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Morgenausgabe

Nr. 239

A 121

48.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Dienstag

26. Mai 1931

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Katastrophe beim Sportfest. Proger Bollmauern.

Berliner   Arbeitersportler in Greifswald   durch Mauereinsturz getötet.

Greifswald  , 25. Mai.

Ein schweres Unglüd ereignete sich hier am ersten Pfingstfeiertag. Die Sportvereinigung Jichfe" hielt in Greifswald   im Gewerkschaftshaus ein Gautreffen ab. Als sich am Vormittag die Mitglieder in dem Garten des Gewerkschaftshauses zum Abmarsch nach dem Sportplatz ver­sammeln wollte, stürzte von dem baufälligen Nachbarhause eine

Mauer ein und die Trümmer fielen in den Garten des Gewert­schaftshauses. Die Folge war furchtbar. Bier Tote und acht

Schwerverlette wurden von der Polizei und der Feuerwehr aus dem Trümmerhaufen geborgen. Außerdem find noch eine Reihe Personen leicht verlegt worden. Die Tofen und

Schwerverletzten stammen aus Berlin  . Unter der Schwerverletzten Schwerverletten stammen aus Berlin  . Unter der Schwerverletzten

befindet sich auch eine Frau, deren Mann die Fahrt nach Greifswald  mit dem Motorrad hatte unternehmen wollen, aber bereits unter­wegs beim Eisenbahnübergang bei Fürstenberg i. m. tödlich ver­unglüdt war.

Die bisher festgestellten Namen der bei dem Mauereinsturz töd­lich Verunglückten sind: Bügler Ernst Schröder  , Berlin   N, Utrechter Straße 17, Schädelbruch; Albert Mularemih, Berlin­Neukölln, Schädelbruch; Maler Ernst Meyer  , Neukölln  , Reuter­

straße. Die Personalien des vierten Toten stehen noch nicht fest. Schwerverletzt sind: Mechaniker Werner Bellmann, Neukölln, Ringbahnstraße 32; Kutscher Walter Ransdorf, Charlotten burg  , Kaiser- Friedrich- Straße 52; Arbeiter Baul Gabriel, Dem­ min   in Bommern  ; Arbeiter Wilhelm Zinke, Anflam; Zimmerer Friz Lorfe, Wilmersdorf  , Nassauische Straße 19; Ehefrau Ida Dudek, Wilmersdorf  , Bruchsaler Straße 13; Ehefrau Lieschen Kolldiz, Berlin   N, Seestraße 83; Ehefrau Margarete Neumann  , Wolgast  ; Büroangestellte Hedwig Wilke, Berlin   NO., Christburger Straße 31; Ehefrau Paula Beug, Wolgast  ; Schneiderin Henriette Danawfti, Neukölln, Böchstraße 8. Weiter befinden sich unter den Verletzten der fünfjährige Sohn Günther des Mechaniters Bellmann und eine zehnjährige Ursula Schneider aus

einen

Bor wichtigen Entscheidungen in der Tschechoslowakei  . Von Rudolf Illovy.

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Prag  , im Mai. Der tschechische Sozialdemokratische Abgeordnete Prof. Berlin  , die von ihren Eltern nur auf wiederholtes Bitten macet, ein hervorragender Volkswirtschaftler, schrieb in der von ihm redigierten seinerzeit von Masaryk   begrün Bekannten mit auf die Reise gegeben worden war. Zu dem Unglüd erfahren wir aus Greifswald   noch fol- deten wissenschaftlichen Reque, der deutsch öster­reichische 30llunions plan sei ein solcher Schlag gende Einzelheiten: in das wirtschaftliche und politische Leben, wie wenn jemand das Fenster in einem Zimmer einschlägt, in dem man er= sticken fann. Der Plan hat wirklich wie eine Bombe gewirkt. Seine Folge war, daß man sich in Prag   mehr denn je mit mitteleuropäischen Wirtschaftsfragen befaßt. Man sieht ein, daß etwas geschehen muß, wenn das wirtschaftliche Leben vor schweren Schäden bewahrt werden soll. Der Fall der Desterreichischen Kreditanstalt in Wien  , deren Interessen mit denen der tschechoslowakischen Wirtschaft eng verknüpft find, hat wie ein Blitz eingeschlagen und die Dringlichkeit einer wirtschaftlichen Neuorganisation Mitteleuropas   er­fennen lassen.

