Als ich einer Berliner Freundin, die sonst über jeden Berg in den Alpen oder im Rieseneebirge Bejchei» weiß, erzählt«, daß ich in die Rhön reisen wollte, hatte sie keine Ahnung, in welcher Gegend unseres Vaterlandes dieses abgelegene, reizvolle Bergland sich be- findet. Ich fürchte, daß es vielen so gehen wird, und deshalb will ich zu Ansang verraten, daß der größere Teil der Rhön in Thüringen und kleinere Abschnitte in Hessen und Bayern liegen. Geographisch eine Einheit ist dos Rhöngebirge politisch doch aus- einandergerifsen wie so viele deutsche Landschaften. Es zieht sich von Norden noch Süden ziemlich parallel mit der Bahnlinie Bebra— Frankfurt am Main hin. Aus der einen Seite stemmt sich ihm der Thüringer Wald entgegen, aus der anderen geht es in die Ausläufer des Spessart über und erreicht fast das fruchtbare Mointal. Kleine Nebenbahnen schlängeln sich bis in die Hochtäler hinein, ober über den Rücken des Gebirges ist bis jetzt noch keine Schiene gelegt. Durch diese relativ schlechte Verbindung und da die größeren Städte alle ziemlich weit entfernt liegen, ist die Rhön eines der wenigen Gebiete geblieben, die selbst in seinen Hauptpunkten heute noch nicht von der großen Welle der Touristen erfaßt ist. Neuerdings ist durch die Segelfliegerei dos Zentralgebiet der Hohen Rhön rund um die Wasserkuppe zu einiger Berühmtheit' ge- langt. Als wir am Pftngstsamstogabend nach reichlichem Manch oben ankamen, waren die drei oder vier Gasthöfe vollständig besetzt, und wir mußten noch ein paar Stunden talwärts laufen, um in den nächsten Ort zu gelangen. Doch was an diesem Abend sehr schmerzlich für uns war, ist im allgemeinen der große Vorzug der Rhön . Man kann tagelang aus den Höhenwegen entlang wandern, ohne an eine Ortschaft zu kommen. Morastische, fette Wiesen mit einem Meer von empor- geschossenen Blumen, darunter Ranunkeln in Menge, die sonst nur auf weiten Almwiesen zu finden sind, ausgedehnte Moore und kahle, felsige Höhen, das sind die besonderen Ehorakterzüge der Rhön , die sie vor jedem anderen Mittelgebirge Deutschlands aus- zeichnet. Der erfahrene Alpensreund fühlt sich hier wie im Allgäu oder im Schweizer Iura und glaubt, hinter jeder Höhe müßten die schneebedeckten Gipfel auftauchen. Diese Illusion wird noch durch das melodische Jodeln der Hirtenjungen und das Gebimmel der in der Ferne weidenden Heiben bestärkt. Im Mittelpunkt dieses weiten, waldlosen Gebietes steht die 9S0 Meter hohe Wasserkuppe, die von den Segelfliegern als idealstes Uebungsgeländs auserkoren wurde. Hier streicht stets ein leichter Auftriebswind über die Höhen, und das wege- und Häuser- los« Wiesenland bietet Platz genug zum glücklichen LaiÄ>en. Alle berühmten Segelflieger sind hier in die Lehre gegongen. Mancher Höhen- und Weitsegelflugrekord wurde in diesen einsamen Gefilden aufgestellt, und neuerdings macht man dort Versuche mit einem schwanzlosen Motorslugzeug. Als wir in der Abenddämmerung über einen schmalen Wiesen- pfad emporstiegen, sahen wir olles mögliche Zeug in den Lüften herumschwirren und begannen ein Rätselraten, was wohl das einzelne fein konnte. Schließlich hatten wir olle unrecht, denn es waren nur Papiermodelle, die von eifrigen Schülern in die Liest gejagt wurden, und darauf war keiner gekommen. Am nächsten Tage sollt/ ein größer Wettbewerb' stattfinden, und dazu mußten die jüngsten Fanatiker des Segelflugsportes diese letzt« llebungsgelegeicheit bis in die Nacht hinein ausnützen. Auch das wie ein riesiges Nachtgespenst austauchende Flugzeug, das nur zwei breit« Seitenflügel besitzt und den Motor hinter dem Führersitz hat, gab vor uns noch einen letzten Probeflug, bevor Meister Köhl morgen diese Neuerung selbst begutachten sollte. Aus der Höhe waren viele Autos und noch mehr Motorröder. In den Holzbaracken der Segelflieger, die ihnen als Unterkunsts- räume und Werkstätten zugleich dienen, herrscht noch reges Leben. Ueberall wird gebastelt, nachgeschaut und geprüft. Eine Musik- kapelle spielt, scheinbar auch schon zur Probe fiir morgen. Zu der großen Veranstaltung am nächsten Tage find viele
