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Briand tritt zurück.
Die Folge der Wahl von Doumer.
Paris , 15. Mai. ( Eigenbericht.) Briand hat aus seiner Wahlniederlage die Konsequenz gezogen und seine Demission als Außenminister gegeben. Trotz der dringenden Bitten seiner Kollegen im Minister rat hat er die Demission nicht zurückgenommen, sich aber rat hat er die Demission nicht zurückgenommen, sich aber bereit erklärt, nach Genf zu fahren ,,, um vor dem Europaausschuß und dem Völkerbundsrat die Interessen Frank reichs gemäß der von der Kammer angenommenen Entschließung zu verteidigen." Briand wird aber nach der Rückkehr von Genf das Außenministerium verlassen.
Bis zum Amtsantritt des neuen Präsidenten der Republik wird Ministerpräsident Laval die Geschäfte des Außenministeriums betrauen. Nach dem Ministerrat erklärte Briand den Journalisten, er habe die Absicht, den Sizungen des Europaausschusses beizu wohnen, dessen Präsident er sei; er betrachte das als seine persön liche Angelegenheit.
Briand ist mit dem Unterstaatssekretär François Poncet , dem zweiten Delegierten Frankreichs , nach Genf gereist, ihm wurde auf dem Bahnhof von einer großen Menschenmenge eine gewal tige Ovation bereitet. Unter donnernden Rufen Es lebe Briand ",„ Es lebe der Friede", fuhr der Zug ab. Die Rückkehr Briands nach Paris wird schon für Dienstag erwartet.
( Eigenbericht.)
Die sozialistische Parlamentsfraktion hat nach der Präsidentenwahl eine Kundgebung veröffentlicht, die er: klärt, daß alle ihre Mitglieder einstimmig für Briand und im zweiten Wahlgang für Marraud gestimmt haben, um der Reaktion den Weg zu versperren. Die Kundgebung verurteilt aufs schärfste die Haltung aller jener Politiker, die zwar in den öffentlichen Abstimmungen für die Politik Briands eingetreten sind, aber im Schatten der geheimen Abstimmung die Bemühungen der Feinde der Republik und des Friedens begünstigt haben.
Die Kundgebung schließt mit folgenden Sätzen!„ Wir zeigen dem französischen Volk eine Abstimmung an, die seinen Willen entstellt. Wir erklären der Welt feierlichst, daß Frankreich nach diesem falschen Zeugnis nicht be. urteilt werden darf. Frankreich will den Frieden. Es wird uns in dem Kampf unterstützen, den wir morgen mit verstärkter Kraft gegen den Krieg und für den Frieben wieder aufnehmen werden."
Der sozialistische Populaire" veröffentlicht eine Zuschrift Her= riots, der sich gegen dieses Blatt verwahrt, das ihn wie auch Daladier für den Mißerfolg Briands bei der Präsidentenwahl in Versailles mitverantwortlich macht. In dem Artikel war Her riot vor allem feine in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend gehaltene Rede über die deutsch - österreichische Zollangleichung zum Borwurf gemacht worden, die als absolut reattionär bes zeichnet wurde und in den Reihen der Sozialisten große Erregung hervorgerufen hatte.
In seiner Zuschrift betont Herriot, er habe dem radikalen Fraktionsbeschluß gemäß in Versailles im ersten Wahlgang für Briand und im zweiten Wahlgang für Marraud gestimmt. Léon Blum antwortet auf die Zuschrift Herriots, die Radikalen hätten doppelt Grund, ja doppelt die Pflicht gehabt, geschlossen und mit aller Energie vorzugehen; nämlich einmal für Briand und dann gegen Doumer ; für Briand , weil sich niemand in Frank reich und im Auslande über die Bedeutung seines Erfolges oder Mißerfolges im Untlaren sein fonnte, weil Briand von den wütenden Nationalisten beleidigt und bedroht worden sei und weil alle Formen und alle Kräfte der Reaktion sich gegen ihn vereint hätten; gegen Doumer, wegen seiner Handlungsweise gegenüber zwei geachteten Parteiführern, nämlich Léon Bourgeois und Combes, und weil er sich zum Wertzeug der Reaktion gegen Briand hergegeben habe.
mismo Minderheitenschulstreit. nede Haager Gerichtshof gegen polnische Praxis.
Haag, 15. Mat.
