Nr. 295* 49. Jahrgang
4. Beilage des Vorwärts
Gonniag, 24. Juni 4994
Stichard Akuelkenbe�k
Port au Prince. Die Haitianer sind Kongoneger, die vor dreiundeinemhalben Jahrhundert von den spanischen Eroberern in» Land geholt wurden, damit sie an Stelle der aussterbenden Indianer in den Silber- minen arbeiteten. Sie waren viele Generationen lang Sklaven unter der Peitsche verschiedener Nationen und Abenteurer, bis sie sich eines Tages im Jahre 1804 befreiten und alles totschlugen, was sie an weißer Haut erreichen konnten. In Haiti ist für die Kinder der weiße Mann der„schwarze Mann". Ueber hundert Jahre lebten sie In einer freien Republik und hatten viel« Präsidenten, von denen wiederum wenige eines natür- lichen Todes starben. Während die Bauern weder lesen noch schreiben tonnten und sich um nichts kümmerten al» um die Ba> nanen und Mangos, die ihre tägliche Nahrung bildeten, lebte Port au Prince , die Hauptstadt, in ständiger Revolution. Heute sind es zwei Dinge, um die sich da» Leben»ine» intelli- genten Haitianers dreht: das Spiel und die Politik. Da in diesem Lande nur die Frauen arbeiten, haben die Männer hinreichend Zeit, ihren Liebhabereien nachzugehen. Die Politik spielt sich heute. da das Land von den Amerikanern besetzt ist, in Intrigen ob, die in den Wandelgängen des Nationalpalastes gemacht werden oder in Beschimpfungen, die die zahlreichen Zeitungen gegeneinander loslassen. Eins der beliebtesten Spiele ist der Hahnenkamps. Der Hahnen- kämpf ist in Haiti mehr ein Wettspiel als ein Tierspiel: das geht schon daraus hervor, daß es bei den Kämpfen nicht so sehr auf Blut als auf Geschrei ankommt. Es gibt in Port au Prince eine Menge kleiner Hahnenkampf- arenen; man muß allerdings manchmal ein wenig suchen, bis man sie hinter Bananensträuchern und Palmendickicht gefunden hat. Eine rote Fahne zeigt den Eingang an, und dann wird man schon von dem Gebrüll geleitet. Es hört sich an. als schrien drei Kompagnien Soldaten aus voller Kehle. Man lernt auf Reisen viele merkwürdige Existenzen kennen. Da wohnt in meinem Hotel ein Herr Scott aus Ehikago, ein ameri- kanischer Neger mit ein wenig weißem Blut, ein Mann, der einen gesetzten und wohlhabenden Eindruck macht. Wir haben uns bei Tisch sehr oft unterhalten, aber es hat eine Zeitlang gedauert, bis ich herausbekommen habe, welchem Gewerbe er nachgeht. Da er mir von einem prächtigen Cadillac erzählte, den seine grau über die Michigan Avenue führe, und von einem Atelier, das im Jahre viele tausend Dollar koste, hielt ich ihn für«inen Modephotographen. Es gibt solche Modephotographen in amerikanischen Städten: vor einem Jahre waren sie noch fast unbekannt, nun aber laufen Plötz- lich alle Frauen zu ihnen, niemand weiß warum, und sie beginnen Geld gu machen, werden schwer reich und sehen dem Tag, der ihren Ruhm beendet, mit Ruh« entgegen. Herr Scott ist aber kein Photograph, sondern ein Maler, ein richtiger Kunstmaler, der jeden Morgen mit seinem Skizzenbuch in» Land zieht und nachmittags vor einer Staffelei sitzt und da» or- beitet, was ihm die Frühstunden an Material lieferten. Al» ich ihn mit einem Buch, da» einen Lcnendeckel hatte, die Treppe bin- untergehen sah, hielt ich ihn an. Mr. Scott erzählte mir von d»n Schrecknissen und der Komik der Hahnenkompfe und er versprach mir. mich am folgenden Tag zu einer Arena zu fuhren Mr. Scott ist ein Meter achtzig groß, dick und rund und hat «m fröhlich«» Erfolgsgesicht. Er hat zehn Jahre lang die Damen der Chikagoer Gesellschaft porträtiert: und ein Porträt hat ihm viel» tausend Dollar gebracht.