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Ein Lump wandert durch die Gegend. Hinter ihm liegt eine große Stadt, mit Menschen und Zltrappen, mit Kraftwagen, schimp- senden Fußgängern, Unfallstatistik und Kinos. Eine Stadt mit stillosen Palästen und idyllischen Elendsquartieren, die jedes Jahr auf Kosten der Stadtverwaltung neu angestrichen werden, um als gut erhaltenes Mittelalter, mit einem Stern im Baedecker, das Eni- zücken der durch gewaltige Reklame angelockten Kurgäste oder der: Jeder einmal in Knetschbach an der Sotter! zu bilden. Es ist viel- leicht eine Stadt der Arbeit, der Hast und des Jagens nach einem undefinierbaren Etwas, Glück, Ruhm, Geld: eine Anhäufung von sachlichen Steinklötzen, mit wohlriechenden Alleen und einer aus- gezeichnet arbeitenden Sicherheitspolizei. Der Lump geht weiter. Er hat die Stadt in einem Tag durch» quert wie ein Schlafwandler. Er ist halb besinnungslos. Es ist ihm, als schritte er irgendwo in die Unendlichkeit. Vielleicht liegt «in Vorort am Weg,«in Dorf oder eine andere Stadt. Es ist gleichgültig.— In seinen Adern rast das Fieber.„Wenn er Geld hätte, wäre er ein Mensch, wenn er gesund wäre, dürfte er leben. Jetzt hat er nichts." Das oermag er noch mit Anstrengung zu denken. Dann spürt er wieder diesen dumpfen Druck im Kopf. Kinder sehen chn an und machen erschrockene Augen. Bürger schlagen einen Haken um ihn.— Die Gegend wird immer ein- samer. Die Menschen verschwinden. Es ist Abend.— Nichts weiter als«in Weg, ein Himmel, ein Lump. Und Hitze. Seit drei Wochen hat es nicht geregnet.— Der Weg hört auf ein Weg zu sein. Es ist«in sausendes Band, das auf und nieder geht, eine weiße Schlange, die ihn mit geiferndem Rachen oerschlingen will. Er schließt die Augen. Es ist ein zickzackflimmerndes Hin und Her von stechenden Schmerzen. Der Lump torkelt weiter und fällt dann in einen Straßengraben. Dann steigt wieder diese fürchterliche Angst in ihm hoch. Er will schreien, rufen, irgend etwas tun, aber er bringt keinen Laut über die Lippen.„Ich will nicht!" hämmert es in seinem Kopf.„Du mußt!" antwortet die schwarze Gestalt. „Nein!! Hörst— Du-- Nein!--- Bitte, geh' weg— Geh!"-- Es pfeift der Atem, wieder dieses trockene Würgen, er will sich aufrichten, aber eine eiserne Hand erdrückt jeden Widerstand. Der Lump murmelt ganz langsam:„D— u— r— st."
