Einzelbild herunterladen
 

Gewerkschaftskongreß in Frankfurt . Ende August. Der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Gewerkschastsbundes beruft zum Montag, dem 31. August 1g31, den 14. Kongreß der Gewerkschaften Deutschlands (4. Bundestag des ADGB .) nach Frankfurt a. M., Palmengarten-Restaurant. ein. Aus der Tagesordnung stehen folgende Punkte: 1. Wahl der Kongreßleitung und der Kommissionen: 2. Bericht des Bundesvorstandes: 3. Die Umwälzungen in der Wirtschaft und die Vierzig- stundenwoche: 4. Oeffentliche und private Wirtschaft: S. Entwicklung und Ausbau des Arbeitsrechts; 6. Anträge zu den Bundessatzungen: 7. Wahl des Bundesvorstandes: 8. Erledigung sonstiger Anträge. Der Kongreß wird am Montag, dem 31. August 1931, vor- inittags 9 Uhr, eröffnet und voraussichtlich bis Sonnabend, den 5. September, tagen. Die Vertretung auf dem Gewerkschaftskongreß regelt sich nach den Satzungen des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes . Alle dem Bund angeschlossenen Gewerkschaften sind berechtigt, stimm» fähige Vertreter zu dem Gewerkschaftskongreß zu entsenden.<8e- wcrkschaften, die mit mehr als drei Monatsbeiträgen oder mit Hilfs- beitrügen(§ 44) im Rückstand sind, kann durch Beschluß des Kon- gresfes die Teilnahme an dem Kongreß oder das Stimmrecht ver- weigert werden. Auf je 1-5 000 Mitglieder einer Gewerkschaft entfällt ein Ver- treter. Gewerkschaften unter 15 000 Mitgliedern können gleichfalls einen Vertreter entsenden. Dreifach gelogen. Hugenberg-Hehe geqen die Arbeitslosen. Für die Methoden, mit denen die Hugenbergpresse gegen die Arbeitslosen Stimmung zu machen sucht, ist eine Mitteilung charakteristisch, die derTag" vom 22. Mai in großer Aufmachung unter der UeberschriftEin dreifacher Verdiener" als Mitteilung aus dem Leserkreise bringt. Sie lautet: Mehrere Tage vor den Braunschweiger Stadtverordneten - mahlen fuhr ich mit der elektrischen Bahn von Braun schweig nach W o l s e n b ü t t e l. Ich stellte mich auf die vordere Platt- form des Triebwagens, wo auch zwei.Halbstarke", deren rüpelhaftes und ungeniertes Benehmen den übrigen Fahrgästen sichtlich auf die Nerven fiel, mit dem üblichen Zigareltenqualm Stellung" genommen hatten. Aujust", sagte der eine der Gliedhaken der republikanischen Gesellschaft zu seinem Genossen,wat wachste denn jetzt kurz vor die Wahlen den jqnzen Tag?---- Man sieht dich ja immer mit so ville Zettels oen janzen Tag hcrummelaufen?!!!--- Du hast jetzt woll doppelt Einnahme?! Morjens Stempelklub..." Dreifach sojar!!", entgegnete der andereJüngling" und schüttelte grinsend seiäe brandrote Riesenmähne. Morjens stempeln, nachmittags Wahlzettels anbacken for die Sozis--- und nachts reiße ich den janzen Mist for de Kommunisten wieder ab!" Jeder Sozialdemokrat erkennt ohne weiteres, daß diese Szene erlogen ist. Die Sozialdemokratie verfügt seit jeher über frei- willige Helfer in solcher Zahl, daß sie es noch niemals nötig gehabt hat, bei Wahlen gegen Bezahlung Zetteloerteiler in ihren Dienst zu stellen.. i-Der vom ,siLag" porträtierte Lude kann also, falls nicht die ganz« Geschichte aus den Fingern gesogen ist, höchstens für die Deutschnationalen oder Nationalsozialisten sein« schätzbare Tätigkeit gegen Entgelt ausgeübt haben, also nichtsor