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Neuburg ist ein kleines Städtchen zwischen stachen Leitern und . �esen, im Sommer sind sie voll von mannshohem wogendem Gs- ireide und weißem Wiesenschaumkraut. Rund um den Ort zieht sich .>ine Allee von Pappeln, eine Ringchaussee, es dauert nicht sehr lange, Ns man die Stadt umkreist hat. Diese Straße gibt Neuburg   etwa» heroisches, wenn man es von ferne sieht. Später weicht das bald einer guten Biederkeit, die aus roten sauberen Ziegeldächern und netten ordentlichen Gärten spricht, die voll von behäbigen Blumen und. Zum anderen hat Neuburg   das Schloß. Es hat keinen Stern mi Baedeker Irgendein Fürst hat es erbaut, dessen abgespanntes Gemüt Widerwillen gegen übermäßige und ausregende Naturschön- heiten empfand. Er ruhte sich aus zwischen den satten, goldigen Feldern von Neuburg  . Der Garten ist voller Taxus, der unbeschnitten geblieben ist. Zwischen Steinfiguren flattert Wäsche zum Trocknen, eine Aphrodite hat deshalb ein Tauende um den hals, als ob sie gehängt werden sollte, ober das Haus ist in gutem baulichen Zustande. Efeu ist rund um den Turm in der Mitte gewachsen, zwei Flügel streben nach rechts und links, flankiert von Gräben, die voller Enten und Wasserrosen sind. Die Bürger von Neuburg   gehen manchmal in dem Garten spazieren. Es muß befremden, wenn in dieser angenehmen Stadt eine einzelne junge Dame nicht ihr ganzes Glück fand. Aber Florabella, so hieß dieses Mädchen, war unzufrieden. Vielleicht war ihr Name schuld, an den sich gewisse Vorstellungen von Besonderheit und Ansprüchen knüpften, hätte sie Frieda, Grete oder Marie geheißen, wäre sie sicher glücklicher gewesen und gewisser- maßen sofort in den passenden Rahmen gestellt. Florabella konnte sich schwerlich in Gesellschaft des Gerichts- oktuars Meier wohlfühlen, der etwas bläßlich seine Akten hinter dem Parterrefenster des Amtsgerichts ordnete und sich dabei ab und zu an Neuburger Bier labte, und glühende Blicke auf Florabella richtete, die manchmal den Markt überquerte und mißbilligend auf Bier und Meier sah. Neuburg   hätte für sie trotz allem seinen Reiz behalten, wenn nicht die große Welt in Gestalt des Kinos vorhanden gewesen wäre. Damit stürzte die Brücke ein, die zu Meier und Neuburg   hinüber- führte. Die Filmheldinnen, ätherisch, elegant, mit fließenden Locken und Gewändern ausgestattet, glichen in nichts den Neuburgerinnen und waren für sie schon dadurch erhaben. Aber die Filmheldenl Diese durch nichts zu erschütternden fabel- haften Ritter, diese Kavaliere vom Scheitel bis zur Sohl«, diese von Männerfchönheit strotzenden Athleten, diese hinreißend kühnen Aben- teurer, diese sanft lächelnden Adonisse, furchtbar zürnenden Rächer, zärtlich schwärmenden Anbeter, diese durch nichts zu überbietenden Muster an männlicher Vollkommenheit. Hier streikte Florabella» Herz. Schon der allerentsernteste Ver- such, in diese göttlich« Schar den Gerichtsaktuar Meier einzureihen, mußte peinlich wirken. Man konnte da nur bitter auflachen und sich in die Einsamkeit von Taxushecken flüchten. So kehrte sie seufzend von jedem Kinobesuch wieder, schwebte mit Verachtung und Grazie über das holprig« Pflaster von Neuburg. ignorierte Meier, der an irgendeiner Straßenecke auf ihr Vorbei- kommen wartet«, und warf sich, zu Hause angelangt, auf«inen Stuhl, wo sie noch ig Hut und Mantel in süß« Erinnerungen versank. Es gab keine Geste, kein Wort, das sie nicht auf sich bezog, und ebenso gut hätte der unerhört schneidig« Filmleutnant zu ihr sogen können:Florabella. Dein