Das Gewerkschaftshaus liegt am Ende der Stralsunder Straße am Ausgang der Stadt nach Norden. Der zum Hause gehörige Garten wird von dem Nachbargrundstück durch eine schon seit langem baufällige, etwa 3 meter hohe Mauer ge­trennt, auf deren Zuffand die Baupolizei schon vor mehreren Jahren aufmerksam gemacht wurde. Eine Abhilfe ist jedoch nicht veranlaßt worden.

Als nun am Pfingstfonntagvormittag vor dem Abmarsch zum Sportplatze die auswärtigen Gäste des Greifswalder Arbeitersportvereins" Fichte" sich im Garten lagerten, trat das Berhängnis ein. Die Mauer stürzte zusammen und begrub die in ihrem Schatten lagernden Sportler, Männer, Frauen und Kinder, unter ihren Trümmern. Außer zahlreichen leichter Ber­letzten wurden drei Tote und acht Schwerverletzte geborgen. Einer der letzteren ist inzwischen noch den Verwundungen erlegen. Im Laufe des Montagnachmittag ist fernerhin noch ein Berliner  kind, das an der Beranstaltung teilnehmen sollte, in der Berlegten find Angehörige Berliner   kommunistischer Sportvereine, Universitätsklinik gestorben. Die Mehrzahl der Toten und die übrigen stammen aus Steffin und Swinemünde  .

Die Katastrophe hat selbstverständlich allgemeine Teilnahme hervorgerufen. Bei den Greifswalder Sportlern bestand die Absicht, das Sportfest infolge des Trauerfalles vollkommen abzubrechen; die Berliner   Leitung des Vereins Fichte" sorgte jedoch dafür, daß das Fest im Rahmen des vorgesehenen Programms durchgeführt wurde. Unter den Verletzten befindet sich, wie schon erwähnt, auch die Frau eines Berliner   Sportlers, der unterwegs bei Fürstenberg einem Motorradunfall zum Opfer fiel. Die Frau war am Montagabend noch ohne Besinnung und man fürchtet ernstlich um ihr Leben.

Tag der Unfälle.

Unglück auf dem Waffer.- Autobus stürzt bei Bamberg   um.

Leuten, die gleichfalls in der Nähe der Brüde badeten, gelang es, den Jungen zu retten. Schinkler dagegen konnte erst nach einstün diger Suche der alarmierten Feuerwehr aus dem Wasser geborgen

Die beiden Pfingstfeiertage, an denen ein strahlend blauer| den er auf die Schulter nahm, den Kanal durchschwimmen. Himmel das schönste Sommerwetter spendete, sind im allgemeinen Etwa in der Mitte des Wasserlaufs erlitt Schinkler einen Schwäch e- ruhig verlaufen. Bis auf zwei tödliche Badeunfälle, anfall und versant mit dem Kinde im Wasser. Einigen jungen födlich verlaufenen Verkehrsunfall fowie einigen Messerstechereien hat sich an beiden Tagen nichts von besonderer Bedeutung ereignet. Der Hauptbetrieb herrschte bei der Berliner Feuerwehr, die an beiden Feiertagen ef wa hundertmal alarmiert wurde. Es handelte sich in der Haupt­jache um kleinere Brände, Gasvergiftungen und eine auffallend hohe Zahl von Wasserrohrbrüchen.

merden.

Ein tödlicher Verkehrsunfall.

