Das Arbeitslosenproblem in England. AeUragSerhöhungundKürzung der Leistungen vorgeschlagen London , 18. Mai. (Eigenbericht.) Die von der englischen Regierung eingesetzte Verwaltung», kam Mission, die unter Leitung eine» hervorragenden Luristen das'Arbeitslosenoerstcherungssizstem zu prüfen und Verschlüge für eine Reform zu machen hat, ist mit ihren Arbeiten zu Ende gekommen. Sie wird demnächst der Regierung ihr« Berichte vorlegen. Die Kommission, die sich über die Frage,«ie der Versicherungsfonds, der in. hohem Trade beim Schatzamt ver« schuldet ist. wieder zu einer finanziell selbsttragenden Einrichtung gemacht wird, spaltete sich, so daß-in ZNehrhells- und ein Rlinderheilsberichl oerliegen werden. Die Verschuldung des Versicherungsfonds wurde durch die bei seiner Schaffung nicht vorauszusehenden Steigerung der Arbeits» loscnzahl verursacht. Die Uebertragung der Reformen an«ine Ver» waltungskommission ist seinerzeit stark kritisiert worden und zwar jawohl von der Opposition, weil dixse darin eine Verschleppung der Reform sah. als mich innerhalb der Arbeiterpartei selbst. Wie man hört, sollen zunächst einmal die Unter st ützungs- sage herabgesetzt werden, und zwar, wenn man den Zahlen glauben darf, um zwei Schilling die Woche für Männer und um eine» Schilling für Frauen, was für ein« Familie die Herab, sctzung der wöchentlichen Unterstützung von 3? auf 29 Schilling bedeuten würde. Außerdem sollen die Leilräg« erhöht werden.'' Dies« sollen zu gleichen Teilen von Arbeitern, Unternehmern und der Regierung getragen werden, während gegenwärtig die Arbeiter nur den kleineren Teil zu entrichten haben. Gegen diese Vorschläge erhebt sich bereits eine heftige Opposition innerhalb der Arbeiterpartei und insbesondere der Eewertschaften. Der„Daily Herald" protestiert bereits sehr scharf gegen solche Maßnahmen. Dadurch wird die Regierung in eine sehr unangenehme Lage kommen, da sie sich unmöglich Vorschläge zu eigen machen kann, die innerhalb ihrer eigenen Reihen auf so starken Widerstand stoßen. h:.* Offizierkorps wird verklemeri. Spanische Armeereform.~ Wahl am 2». Juni. Madrid , 18. Mai. (Eigenbericht.) Kriegsminister Aza na machte einige Mitteilungen über die außerordentliä) wichtige A r m e e r e f o r m, die er plant und schon jetzt in Angriff nimmt. Zunächst einmal wird einem alten Wunsche des Offizierkorps Genüge getan, und all« unter den Regierungen Prima de Rioera» und Nerenguers außer der Reihe beförderten Offiziere in die Rangklosscn zurückversetzt, die sie jetzt bei PnnehiUtung der gesetzlichen Bestimmungen erreicht hätten. Dann aber beginnt die Umbildung der gesamten Armee. Die bisher bestehenden sehr zahlreichen Dwisionen werden ausgelöst und in Zukunft fallen nur noch acht Divisionen und zwei Brigaden, eine Kaoollerie. und«in« Gebirgsbrigad« bestehen bleiben. Diese neuen Formotionen aber werden nicht nur Eadrez sein, wie fast die gsn.;e olle Armee, sondern neben einem zahlenmäßig gegenüber dem monarchistischen Heer sehr beschränkten Offtjiers- for»(j wird au«h./yür?d»e notifton Manns ch as t»b eft-ä ndo gesobist�' Dazu wore�das' Kriegsmaterial.zu beschasten.'Dt« alle Arm«« verfugt« noch ein«? Aeußervng de» Kri«g»minist«rs kaum über da» nötige Material, um ein« einzig« modern ausgerüstete Division auszustellen. W>« der Arbcitsmimster Largo Caballero mitteilt«, ist jetzt der 2 R. Juni endgültig als Wahltag in Aussicht genommen. Die Regierung hätte gern früher wählen lassen. Das sei jedoch technisch unmöglich, da die Aufstellung der neuen Wählerlisten nicht vor dem 5. Juni beendet sein kann und danach auch«in« offizielle Wahl, Periode von 20 Tagen vor den Wahlen liegen soll. Spanischer Bischof ausgewiesen. Madrid . 