Klatsch!— Ein dicker Tropfen.— Klatsch! der zweite Tropfen. Und dann noch einer, noch einer und dann regnet es. Ein Wind. der den Regentropfen Gesellschaft leistet, jagt den weißen Staub, der nur widerwillig die fruchtbare Nässe annehmen will, in dichten Wolken der Stadt zu. Der Lump hat sich aufgerichtet und starrt mit oerwunderten Augen in den schwarzen Himmel. Es läuft ihm feucht über die Wangen. Das sind gewiß nur Regentropfen. Dann nimmt er seinen Hut ab, dreht ihn herum und wartet bis der Regen den Hut gefüllt hat. Dann trinkt er.(Warum hat er nicht in irgend einem Haus um ein Glos Wasser gebeten? Dann brauchte er doch kein Regenwasier zu trinken. Gewiß war er zu stolz dazu, das ist auch anmaßend und darum ist ihm ganz recht geschehen.) Am andern Morgen scheint die Sonne. Der Lump sitzt unter einer Bahnunterführung. Müde, still und trotz allem glücklich wie ein Kind. Cr weiß selbst nicht worum. Ein anderer Lump kommt des Weges und redet ihn an:„Verdammtes Wetter heute Nacht. Heh!— Naß— hm. Was bist denn du für einer?— Du—!" „Ja, was ist denn?"--„Mensch, du bist ja wie'n Idiot.-- Mach doch nicht so plierige Augen. Du glotzt ja wie'n Späten- kieker.— Sag' mal, biste krank?— Haste Hunger?"—„Ja", sagt der Regenwasser-Lump.„Da hast«'ne Stulle mit Butta.--" „Dante!"—„Danke", höhnt der andere,„willst wohl'n feines Aas markieren, he?" Der Regcnwosier-Lump kaut an der Stulle und erwidert nichts. Nachdem er fertig ist, steht er auf und sagt wie geistesabwesend:„Du, ich glaube, du— bist— ein— Mensch.—* Der andere Lump sieht ihn erstaunt an, es zuckt in seinem Gesicht und es verzerrt sich zur Grimasse, dann stößt er hervor:„Nein—, das ist schon lange— her.— Ich habe auch mal Arbeit gehabt.— Mensch, guck mich nicht so an, sonst kriege ich's Heulen!" Dann dreht sich dieser Lump herum und geht stracks auf die Stadt zu. Der Regenwasser-Lump, der nicht betteln kann, schaut ihm noch eine Weile nach. Dann wandert er langsam in der entgegengesetzten Richtung davon. Damit wäre die Geschichte eigentlich zu Ende. Dieser Regen- wasser-Lump ist später gestorben Aber in dieser Zeit wurde ein Dichter geboren und der hat mir diese komische Angelegenheit mit den Regentropfen erzählt.
erzeugt. Zuerst schienen die Hengste mehr verspielt als zornig: ab«: langsam erhitzen sich die Kämpfer. Der Batangas-Heugft, behender und kräftiger als sein Gegner, war zunächst im Vorteil. Aber der einheimische Hengst konzentrierte seine Angriffe gegen die Kehle des Gegners, und durch mehr als zehn Minuten kämpften die Tiere wütend mit Bissen und Hufschlägen gegeneinander. Schließlich sank der Hengst aus Batangas in die Knie, und das Pferd des San Juaner Datus schnappte zu. Ucber den ganzen Kampfplatz wälzten sich die beiden Rosse; aber der einheimische Hengst ließ die Kehle des Gegners nicht locker. Es war ein grauenhafter Anblick. Der Besitzer des Batangas-Hengstes machte ihm ein Ende, indem er sich als besiegt erklärte. Weitere Verletzungen, so fürchtete er, würden die Karriere seines Vollbluthengstes, von dem er viel bei den Rennen in Manila erwartete, für immer ein Ende setzen. In Davao , wo die Hengste eine besondere Ausbildung für den Kampf erfahren, wäre ein solcher Abschluß unmöglich gewesen. Der Zweikampf der Hengste wird dort nur durch die Flucht oder die völlige Kampfunsähigkeit eines der beiden Tiere beendet. Die Tat- fache, daß jeder Hengst über viele tausend Pesos, die auf ihn gesetzt wurden, entscheidet, macht es dem Eigentümer unmöglich, früher die Niederlage seines Tieres zuzugeben. Nicht nur sein eigenes Geld, sondern auch das seiner Freunde steht aus dem Spiele. Was be- deutet demgegenüber dos Leben eines Pferdes? In Davao werden die Pferde fast von Geburt an für Kampf und Angriff abgerichtet. Als Mischlinge arabischen und malaiischen Blutes vereinigen sie in sich die Schnelligkeit des arabischen Vollbluts und die Widerstands- kraft der malaiischen 5)engste. Und das beständige Training im Lauf« der Jahrhunderte hat aus dieser Mischrasse die unbestrittenen Herren der Arena gemacht. Nicht nur die Abgelegenheit der Gegenden, wo dieser grausame Sport betrieben wird, und die Tatsache, daß nur wenige Auserwählte zugelassen werden, sind die Ursache, warum die Regierung bisher gegen diesen unmenschlichsten aller Tierkämpse nicht eingeschritten ist. Die Regierungsbehörden der Philippinen scheuten sich bisher, ernstliche Schritte gegen einen seit Jahrhunderten unter ihren moham- mcdanischen Mitbürgern eingewurzelten Brauch zu unternehmen. Es bleibt abzuwarten, ob es dem Einfluß der amerikanischen Tierschutzvereine schließlich doch gelingen wird, ein Verbot des „Sports der Datus", der, seit Jahrhunderten geübt, den Stierkampf wenn möglich an Grausamkeit noch übertrifft, bei der Regierung der Philippinen durchzusetzen. cAuterisieri« Ueb-rs-dung v«n Zu> Berten.)
