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Nr. 285 48. Jahrgang 2. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 21. Juni 1931

Brot und Futter im Fünfjahrplan.

Saatstatistik und Saatfläche in Sowjetrußland.

erst der 8. Bericht meldet wieder 3000, also die Hälfte. Ganz offensichtlich ist Geplantes als Erfülltes ausgegeben worden.

Reine mur einigermaßen entwickelte Wirtschaft kann der Statistit entraten; bei der geradezu zentralen Stellung aber, welche eine sorgfältige und zuverlässige Statiftit in einer Planwirt- Aus dem Intermolgagebiet melden die Staatswirt schaft einnimmt, hätte man annehmen müssen, daß sie in Sowjet- schaften in Abständen von fünf Tagen als bestellt( in 1000 hektar): rußland mit ganz besonderer Aufmerksamkeit gepflegt wird. Schein 639, 650, 612(!), 617, 626. Gleichfalls im Unterwolgagebiet maren bar geschieht das auch. Wer eine russische Zeitschrift zur Handangeblich am 25. Mai 170 000 Settar mit Gerste besät, am 10. Juni nimmt, über den ergießt sich eine wahre Sturzflut von 3ah sind es nur noch 136 000 Hektar. len: Prozente der Planerfüllung, Zunahme der Produktion um soundso viel, Stand der Anleiherealisierung, Gewicht der gefangenen Fische im Asowschen Meer bis auf Einer genau auf jeder Seite Duzende von Zahlen. Mitunter fann man sich des Eindrucks nicht ermehren, hier geschehe aus Freude an einer neu angeeigneten Kunst des Rechnens, etwas zu viel des Guten.

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Doch Statistiken aufzustellen ist ein alter russischer Sport. Schon in den 80er Jahren gab es in Rußland eine so detaillierte landwirtschaftliche Statistit, daß ihr die Zahl der z. B. im Gouvernement Wjatta gelegten Eier bis auf 100 genau zu ent­nehmen war. Natürlich stimmte sie zur Wirklichkeit taum im aller­gröbsten. Das Bergnügen an der statistischen Erfassung alles dessen, was gezählt werden kann, ist heute größer denn je. Man findet etwa, daß die Zahl der weiblichen Barteimitglieder in einem kleinen Rayon der deutschen Wolgarepublit im legten Monat um 9,09 Prozent gestiegen ist; sieht man sich die absoluten Größen an, so ist man immerhin überrascht, wenn man findet, daß aus 11 jet 12 geworden ist. Doch das ist wenigstens genau. Leider mehren sich in legter Zeit die Fälle, die dazu zwingen,

an der Genauigkeit der statistischen Angaben in der Sowjetunion immer mehr zu zweifeln.

Der Berlauf der Saattampagne im Frühling 1931 ist für die Zukunft Rußlands außerordentlich wichtig. Und nicht bloß für Rußland , wenn man überlegt, welche Wirkungen eine eventuelle größere russische Getreideausfuhr auf den frisengeschüttel­ten Weltmarkt ausüben tann. Bekanntlich ist der Plan für die Wintersaat nicht erfüllt worden. Es hätten 43 Millionen Hettar besät werden sollen. Nur dem milden Spätherbst ist es zu danken, daß man den Planziffern wenigstens nahe tam. Mitte Oftober machte die Saatfläche erft 33,1 Millionen aus. Mit außer. ordentlicher Anstrengung gelang es dann, bis Mitte November doch noch auf 39,2 millionen Hektar zu kommen, was weniger ist als im Winter 1929, und mur unbedeutend mehr als im Winter 1926, in dem 39,0 Millionen besät worden waren. Das zwang zu einer Serablegung des Gesamtplans von 143 Millionen Heftar auf 140,5. Diefer foll nun aber um jeden Preis erfüllt werden.

In Abständen von fünf zu fünf Tagen berichtet das Bolts­fommissariat für Landwirtschaft über den Gang der Aussaat. Wer sich aber nicht damit begnügt, jeweils nur auf die Endziffern zu bliden, wer die Berichte untereinander vergleicht, der macht eigen tümliche Entbedungen.