„Ich mache so ein Ding in zwei Tagen" hat mir Scott gesagt. Er ist also einer der Neger, die es zu Geld und Erfolg gebrocht hoben, und er besucht seine armen Brüder in Haiti aus einem Gefühl des Stolzes und des Mitleids. Mit Scott wollte ich zu dem Hahnenkampf gehen: aber das Arm nicht zustande: denn al» wir in der Nähe des National- palaste« waren, wurden wir von einem schwarzen Soldaten auf- gehalten, der sich feierlich salutierend vor uns aufpflanzte.„Es handelt sich um dos Bild" sagte Scott,„ich habe mich darum de- «vorben, die Wände des Nationalpalaste« ausmalen zu dürfen, ich kam, jetzt nicht mit Ihnen gehen, es ist sehr wichtig für mich."„Ich will Sie nicht hindern", sagte ich. Der Hahnenkampfplatz liegt in der Nähe des Fischverkoufs- Hauses, dort, wo die Weiber täglich«in ohrenbetäubendes Gefeüschc veranstalten. Der Fifchoerkauf ist ein bunte» Bild, ich ließ mich dadurch«ine ganze Weil« aushalten. Ein Trupp von Frauen au » der Stadt war gekommen und hatte versucht, die Preise zu drücken. Es wäre fast zu einer Schlägerei gekommen. Endlich fand ich den Eingang zur Hahnenkampfarcna: es war gerade Pause und die Neger standen vor einem wackeligen Tisch, auf dem in Geisblätter gewickelt, einige Mangofrüchte und Bananen lagen. Bei uns hätte man das«in Büfett genannt- Es gab auch Erfrischungen, Gläser mit sehr farbig aussehender Limonade und eine halb ausgetrunkene Flasche Kola Champagne. Ein Teil der Zuschauer hatte«» sich am Boden bequem ge- macht und begann auf dem glattgefegten und hartgestampften Boden zu würfeln. Dos Spielen ging nicht ohne Meinungsverschieden- heiten ab, hin und wieder standen zwei Männer auf und begannen sich in ihrem vokalreichen kreolischen Dialekt zu beschimpfen. Als sie mich, den Weihen, kommen sahen, hielten sie an, einer spuckte aus, der andere ließ sich wieder in die Hocke hinab. In der gegen die Sonne geschützten, sehr roh zusammenge- hauenen Arena saßen die Zuschauer schweigend und warteten auf den nächsten Gang. Ein Mulatte fragte mich, ob ich mir Hahnen- kämpfe ansehen wolle, und als ich bejahte, sagte er, ich müsse sür einen Gourde, das sind fünf amerikanische Cent, einen Sitz mieten. Ich nahm den Sitz, erfuhr aber hinterher, daß man dafür nur einen halben Gourde zu zahlen habe. Ueber solch« Erlebnisse darf man sich hier nicht aufregen. Di« Neger betrachten es al»«in selbstoer- ständliches Recht, jeden Weißen mit einer gewissen Liebenswürdig- keit ein wenig über die Ohren hauen zu dürfen. Die Hahnenkampf« sind, wie ich schon gesagt habe, in Haiti nicht sehr blutig: die Tiere haben keine Sporen, sondern nur eine zugespitzte Hinterzehe. Da diese Himerzehe ein daumenlanger fester Stist ist, könnte sie, wenn sie scharf gemacht ist,«ine schlimme Waffe sein. Aber die Hähne gebrauchen sie nur höchst selten. Sie haben eigentlich nur eine Taktik, sie zupfen sich gegenseitig so lang« an den fleischigen Stellen ihres Kammes, bis einer erschöpft umsinkt. Natürlich kann es dabei auch Blut geben, aber es ist keine Be- dingung. Einmal sah ich, wie ein Hahn dem anderen die Augen auspickte: er jchien darauf gedrillt zu sein:«r ging immer gleich auf die Augen. Es gibt auch eine Art Clinch bei diesen Kämpfen, die Hähne verbeißen sich ineinander und flattern mit den Flügeln, »is einer der Besitz« kommt und sie trennt.