die Sozi", sondernfor die Nazi". Daß die Braunschweiger Luden im Tag" so herrlich berlinisch sprechen, macht die Sache auch nicht glaubwürdiger. Wozu aber wird solches Zeug zusammengelogen? Um dem satten Bürgertum die Arbeitslosen als Zuhälter und b«- trügerische Doppelverdiener und solche Elemente als die Stützen der Republik zu bezeichnen. Die Arbeitslosen werden sich diese Gemeinheit merken. Betrügerin von Beruf. Wie sie alte Leute um die Ersparnisse brachte. Auf der Anklagebank vor dem Schöffengericht Wedding sitzt die 37jährige Frau Ludwig, eine abgefeimte Betrügerin. Vor dem Richtertisch drängen sich etwa zwei Dutzend alte Frauen, keine unter 70 Jahre alt; einige von ihnen dürfen während des Namen- aufrufes und während der Eidesbelehrung sitzen bleiben ihre Beine tragen sie kaum. Von diesen alten Frauen hat die Angeklagte auf rasfinierteste Weife die letzten Ersparnisse herausgelockt, in anderthalb Jahren vom September 1929 bis März 1931 er­beutete sie 6900 M. Sie dinierte und soupierte bei Kempineki,. kleidete sich ein bei Gevsoii, während die alten Frauen ihren ver- lorenen Groschen nachtrauerten. Nicht selten suchte sie an einem Tage mehrere Opser heim, in 550 Tagen waren es 15 0 B e- trügereien. Die Polizei schien machtlos, Frau Ludwig lebte unter falschem Namen und blieb unauffindbar. Die Menschenkenntnis dieser Betrügerin war ebenso be- wunderungswürdig wie die Leichtgläubigkeit ihrer armen Opser. Ihre ersten Strafen reichen bis>» das Jahr 1916 zurück. Im Jahre 1929 verlieh sie nach dreijähriger Strafoerbllßung das Zucht- haus in Jauer ; wenige Tage später stattet« sie in Berlin ihren ersten Altfraucnbesuch ab und inachte den ersten Beutezug. Mit einem großen Strauß roter Nelken, zwei Eiern und 1 Pfund Pflaumen erschien sie bei einer Achtzigjährigen mit einem freundlichen Gruß von Beamten der Polizeibeamtenkasse; man wäre bereit, sie In die Stcrbekass« aufzunehmen trotz,>a gerade wegen ihres hohen Alters. Und dann hatte sie ihren Geldbeutel zu Hause vergessen, sie müsse noch was einkaufen, ob sie nicht 20 M. geliehen bekommen könne, und sie erhielt 20 M. Ueberhaupt mußte Frau Ludwig stets was einkaufen und hatte immerdas Geld zu Haufe ver- g e f s e n". Entweder brauchte sie Seide von der Firma Michels oder Wäsche von der Firma Grünfeld usw. Sie erschien auch unter der Maske einer Wohlfahrtspflegerin oder Für- j o r g e r i n, als Mitglied des Nationalen Frauenoerbandes und als Vorstandsdame der Frauengruppe des Kriegsinvalidenvereins Moabit, oder ganz bescheiden als Nichte, Cousine und dergleichen mehr. Guten Tag, Tantchen, sagte sie zum Beispiel einmal, kennst du mich denn nicht? Ich bin die jüngste Schwester der Nichte, die bei dir die Wirtschast führt, morgen kommen wir alle zu Besuch und erhielt 90 M. Ein anderes Mal hinterließ sie einen Zettel: Liebes Tantchen, ich war hier, die Wirtin war so liebenswürdig, das Geld auszulegen. Lieschen." Als Cousin« einer Nachbarin brachte sie einen Blumentopf oder eine Tüte Malzbonbons mit. Die Angeklagte ist zu 90 Proz. der Fälle geständig. Der größte Teil der alten Weiblcin kann entlassen werden. Der Sach- verständige Dr. Dyrenfurth schildert Frau Ludwig als hysterische Person, die für ihre Tätigkeit jedoch voll verantwortlich ist.