Wunuel Olbes (ITlanila):
Zweikampf der
Wie vor hundert oder vielleicht schon fünfhundert Jahren ist Davao , die weitabgelegenste Provinz der zweitgrößten Philippinen - insel Mindanao , auch heute noch der Schauplatz der sonderbarsten oller Tierkämpfe, die es auf der ganzen Welt gibt.„Sport der Datus" nennt man dort die barbarischen Zweikämpfe, in denen edle, sorgfältig aufgezüchtete Hengste so lange gegeneinander kämpfen, bis«in Tier seinen Wunden erliegt, während die„Datus", die mohammedanischen Fürsten Mindanaos und einige wenige amerika- nische und japanische Plantagenbesitzer hohe Wetten über den Aus- gang dieses unmenschlichen Kampfspieles abschließen. Gest Jahrhunderten ist dieser grausame, seltsame„Sport" auf den Philippinen in Uebung. Niemand weiß genau anzugeben, wo- her er stammt und woher er eingeführt wurde. Wahrscheinlich be- kämpften sich Zuchchengste zur Zerstreuung ihrer Eigentümer schon zur Zeit des Eindringens der Muselmänner auf die Sulu -Inseln. also Jahrhunderte, bevor die Philippinen im Jahre 1521 von Ma- galhaes für Europa entdeckt wurden. Davao , die weltabgelegen« Südprooinz Mindanaos, der am wenigsten bekannten Insel der Philippinen , hat den alten Brauch bis heute bewahrt, obwohl die SPT2.. die amerikanische„Vereinigung zur Bekämpfung der Grausamkeit gegenüber Tieren", auf den Philippinen durchaus nicht untatig ist und seit Jahren gegen Hahnen- und Hundekämpfe einschreitet. Ja sogar der Stierkampf. der Nationalsport der Spanier, ist auf diesen Inseln, die durch drei Jahrhunderte unter spanischer Herrschaft standen und wo der Sport der Toreadores. Matodores und Picadorcs in hohem Maße blühte, streng verboten. Heute ist der Zweikampf der Hengste ausschließlich ein Sport der reichen mohammedanischen Fürsten der Philippinen : weder wird er in Provinzen mit christlicher Bevölkerung geübt, noch haben die mohammedanischen Massen an ihm teil. Es bedarf eines sehr be- trachtlichen Vermögens, um einen der großen Zuchtställe mit aro- bischen und malaiischen Rossen, die Voraussetzung dieses„Sports" find, sein eigen nennen zu können. Die mohammeoanische Aristo- kratie trägt durchaus kein Verlangen, ihre Veranstaltungen der breiten Masse chrer Volksgenossen zugänglich zu machen, und so sind einige wenige amerikanische und japanisch- Plantagenbesitzer die einzigen kdntsider, die zu den Pferdetämpftn zugelassen werden. Di« Kampftegeln haben sich im Verlauf von Jahrhunderten fast überhaupt nicht geändert. Zwei„Datus". die oft mehr als dreißig edle Dollbluthengste besitzen, vereinbaren Zeitpunkt und Schauplatz des Kampfe» und wählen drei Kampfrichter. Am Tage de» Kampfes, der gewöhnlich auf einem kleinen Felsplateau am Meeresstrand stattfindet, treffen sich die Datus, ihre Freunde und die Kampfhengste eine Stunde vor dem höchsten Stand der Sonne an der bezeichneten Stelle. Wetten werden abgeschlossen und auf- gezeichnet, und während des kurzen Zeitraumes von zehn bis fünf- zehn Minuten, die so ein Kampf dauert, ist schon manches Der- mögen gewonnen und verloren worden. Denn der Datu ist«in