Bor dem Kampf werden die Hähne dem Publikum gezeigt; die Besitzer halten sie auf dem Arm und weisen sie herum; die Neger, die wetten wollen, sehen sich ihre Tier« genau an, sie sind Sach- kenner; denn sie besuchen die Kämpfe jeden Tag, den Gott in Haiti kommen läßt. Es wird eifrig gewettet, die Wetten gehen nach deutschem Gelde bis zu 50 Mt. Wo diese Leute, die sehr arm sind, das Wettgeld herkriegen, weiß ich nicht. Aber wer einmal der Hahnenwetterei verfallen ist, macht das Unmöglich« möglich. Auch Verbrechen werden begangen, um Geld zu beschaffen. Schon, wenn die Hähne herumgezelgt werden, geht das Geschrei los; es ist genau dasselbe wie auf einer europäischen Börse. Es gibt Hähne, die guten Papieren gleichen, man treibt sie hoch, Zahlen werden gebrüllt, daß den Brüllenden die Halsadern schwellen, bis dann ein Gerücht auftaucht, die Baissiers haben gut unterminiert, die Preise sinken und es kann vorkommen, daß der Besitzer sein Tier wegnehmen muß, weil es nichts mehr wert ist. In die Aus- Zahlung der alten Wette mischt sich da» Kassengeräusch der neuen. Betrugsversuche werden mit Schimpslawinen und geballten Fäusten abgewehrt; zu Tätlichkeiten kommt e» selten, da die Neger im Grunde friedlicher Natur sind und soviel Vernunft haben, sich nicht wegen eines Hahnes den Schädel einzuschlagen. Als ich gerade sah, schlug mir jemand freundschaftlich auf die Schulter, es war Scott.„Denken St« sich", sagte er,„dieser Schuft
von Soldat hat das mißverstanden, er sollte irgend jemanden holen, nur nickst mich." „Die Bildersache im Nattonalpalais wird also nicht werden?" „Bielleicht wird sie", sagte Scott.„Der Staat hat verdammt wenig Geld. Sie sehen ja selbst, die Leute tragen ee lieber zu den Hahnenkämpfen." „Ja, das sehe ich", sagte ich.„Sie kratzen ihre Taschen aus und würden, glaube ich, ihre Frauen verkaufen, um auf Hähne wetten zu können." „Da müßten sie lange verkaufen", sagte Scott.„Die Männer haben hier soviel Frauen wie sie wollen, und soviel Kinder wie sie wollen. Nach dem Code Napoleon , der da» haitianische Gesetz ist, ist es verboten, die Väter für die Kinder haftbar zu machen." ,>I,a rsctterche de la patemitö est intevdite." „Richtig", sagte Scott, und er setzte fünf Gourde auf einen sehr gut aussehenden Hahn. Bei jedem Kampf gibt es zwei Runden. Nach der ersten Runde war der Hahn Scotts schon so gut wie ge- schlagen: sein Besitzer machte ein melancholisches Gesicht, aber er tat alles, um sein Tier wieder hochzubringen. Er redete ihm zu wie einem Menschen, blies ihm Wasser in die Augen und unter den Schnabel und streichette ihm sorgfältig die zerzausten Federn. Der Kampf begann, und Scotts Hahn fiel um. Alle Versuche, ihn aus die Beine zu bringen, scheiterten: das Tier legte sich auf die Seite, als wollte es sterben. Scott schob wütend ab. Wir gingen zu Witt- meiere Bar und tranken einige Whisky sauer; denn das Thermo- meter zeigte vierzig Grad im Schatten.„So'n dreckiger Tage heute", sagte Scott. Und dann tranken wir noch einige Whisky sauer.