Fremde gekommen, darunter auch Ausländer. Hauptmann Köhl, der bekannte Ozeanflieger, spricht sich sehr erwartungsvoll über die neue Maschine aus. Fröhliches Leben mit Verkaufsständen, Musik und sportbegeisterten Menschen bewegt die sonst sehr ruhig« Stätte der Arbeit und Wissenschaft. Denn alle Segelflugzeuge werden hier von den Fliegern selbst gebaut. Unter den Schülern sind viele Studenten von der Technischen Hochschule in Darmstadt . Auch sie zeigen ihr Können. Es ist«in stolzer Anblick, wie ein Mensch auf einem mit Tuch bespannten Holzgestell hoch über Berge, Wälder und Höhen hinweggleitet, ohne jede sonstige Hikse als den Wind, der auch die Schwingen der Vögel antreibt. Es sst fast di« Erfüllung der uralten Sehnsucht der Menschen: „So frei zu sein, wi« die Vögel sind.' Der besuchteste Platz der Rhön ist ihr zweithöchster Gipfel: der Kreuzberg (931 Meter), der bereits im bayerischen Teile liegt. Die drei hölzernen Kreuze auf seiner Hohe, weichin über das Land ficht- bar, sind ein bekannter Wallfahrtsort für di« streng kacholische, sehr
fromme Bevölkerung aus der Umgegend. Unterhalb davon stegk ein großes Mönchskloster, das den vorbeiziehenden Wanderern und Pilgern nicht nur seinen Segen, sondern für gutes Geld auch kräftiges, bayerisches Bier, Unterkunft und Verpflegung gewährt. Wenn man von dort aus nach Süden absteigt, kommt man in eine mehr schwarzwaldähnliche Landschaft. Nicht umsonst hat dos Dammersfeld feinen weitverbreiteten Ruf als vorzügliches Ski- gebiet. Die Bauern in diesen Gegenden sind sehr arm. Klein und ver- fallen sind ihre Häuser, und selbst die Kirchtürme ragen kaum über die Dörfer weg. Aber jede Wiese hat ihr eigenes Heiligenslondbild. auf den Brücken thront der heilige Nepomuk, und die christliche Kirche scheint in dieser herben Landschaft, in der sich ursprünglich das Heidentum lange erhalten hatte, jetzt desto festeren Fuß gefaßt zu haben. Auffällig ist die unterdrückte Stellung der Frau bei den Rhön - dauern. Sie muh die meiste Feldarbeit verrichten, während der Mann zu Hause sitzt und irgendwelche andere Arbeit tut, Holzschuhe schnitzt, wenn er sich nicht mit dem Nachbar unterhält. Je näher man dem Maintal kommt, desto fruchtbarer und dichter bevölkert wird das Land. Hier in der Nähe liegen die berühmten, großen Bäder Kissingen, Brückenau und Orb. Doch damit haben wir schon die eigentliche Rhön verlassen und fahren auf langen Umwegen durch fruchtbare Täler zurück.
Sin unbekannter Warx �rief TeröffenMchl mil Erlaubnis ron Jferrn'Merinmin Struck durch 9l.3>aedierl
Der unten wiedergegebene Brief Marxen » gibt einen inter - «ssanten Beitrog zur Biographie von Friedrich Engels . Die Arbeil nm„Anti-Duhring" hott« Engels auf die sagenannten„Traubeschen Zellen' hingewiesen, die als ein Mittelglied zwischen organischer und anorganischer Nattir anzusehen sind. Für sein größer an- gelegtes Werk„Nolurdialektik" wollte Engels die Traubeschen Forschungen verwenden, und veranlaßt« Marx, dem Traube bei seinem Karlsbader Kuraufenthalt bekannt geworden war, zu der in dem Brief ausgesprochenen Bitte. Da er offenbar Traubes Adresse nicht besaß, wandte Marx sich an eine andere Karlsbader Bekanntschaft, den Frauenarzt Professor W. A. Freund, dem er sowieso die Antwort auf einen freundlichen Brief schuldig mar. Die auf Traube bezüglichen Stellen des Anti-Dühring sind: „Vorwärts' 25. Februar 1877, bzw.