18. Mai. Der Jiwenministcr übergab der Press« eine Erklärung, in der e» heißt,«r hob« den Bischof von Ditoria auffordern müssen. unverzüglich das Land zu verlassen, da er den politischen Frieden seiner Diözese gefährde. Im Gegensatz zu anderen Kirchenfürsten habe der Bischof jede Gelegenheit benützt, um reaktionäre Propaganda zu treiben. Der Bischof hat in der vergangenen Nacht das Land oerloffen und sich nach Frankreich begeben. Zusammenstoß vor einer Infantenekoserne. In der Rocht zum Montag versuchte«in« Gruppe von 20 Korn, rnuttisten den Posten vor einer Jnfanteriekaserne zu belästigen. Als dieser die Wache alarmierte, begannen die Zivilisten m i t P i st o l e n aus die Soldaten zu schießen, die dadurch gezwungen wurden,«bensall» zur Schußwaffe zu greisen. Zwei der An- greiser wurden verwundet, ein Teil tonnt« verhaftet werden._ Gpll, Leute als Güterzugsräuber. 120 Derhostungen in Leningrad . Moskau . 18. Mai. Amtlich wird gemeldet, die OGPll. habe in Leningrad 120 Personen verhaftet, die ein« besondere Organisation geschaffen hatten, um Güterzüge zu plündern. Die Organisation hotte ihre Leute nicht nur bei den Eisenbahnern, sondern auch bei der Transportabteilung der OGPU. Der Prozeß gegen sie wird End« Juni in Leningrad stattfinden. Gegen 18 Personen ist die Todesstrafe beantragt. Wechsel In der Leitung der Strasonsiolt Gollnow. Für den in Urlaub befindlichen Direktor der Strasonstolt, Dronsch. ist der bisherige Direktor der Sttafanstoll in Sonnenbvrg. die jetzt ausgelöst wurde. Freiherr von Normann. mit der Wahr» nehmung der Geschäfte betraut worden. Dem Vernehmen noch wird Direktor Dronsch nicht mehr auf seinen Posten zurückkehren. sondern als Sachberater für den Strafvollzug in da» preußisch« Justizministerium berufen werden. Direktor Freiherr von Normann leitet bereit» vertretungsweise die Anstalt. Eliernbeiralsmahlen in Dresden . Di« Wahlbeteiligung bei den Elternbeiratswahlen für die 8.3 Dresdener Volksschulen betrug 81 2.b Proz.(1020: S4.7 Proz.). An Stimmen erhielten: Ehristttch« Liste 27583(1020: 23087). Weltlich« List, 14382(10Z0: 14135) Proletarischer Schulkampf 1874(1920: 1306). Somit ver- teilen sich die 1122 EU«rnrat;mitgl>ed«r wie folgt: Christlich- L,st- 75»(1920: 714). Weltlich« List« 387(1929; 406), und zwar SPD . 342 (307).. KPD . 23...___•
Bürgerlicher Aatalismus: ,Soti, er ist ja genau so reaktionär wie wir-, Gegensätze Sozialisten-Radikaler Kolgen der präfldentenwahl.— Die Verantwortung für Briands Niederlage.
Varls, 18. Mai.(Eigenbericht.) Das gespannte Verhältnis, das schon seit längerer Zeit zwischen der sozialistischen und der radikalen Partei besteht, sch«tnt sich jetzt zu einer offenen Feindschaft zu entwickeln. Anlaß dazu Hot der Ausgang der Präsidentenwahl gegeben. Das sozialistische Parteiorgan„Populaire" hott« in seinem Bericht über die Wahl verschiedenen radikalen Politikern, u. a. Daladier , Herriot und dem Generalsekretär der Partei, die Schuld an der Niederlag« Briand » zugeschoben, weil sie heimlich für Dnumer Propaganda gemacht hätten. Doravshin hott« zunächst Herriot einen Brief an de»„Populoire" gerichtet, in dem er dies« Beschul, digung zurückwies und erklärte, er habe im ersten Wahlgang für Briand und im zweiten für Marroud gestimmt, obgleich ihm die erst im letzten Augenblick aufgestellte Kandidatur Briand » sehr gefährlich erschienen sei. da die Linke in der Kammer nicht über die Mehrhctt oerfüg«. Der Brief Herriot » wurde im „Popixiairc" zusammen mit einem Artikel Leon Blum » ab- gedruckt, in dem der Soziolistensührer erklärte, er wolle dt« Angaben Herriot� nicht in