral!-

Verschwörung in Mexiko . Expräsident Earranza beteiligt. Stadt Blexika über New Bork, IS. Mai. Die Polizei hat eine Verschwörung gegen den Staatspräsidenten R u b i o aufgedeckt. Häupter des Komplott» sind Schatzsetretär C a- brera, der früher« Präsident Carranza und dessen Bruder Don Madero. Letzterer ist auf Grund der Verpflichtung, das Land zu verlosten, auf freien Fuß gesetzt worden. Die Verschwörung soll sich über mehrere mexikanisch« Staaten erstrecken und ihr Zentrum ia Puebla gehakt haben.