In öffentlicher Sizung, der viele Diplomaten, auch der deutsche Gesandte, beiwohnten, hat der Ständige Internationale Gerichtshof heute feine Entscheidung in dem deutsch - polnischen Streit wegen des Rechtes der deutschen Eltern in Oftoberschlesien auf deutschen Schulunterricht für ihre Kinder gefällt. Die Entscheidung stellt sich vollkommen auf den deutschen Standpunkt; fie verneint die Frage, ob denjenigen Kindern, die auf Grund der Sprachprüfungen von 1927 aus den deutschen Minderheitenschulen ausgeschlossen worden find, auch jest ber zu den men find, auch jetzt noch der Zugang zu den Minderheitenschulen verweigert werden könne. Diese Entscheidung wurde mit 11 Stimmen gegen die 1 Stimme des polnischen Beisitzers gefällt. Der polnische Beisiger hat seine Stellungnahme in einer Beilage zur Entscheidung figiert.
In der Nacht zum Himmelfahrtstage wurden in der Nähe von Kassel etwa 20 Stahlhelmleute von Kommunisten umzingelt und niedergeknüppelt. Ein 39jähriger Stahlhelmmann aus Kassel murde totgeschlagen. Sechs Stahlhelmleute erlitten zum Teil schwere Berlegungen.
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Der neue Präsident
Sein Lebenslauf- Rein Charakterbild
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Gegenkandidat, der 73jährige Baul Doumer, das Kind armer Eltern; Wie der nun 69jährige Aristide Briand ist auch sein erfolgreicher| heimgethrt, wird er zunächst, da man seine Nachgiebigkeit nunmehr Gegenkandidat, der 73jährige Paul Doumer , das Kind armer Eltern; tannte. ein beliebter Verbindungsoffizier zwischen Finanz und sein Vater war ein Bariser Arbeiter. Paul wurde Segerlehrling Politit. 1905 foll der alte Führer der radikalen Partei, Henri und Steindrucker, lernte aber daneben unablässig weiter und be- Brisson, vom Präsidentenstuhl der Kammer verdrängt werden. wältigte in jahrelanger Nachtarbeit sogar das Universitätsstudium! die Rechte und Doumers Freunde auf der Linken wählen ihn. Zum Präfekt( Aufseher) in einer Privatschule, Journalist, Mitarbeiter im erstenmal in der Geschichte des französischen Parlaments wurde diesem Büro des radikalen Kammerpräsidenten Floquet- der einst als Präsidenten offen der Respekt verweigert. Doumers AnDeputierter dem Zaren Alexander II. bei seinem Pariser Besuch trittsrede wurde von Zwischenrufen zerstückt, er muß sie als Manunach der grausamen Niederwerfung des polnischen Aufstandes zuge- ffript den Zeitungen mitteilen. Nach einem Jahre muß er Brisson rufen hat: ,, Es lebe Polen , Herr!" waren die nächsten Etappen. wieder weichen. Bald darauf ist Wahl des Präsidenten der Republik. mit 31 Jahren, damals noch ein ungewöhnlich jugendlicher Depu- Kandidat der Republikaner ist Fallières, die Reaktionären ver tierter, wird Doumer gegen den Revanchegeneral Boulanger in die fuchen es, wie furz zuvor in der Rammer, wieder mit Doumer. Es Rammer gewählt. Einer der Radikalsten in der radikalen Partei, gelingt nicht; Doumer muß für einige Zeit aus dem politischen Leben in Finanzfragen spezialisiert, zog er gegen die fapitalistische Groß- verschwinden und geht ins finanzielle. Dann erscheint er im Senat bourgeoisie los, verlangte Steuergerechtigkeit und progressive Ein- als nüchterner Ziffernmensch. Im Kriege wird er Finanzminister, fommensteuer. Sieben Jahre hindurch blieb er dieses Schreckensfind schließlich nach der Wahl des Senatspräsidenten Doumergue zum der Bourgeoisie. Da stürzte die konservative Regierung Ribot und Präsidenten der Republik dessen Nachfolger. Leon Bourgeois bildete zum ersten Male ein rein radikales Ministerium. Finanzminister war Paul Doumer . Der Senat stürzte das radikale Kabinett. Paul Doumer aber, die Hoffnung der Partei, der erste Adjutant Bourgeois', desertiert, zum Lohn ernennt ihn das neue erzreaktionäre Kabinett Méline zum Generalgouverneur von Indochina . Nach Jahren aus Indochina
Bevor Doumer Generalsgouverneur von Indochina wurde, trug er die Armut seiner arbeitsreichen Jugend zur Schau. Dann rühmte er sich, daß er in dem Lande des Zweifindersystems einer der finderreichsten Bäter zu sein. Im Kriege sind zwei seiner Söhne gefallen, einer ist an den Kriegsfolgen gestorben, und nun sprach er im Namen der Väter, die ihre Söhne dem Vaterland hingegeben hatten....