yorick: Qvauen der WirklichkeH 3)rei Vaifachen
Es gibt die alte Ballade vom Reiter auf dem Bodensee . Wir haben sie in der Schule gylesen ooer gelernt. Vielleicht hat einer oder der andere einen Lehrer gehabt, der aus der Geschichte vom Reiter, der über dünnes Eis galoppiert im Glauben, er habe festes Land unter sich— der aus der einmaligen Tatsache die gleichnis- hafte Bedeutung herauszuschalen suchte. Der klar machte, daß wir alle solche Reiter auf dem Bodensee sind: daß wir unser Leben hin- hasten lassen über das dürftig«, brüchige Tis des Alltags, und dar- unter brodelt und wartet«in« dunkle, mörderische Flut, di« wir nicht kennen. Wir haben dies«« Lehrer damals kaum verstanden. Jetzt aber lesen wir manchmal eine Meldung von drei, vier Zeilen, deren Nüchternheit oder Abwegigkeit ein Loch stampft in die dünne Deck« und jäh in die Tief« blicken laßt,«in Loch, eine Tiefe, die wir schnell überspringen: und dann beginnen wir zu verstehen. Da ist zum Beispiel die Geschichte vom Selbstmord des Justizsupernumerors Sch-vanitz aus Liegnitz . Dieser Schwanitz saß sechs Wochentag« lang über den?lkten des Amtsgerichts in Jauer— nicht anders as» Tausende von Kollegen in Deutschlands kleinen Städten, gewiffenhott und erletmi.'ln». Am Sonntag ober spielt« er Fußball—'wiederum nicht anders als Hunderttausende in Deutschland . Dies« Sonntage, diese Fußball- spiele sind wohl der eigentliche Inhalt, der eigentlich« Wert seine» Leben? gewesen. Hier war für ihn Kamps, Tot. rascher Entschluß, packende SituatOn, Freude, Romantik. Sejn Klub, der V. f. B. Liegnitz, hatte eine gute Elf. So gut war sie, daß sie an dem Bor- rundenspiel um die deutsche Fußbollmeisterschaft in Berlin teil- nebmen konnte. In Licgnitz, in ganz Schlesien fetzte man große Hoffnungen vor allem auf den guten Spieler Schwanitz. Als di« Liegnitzer abfuhren, geleiteten viel« si« zur Bahn, winkten Abschied, wünschten Glück. Dann kam Berlin und da« Spiel— der V. f. B. Liegnitz wurde l:(5 geschlagen. Die Elf versagt«: besonders Schwanitz versazt«. Dielleicht war es eine Jndi»Position, wahrscheinlich aber war c» das Uebermoß der Erregung, der Furcht, der Dorsreuo«. Er, der Ge- seisrt«, lehrte als allenthalben Angegrisfener, mit Aorwürsen Ueber- schükteter zurück. Seine Mitspieler schimpften, schilderten denen da- heim sein Verjagen, schlugen vor,«inen anderen an seiner Statt-n der Elf spielen zu lassen. Die heimischen Zeitungen, die Berliner Sportpress« berichtet« von seinem Mißerfolg. So blieb dem Spieler und Supernumerar nur der Numerar, blieben ihm vom Ball und Akten nur die Akten. Da» war ihm nicht genug: da» war ihm in dieser Situation vielleicht weniger ak je. Schwanitz schleppt« das. was ihm wohl als so etwas wie Schimpf unv Schande, als so etwas wie bitterste und unwiderrus- lichste Enttäuschung erschien, ein paar Tage mit sich herum, ein paar Wochen sogar. Dann trug«rs nicht mehr. Ein«s Abends Nomm er bei Breslau-Schwoitsch«inen 5)ochspannungsmast empor und um- faßte mit der Hand den Draht der Leitung. Er siel herunter, wie er «> gewollt hatte, verbrannt und tot. Es gibt eine immer wieder aufwachende Diskussion über die Rolle, die der Sport im heutigen Leben spielt. Die einen finden, sie sei zu groß, di« andern, es sei gerade recht so. Der Justizsuper- numerar Schwanitz hat diese Diskussion wahrscheinlich nie ver- standen. Das Problem: Sport und Geist mußte ihm oberflächlich scheinen gegenüber seinem Problem: Sport und Leben; Sport oder Leben. Der Fußball spielte in seinem Leben keine Rolle: er war sein Inhalt. Es nutzt wenig, das zu bedauern, das„falsch" zu sind«». Es nutzt nur. darüber nachzudenken, warum die Eisdecke, auf der wir leben, so dünn ist, und warum die» Leben selbst so leer ist: und zu versuchen, diesem Leben von heute einen großen, schönen, mitreißen- den Inhalt zu geben: den Inhalt der Idee.
