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Der Schlag gegen die Kriegsopfer

Abzüge, nichts als Abzüge!

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Die Notverordnung entzieht den Kriegsopfern die Summe von 113 Millionen Mart jährlich. Das bedeutet für den Rest des Haushaltsjahres vom 1. Juli 1931 bis 31. März 1932 eine Summe von 85 Millionen Mart  . Statt der für das Etatjahr bewillig. ten rund 1285 Millionen Mart sollen nur rund 1200 Millionen Mart ausgegeben werden. Um dieses Ergebnis zu erzielen, hat die Reichsregierung in der neuen Notverordnung Abbaumaß nahmen von solcher Schärfe diftiert, daß die Entrüstung darüber berechtigt und allgemein ist. Es besteht der Verdacht, daß die zahlenmäßige Wirkung, die infolge dieser Maßnahme tat sächlich eintreten wird, weit über die angegebene Summe hinaus geht. In offenbar amtlich beeinflußten Mitteilungen vor dem Erlaß der Notverordnung war immer davon die Rede, daß eine allgemeine Rentenfürzung nicht beabsichtigt sei. Das stellt sich bei näherem Zusehen als eine unverantwortliche

Jrreführung der öffentlichen Meinung

heraus. Man beruft sich freilich darauf, daß die Bezüge der Boll ermerbsbeschräntten feinerlei Rürzung erfahren. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 Broz. ist aber nur bei 49 287 von insgesamt 838 953 versorgungsberechtigten Kriegs beschädigten anerkannt.

Die verbleibenden 789 666 versorgungsberechtigten Kriegs­beschädigten, dazu 378 000 Witwen, 621 024 Waisen und 366 462 Eltern unterliegen elle einer Kürzung ihrer Bezüge im Ausmaße von 4,6 bis 25 Proz. und darüber.

Dieses aufreizende Resultat wird vor allem durch das Zusammen mirten zweier Drosselungsmaßnahmen erzielt, die in der Notverordnung verfügt werden.

Borstellung von dem Begriff leichtbeschädigt" hat schon immer dazu geführt, daß diese Kategorien in der Reichsversorgung stiefmütterlich behandelt wurden.

Um die Wirkung des

Entzuges der Kinderzuloge

zu erkennen, sei bemerkt, daß bisher alle verheirateten Kriegs­beschädigten mit Kindern zu ihren Gebührnissen einen Zuschlag von 20 Proz für jedes Kind erhielten. Daraus geht hervor, daß dieser Kinderzuschlag feine feste Größe mie bei den Beamten, sondern eine bewegliche Größe ist, die zwischen monatlich 2,70 m. bei den fleinsten Renten ohne Ausgleichszulage und 26,10 M. in den seltenen Fällen der Rente eines Bollerwerbsbeschränkten mit doppelter Ausgleichs­zulage in der höchsten Ortsklasse schwankt. Bei den zu 30 Proz. Erwerbsbeschädigten beträgt die Kinderzulage im Durchschnitt monatlich etwa 3,50 bis 4 M. bei den zu 40 Proz. Erwerbs­beschränkten 4 bis 6 M. Leichtbeschädigte haben wir 485 961, also mehr als die Hälfte der Gesamtzahl. Verheiratet sind davon nach statistischen Ermittlungen etwa 75 Proz. Da nicht alle Verheirateten Kinder haben, darf man den Personentreis der von der Kürzung der Kinderzulage Betroffenen auf rund 300 000 schäzen. Wie bei den Beamten hat die Maßnahme die Folge, daß der Verheiratete mit Kindern stärker belastet wird als der Ledige. Einen

gerechtigteit; denn die erlittenen Gefundheitsstörungen nötigen die Beamten zu bestimmten, weit über das Normale hinausgehenden Ausgaben, von denen sich der Laie oft gar feinen Begriff machen tenn. Ein Bein- Amputierter muß beispielsweise fast regels mäßig Berkehrsmittel benutzen. Magenfrante und Kieferverletzte bedürfen einer besonderen, oft recht kostspieligen Diät.

Das Leiden zwingt in zahlreichen Fällen zu vorzeitiger Pensio nierung und dazu zum Verzicht auf Beförderungsmöglichkeiten und Erwerbung des normalen Pensionsanspruches. Oft wird diese Pensionierung von der Behörde zwangsweise mit Rücksicht auf die Dienstbeschädigung durchgeführt. Die Verluste, die der friegs­beschädigte Beamte im Vergleich zu seinen gesund gebliebenen Kollegen erleidet, sind daher sehr bedeutend. Bisher ruhte ein 3ehntel der Versorgungsgebührnisse, wenn ein Versorgungs­berechtigter neben den Versorgungsgebührnissen ein Einkommen aus öffentlichen Mitteln( das also auch ein im öffentlichen Dienst stehen­der Arbeiter und Angestellter haben fann) von 350 M. im Monat hatte. Für je meitere 60 M. ruhte ein weiteres Zehntel. Dem Vers forgungsberechtigten mußten jedoch mindestens drei Zehntel seiner Gebührnisse verbleiben. Für jedes Kind, für das Versorgungs­gebührnisse gewährt werden, wurde die ermittelte Emmens­grenze um 60 M. herabgesetzt.