„Anti-Dühring ' Seite 73, bzw. „Marx-Engels-Archiv' Seite 492. Die Wort« am Schluß des Briefe: „mehr als bisher" zeigen, daß Marx im Januar den Anti-Dühring schon im Druck glaubte und das im November fertige Manuskript desselben ihm schon als sehr der Vergangenheit ungehörig erschien. In der„Naturdialektik"(Marx-Engels-Archiv Seite 182) zeigt Engels eine größere Vertrautheit mit kein Troubefchen Phänomen. Di« naturwissenschaftliche Beschäftigung mit den Problemen, deren philosophisch« Teile Engels seit sechs Jahre bearbeitet«, fällt also in das Ende des Jahres 1876. Die politischen Sätze des Briefes entsprechen genau den auch sonst bekannten revolutionären Hoffnungen, die Marx in jeden aus- wärtigen Krieg, insbesondere in die orientalische Krise setzte. Die scharfe Ablehnung des reaktionären Richard-Wagner -Rummels der zeitgenössischen Bourgeoisie, die in dem Brief ausgesprochen ist, ist eine der. wenjgen Aeußerungen von Marx über die Kunst: Marx hat die Dekahepz hex klassischen revolutionären bürgerlichen Kunst zur vulgären Kunst seiner Tage stets in Parallele gesehen zu der Dekadenz öer klassischen Oekonomie zur Bulqärökonomie. Als persönliches Moment zeigt der Brief deutlich Marxens Umgangsart mit Leuten, die ihn nur geschäftlich interessierten. Der Brief lautet: 21. Januar 1877. 11, Maitland Park Crescent. London , NW. Lieber Freund Freund! Mein Neujahrswunsch an Sie und Ihre liebe Frau kommt leider verspätet, dank Arbeitsdrang und Halsentzündung, die ich mir
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„Rikctte, Nona... beeilt euch, ich habe keine Zeit mehr! Nona, acht« auf dich! Gestern mußte ich dir wieder die Manschetten waschen. Nak endlich fertig! Geht geradeswegs in die Schule, hörst du Rikette, geradeswegs!' Rikette, eine kleine Dame mit Stupsnäschen und roten Backen nickt heftig mit dem Lackenkopf.„Wir versprechen?, Mama, und Nona wird nicht weinen, nicht wahr, Nona?' „Ich weine nicht, wenn ich noch ein Kuchchen kriege!' Die Mutter seufzt, zögert einen Augenblick und gibt dann nach. Sie geht zum Wandschrank, außer den Betten, dem Tisch und den Stühlen dem einzigen Möbelstück, und entnimmt ihm zwei Kuchchen. Eins kriegt Rikette, eins Nona. „Dal Nun aber macht, daß ihr fortkommt!' Wie zwei dem Käfig entwichene Vögelchen toben die Kinder die Treppe hinab. Es ist ihnen ein lustiges Spiel, die fünf Treppen des großen Miethauses herunterzuspringen, in dem sie mit der Mutter ein Zimmerchen bewohnen. Die Straße unten ist eng und schmutzig. Die Schule ist nah. Während Rikette die Schwester hinter sich her- zieht, beugt sich ihre Mutter, Frmi Looal, von neuem über ihre Arbeit. Seit Sonnenausgang sitzt sie an der Maschine vor einem Haufen Trikotwäsche. O, die Arbeit ist nicht schwer! Sie ist nur langweilig, so ermüdend, man muß gute Augen haben. Frau Laoal ist noch jung, alles ginge gut ohne dies verflixte Zittern, das sie manchmal mitten in der Arbeit überkommt: in den Schultern, die Arme entlang bis in die Fingerspitzen. Dann geht die Arbeit, der jede Minute kostbar ist, langsamer. Warum zittert sie so? Ist sie krank? Nein. Die junge Frau gesteht sich, daß das Zittern immer kommt, wenn sie nicht genug ge- gessen hat. Das versteht jeder: Wenn man zwei Kinderchen hat, die gekleidet, ernährt werden müssen, wenn man für jedes Wäschestück nur fünf Pfennige bekommt... dann ist's hart! Doch wenn es sich nur um Rikette und Nona handelte, brauchte sie nicht zu darben—, da ist noch ihr Vater, ihr Gatte! Seit drei Monaten liegt er im Krankenhaus, er stirbt an einer vernachlässigten Infektionskrankheit und ganz plötzlich hat er ungewohnte Gelüste, wie die Reichen—. Vorigen Sonntag, als sie ihm Apfelsinen und Kuchchen brachte, sagte er, die seien ihm über, er wolle Pfirsiche und Honig! Lieber Himmel! Nur Kranke kommen auf solche Ideen! Pfirsiche! Honig! Woher soll eine arme Frau sowas nehmen? Frau Laval hat heute schön gearbeitet! Sie rechnet aus: 43 Pfennige hat sie verdient. Wenn sie jeden Tag zehn Stunden ar- betet, fwHint ste auf 4 Mmck SO Wx-r was Hot sie