Im Nordtautafusgebiet waren om 1. Juni bestellt 7 907 000 Heftar, am 5. Juni 8 118 000, am 10. Juni 8 118 000 Heftar. Nach dem 5. Juni ist, wie man sieht, nicht mehr gefät worden, die Saat tampagne ist abgeschlossen. Der Plan ist zu 93,8 Proz. erfüllt worden, die Saatfläche gegenüber dem Vorjahr um 5,3 Proz. vers größert. Dem widersprechen aber die Anbauberichte des Borjahres. Ihnen zufolge waren am 10. Juni 1930 bereits besät gewesen 8 028 000 Hettar, am 25. Juni, endgültig, 8 092 000 Hettar. Die Ueberprüfung ergibt: Entweder übertrifft die Saatfläche von 1931 die des Vorjahres nicht um 5,3 Prog., sondern bloß um 0,3 Broz, oder aber die Angaben des Vorjahres gaben die Saat fläche um 248 000 Settar zu groß an. Ob nun das eine zutrifft oder das andere, in jedem Fall werden die Erfolge übertrieben.

Ein anderes Beispiel ist nicht meniger bezeichnend. Sieht man die Berichte des Vorjahres durch, so findet man als mit Baum= wolle besät angegeben: am 15. Juni 1 752 000 Heftar, am 20. und, abschließend, am 25. Juni 1767 000 Heftar. In Wirklichkeit waren es, wie sich später herausstellte, weniger, man hatte sich ein bißchen geirrt, es waren 200 000 ettar oder nur rund 11 Broz. weniger! Warum falsche Statistik?

Die Ursache für diese auf den ersten Blid ganz unverständ­liche Erscheinung ist unschwer zu finden. Die lokalen Behörden, Tag für Tag von den Zentren mit Telegrammen überschüttet, Tag für Tag von fliegenden Brigaden bedrängt, greifen schließlich zu dem verzweifelten Mittel, etwas als vollzogen zu melden, was sie nicht vollzogen haben, in der Hoffnung, ein gütiges Geschickt wurde ihnen vielleicht doch noch erlauben, das Bersäumte nachzuholen. Einige meitere, fehr charatteristische Beispiele mögen das zeigen.

Die autonome Rrimrepublit ist ein vergleichsweise fleines Gebiet, die Aussaat ist dort längst beendet. Nun geben die Berichte für 20. und 25. Mai und 1. Juni eine Baumwollaussaat von 40 000 Hettar an. Am 5. Juni und in der Folge find es nur

Stolz melden die Maschinen- Trattoren- Stationen aus dem Mordwinengebiet am 5. Juni eine Saatfläche von 103 000 Settar, am 10. Juni: 0,00.

In drei Berichten teilte Weißrußland mit, daß 16 000 Settar mit Weizen bestellt feien, seither ist diese Weizenausfaat aus den Berichten verschwunden. Es ist dort niemals Beizen gefät worden.

Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Aus ihr kann nur ein Schluß gezogen werden: ungünstige Berichte sind wahrscheinlich richtig, günstige mindestens zweifelhaft.

Die Brot- und Futterkampagne.

wie die Berichte melden. Leider find aber, wie oben gezeigt wurde, erhebliche Zweifel am Blaze.

Nicht zweifelhaft ist jedoch die tatastrophale Lage in der Ukraine . Dort war der Weizenanbau Ende Mai abge­schlossen. Die ersten zehn Tage im Juni brachten einen Zuwachs von noch nicht einmal 1 Broz., so daß die Biffer, welche der 10. Bericht bringt, als endgültig anzusehen ist. 1931 wurden mit Weizen besät 2 320 000 hektar, 1930 aber 3 304 000 Heftar. Gegen­über dem Vorjahr eine Senfung um fast 1. Million Hettar oder fast 30 Pro 3. Ja sogar die Anbaufläche des Jahres 1929, wo sie 2975 000 Hektar ausmachte, ist um ½ Mil­lion Hektar unterschritten. Bei Gerste und Hafer ist gleichfalls eine bedeutende Einschränkung der Saatfläche festzustellen, 1930 maren es 5 600 000, 1931 nur 4 700 000 Heftar. Die Fläche, auf der Mais angebaut worden ist, war 1930 1 670 000, 1931 sind es nur 1370 000 Settar, wieder ein Rüdgang um 300 000 Heftar. Diesem Minus von Millionen Hektar steht nur eine unte­deutende Zunahme bei den technischen Kulturen gegenüber:. Baumwolle 65 000, Suderrüben 260 000, Sonnenblumen 50 000, Flachs 70 000, Hanf 10 000 Hektar. Dabei ist zu bemerken, daß die Zunahme der technischen Kulturen größtenteils durch die Staats. güter geschehen ist, das Minus entfällt auf die Bauernwirtschaften, auf die kollektiven wie auf die individuellen.

Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt den Gang ber Frühjahrsausfaat, so ergibt sich, daß die Ernte des Jahres 1931 vermutlich taum größer sein wird als die des Jahres 1930. Dabei ist normale Bitterung vorausgefeßt und weiter, daß die Ernte zumindest nicht schlechter eingebracht wird als im Am 10. Juni war Hafer und Gerste im Ausmaß von 85 Proz. Vorjahr. Die Ernte aus den Wintersaaten wird fleiner sein, weil des Vorjahrs angebaut( vermutlich war es weniger!), Mais im weniger angebaut worden ist, der Ertrag der Sommersaaten dürfte Ausmaß von 90 Pro3. An Mais tann, entsprechend der vor­auch qualitativ schlechter sein, weil die spätere Aussaat erfahrungsgerüdten Jahreszeit, nur noch ganz wenig, wenn überhaupt noch gemäß die Qualität drückt. Vielleicht wird das aber die verbesserte etwas dazukommen. Wenn alles gut geht, wird die Saatfläche Sortenwahl wieder wettmadjen. für Gerste und Hafer so groß sein wie im Borjahr.

hoffen, daß die Saatfläche in Rafafstan, Sibirien , tm Ural und Man fann im Interesse der leidenden russischen Massen nur im Wolgagebiet wenigstens annähernd um soviel zugenommen hat

Preissenfung für Futtermittel.

Wieder echt Schiele- die Maßnahmen find unzureichend. Am Sonnabend hat das Reichsernährungsmini. sterium Mitteilungen über die Senkung der Futtermittelpreise gemacht. Dieser Aktion liegt der Gedanke zugrunde, der Land­mirtschaft billigere Futtermittel zuzuführen, um so die Verfütte­rung von Roggen einzuschränken. Es soll also in der Land wirtschaft durch billigere Futtermittel Roggen für die mensch­liche Ernährung freigemacht werden. Wir bezweifeln, baß der Reichsernährungsminister dieses Ziel durch die am Sonne abend befanntgeçebenen Maßnahmen erreichen wird.

Bunächst wird auf Grund eines Beschlusses des Berwaltungs rats beim Maismonopol der Mais preis von 245 bis 270 m. je Zonne auf 170 bis 175 M. heruntergefeßt. Der Kartoffel. flodenpreis mird um 20 m. auf 170 m. erniäßigt. Beim Borzugszollfaz für Gerste tritt eine Ermäßigung um 10 M. auf 50 m. die Tonne ein. Eine Abgabe von verbilligtem ( cofiniertem) Weizen ist nicht vorgesehen. Dadurch dürften bc­sonders die Geflügelhalber enttäuscht werden, die gerade im Som­mer auf die Verfütterung von Weizen angewiesen sind. Die Ent täuschten werden damit vertröstet, daß die diesmalige Ernte in Deutschland sehr früh fomme, wofür allerdings Anhaltspunkte nicht vorliegen. Die Dinge werden wohl so liegen, daß die Regierung den Weizen für die bevorstehenden handelspolitischen Berhand fungen mit Ungarn und Rumänien zu einem Tausch objett machen will.

Abgesehen von den Enttäuschungen für die Geflügelhalter müssen wir feststellen, daß die vorgesehenen Maßnahmen nicht genügen, um die Futtermittel so allgemein zu verbilligen, daß Roggen nennenswert in der Biehverfütterung frei wird. Das be­sagt schon folgende Ueberlegung: Man hat wohl den Gerstenzoll geſentt. Aber dieser verbilligte Gerstenzoll tommt nur dem Land­wirt zugute, ber zugleich Kartoffelfloden verfüttert. So viel Kartoffelfloden können aber nicht abgegeben werden wei! fie einfach nicht vorhanden sind, um eine fühlbare Berbilligung der Gerste herbeizuführen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen für eine Futtermittelverbilligung und für eine Entlastung des Roggen marktes bleiben also schon in den Anfängen steden. 1

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Wiener Banffrach wirft weiter. Amftel Bank beantragt Zahlungsaufschub.

Jetzt hat auch die Amstelbant, Amsterdam , deren Kapi­tal zu 50 Proz. in Händen der Desterreichischen Kredit. anstalt für Handel und Gewerbe sich befindet, um einen 3ah­lungsauffchub nachsuchen müssen. Da die Sanierung der Kredit­anstalt immer noch nicht durchgeführt ist, sind die Abhebungen sie sich aus Rücksicht auf die Einlagen zu diesem Schritt ge zwungen Jah. Die Verhandlungen mit den großen Gläubigern find aufgenommen. Bei ruhiger Abwicklung seien Verluste für die Gläu­biger nicht zu befürchten.