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eine

Außenminister Benesch erteilte in seinem Exposé der tschechoslowakischen Handelspolitik Rüge: sie habe bisher einen zu beschränkten, rein lokalen und uneuropäischen Horizont gehabt, ihr Industrieprotek tionismus wäre oft übertrieben und überflüssig gewesen. Tat­Linie und keine Pläne für die Zukunft. Irgendwie werden sächlich hatte die tschechische Handelspolitik bisher keine feste die Dinge schon weitergehen, dachte man und fümmerte sich nur um fleinliche Einfuhrverbote und allerhand bürokratische Belästigungen. Das Handelsministerium wurde von den politisch furzsichtigen Nationaldemokraten fast als Erbgut verwaltet. Aber obwohl die Nationaldemokraten eigentlich Vertreter des Industriekapitals sind, verstanden sie es nicht, die Handelspolitik gegen agrarische Einflüsse zu schützen. Durch agrarischen Eigensinn fam es zum 3ollfrieg mif Ungarn, und alle Bemühungen um neue Vereinbarungen blieben ohne Erfolg.

Die nationaldemokratische Handelspolitik hatte überhaupt eine unglückliche Hand. Die Verhandlungen mit Desterreich find auf einem toten Punkt angelangt, das Abkommen mit Bolen läßt viel zu wünschen übrig, und der neue Handels­vertrag mit   Jugoslawien ist für die   Tschechoslowakei wenig vorteilhaft.

Viel Hoffnung wurde auf die geplante wirtschaft= liche Organisation der Kleinen   Entente ge= setzt. Die Einigung ist aber bisher nicht gelungen.   Rumänien und   Jugoslawien verfolgen als Agrarstaaten ganz andere 3iele als die vorwiegend industrielle   Tschechoslowakei. Die von Benesch nach der   Bukarester Konferenz vom 3. bis 5. Mai betonte volle Einmütigkeit der Kleinen   Entente bezieht sich nur auf politische, nicht aber auf wirtschaftliche Fragen. In Brag sind es eben die Agrarier, die allen wirtschaftlichen Annäherungsversuchen der Kleinen- Entente- Staaten Hinder­nisse in den Weg legen und möglichst hohe Bollmauern er­richten möchten. Sie erklären, feine Lösung der Agrarfrise Am ersten Feiertag wurde um 4 Uhr früh vor dem Hause füdöstlicher Staaten zuzulassen, die auf Kosten der tschecho­Im Freibad Grünau ging am 1. Feiertag die 32jährige Elbinger Straße 1 der 24jährige Schlosser Paul Bonitau auslomatischen Landwirtschaft ginge. Blätterin Martha Hanisch aus der Lychener Straße 129 vor den der Barnimstraße 16 von einem Geschäftsauto über slowakischen Landwirtschaft ginge. Augen zahlreicher Mitbadender plöglich unter. Obgleich die Erfahren und schwer verlegt. In bewußtlosem Zustande trunkene nach furzer Zeit geborgen werden konnte, blieben alle wurde B. in das Krankenhaus am   Friedrichshain gebracht, wo er Wiederbelebungsversuche der Samariter des Freibades ohne Erfolg. bald nach feiner Einlieferung starb. In den Nachmittagsstunden Ein Herzschlag hat offenbar dem Leben der Frau ein Ende gemacht. des zweiten Pfingstfeiertages fuhr in der Budower Straße In der Krummen Lante bei   Zehlendorf geriet der elfjährige in Rudom ein Privatauto gegen einen Straßenbaum. Der Schüler Kurt Kienast aus der Ruppiner Straße 8 in die Gefahr Wagen wurde völlig zertrümmert. Der Besizer des Autos, Karl zu ertrinken. Das Kind wurde von mehreren Schwimmern im be- Maß aus der Bahnhofstraße 11 in   Rudow, seine Ehefrau und wußtlosen Zustande aus dem Wasser gezogen und fand im ein Bekannter des Ehepaares erlitten schwere Kopfverlegungen und Sanatorium Waldfrieden Aufnahme; es besteht Hoffnung, es am Knochenbrüche. Die drei Verletzten wurden in das   Neuköllner Leben zu erhalten. Am Nonnendamm, Ede Tegeler See, gerieten Krankenhaus überführt. am ersten Feiertag gegen 19 Uhr mehrere junge Männer, die stark angetrunken waren, in einen Streit, der schließlich in Tätlichkeiten ausartete. Der 19jährige Melker Alfred Schwochow aus der Niebuhrstraße in   Charlottenburg erhielt einen so schweren Schlag gegen den Schädel, daß er einen Augenblic die Besinnung verlor und über das Geländer der Böschung in die Spree stürzte. Im Wasser erlangte Sch. das Bewußtsein wieder und flammerte sich an ein Paddelboot, das gerade passierte. Das Boot fenterte und der Insasse stürzte ins Wasser. Der Bruder des Sch., ein 24jähriger Arbeiter, der ebenfalls an dem Streit beteiligt war, hatte sich furz entschlossen seiner Oberfleider entledigt und war feinem Bruder nachgesprungen. Es gelang ihm,