Durch die Notverordnung hat nun die Regierung die Ein­fommensgrenze auf 210 m. herabgefeht, außerdem ruht jetzt gleich die Hälfte des diese Grenze übersteigenden Betrages, mas zur Folge hat, daß die Kürzung, die früher etwa bei der Gruppe der Obersekretäre begann und zur völligen Auswirkung erst bei der Grenze der Oberregierungsräte und Ministerialräte tam, jetzt schon beim einfachen Amtsgehilfen beginnt und schon beim Einkommen der Obersekretäre zur Kürzung bis auf die geschützten drei Zehntel ohne Frauen und Kinderzulage führt. Auch Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes fallen nunmehr in größerer Zahl unter die Kürzungs­vorschriften, die für alle Betroffenen um deswillen hart wirken, weil fie gleichzeitig durch die Notverordnung zum zweiten Male inner­halb meniger Monate einer empfindlichen Gehaltsfürzung unter­grenze nicht das gegenwärtige Einkommen dieser Schichten, sondern das Einkommen maßgebend, das sie vor dem 1 Februar bei ungefürztem Gehaltsabzug erhielten.

driffen Eingriff von größter Härfe vollzieht die Notverordnung auf dem Gebiete der 3ufas rente. Auch hier wirkt der Begriff irreführend. Es handelt sich bei dieser Rente nicht etwa um zusätzliche Leistungen zu an sich aus reichenden Versorgungsgebührnissen, sondern um notdürftige Ergänzungen ungenügender Grundrenten. Das Reichsver= forgungsgesetz fannte ursprünglich nur die Abgeltung von Rechtsanworfen werden. Dabei ist für die Ueberschreitung der Kürzungs­Sprüchen, bei deren Feststellung sowohl der Gedanke eines ans gemessenen Schadenersages, als auch soziale Grundsäge wirksam

In den Jahren der Inflation hat man unter Ausnüßung einer politischen Situation, die der heutigen ähnelt, die Renfen für die Rechtsansprüche in erheblichem Umfangé verkürzt und sie durch