Es wird wohl bei der Brotfarte bleiben. Der Export des export sein. nächsten Jahres wird aller Wahrscheinlichkeit nach wieder ein Hunger­M.

Bei der Bank für auswärtigen Handel, Berlin , von deren Kapital die österreichische Kreditanstalt etwa ein Drittel befißt, hat die andauernde Vertrauenstrife zu einer fühlbaren Ein­schränkung ihres Geschäfts geführt. Da das Ausland einen Teil der gewährten Rembourskredite gefündigt und die geringen Guthaben abgezogen hat, mußte die Bank für auswärtigen Handel ihren Kunden die auf Effektenlombard gewährten Kredite fündigen. Die Bant hofft, ihr Geschäft bald wieder ausdehnen zu können.

Sie fönnten es einfacher haben. Der Allgemeine Deutsche Automobil- Club protestiert wegen der Mineralölzölle.

Der Allgemeine Deutsche Automobil- Club, in dem in erster Linie die reichen und meist redytsgerichteten Autobefizer und Auto­fahrer vereinigt find, hat im Zusammenhang mit der Erhöhung der Protest telegramm gerichtet. Darin beklagt er sich darüber, Mineralölzölle an den Reichswirtschaftsminister ein daß die deutschen Betriebsstoffgesellschaften, gemeint sind die in­ölzölle dazu benutzt haben, ihre Preise in einem der Zollerhöhung ländischen Benzol- und Benzinerzeuger, die Erhöhung der Mineral­entsprechenden Umfang ebenfalls zu erhöhen, obwohl der Zoll sie

nicht trifft.

Unsere Leser kennen die Liebesgabe an die deutsche schon längst gefordert haben. Wir freuen uns, daß auch der Schwerindustrie, die hier gemeint ist und deren Beseitigung wir ADAC. fchärffte Maßnahmen gegen eine derartige ungerecht fertigte Bereicherung auf Kosten der Verbraucherschaft" vom Reichs. wirtschaftsminister fordert.

Aber der vornehme ADAC . hat wohl nicht daran gedacht, daß er sich die Sache etwas leichter machen fönnte. Ganz gewiß sind die Herren Thyssen, Krupp, Saniel, Bögler, Silver­für ihre Konzerne die Nußnießer der Liebesgabe find, prominente berg usw., auch die Herren Duisberg und Bosch, die ja Mitglieder des ADAC . Der ADAC . hätte seine Beschwerde also unmittelbar an diese Herren richten können. Ja, menn er der Meinung ist, daß es sich um eine ungerechtfertigte Bereicherung auf Kosten der ADAC. - Verbraucherschaft handelt, was boch gewiß nach dem Clubkomment als unmoralische Handlung an­zusehen ist, dann könnte der vornehme ADAC . ja erwägen, ob er bie genannten Herren, soweit fie Mitglieder sind, nicht aus seinen Reihen ausschließen muß. Vielleicht brauchte dann in diesem Deutschland , wo ,, man doch etwas auf sich hält", der Reichswirt­schaftsminister gar nicht bemüht zu werden.

Arbeitszeitverfürzung ist möglich!

Bosch beschäftigt dadurch 1263 Leute mehr.

Das Geschäftsjahr 1930 brachte der Robert Bosch A.-G.,

noch 34 000 hektar. Die Saatfläche war um mehr als 17 Pro3. bei der Amstelbank in letzter Zeit so start geworden, daß Stuttgart , einen Umfagrüdgang um etwa 20 Prvz., und

zu hoch angegeben worden.

Im 6. Bericht lieft man, daß in dem Kraj Fernost 6000 Heftar mit Kartoffeln bestellt worden sind, um im 7. Bericht zu finden, daß Kartoffeln überhaupt nicht angebaut worden sind;

Ein Fall, wie er jeden Tag vorkommt!

zwar ging der Inlandsabfaz um 25 Broz, der Auslandsabsatz nur um 15 Broz. zurüd. Der Reingewinn ist, obwohl die Abschrei­bungen von 5,1 auf 2,7 millionen Mart herabgesetzt wurden, von

Herr H. hatte fein Reisegepäck gegen eine Jahresprämie von 37.50RM. bei uns verlichert. Am 17.Sept.trat er eine Reife an und belegte mit feinem Koffer einen Platz im Zuge. Cr verließ dann das Abteil für wenige Minuten. Nach Rückkehr war der Koffer verschwunden. Am 26.Sept. entschädigten wir Herrn H. für den Werluft feines Roffers mit 750RM. könnte etwas Akuliches nicht auch Ihnen geschehen? Schützen Sie sich durch eine Reisegepäck- Versicherung bei uns!

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