geborener Spieler, und es ist kein seltener Fall, daß er den fünften Teil feines ganzen Hab und Guts auf einen Hengst setzt. Auks höchste gespannt sieht alles dem Beginn des Kampfes«nt- gegen. Es gibt zwei Methoden, um die Hengste kampflustig zu machen. Die erste, die mehr Zeit verlangt, ist zugleich die weitaus interessanter«. Sie fetzt die Mitwirkung einer Stute aus dem Stall eines Datu voraus, dessen Pferde an dem Kampfe nicht teilnehmen. So wird das„ewige Dreieck" auf den Kampfplatz gebracht, uns es dauert nicht allzu lange, bis die beiden Hengste in einem leiden- schaftlichen Streit um den Besitz der Stute verfallen sind. Sind dt« Hengste einmal vom Kampfgeist erfüllt, so wird die Stute weg- geführt, und die erbittert kämpfenden Tier« achten nicht einmal darauf, daß nun des Siegers gar kein Siegespreis mehr harrt. Der Zweikampf geht weiter: mit Huffchlägcn und Bissen gehen die beiden Gegner aufeinander los, keiner will einen Fuß breft zurückweichen. Die zweite Methode ist noch brutaler. Ein Kampfrichter hält einen Spiegel in der Hand, und während die Hengste den Kamps- platz betreten, läßt er das Sonnenlicht in den Augen eines der beiden Tiere widerstrahlen. Der andere Hengst bemerkt das un- gewöhnliche Funkeln in den Augen seine» Gegners, glaubt sich zum Kamps herausgefordert und greift an. Und nun mengt sich die Reg!« neuerdings«in. Der Spiegel des Kampfrichters reflektiert das Sonnenlicht in die Augen des zweiten Hengstes, und schon nach wenigen Sekunden ist ein leidenschaftlicher Kampf im Gange. Von einem Bambusgerüst aus beobachten die drei Kampfrichter
die Arena und achten genau darauf, daß sich keine„Regelwidrigkeit" ereignet. So gilt es als„koul", wenn ein Hengst die Schenkel des Gegners durch Bisse oder Hufschlöge verletzt. In diesem Fall wird der Kampf sofort abgebrochen und der Sieg dem verletzten Tier zugesprochen. Trotz der Wut der Kämpfer ist es den geübten Wärtern gewöhnlich ein leichte», die Hengst« auseinandcrzuscheuchen. Die Hengste werden daher abgerichtet, ihre Angrisse stets gegen den Kopf, die Brust und die Kehle des Gegners zu richten. Kampfes- pausen sind nicht erlaubt: der Kampf geht so lange weiter, bis ein Tier kampfunfähig geworden oder eine„Regelwidrigkeit" begangen worden ist. In der kleinen Stadt San Juan, in der Nähe von Tasiguran in der Provinz Sorfogon, war ich Zeugs«ines Hengstkompfes. d«r sonst in dieser Gegend nicht üblich ist. Aber die Tatsache, daß ein Hengst aus Batangas hierhergebracht worden war, erregte die Ge- müter, und bald hatte man dem fremden Pferd einen«inheimischen Gegner gestellt.(Die Pferde aus Batangas im mittleren Luzon sind die klügsten und kräftigsten auf den Philippinen und haben bei den Pferderennen in Manila die meisten Siege errungen.) Mit Hilfe einer jungen Stute wurde die nötige Kampfstimmung