ist mein ganzes Herz!" Endlich legte sie sich ins Bett und zerfloß in Tränen über diese» unglückselige Neuburg   und sein« Bewohner. In dieser urgesunden C ladt würde es nie solche Männer mit interessanten schwarzen Augen, die von dreieckigen Augenbrauen kühn überwölbt wurden, geben. .Hier iporen die Männer rundlich und gesund von der viel zu guten Luft und gar nicht atemraubend. Und doch geschah«ine» Tages das Unglaubliche, daß ein be- rühmter Regisseur es sich in den Kopf gesetzt hatte, den Spuren jenes vergessenen absonderlichen Fürsten zu folgen, und seine Schick» sale an Ort und Stelle zu drehen. Die Fremden wohnten im besten Hotel der Stadt, schräg dem Schloß gegenüber, aus welchem Grund« es auch Schloßhotel hieß. und stets wurde der Eingang von einer Menge neugieriger Jugend belagert, die es weniger auf die Berühmtheiten, als auf die merk- würdigen Apparate abgesehen hatte, die zu allen Zeiten des Tages die Einfahrt passierten und bestaunten vor allein den Tonsilmwagen, der äußerlich bescheiden aussah, es aber in sich hatte. Die Erwachsenen mäßigten ihre Neugier dahin, daß sie versteckt hinter Gardinen und Vorhängen den aufregenden Ereignissen zu- sahen. Man erfuhr alle«, auch ohne sich auffüllig breit zu machen. Man wußte, daß die Schauspielerin, die die Hauptrolle im Leben des Fürsten   zu spielen hatte, jeden Morgen erst um elf Uhr aufwachte und noch im Bett zwei Eier im Glas und geröstete Brötchen, die sich Toasts nannten, und auf einem eigens für sie mitgeführten Röster gebacken wurden, zu sich nahm. Der Fürstendarsteller besaß drei Schlafröcke aus Seide, trug statt der in Neuburg   üblichen Nachthemden Pyjama» und war so aufregend elegant, daß die Frauen nur in Superlativen, die Männer nur mit herabgezogenen Mundwinkeln von ihm sprachen. Das war natürlich nicht alle», was von diesen beiden zu sagen war. Es gab verworrene Beziehungen, über die ins klare zu kommen es stundenlanger Debatten bei Stammtischen und Kaffeekränzchen bedurfte, die sich zu dieser Zeit in dichter Reihenfolge drängten. Florabella nahm an diesen profanen Vorgängen nicht teil. Sie genoß es als Tochter des Kastellans   im unmittelbaren Strahlenglanz des herrlichen Helden weilen zu können. Allen Ausfragenden wies sie ein stolzes und unnahbares Lächeln. Noch und nach entstand durch dieses geheimnisvolle Betragen das Gerücht, daß sie zu dein Schauspieler in zarte Beziehungen ge- treten sei, was ihr die schwärmerische Bewunderung der Backfische und die neidvollo Eifersucht der reiferen weiblichen Jugend eintrug. Es gehörte ein starkes Herz dazu, nicht unter den Blicken der Kaffee- kränzchenteilnehmerinnen zusammenzubrechen. Florabella hatte ein starkes Herz. Ihre Wangen, die jetzt«inen reichlichen Gebrauch von Puder aufwiesen, waren lieblich gerötet, ihre Augen wiesen einen so strahlenden Glanz auf, daß er nach allge- meinem Urtell nur aus chemischem Wege erzeugt sein konnte. Die eine Hälfte der Stadt betrachtete sie als Verworfene. Di« andere dagegen ließ nichts auf die Filmleute und Florabella kommen. Alle kosmetischen Mittel, bis dahin nur mit verlangenden Blicken und schüchternem Lächeln in den Auslagen gemustert, gingen jetzt reißend ob. Die Pyjama», die sonst im Laden von Engmüller n. Eo. nur zur Dekoration hingen, wurden wirtlich getauft. Der Bürgermeister sogar, dem da» Aufblühen der Stadt am Herzen lag. ließ durch dieselbe Firma einen seidenen Schlafrock bestellen, worauf zwei Kmnmi» und«in Primaner dasselbe taten. Phautastijch geblümte Pademantel trates arz die StM d« ~ dL. klj.Mrlu.