Genf und Ostoberschlesien Curtius gegen die polnische �echtfertigungsschrift

Gens, 22. Mai. Reichsauhenminister Dr. Curtius besucht« heute den japanischen Botschafter in Paris , P o s ch i s a w a, der im Völkerbundsrat Be- rlchterstatter für die Oberschlesienfrage ist. Die vertraulichen Ver- Handlungen der letzten Tage über die Vorschläge des Berichterstatters an den Rat sind bisher ergebnislos oerlaufen, da die deutsch « Abordnung die Vorschläge des Völkerbundssekretariats, den Ober- schlesienbericht der polnischen Regierung zur Kenntnis zu nehmen und damit die Sache abzuschießen, sehr ent- schieden ablehnt und betont, daß der polnisch« Bericht völlig ungenügend ist und die darin auf­gestellten Maßnahmen zum Schuhe der deutschen Minderheit in keiner Meise den Polen im Januar vom Rat auserlegten Ver­pflichtungen entsprechen. Die Vertagung der Oberschlesienfrage auf die Septembertagung wird alz feststehend angesehen, jedoch wird das deutsche Ratsmitglied aus- drücklich den ungenügenden und unbefriedigenden Charakter des polnischen Berichtes hervorheben und die Notwendig- teit neuer, verschärfter Forderungen des Rates an die polnische Regierung zum Schutz« der deutschen Minderheit fordern. * Unter den Genfer Prioattonferengen ist heute auch eine des deutschnational«» Danziger Senatspräsidenten Z i e h m mit dem Sowjetaußenminister L i t w i n o w über die Wirtschaftsbeziehungen Danzig -Rußlands . Oer Bevormundung müde. Oesterreich dankt für ein neues Komitee. Ein Unterausschuß der soelxn vertagten Europakonferenz sollte «inC o m i t e d' A u t r i ch e".vorschlagen, das die Republik Oesterreich wirtschaftlich beraten sollte; ein französischer Antrag setzte sich besonders dafür ein, aber da lehnte Oesterreich dankend ab und erklärt«, schon selbst Vorschläge machen zu wollen, wie seine Wirt-

schostssage zu bessern wäre. Dazu wird aus Genf noch gemeldet. daß Oesterreich die ablehnende Haltung nicht nur auf eigen« Jnitio- tiv«, sondern auch auf Empfehlung anderer maßgebender Delegierter eingenommen habe; diese hatten auf die Gefahr hin- gewiesen, daß die Tätigkeit eines solchen Komitees positive Er- gebnisse kaum zeitigen würde, hingegen nur den Kredit Oesterreichs schädigen könnt«. Größere �egionalunionen. Prag , 22. Mai. Ein Genfer Berichterstatter desPrager Tagblatt" sagte, Außenminister Benesch begnüge sich mit dem negativen Ausgang der Verhandlungen über den österreichisch-deutschen Pakt nicht, sondern habe die Absicht, den Plan zu erweitern und dadurch schöpferisch zu machen. Er sei überzeugt, daß die gefährliche wirtschaftliche und politische U n r u h e. die ganz Mitteleuropa , nicht bloß Deutschland , ergriffen habe, einen Stillstand der Bemühungen zum Zusammenwirken nicht mehr dulde und daß es nun Aufgabe dieser Staaten sei. die Initiative zu ergreifen. Frankreich werde einer solchen Methode größerer Regional-Zusammenschlüsse, die sich nie gegen Deutschland richten dürften oder richten würden, nicht bloß seine Sympathie, sondern auch außerordenttich materietl« Mittel zur Verfügung stellen. Paris lenkt ein. London , 22. Mai. Der Pariser TImez"-Korrespondent meldet seinem Blatt, aus allen französischen Pressekommentaren über Gens gehe hervor, daß sämtliche Gruppen der französischen öffentlichen Meinung einen weiteren Schritt zur Annäherung an Deutsch- land für notwendig hielten. Die Sozialisten für Briand . Paris , 22. Mai. Der erweiterte Vorstand der Sozialistischen Partei Hot in einer Adresse Briond seine Sympathie zum Ausdruck gebrach: und Ihn zu der von ihm betriebenen Friedenspolitik beglück- wünscht, der die französischen Soziaiisten stets beigepflichtet hoben.