Fünf schwedische Arbeiter erschoffen
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Schwere Streifunruhen in Nordschweden
Diese feuerten nach dreimaliger Warnung auf den herannahenden Demonstrationszug in 30 bis 50 Meter Abstand eine Salve ab. Verzweiflungsfenen spielten sich ab.
Stockholm , 15. Mai. ( Eigenbericht.) Grund einer Bitte des Kreishauptmanns von MilitärAm Donnerstagnachmittag kam es in Kramfors streitkräften geschützt waren. ( Nordschweden) zu schweren Streikunruhen, in deren Verlauf Militär eingesetzt wurde. Fünf Streifende wurden erschossen, einer wurde lebensgefährlich verletzt. Seit einigen Wochen ist in Kramfors und den benachbarten Ortschaften Sandwiken und Utansjö eine Streikbewegung im Gange. Als am Donnerstag etwa 60 Arbeitswillige die Arbeit wiederaufnehmen wollten, kam es zu Streitigkeiten. Etwa 6000 Streifende hatten eine Protest versammlung gegen die Arbeitswilligen in Fronö abgehalten und bildeten einen Demonstrationszug nach dem nahe gelegenen Lunde, wo mehrere Arbeitswillige einquartiert und auf
Die Regierung verbreitete nachts ein Kommuniqué, worin es heißt, daß erst nach der Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung die Militärstreitkräfte zurückgezogen würden. Die Erregung in der Bevölkerung ist sehr groß. Die organisierte Stocholmer Arbeiter. schaft veranstaltet am Freitagnachmittag um sechs Uhr eine Protest demonstration.
Oberbürgermeisterwechsel in Magdeburg diefes Schiedsspruches und feine zwingend notwendige Abänderung.
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Hermann Beims Ernst Reuter di Ernst Reuter Oberbürgermeister Beims scheidet am 15. Mai wegen Erreichung der Altersgrenze aus dem Amt. An seine Stelle tritt heute Oberbürgermeister Ernst Reuter. adi the sid
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Die Berliner Holzindustriellen machen verzweifelte Anstrengungen, um den ungeheuerlichen Abbauschiedsspruch Schlichtungsausschusses, den wir bereits gebührend gekennzeichnet haben, zum Zwangstarif zu erheben. Sie möchten den Schiedsspruch gern für verbindlich erklärt haben, wünschten aber nicht, daß der zuständige Berliner Schlichter Wissell über diesen Antrag zu entscheiden habe.
Eine der beiden örtlichen Unternehmerorganisationen, die ,, Vabeho", entfachte durch ihren Syndifus Dr. Haertlein gegen Wissell eine wüste eße. Sie behauptete, er sei ihrer Auffassung nach befangen und könne in diesem Tarifstreit nicht objektiv entscheiden. Dieser Heze in ihrem Verbandsorgan setzte die" Vabeho" die Krone auf durch ein Protesttelegramm an das Reichsarbeitsministerium, das aber ebenso die beabsichtigte Wirkung ver= fehlte wie die Pressekampagne. Der Schlichter Wissell wird über den Antrag der Berliner Holzindustriellen entscheiden, und zwar trotz aller Angriffe gegen ihn objektiv.
Wie die ersten Verhandlungen über den Antrag der Unternehmer zeigten, halten diese es anscheinend selbst für unmöglich, daß auch der objektivste Schlichter dieses Monstrum von Schieds: fpruch verbindlich erklären kann. Die Bertreter der Babeho" anerkannten die 5 altlosigkeit des jeder Sachkenntnis entblößten Schiedsspruches, wären schließlich auch bereit gewesen, ihren Mitgliedern Abänderungsvorschläge zu unterbreiten, aber dann hätten sie ja ihren Antrag fallen laffen müffen. Da ein solcher Rückzug von der anderen feindlichen Unternehmerorganisation, den„ Bereinigten Berbänden der Berliner Holzindustrie", wahrscheinlich agitatorisch ausgenutzt worden wäre, ergriffen die Vertreter der Babeho" einfach die Flucht. Als Grund" dafür gab ihr Synditus eine„ Beleidigung" durch den Genossen Schleicher vom Holzarbeiter Breffehezze der Unternehmer gebührend gekennzeichnet hatte. verband an, der die auch gegen den Holzarbeiterverband gerichtete
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Die spanische Regierung hat befchloffen, das gesamte Privatvermögen des Erfönigs zu beschlagnahmen und ist entschlossen, auch alle industriellen Unternehmungen zu beschlagnahmen, die Gegnerschaft gegen die Republik Arbeiter und Angestellte entlassen. Der Kardinalprimas Segura ist mit vielen anderen Geistlichen nach Frankreich geflüchtet. Der Faschistenführer Albinana und zwei Diftaturminister wurden verhaftet. li sadam ad d Wesentlich ruhiger verliefen schon die Berhandlungen mit den hlumzüge in Kairo stießen mit Polizei und Militär zu„ Vereinigten Verbänden". Auch ihre Vertreter anerkannten die sammen, wobei etwa 20 Aegypter getötet und verwundet wurden.| Unmöglichteit der Verbindlichkeitserklärung
Um den Mitgliedern dieser Unternehmerorganisation Gelegenheit zu geben, zu den Abänderungsvorschlägen der Unterhändler des Holzarbeiterverbandes Stellung zu nehmen, wurden die Verhandlungen vor dem Schlichter im beiderseitigen Einverständnis auf nächsten Montag vertagt. Hoffentlich hat bis dahin die„ Babeho" auch g endlich Mut zur Verantwortung gefunden.