üblichen weißen Frottierlaken, nach Schuhen mit Louis-Seize-Ab- sätzen, wie sie die Diva trug, entstand große Nachfrage. Es wurde üblich, morgens zwei Eier im Glas zu verzehren. Madame Eng- müller und noch andere Madamen weigerten sich, vor elf Uhr aufzu- stehen und die Kinder zu baden. Das einzige Haushaltungsgeschäft, das Eisen-, Glas- und Porzellanwaren führte, hing ein Schild an die Tür: Bestellungen auf Toaströster werden noch angenommen. Die Frauen entzweiten sich aus Gründen dieses vom Bürger- meister gebilligten Aufschwungs mit den Männern. Der Primaner verließ nach einigen väterlichen Ohrfeigen, die ihm die Bestellung des Schlafrocks eingetragen hatte, entrüstet das Elternhaus. Zwischen Müttern und Töchtern entstanden scharfe Differenzen wegen der An- wendung der oben erwähnten Kosmetiken. Dagegen verbesserte Ge- richtsaktuar Meier seine Gesichtsfarbe vorteilhaft durch den Genuß von Toasts, die ihm besser bekamen als das schwere ländliche Brot. Florabella schien von allen diesen Ereignissen nichts zu bemerken. Sie war mit dem Aufschwung, den ihre eigenen Angelegenheiten ge- nommen hatten, zu sehr beschäftigt. Jedenfalls war es eine Tatsache, daß sie mit der Filmgesellschaft Neuburg   verließ. Man stritt darüber, ob als Braut des Fürsten   oder als Kammerzofe der Diva. Meier wurde teils bemitleidet, teils beglückwünscht. Einig« Mütter, die ihn schon verloren gegeben hatten, blühten wieder auf
mid begannen ihn regelmäßig zum Kaffee einzuladen. Er nahm all» Einladungen gern an, verbesserte weiter seine Gesichtsfarbe und heiratete eine von den Töchtern des Eisen-, Glas- und Porzellan» Warengeschäfts, das ihm die segensreichen Toaströster vermittelt hatte. Von Florabella hörte man nichts. Der Kastellan erging sich in allgemeinen Schmähungen gegen die Filmgesellschaft, man wußte nicht, ob wegen der Tochter oder wegen verpumpten Geldes, das er an sie oerliehen hatte. Engmüller u. Co.. der öfters die Hauptstadt besuchte, um Modelle anzusehen und Bestellungen zu machen, wie er angab, behauptete, Florabella als Garderobiere in einem eleganten Kino gesehen zu haben. So hatte sie also doch den Rahmen bekommen, den sie sich wünschte. Der Aufschwung erlosch nach einiger Zeit. In den Läden fristeten noch einige Sommer lang ausregend geblümte Bademäntel ein ver- staubtes Dosein und Puder und Parfüms mit verlockenden Namen wurden weit unter Preis verkauft, nur um sie loszuwerden. Der Primaner war in das Elternhaus zurückgekehrt. Frau Engmüller stand wieder um acht Uhr auf und badete ihre Kinder wie vor der glorreichen Zeit. Man wieder Landbrot zum Früh- stück und die Kinder benutzten die Toaströster im Herbst als fabel- Haftes Instrument zum Kartoffelbraten auf freiem Felde. Die Aphrodite trug wieder den Strick um den Hals, an dem lustig die Wäsche flatterte. Die Felder reiften und standen golden rund um Neuburg   und die Wiesen waren voll von Wiesenschaumkraut. Sie hatten den Vortell, daß sie sich in nichts zu ändern brauchten, denn sie hatten an dem Aufschwung nicht teil genommen.