den Bruder und den Paddler zu retten.

Durch eigenen Leichtsinn tam gestern der 22jährige Arbeiter Ferdinand Schindler aus der Kolonie Freiheit in   Brig ums Leben. An der Spaeth- Brüde des Teltomtanals mollte der junge Mann mit dem zehnjährigen Schüler Helmut Rossar,

Autobuskatastrophe in   Franken.  

Bamberg, 25. Mai.

Am Abend des ersten Pfingstfeiertages ereignete sich auf der Straße zwischen   Hollfeld und   Bamberg bei Scheßlich ein schwerer Autounfall Ein Schnellaftwagen, der mit 30 personen befeht war, tam plötzlich ins Schleudern, überschlug sich und begrub fast alle Infaffen unter sich. 25 der Insassen wurden mehr oder weniger schwer verletzt. Vier Schwerverletzte wurden ins Scheßliher Krankenhaus geschafft, wo heute morgen der zehn 3 ahre alte Sohn des Arbeiters Schüh aus   Bamberg feinen Berletzungen erlegen ist. Die übrigen Berletzten wurden ins  Bamberger Krankenhaus gebracht, von wo die leichter Berletzten nach ärztlicher Behandlung wieder entlassen wurden. Bei den drei noch im Scheßliger Krankenhaus liegenden Berlehten besteht zum Teil Lebensgefahr.

Die tschechische Sozialdemokratie verlangt tro ihrer ablehnenden Haltung zur Zollunion die Schaffung eines einheitlichen mitteleuropäischen Zollgebietes. Namens der tschechischen Sozialdemokratie erklärte Abgeordneter Netschas bei der Debatte über Beneschs Zollunionserposé: Der einzige zum Ziele führende Weg ist die Gründung regionaler Blocks, welche fortwährend erweitert würden und mit dem Ideal der Vereinigten   Staaten von   Europa im Ein­flange wären."

Die Regierungsmaschine ist in den letzten Wochen fest­gefahren. Die Parlamentsarbeiten stocken, Kabinettſigungen werden nur selten einberufen. Die Agrarier terrorisieren mit ihren Forderungen die anderen Koalitionsparteien derart, daß jede parlamentarische Tätigkeit unterbunden ist. Manch­mal drohte schon eine Krise, doch ihr Ausbruch wurde immer noch rechtzeitig abgewendet und hinausgeschoben. Die Agrarier drohten vor kurzem, sie würden die Straßenbau­und Benzinsteuervorlagen nicht durchlassen, bevor nicht der wird. Dieser Beimischungszwang soll den Spiritusbrenne­von ihnen geforderte Zwang zur Spiritusbeimischung Gesetz reien, an denen die Agrarier interessiert sind, Millionen­gewinne bringen. Dabei ist aber den Agrariern ein großes Malheur passiert. Die unter dem Einfluß des faschistischen Flügels ihrer Partei stehenden Senatoren begannen gegen ihre eigenen Minister zu revoltieren. Ge­