Reichsbanner demonstriert Nothilfe
Gewaltiger Aufmarsch in Neu- Ruppin .
Am Tage der traditionellen Herrenparteien war sich das Reichsbanner feiner tämpferischen Aufgabe bewußt und veranstaltete an zahlreichen Orten im Gau Berlin- Brandenburg große Aufmärsche.
Der Kreis Norden marschierte in Rüstrin auf, der Süden in Beeskow und die Kreise Westen und Often traten bei einem Riesenaufmarsch in Neu Ruppin auf. Schon in den frühesten Morgenstunden des Donnerstag verließen unzählige Lastzüge Berlin , um sich in Hennigsdorf zu sammeln. Bon hier ging es gemeinsam unter Führung des technischen Gauleiters, Kamerad Neidhardt, über Kremmen nach Alt- Ruppin. In den Wäldern am Ruppiner See wurde eine Nothilfeübung veranstaltet, deren angenommenes Ziel die Löschung eines großen Waldbrandes war. Gegen Mittag fand der lebhaft begrüßte Einmarsch in Neu- Ruppin statt, an dem sich etwa 4000 uniformierte Kameraden beteiligten. Auf dem Paradeplag fand der große Aufmarsch statt, zu dem fich Tausende Neu- Ruppiner Republikaner einfanden. Während der AnSprache des Kameraden Polizeimajor Heinrich Berlin ging ein heftiger Gewitterregen nieder, der die Abkürzung der Kundgebung erzwang. Ein Ummarsch durch Neu- Ruppin und ein Vorveimarsch an den Führern bildeten den Abschluß der großen Kundgebung, die die großen technischen Fortschritte des Reichsbanners auch in der
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Provinz bemies. Der Kreis Westen demonstrierte auf der Rückfahrt noch in Fehrbellin. dromsin
Flugfest für die Kleinsten.
So schön und sonnig hatte sich der Himmelfahrtstag angelaffen und strahlend lag die Sonne auf dem Flughafengelände, wo am Nachmittag für die Kleinen und kleinsten ein Flugprogramm in ihrem Sinne vorgesehen war: Ein fleines Luftschiff sollte über den Köpfen der Kinder freisen, Ballast in Form von süßer Schokolade abwerfen, bei der Landung sollten Spaßmacher mit dem Piloten allerlei Allotria treiben, Ballonjagden, Hunde rennen und noch allerhand fröhliche Scherze waren vorbereitet. Doch mit des Geschickes Mächten... Genau zum festgesetzten Beginn ward es am Himmel schwarz und schwärzer, Donner grollten und Blige zuckten und dann plätscherte es los. Hunderte kleiner Beinchen waren bereits aufmarschiert, ebenso viele Augenpaare gierig nach oben gerichtet, von wo bekanntlich alles Gute fommen soll. Aber o weh, es fam bloß ein übles Naß. So wurde die Festtagsfreude zu Waffer, es gab feinen Schokoladenabmurf und Onkel Spaßmacher flüchtete mit seinen Getreuen rasch nach dem Pavillon, wo er dann für jene linentwegten, die sich auch durch den Regen nicht abschreden ließen, eine Vorstellung mit allerlei fröhlichem Klamaut gab; gefüllte Wassereimer und fallende Beitern, die sich im Kampf mit der Tücke des Objektes immer wieder auf den menschlichen Bechvogel stürzten, machten einen Riesenspaß. Als das Wetter fich besserte, führte Schaumburg die angekündigten Kunst flüge aus, die eine Serie prächtiger Loopings, Rollings und Trudler zeigten. Auch die rege Personenbeförderung bot allerhand Intereffantes, fortwährend starteten Flugzeuge, die nach kühnem Anstieg fich nach allen Himmelsrichtungen entfernten. Das Programm wird am nächsten Sonntag nachgeholt, wenn der Himmel nicht wieder einen Strich durch die Rechnung macht; die gelösten Karten behalten ihre Gültigkeit.