Die eine dieser Maßnahmen ist die Kürzung der Orts zulagen, die zu den Versorgungsgebührnissen gewährt werden. Diese Zulagen find nach Drisklassen gestaffelt. In den Orten der Sonderklaffe betrug die Zulage 30 Proz. Sie wird jeßt auf 24 Proz. verkürzt. In Ortsklasse A tritt eine Verkürzung von 25 auf 18 Proz., in Ortsklasse B eine solche von 22 auf 12 Proz., in Dristlasse C von 18 auf 6 Proz., in der Ortsklasse D, in der bisher eine Zulage von 14 Proz. gemährt wurde, fällt sie ganz fort. ein bewegliches System von Zufahrenten ergänzt. Dadurch wird eine allgemeine Sentung der laufenden Ber­forgungsgebührnisse von 4,6 Proz. bis 14 Proz herbeigeführt, von In welchem Umfange durch diesen Vorgang eine Verschiebung der der nur die genannten Bollerwerbsbeschränkten ausgenommen find. Berhältnisse von Rechtsanspruch und Fürsorgeleistung eingetreten ist, Diese Kürzung macht beispielsweise bei einem zu 50 Proz. Be zeigt die Tatsache, daß vom Gesamtaufwand auf Zusatzrenten rund schädigten mit einfacher Ausgleichszulage( gelernter Arbeiter) und 270 Millionen entfallen. Diese Renten werden nach feststehenden 270 Millionen entfallen. Diese Renten werden nach feststehenden zwei Kindern in Ortsklasse B monatlich den Betrag von 5,25 M. ministeriellen Bestimmungen gezahlt. Die Notverordnung fürzt nun aus, bei dem zu 60 Broz. Beschädigten 6,30 M., bei dem zu 70 Broz die Einkommensgrenze von monatlich 77 M. in der Ortsklasse A auf Beschädigten 7,15 M., bei dem zu 80 Proz. Beschädigten 8,55 Mt., 75 mM., in der Ortsklasse B von 75 m. auf 70 M., in der Orts: bei dem zu 90 Broz. Beschädigten 10,10 m. In der Ortstlase D flasse C von 72 M. auf 65 M., in der Ortsklasse D von 70 M. auf beträgt der Verlust des letzteren monatlich 14 M., hat er fünf 60 m. Nur in der Sonderklasse bleibt es bei der Grenze von 80 m. Kinder monatlich 20,25 M. Der Verlust, der aus der Drosselung Diese Kürzung bedeutet schärfere Unterstreichung der und der Auseinanderziehung der Ortsklassen den Kriegsopfern dürftigteit! Daneben werden aber ganze RKategorien von Ver­ermädyt, steigert sich also absolut, je schwerer die Besorgungsberechtigten grundsäglich von der 3ufahrente schädigung, je kleiner der Wohnort und je reicher der Kindersegen ist. ausgeschlossen, so wiederum die sogenannten Leichtbeschädigten Bom sozialen Standpuntt aus ist das eine geradezu und die finderlosen Witwen unter 45 Jahren, die bisher Zusatzrente gewissenlose Maßregel. Bei der finanziellen Wirkung erhalten fonnten, menn sie vorübergehend erwerbsunfähig waren. scheint man ganz bemußt mit der Tatsache gerechnet zu haben, daß Die Einschränkungen, die in großem Umfange gerade die der Kinderfegen in den Kleinstädten und auf dem hilfsbedürftigen Schichten der Kriegsopfer treffen, find so erheb platten& ande größer ift als in den Großstädten, und die Gedichten be strices pie bon per Regierung, mit­Hälfte aller Kriegsopfer in Orten der beiden legten Klassen wohnt. ich, daß die Ersparnis vermutlich die von der Regierung mit geteilte Summe von 9 Millionen Mart( 12 Millionen im Haushalt­Die Wirkung der allgemeinen Rentenfürzung über die Orts jahr) weit überschreiten wird. zulagen   wird nun für die sogenannten, eichtbeschädigten dadurch verschärft, daß man ihnen die Zulage für ein Rind streicht. Als Leichtbeschädigte gelten die zu 30 Proz. und zu 40 Proz. Erwerbsbeschränkten. Nebenbei muß bemerkt werden, daß mit dem Begriff leichtbeschädigt" ein ziemlicher Unfug getrieben mird. Zu den Leichtbeschädigten" gehören u. a. Kriegsteilnehmer mit dem Berlust eines Fußes, einer and, dem Verlust mehrerer Finger an einer Hand, schweren Entstellungen des Gesichts, mit dem Verlust eines Auges. Die laienhafte

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Schließlich muß noch die unglaubliche

Schädigung der friegsbeschädigten Beamten erwähnt werden, die mur von ganz bedenkenlosen Beurteilern als eine erträgliche Angelegenheit empfunden werden kann. triegsbeschädigten Beamten über regelmäßige Eintommen verfügen und pensionsberechtigt sind, wurde die Rente, die sie auf Grund von Dienstbeschädigung erhalten, bestimmten Kürzungen unterworfen. Ihnen diese Bezüge ganz zu nehmen, wäre eine schreiende Un­

Nach der Notverordnung vermindert sich die Rente von 110,60 mt. um 21,10 M. Der Beschädigte verliert mehr als 25 Proz. seines bisherigen Einkommens.

Die Regierung beruft sich darauf, daß die Notver­ordnung allen Schichten der Bevölkerung gleiche Lasten zumutet. So wenig wie es arme Kriegseltern auf dem Lande verstehen werden, daß ihre färglichen Bezüge um 5,- M.

bis 6, M. im Monat vermindert werden, während der Guts= herr mit einem Jahreseinfommen von 6000 M. feinen

Pfennig zur Krisensteuer beizutragen braucht, so sehr werden die friegsbeschädigten Beamten den Glauben an die Ge­rechtigkeit verlieren, menn fein ernsthafter Schritt gegen Mammutgehälter und Großpensionäre erfolgt, die neben ihren Bezügen noch Einkommen in fünfstelligen Zahlen haben.

Die Notverordnung gegen die Kriegsopfer zeigt noch an zahlreichen Stellen schwere Eingriffe, deren Bedeutung nicht über­fehen, werden soll, auch wenn sie hier nicht erwähnt werden. Im ganzen handelt es sich bei Prüfung der Einzelheiten um einen ebenso rohen wie unüberlegten Eingriff einer verantwortungs­Losen, von sozialen Erkenntnissen völlig unbeschwerten Finanz­bürokratie in ein wohl abgewogenes System von Rechts- und Fürsorgeleistungen, das den Kriegsopfern zwar nicht alle Wünsche erfüllte, ihnen aber wenigstens ein Mindestmaß von Gerechtigkeit widerfahren ließ. Der Kampf um die Rückgängig machung dieser Eingriffe mird mit der größten Energie und mit allen geeigneten politischen Mitteln geführt werden müffen. Erich Rossmann  .

Gewerkschaftliches siehe 3. Beilage.

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