Zweifel ziehen, er bttib« ober trotzdem' dabei, daß' herriot einen große« Anteil an der Niederlage Sriand» habe, weil er durch seine Kommerred« über da» deutsch-österreichtsch« Zollabkommen„die Strömung ausgeholten habe, die die gesamte radikale Partei»uif die Kandidatur Briand » hintreiben sollte". H e r r I o t hat einen Brief an Leon Blum gesandt, in dem er sich gegen die Behauptung de» sozialistischen Führer» verteidigt. Herriot erklärt, daß seine Rede durch keinerlei Hinter» gedanken beeinflußt«ar. Cr habe ol» Vorsitzender der radikalen Fraktion nur die Stellungnahme seiner Kollegen zu der Tages» ordnung Fougör« begründet, und er fei dabei logisch und objektiv geblieben und habe als aufrichtiger Pazifist gesprochen. Die Rode sei gegen die Urheber des Anschluhprojekte» gerichtet ge. wesen, die noch seiner Ansicht allein für die Schwierigkeiten Briand « verantwortlich sind, ferner gegen die Rückkehr der deutschen Diplomati« zu brutalen Methoden, gegen die von Franklin-Bouillon verteidigte Bündnispolitik und gegen den deutsch -öfterreichischen Nationalismus, der jeden inter - nationalen Pazifismus und sede Neuordnung zerstör« Während L ö o n Blum im„Populaire" auf den letzten Brief Herriots antwortet und erklärt, daß 5)erriot in seiner Kamwerrede gegen das deutsch -österreichische Zollabkommen nicht objektio und als aufrichtiger Pazifist gesprochen, sondern daß er im Gegensatz zu Briand den Ernst und die Gefahren des Abkommen» über- trieben und damit die Nationalisten gegen den Außenminister aufgehetzt habe, veröffentlicht die„N e p u b l i q u«" einen Artikel des früheren Generalsekretär, der radikalen Partei. Pfeiffer, in dem die irrsinnige Behauptung aufgestellt wird, Löon Blum sei für die Kandidatur Briand » eingetreten, weil er im Interesse der Sozialistischen Partei die Niederlage des Außen- minister, wünscht«. Der sozialistische Führer sei sich darüber klar gewesen, daß sich die Kammerwahlen de» nächsten Jahres unter dem Zeichen der Präsidentenwahl abspielen würden, weil die Wahlen von 1924 unter dem Zeichen der Ruhrbesetzung gestanden hoben. Es habe ober für diese Wahlen bisher«ine Parole gefehlt,
Neuer Streit in der Voltsbühne Karl Heinz Martin stellt Forderungen. In der Leitung der Volksbühne ist aufs neue ein Zwist ent> brannt. Direktor Martin hat eine Reche van Forderungen auf- gestellt, von deren Erfüllung er fem Verbleiben in der Direktion des Theaters am Büloroplatz abhängig machen will. Cr verlangt mehr Selbständigkeit für sich als künstlerischer Leiter, besonder» bei der Annohm« von Stücken und bei der Propagandatätigkeit für die Idee der Volksbühne(Aufrufe in Zeitungen, Rundfunkreden. Propagandovorftellungen). Er verlangt«in« Umgestalwng de» künstlerischen Ausschusses, Mitwirkung der Theatekleitting bei der Redaktion der„Blätter der Volksbühne" und vor allem ein« Garantie dasür. daß der alte Kurs der Volksbühne auch weiterhin beibehalten wird. Die streitenden Parteien— hier die Leiter des Theaters, dort die Funktionäre des Vereins Volksbühne— verhandeln gegenwärtig miteinander und es ist anzunehmen, daß e, schließlich zu einer Einigung kommt.� Der Vertrag des Direktors Martin läuft erst mit End« der nächsten Spielzeit ab. Zeit genug, um die erhitzten Gemuter zu besänftigen.
die jetzt vorhanden sei. Das Land werde im nächsten Jahre süp oder gegen Briand wählen. Mit der Vorbereitung der Niederlag« Briand » habe Löon Blum geglaubt, die Nationalisten und die Radikalen zu schwächen und sich für die Sozialisten da» Mono- pol des Friedens sichern zu können. Di« Antwort Löon Blum» auf diese dreiste Behauptung dürfte nicht lange auf- sich warten lassen.