Dieser Mensch ging zugrunde, weil er nicht erntete, was er mit aller Hingab«, mit aller Lust und Liebe gesät hatte: die Geschichte der Kanadierin Viola Wilson aber, d«r da? Glück beschieden war, ernten zu dürfen, ohne gesät zu haben, und die an diesem Glück zerbrach: diese Geschichte ist nicht weniger traurig und nicht weniger bedeursam. Viola Wilson war Tänzerin. Sie schlug stch schlecht und recht durch» Leben; ihr Alltag war Schwere, war nichts weniger als Tanz. Si« konnte auch von der Zukunft nicht mehr viel erwarten: si« war über das Alter hinaus, in dem amerikanisch« Tänzerinnen Karriere zu machen pflegen. Damit hatte sie sich abgefunden: und ihre Erwartungen und Freuden reichten nur von Engagement zu Engagement. Da geschieht da. Romanhast«. Vlola Wilson hat eine weit- itafigc Verwandt« in Indien ; so weitläuftg, daß sie gar nicht» von
dieser fremden Frau weiß. Di« stirbt und hinterläßt der kleinen kanadischen Tänzerin ein Vermögcn von zehn Millionen Mark. Da ist«s nun: da? Geld, das Glück. Da trifft«s nun einmal. endlich einmal einer, die nicht Tochter eines Reichen ist, nicht auf Erbe warten tonnte; die nicht einmal ein Los getauft hatte und di« Möglichkeit des Hauptgewinns, wenn auch nicht mit ungläubigem Lächeln, in die Chancen ihres Lebens einkalkuliert hatte. Es trifft ein« Unvorbereitete— und e? trifft zu jäh. Der Freudenrausch geh! über in einen seelischen Zusammenbruch: der seelische Zusammen- bruch bringt den Wahnsinn. Die besten Aerzte Kanadas bemühen sich um die Kranke: sie stehen oll« zur Verfügung, sie können bezahlt werden, und der Fall hat Aufsehen erregt. Aber keiner dieser Aerzte gibt Hoffnung auf «in« Heilung. Dos Widersinnige des Vorgangs, der wilde Einbruch d«s Wunderbaren in den Alltag eines Lebens hat diesen Geist au» dem Geleise geworfen. E? bleibt nicht? al»«in Mensch, den«in allzu fteier Blick in die Sonne, nach allzu langem Verweilen in der Dämmerung geblendet Hai. Also mutzte äußerst«, autonomste Beherrschung o«r mcht sehr übersichtlichen Maschinerie, welch« man al» da» G«istlg« und da? Seellsche bezeichnet, sichern können vor der zerstörenden Wirkung der Zusolle von außen? Di« Wüsenfchojt Hot sich auch di«ses Bezirks angenommen. Sie Hot aie Magie verdrängt, die bisher ollein dort herrscht«, und hat den Menschen kühn gemacht dem eignen Innern gegenüber. Dem Innern des andern gegenüber ist man schon lange kühn: nicht mehr Zauberkünstler treiben Hypnose und Suggestion, sondern Aerzte. lind da gibt es schon Selbstjuggestion und Selbsthypnose. Viele haben sich so geheilt. Viele hoben c? weit darin gebracht. Jener Pariser Student, von dem man jetzt las, experimentiert« auf diesem Gebiet«. Er hatte Talent: er vermocht« sich selbst vor seinem eigenen