Willy lllöbus:
3)ie Stadl an
Prag   war im Mittelalter die Hauptstadt Zentraleuropas. Politik. Wissenschaft und Kunst hatten hier eine Heimat. Wo soviel Licht war, mußte auch viel Schatten sein. Schwer, dunkel, unheilvoll liegen die Schatten dicht neben dem glänzenden Bilde der wundersamen, trotz Straßenbahn, Autos, Eisenbahn und modernen Bauten auch heute noch mittelalterlichen Stadt. Da steht gegenüber dem Rathau» das Denkmal des Johann Hus  . Ein herrliches, ein großangelegtes und groß gesehenes Denkmal. Mit ihm taucht aus dem unversieglichen Quell der Geschichte des Mittel- alters das Ehaos der Religionskämpfe auf. Haßerfüllte Prediger sprechen zu haßerfüllten Sekten. Aus Haß stürzte man die Kaiser- lichen aus den Fenstern des Hradschin in die Tiefe des Hirsch- grabens. Und gut war es für die beiden Mißhandelten, daß es neben dem steinernen Glanz auch noch andere Dinge in den alten Mauern der Stadt gab. Ein Misthaufen rettete ihr Leben. Sanft und barmherzig nahm er sie auf wie ein weiches Bett. Er war milder als die entfesselte Meute im prunkvollen Hradschin. Mit diesem verhängnisvollen Feistterfturz beginnt das dreißigjährige Morden und Brennen in Deutschland  , das erst 1648 ein End« fand, und in dem der Bewohner de» Palais Waldstein, das auf der Kleinseite am Fuß« de» Hradschin breit und behäbig gebaut ist, eine überaus wichtige Rolle spielen sollt«. Der kaiserliche Generalissimus Wallenstein mußte au» der wundersamen Moldau- stadt hinaus in die Zeltstadt« kaiserlicher Truppen retten. Kreuz und quer durch Deutschland   ging sein Zug. Di« Ostsee   sah ihn und die Nordsee  , die Elbe   und die Oder.-- Der ewig Ruhelose fand erst in Eger unerwartst Ruhe. Der Tod, den er Tausenden beschert hott«, war auch zu chm gekommen. ' Dann ist der. Judensriedhof da. auf dem der Rabbi. Low be- graben liegt. Di« Geschichten vom Golem werden lebendig, und mtt ihnen die gespenstig-geheimnisvollen. schmutzigen Gasten des Prager   Ghettos. Unzählige Stein«, Grabsteine mit hebräischen In- schriften künden von den Leuten dieses Ghettos, von Gelehrten und Rabbinern, von Bankiers und anderen ehrenwerten Erden- bürgern. Wie oft aber mag ein hochmögender Herr auf dem Hradschin mit Grauen an das Ghetto und an seinen Schuldschein gedacht haben! Wie oft mögen di« kleinen Leute aus der niederen Judenstadt die großen Herren von der hohen Kleinseite überragt haben!... Wenn auch das Ghetto verschwunden ist, sein Hauch ist geblieben bis heute. Die winkligen Gasten um das altstädtische Rathaus herum atmen noch den Geist der Menschen, di« auf dem Judenfriedhof liegen. Wenig« Schritt« vom Ghetto entfernt fließt die Moldau. Unter den elf Brücken, die diesen breiten Strom kreuzen, steht die viel- bogige Karlsbrücke als ein Zeichen aus dem Mittelalter. In ihrer Mitte der gekreuzigte Christus mit Inschriften in den drei Sprachen des alten Prag  : Lateinisch Deutsch Tschechisch. Alle drei ver-
raten den gemeinsamen Haß gegen die eine Nation, deren Sprache hier fehlt, gegen die Juden. Dieses Mal des Gekreuzigten wurde errichtet, weil ein Judegegen das Heilige Kreuz geschmäht". Er durfte für diesen die Jahrhunderte überdauernden Brückenschmuck die Kosten alsStrafgeld" tragen. So wie die Juden von einst, fühlen heute in Prag   viel« Deutsche  . Sie wohnen zwar nicht im Ghetto, aber sie, die früher zur herrschenden Oberklaste gehörten, verschwimmen heute für den Fremden in der Masse der Tschechen  . Deutsch  « Namen, wohin . man blickt. Aber tschechische Inschriften hinter