alles zu bezahlen: Miete, Essen. Kleinigkeiten für die Schulkinder! lind wenn es auch nur abwechselnd Kartoffeln und Reis gibt— auch das muß man besorgen! „Mama, ich will noch ein paar Kortosfeln, bitte!' Frau Laval griff gerade zu, um ihren Teller zu füllen, nachdem sie abgewogen hatte, daß noch zum Abendbrot genügend übrig blieb. Jetzt hält sie inne. Sie gibt dem Kind. Ihr Teller bleibt leer. „Warum ißt du nichts, Mama?' „Ich bin satt.' Rikette verschlingt selig den mütterlichen Teil. „Gehen wir Sonntag zu Papa?' „Natürlich.' „Bringst du ihm wieder so gute Sachen?' „Ja, Marmelade. Er will keine Kuchchen mehr.' „Ach!' Rikette verstummt in schweigender Andacht. Dennoch werden sie am nächsten Sonntag von dem Kranken böse empfangen. Er erwartete Pfirsiche und Honig! Vor Grimm redet er kein Wort mit der Familie. Von diesem Besuch kehrt Frau Laval verzweifelt heim. Sie bringt es nicht übers Herz, dem Sterbenden die letzten Wünsche zu versagen! Sie wird noch mehr arbeiten, noch weniger essen, wenn auch das Zittern häufiger kommen wird. Sie näht und näht, ißt mal ein Häppchen, die Zeit fliegt, sie weiß nicht mehr wie spät es ist... das wird schon grauenhast... ach! da kommt's die Treppe herauf! Die Schule ist aus! Also ist's vier Uhr. „Mama", jauck�t Rikette und stürzt wie der Wind herein. Sie schleppt Nono hinler sich her, in der freien Hand schwingt sie eine Photographie.„Sieh mal die schöne Dame, Fräulein Doktor hat sie mir geschenkt! Sie sagt, es ist eine Heldin!' Es ist wirklich eine berühmte Schauspielerin, sie trägt est, enges Samttostüm, es ist weit ausgeschnitten und hat eine kleine Schleppe. Frau Laoal nimmt sich kaum Zeit, die Augen von der Arbeit zu heben.„Pfirsiche, Honig', zittert die Zlrme,„bald ist Sonntag!' Rikette reckt sich zum Wandbrett. Da steht neben der Uhr das Bild der Mutter. Das Photo der Schauspielerin wird daneben gestellt. Der Blick des Kindes wandert von einem Bild zum andern. Die Fremde siegt so leicht durch die Pracht, den Glanz ihres Auf- tretens neben der bescheidenen Frau im schwarzen Kleid, daß die Tochterliebe der Kleinen sich gezwungen fühlt, ihren Vorzug deutlich auszusprechen: „Armes Mamachen", sagt sie zärtlich,„du bist keine Heldin, ich habe dich aber sehr lieb... tragdem!" JUbafttum tesel Ell«» IKofe)
während der letzten Tage zu Karlsbad zugezogen. Es�ging mir dort wie dem Bauer Mariin Luther's, der, von einer Seite auf's Pferd gesetzt, von der andern herunterfällt. Meine Tochter empfiehlt sich bestens Ihrer Frau und Ihnen. Sie hat unter ander», eine von der hiesigen Shakespeare-Gesell- schast, deren Mitglied sie ist, gedruckt« Uebersetzung von Professor Delius's„Das epische Element in Shakespeare ' versündigt, die ihr jedoch große Elogen von seilen des Herrn Delius ergattert hat. Sie bittet mich, Sie um den Namen des Anti-Shakespearejchen schwäbischen Professors und Titel seines Werkes zu ersuchen, von dem Sie uns in Karlsbad sprachen.. Der Matador der hiesigen Shakespeareschen Gesellschost, Mr. Furnivall, will durchaus nicht auf den Genuß dieses Opus verzichten. Di«„Orientalische Frage '(die mit Reoalution in Rußland enden wird, was immer der Ausgang des Kriegs gegen die Türken) und die Musterung der sozialdemokratischen Streitkräfte im Vater- lond werden den deutschen Knlturphilister wohl überzeugt haben. daß es noch wichtigere Dinge in der Welt gibt als Richard Wagners Zickunflsmiisik. Mit besten Grüßen an Sie und Ihre liebe Frau Ihr freundschaftlichst ergebener Karl Marx Wenn Sie zufällig Dr. Traube sehen, grüßen Sie ihn bestens von mir und erinnern ihn gefälligst, daß er mir die Zusendung der Titel seiner verschiedenen Publikationen versprochen hat. Sie wäre sehr wichtig für meinen Freund Engels , der an einem natur- philosophischen Werk arbeitet, und mehr wie es bisher geschehen, die Leistungen Traubes betonen wird.