Die Nachfolge Briands. Wird erst nach Beginn der neuen präsidentschast entschiede« Varl». 18. Mai.(Eigenbericht.) In politischen Kreisen wird bercii» hj« Frage erörtert, wer der Nachfolger Briand » im Außenministerium werden soll. Für die nächste Zeit ist diese Frage noch nicht akut, da Ministerpräsident Laval bis zum Amtsoniritt des neuen Präsidenten der Republik di« Geschäfte de» Außenministers mit übernehmen wird. Sobald Daurper.ms Msee. eingezogen ist, wird der Tradition gemäß dy«.� gesamte Kabineit seihe D e ch isjs.(Hh qnbitten, Man erwartet dann allgemein, daß Laoql wieder mit der KoTrinett»« kildung beauftragt wird. Wahrscheinlich wird Laval diese Gelegenheit zu einer Umbildung seine» Kabineii» benutzen. wozu die Besetzung de» Außenministerivms den Ausgangspuntt bilden wird. Als geeigneter Nachfolger für Briand wird in den Kreisen der gemäßigte» und der Rechtsparteien Tardieu ge» nannt. Nach den wiederholten Erklärungen, die Tardieu in der ketzten Zeit abgegeben hat, glaubt mon aber, daß der Ackerbauminister sein Portefeuille beholten will. Man spricht daher auch von Herriot , der sich durch seine schors« Verurteilung de» deutsch - österreichischen Zollabkommens viele Freunde in den Mittel- und Rechtsparteien der Kainmer gewonnen hat. Es ist ober fraglich, ob Herriot in ein Kabinett eintreten kann, an dem die Radikale Partei die Beteiligung abgelehnt hat, weil in ihm zu viele Gegner der Einheitsschule, d- h. der konsessionslosen Schule, sitzen. Sollte 5? e r r i o I ablehnen, käme in erster Linie der gegenwärtige Unterstaotssekretör Francois-Poncet als Nochsolger Briand » in Frage. Francois-Poncet hat an der Organisation der G e- treidekonferenzen des Europaausschusses«inen hervor- ragenden?lnt«il genommen und gilt auch als der eigentliche Autor de» französischen Wirtschaftsprojektes. Es scheint, daß seine Er- nennung zum Außenminister von der Mehrheit der Kabinett»- Mitglieder befürwortet wird. Sonst käme noch der radikal« Senator de Iouvenel in Frage, der aber wahrscheinlich aus denselben Gründen wie Herriot ablehnen wird. Endgültiger Rücktritt Donnerstag. Paris . 18. Mai.(Eigenbericht.) Nach einer Meldung, die aus der Umgebung Briands zu statn- m«n scheint, soll der Außenminister die Absicht haben, am Don» nee, tag. d. h. sofort nach Beendigung der Tagung de, Europa - ausschusses,»achVarisznrückkehren. umtn einem Ministerrat. der für diesen Tag einberufen werden soll, die Erklärung ab- zugeben, daß er seine Demission ausrechterhalle. parleiaustrilt Sollings. Die doutschnationale Presse- stelle meldete am Montag den Austritt des Landgerichtsprosiden- tcn Solling aus der Sozialdemokratischen Partei. Eine Rückfrag« bei Solling erbracht« die Bestätigung dieser Meldung. Als Gründe für den Austritt gibt die deutschnationale Presse an. daß Solling mit der Behandlung des Falles G r ü tz n c r durch den Republikanischen Richterbund seinerzeit nicht einverstanden gewesen sei. Diese Darstellung halten wir für unwahrscheinlich, weil einmal der Republikanische Richterbund keine sozialdemokratische Organi- sation ist, sondern Juristen aus ollen republikanischen Kreisen um- saßt, sodann weil die Angelegenheit Grützner zeitlich zu lang« zurückliegt, um den plausiblen Anlaß für einen erst jetzt voll- zogenen Austritt geben zu können. Landgerichtspräsident Solling erklärte uns auf Anfrage persönlich, daß er sich über die Gründe seines Austritt» für«ine bestimmt« Zeit Schweigepflicht auf» erlegt Hobe und Auskunst daher nicht geben könne. Wie wir von dritter Seite erfahren, dürste eine Differenz amt» l ich er Art zu dem Entschluß Sölling» wesentlich beigetragen hoben. Die Umbildung der belgischen Regierung hat stattgesunden. An Stelle des bisherigen liberalen Ministers für Kunst und Wissenschost Bauthier kam der liberale Abgeordnete von Brüssel Petitjean: der bisherige Gsneralsekretar im Kolonialministerium Charles wurde Kolonialmimster. Der Ministerpräsident Jasper übernimmt l»a, Portefeuille de» Innern.......