Die Straßenbrücke nach Ltsedom Wichtige Autostraße zu den Ostseebädern

Di« neuerdaute Straßenbrücke bei Zecherin in Pom­ mern , di« das Festland mit der Insel Usedom verbindet, wurde heule in Gegenwart vieler staatlicher und kommunaler vehördenverlreter und Vertreter der Verkchrsoerbände dem Verkehr übergebe«. Während es schon lange einen direkten Schienenweg zu den vielbesuchten Ostseebädern aus Usedom gibt und durchgehende Züge von der Rrichshauptstadt über die Eisenbahnbrücke bei dem Ort Usedom nach Swinemünde , Ahlbeck , Heringsdorf , Zinnowitz ufw. verkehren, fehlte bisher immer noch die direkte Autostraße, die bei dem immer mehr zunehmenden Kleinwagcnverkehr nicht minder wichtig ist. Eine Fähre bei Zecherin bot bisher die

einzige Möglichkeit, mit dem Wagen nach Usedom zu kommen. Da die Fähre nur zwei Wagen in jeder Viertelstunde befördern konnte, staute sich hier oft der Verkehr. Um den Schiffsverkehr nicht zu behindern, baute man eine b e- w e g l i ch e Klappe in die Brücke ein, die, hochgezogen, den See- weg freigibt. Die Klappe ist 20 Meter lang und wird durch Elektro- motoren betätigt, wobei elektrische Schalteinrichtungen den Brückenwärter zwingen, die einzelnen Schaltvorgänge, wie Schließen der Schranken, Entriegeln und Heben der Brücke, Frei- gäbe oder Sperrung des Schiffsweges genau in der vorgeschriebenen Reihenfolge vorzunehmen, so daß Unglücksfälle infolge falscher Be- dienung ausgeschlossen sind. Bei Stromunterbrechung des ver- sorgungsnetzes dient ein Dieselmotor als Hilfskraftquelle.

Benzoltank explodiert. Dreizehn Arbeiter schwer verletzt. Brüssel. 22. Mai. Ja einem Gebäude der Fabrik Cockerill in Seralng bei Lüttich. «« dem Benzol gereinigt wurde, ereignete sich eine schwere Explosioa. Aus unbekannter Ursache flog ei« Gasometer in die Luft. 15 Arbeiter wurden durch umherfliegende Splitter verletzt. Das Gebäude brannte vollständig nieder. Da» Feuer griff auf ein Benzin- referooir über. E» erfolgle eine zweite Explosion, webet eine un­geheure Stlchflamm« emporfchoß. Sämtliche Feuerwehren der Um- gebung wurde« alarmiert. Ein Arbeiter wird vermißt. Dreizehn Arbeiter wurden schwer verletzt.

Vater und Sohn ertrunken. Bootsunglück auf der Mosel . Koblenz , 22. RIai. Ein schweres Bootsunglück ereignete sich am Donnerstag auf der Rkofel in der Röhe der Bullayer Brücke. Als ein b e- ladrner Sandkahn, auf dem sich drei Personen ein Vater

mit seinen beiden Söhnen befanden, einem entgegenkommenden Moseldampfer ausweichen wollte, faßte der Kahn Wasser und sank. Die drei Personen sprangen ins Waffer und versuchten, schwimmend das Ufer zu erreichen, wobei der Vater seinem elftöhrigeu Sohn, der nicht schwimmen konnte, behiifsich war. während der ältere Sohn mit Mühe und Rot da» User erreichte, verließen den Vater plötzlich die Kräfte, so daß er mit seine« Sohn in den Fluten versank. Zollschiff von Schmugglern versenkt. helfingfor», 22. Mai. Es verlautet, daß ein furchtbare» verbrechen im Finnischen Meerbusen verübt worden ist. Ein finnischer Zolldampfer soll von Schmugglern versenkt worden sein, wobei vier finnische Zollbeamte ums Leben gekommen fein sollen. Die Revaler Polizeibehörde hat bereits eine Untersuchung eingeleitet. Vor«tnigen Tagen lies ein sinnische» Zollschisf von Lövskär ans, um Schmugglern in der R a r w a- B u ch t auf die Spur zu kommen. Da» Zollboot ist seitdem nicht mehr nach Lövskär zurückgekehrt. Man hat«, auch nicht an der estnischen Küste beobachtet. Am Dienstagmorgeo hörte man dagegen auf dem Meere eine heftige Explosion. Man glaubt daher, daß das Zollschisf von Schmugglern versenkt worden ist.