diesen Namen. Die Unterdrückten von einst, die Tschechen, machen ihre Rechte geltend, und tschechstch ist nun Trumpf in Prag  . Mag sein, daß die Be- völkerung die deutsch  « Oberschicht auch tlastenmähig als Gegner empfand und daß sich hier Klassenhaß und Rastenhaß seltsam. mischten. Wer an der Spitze eines solchen Staates steht, muß es schwer haben, Gerechtigkeit zu üben. Ja, es muß schon höchste Staatstunst sein,»in solche» auseinanderstrebendes Notionalgemifch zusammen- zuhalten. Zur Zeit der Donaumonarchie hatten die Deutschen  Vorrechte, Herrenrechte. Im tschechischen Nationalstaat ist es damit vorbei, und sicherlich empfinden die Herren von einst selbst die Gleichberechtigung alz   söhivere Fessel. So tobte lange der Kampf um die Nachfolg« der Universität. Die Prager   Unioersität ist die ästest» Europas  . Ihr« Unterrichtssprachen waren Lateinisch und Deutsch. Erst später trat Tschechisch hinzu. Nun aber bettachteten sich die Tschechen als Erben der Unioersität. Auch die Deutschen   haben zwar nun chre höhere Bildungsstätte, aber si» müssen auf die Tradition vsrzichten. Sie müsten unabhängig, von allem, was«inst war, ihr« setzig« Um- oersität als traditionslose Einrichtung bettachten. Das alle» mag dem Fremden überflüssig und nebensächlich erscheinen, aber«in Bstzt auf di« alten Mauern, die Türme und Tore der Stadt lasten auch ihn ahnen, wie schwer Ueberlieferung wiegen kann. Prag   ist eine schön«,«ine weite Stadt. Ueber aller Enge der Menschen thront der Hradschin. Die St. Veiis-Kirch« überragt mit ihren Türmen das langgestreckte Schloß. Aber auch die Macht der Kirche hat bisher die Gegensätze nicht verwischen können. Im Schloß wohnt der Präsident der jungen tschechoflowakischen Republik Thomas G. Masaryk  . Ueberall ist sein Bild zu sehen. Der Philosoph schuf den tschechischen Nationalstaat. Seine Aufgabe ist es, darüber zu wachen, daß dieses Gebilde nicht an den Gegensätzen im Innern zerbricht. Eine schwere Ausgabe, die täglich zu lösen ist... Wenn der Hradschin, vom Gold der scheidenden Sonn« um- flössen, seinen wundervollen Schattenriß in den Himmel hebt, um- gibt er einen Mann, der sicherlich geistig zu den Großen dieser Erde zählt, und der doch umstrick! ist von den ungezählten, kleinen Sorgen, Unzufriedenheiten und Wünschen semer Völker.
WoHbareSchmeUerlinge Die Schmetterlinge gehören zu dem schönsten Schmuck der Natur, wenn si« auch nicht gerade die nützlichsten Tiere sind. Aber es hat oft den Anschein, als ob die Schöpfung es darauf abgesehen hätte, auf diese zarten Falter die ganze Pracht der Farben zu Ergießen. Schon di« europäischen Schmetterlinge, wie z. B. die Tag­pfauenaugen. die Nachtpfauenaugen, die Crdbeerbaumfalter und zahlreiche andere sind von einer Schönhett der Zeichnung und der Farbgebung, die für die Künstler vorbildlich ist. Der Feuerfalter weist«ine ganz eigenartige Tönung von Rot auf, die kaum nach- geahmt werden kann. Aber noch herrlicher sind zahlreiche exotische Schmetterlinge, wie z. B.