Spiegelbild in hypnotischen Schlaf zu versenken. Im Leben war er sonst«in frischer, wocher Mensch, ohne Bleichsucht. Ueberspannth«it und Kränklichkeit. Er beherrschte sein Unbewußtes mit all seinen Möglichkeiten, er war stärker als sein Unbewußte», er konnte«» sich leisten, damit zu spielen. So schien e». Einmnl, in einer frohen Gesellschost, suggerierte er stch ielbst, der Kalif von Bagdad zu sein: um ein Märchen vorzuspielen. Die Selbstsuggestion gelang, man lachte habstundenlang, dann wurde den Zuschauern unheimlich: man versuchte den Studenten zum Aufhören zu bewegen, ihn zum Erwachen zu bringen.' E» gelang nicht. Ee ist bis heute noch nicht gelungen. D«r Student befindet sich im Irrenhaus. Er wird kaum zu retten sein. Sein Unbewußtes war stärker als er. Denn es ist««wagt, die dünn« Eisdeck« d«s Lebens selbst zu zertrümmern: welch« Wirbel un, darunter erwarten. wissen wir nicht. •Der tängfie Saun der IteU Ein Drahtzaun von über 1800 Kilometer Länge zieht sich durch das westliche Australien . Das ist nicht etwa, wie man vielleicht glauben möchte, eine Grenzmarke, die zwei Reiche voneinander scheidet, auch kein Hindernis, um Herden von Vieh von dem Ueber- schreiten ihrer Weiden abzuhalten, sondern es ist««„Kaninchen- z a u n", zu dem Zweck angelegt, um die Farmer in diesem Teil der Welt und ihre Ernten vor der Ueberflutung durch die Nagetiere zu schützen. Der Zaun besteht au, starkem, feinmaschigem Draht und ist an der Spitze mit Stacheldraht versehen: er ist zwei Meter hoch, um den Kaninchen da. Hinüberspringen unmöglich zu machen Be- kenntlich hat sich dieses Tier in Australien zu einer furchtbaren Landplage entwickelt. In Zeiten der Dürre versuchen Hundertausende von Kaninchen nach Gebieten auszuwandern, wo es Wasser und Pflanzen in Menge gibt: sie ziehen in Riesenarmeen durch da» Land. und wo sie einfallen, vernichten sie die ganze Vegetation. Die Nqger rennen, wenn sie an dem Zaun angelangt sind, wie wahnfinnig hin und her, bis sie erschöpft und verhungert liegen bleiben. Di« Leichen türmen' sich manchmal an dem Zaun über ein« Strecke von 80 Kilo- meter auf. Trotz dieser hohen Todesziffer ist aber an eine Aus- rottung der Pest nicht zu denken, denn für Hunderttausende, die sterben, werden Hunderttausende geboren, und jede» weibliche Kanin- che« gibt jede neun Wochen vier bis sieben Jungen das Leben, wäh- rend ihre Töchter mit Regelmäßigkeit im Aller von neun Wochen dieselbe Fruchtbarkeit entwickeln. Im westlichen Australien sind mehr als 3000 Kilometer solcher Kantnchenzäune mit einem Kostenaufwand von 8 Millionen Mark errichtet. Berittene Wachen reiten beständig an den Zäunen hin, um ste„laninchenfest" zu erhalten und da? Herannahen von solchen Wanderheeren pt beobachten.