�flauste n&ührmichnichtan' Man weiß, welch disserenzierte Feinfühligkeit Pfianzenwurzeln auf der Suche nach den günstigsten Lebensbedingungen beweisen, und wie geschickt die Wurzeln Hindernisse, wie sie sie etwa in Ge- stall eines kleinen Steines auf ihrem Wege finden, zu umgehen oerstehen. Diese Empfindlichkeit ist allen Pflanzen in mehr oder weniger hohem Grade zu eigen. Aber sie alle übertrifft in dieser Hinsicht eine Pflanze aus der Gattung der Sinnpflanzen. Es üt das die in Indien heimische„Mimosa pubica', die wegen ihrer Ueberempsindlichkeit auch den Namen„Nalimetangere", d. h.„Rührmichnichtan", führt. Sie bedeckt in ihrer Stammesheimat den Boden mit einem Teppich von frischem, saftigem Grün, dessen dichte Rasendecke mit kleinen rosafarbenen Blumen übersät ist. Ein Fuß- gänger oder Reiter, der die Grasfläche passiert, hinterläßt hinler sich eine über einen Meter breite Furche, die sich von der Umgebung in scharfen Umrissen abzeichnet. Es sieht aus, als ob nicht ein Mensch, sondern eine ganze, in Reihen marschierende Truppe von Menschen die Vegetation zertrete» hätte. Nach den Beobachtungen des Professors Louis Lapicque von der Sorbonne genügt es schon, ein Blatt oder eine kleine Ranke dieser Mimose abzureißen, um einem Menschen, der mit gebeugtem Rücken den Boden betrachtet, die verblüffende Tatsache zum Bewußtsein zu bringen, daß die grüne Fläche im größten Teil seines Gesichtsfeldes plötzlich ver- schwunden ist. Statt der saftigen Rasenmatte, die sich soeben noch seinen Augen bot, bemerkt er nur noch die nackte Erde, Steine, tote Blätter und Reiser, die welk und verdorrt scheinen. Kurz, die Pflanzen scheinen sich verflüchtigt zu haben. So merkwürdig auch das Phänomen an sich ist, so übertrieb Darwin doch, als er in dieser Sensiblität der Sinnpslanze Aeußerungen der Intelligenz sehen wollte, während es sich hierbei nur um ausgesprochene Reiz- Vorgänge rein physischer oder mechanischer Natur handelt.
S)er t tut zeit der Schttalben Die Schwalben, die zu unseren nützlichsten Haiisvögeln während ihres Hierseins zählen, verdienen vor ollem unseren weitestgehenden Schutz, denn es ist fast unglaublich, was sie täglich an Insekten ver- tilgen und uns damit eine große Plage erleichtern. In der ersten Zeit:j>es Nistens fängt jede Schwalbe ungefähr 699 Fliege» imd Mücken täglich, was im Monat die stattliche Zahl von etwa 36 999 Insekten je Schwalbenpaar ergibt. Sobald später dann die Fütte- rung der Jungen beginnt, erhöht sich diese Zahl noch ganz bedeutend, weil die Alten nun ständig nach Futter für die Jungen ausfliegen. Wird nun dieser Flug täglich 16 Stunden lang ausgeführt, so können von den beiden Tieren Tausende von Insekte» eingebracht werden. Eine exakte Berechnung, die sich auf eingehende Beobachtungen gründet, ergab, daß, wenn beispielsweise fünf Junge im Nest sind, ein Schwalbenpaar zur Atzung der Brut nicht weniger als 279 999 Insekten während eines einzigen Monats braucht. Die Gesamtzahl der Insekten, die die Schwalben alljährlich bei uns vertilgen, beläuft sich daher auf viele Milliarden. 1° B. Woher kommt das Work.Liosk"? Als Kiosk bezeichnet man bekanntlich einen gedeckten Pavillon mit einem kuppelartigen Dach, das den orientalischen Stil nicht verleugnet. Das Wort stammt denn auch von dem türkischen Kiuchk, das mit dem persischen Kuchk identisch ist. In beiden Sprachen bezeichneten das Wort, bevor es nach Europa kam, einen Pavillon, der zum Schmuck von Gärten und Parks bestimmt war. Im Lause der Zeit hat sich im Ursprungsland der Sinn auch auf andere Gegenstände erstreckt, zunächst«ms einen Wohnraum aus einem Kriegs, und dann Vergnügnogs�hiL.