«ine Bärenart. die in Afrika   vorkommt. Dieser wunderbare Schmetterling ist in blau, rot und gelb gefärbt und hat trotzdem eine Leuchtkraft von größter Einhettlichteit, gleicher- weise wie«ine Spannerart, die in Afrika   vorkommt und die wohl zu den schönsten und farbenreichsten Schöpfungen der Natur gehört. In Sumatra  , Brasilien  , Ceylon, Kolumbien   und Guatemala   findet man die zauberhaftesten Formen verbunden mit den farbigsten Ge- wändern. E» ist einleuchtend, daß viele Sammler sich um diese Schön- heiten der Natur bemühen, und da die schönsten Schmetterlinge nicht gerade sehr häufig sind, so erreichen sie manchmal phantastische Preise. Es gibt auf diesem Gebiete große geschäftliche Unter- nehmungen, deren Hauptsitz in London   ist, und die sich damit be- fasten, die Wünsche der Sammler zu sehr teuren Preisen zu erfüllen. Jetzt in der Sommerszeit gehen die Liebhaber der verschiedenen Schmetterlingesorten mit ihrem Schmetterlingsnetz in Feld und Flur auf Jagd aus. Vorbedingung ist aber, daß sie nicht nur Kenntnisse von den verschiedenen in Deutschland   vorkommenden Sorten haben, sondern auch die erforderliche Technik, di« schönen Schmetterlinge unversehrt nach Hause zu bringen, da si« sonst viel an Wert verlieren. Dies« Sommlerausflüge sind harmlos und billig, denn die nächste Wiese oder der nächste Park ist das Jagdgebiet, auf dem sich die Sammler betätigen. Di« seltensten und kostbarsten Schmetterlinge können auf so ein- jache Weije nicht erlangt werden. Dazu sind unter Umständen ganz«
Expeditionen nach tropischen Ländern erforderlich, und es kommt auch vor, daß wahrhaft begeistert« Schmetterlingssammler ihrer Leidenschaft zum Opfer fallen. Einer der leidenschaftlichsten Sammler war der deutsche   Freiherr von Hagen  . Cr hatte in England einen Schmetterling gesehen, der säst vollständig azurblau gefärbt war und nur einige schwarzgelbe Tupfen aus den Flügeln hatte. Der Schmetterling stammte aus Neuguinea  . Da er ein solches Exemplar haben wollte, so macht« er eine Expedition nach Neuguinea  , zumal er mit Recht hoffen tonnte, hier noch zahlreich« andere seltene und kostbare Schmetterlinge finden zu können. Er brachte e» zuwege. acht Exemplare dieses seltenen Schmetttrlings zu fangen, dem er den NamenFalter des Paradieses" gab. Außerdem fand er noch zahlreiche andere herrlich« und unbekannte Exemplare, die er als großer Kenner und Fachmann aufs beste präparierte und zum Transport nach Europa   verpackte. Eines Tages aber wurde er kurz vor seiner Abreise von Eingeborenen ermordet. Einer dieser seltenen Schmetterling« de» Paradiese» kostete, wenn man die Gesamtkosten der Expedition berechnete, mehr als 5000 Mark. Es gibt insgesamt nach Annahme der Naturforscher rund 100 000 verschiedene Sorten von Schmetterlingen. Allerdings ist erst die geringste Zahl von ihnen bekannt, denn von dem ungeheuren Reichtum an Schmetterlingsarten, die im Urwald und in anderen unzugänglichen tropischen Gebieten leben, kann man sich nur schwer eine Vorstellung machen. Die wissenschaftlichen Institute Europas  haben in exotischen Ländern Mitarbeiter, die meist hervorragende Sachkenner sind und genau misten, welche Arten von Schmctter- lingen noch unbekannt sind. Sie gehen auf Jagd nach unbekannten Sorten aus und bieten sie den wissenschaftlichen Instituten und großen Geschäften zum Kauf an. Diese Tätigkeit ist meist sehr«in- träglich, denn für fetten« oder unbekannte Sorten zahlen di« wissen- schaftlichen Interessenten und die Sammler unter Umständen be- trächtliche Summen. Jüngst wurde gemeldet, daß auf den Teufels- inseln ein Sttäfling sich ein Vermögen mit der Kenntnis der Schmetterlingearten erwarb, da er die unbekannten Arten fing und dem wissenschaftlichen Institut in Poris verkaufte. So ist es nicht verwunderlich, daß manche seltene Art. die vielleicht nur ein- oder zweimal irgendwo im Urwald gefangen wurde, mit 10 000 Wart und mehr von reichen Sammlern bezahtt wird, die es sich leisten tonnen, für ihre Leidenschast große-Summen zu opfern.