Tauchende Kreuzer. In einer amerikanischen Fachzeitschrift wenden die ersten ausführlichen Angaben über sechs Unterfeeboote der amerikanischen Flott« veröffentlicht., Es handelt sich bei den Neubauten um so unglaubliche Fortschritt« in der Konstruktion, daß für diese Flotteneinheiten die Bezeichnung„Tauchend« Kreuzer" angebracht sein dürfte. Ein jolches Schiff kann drei Monate auf hoher See bleiben und eine Strecke von 2ö000 Seemeilen zurücklegen, ohne einen Hafen zur Brennstoffergänzung anlaufen zu müssen. Es hat sämtliche Lorteile eines Kreuzers und kann zugleich tieier tauchen als die bisherigen U-Boote. So erreicht«, noch der „Umschau", das zu dieser Klasse gehörige Schiff„Nautilus"(das nicht mit dem Unterseeboot„Nautilus" von Willins zu verwechseln ist), bei einer kürzlich vorgenommenen Versuchsfahrt die erstaunliche, bisher von anderen Booten nicht annähernd erreicht« Tiefe von 112 Meter. Die Taucherkreuzer können unter normalen Be- dingungen drei Tage unter Wasser bleiben. Mit Hilfe von be- sonderen Apparaten kann die!» Zeit ober ouf einen vollen Monat ousaedehnt wenden. Für den Fall steht ein ungeheurer Vorrat von komprimierter Lieft zur Verfügung, der in Stahlflofchen aus- bewahrt wird. Die ersten Briefmarken wurden in England im Jahre 1540 ge- druckt. In Deutschland erschienen die ersten Postwertzeichen 1940 in Bayern . " Eine Bferbestilrkc ist dt« Kraft, durch' die in einer Sekunde 75 Kilogramm einen Meter hoch gehoben werden. Der Name„Tropen" kommt von dem griechischen„tropoi" gl« ick Wendekreise, weil man damit da? Gebiet bezeichnet, das zwischen den beiden Wendekressen liegt.
wmy imbus: 3®ti Qölf von Oiorinih föefuch in einer urallen menfchliehen Siedlung
Am späten Abend hatte d«r Dampfer den Hafen von Piräus verlassen. Aber schon nach wenigen Stunden Nochtruhe werden wir geweckt. Der Kanal von Korinth ist erreicht. Es ist Uhr. Noch steht der Mond als schmaler Strich am Himmel, aber im Osten schiebt sich bereits langsam die blutrote Scheibe der Sanne über die Berge. Rotes und grünes Licht vor un». Viele Lichter am Horizont. Zarte, im Morgengrauen wie Hauch erscheinende Berg- ketten. Die Dampssiren« heult: sie fordert Einfahrt in den Kanal. Dom Westen her nähert sich ein Feenschloß: ein zauberhast be- leuchtet«? Dampfer. Aus allen Bullaugen strahlt Licht. Die Land- ichast ist ganz in Blau getaucht. Am Himmel wachsen gelbe Streifen. Ein kleiner Schleppdampfer hat sich vor unser Schiff ge- spannt. Wir fahren auf da» grüne und rote Licht zu. Ein schmaler Spalt zwischen den Felsen, eine Kulisse im Morgengrauen. Das ist der Kanal von Korinth, der den Isthmus durchschneidet und den Golf von Aegina mit dem Golf von Korinth verbindet. Er scheint gar keine Länge zu haben. Er wirkt auch noch, als wir näher kommen, wie eine Kulisse ouf dem Theater. Die Felsen erinnern an ein« Pappdekoration. Dann aber sind wir in der Einfahrt. Auf beiden Seiten des Kanals glühen elektrisch« Lampen Ihr Leuchten spiegelt sich in dem ruhigen Wasser. Nun starren recht» und link» Fessenwönde, steil und schroff, zuweilen ausgefüllt mit Mauerwerk, um drohenden Bergsturz und Ver- schütten des Kanals zu verhindern. Die Kulisse ist verschwunden Der Kanal hat«ine tüchtige Länge— er ist keine Kulisse! Aber die Augentäuschung war voll- kommen. Ueber sechs Kilometer müssen wir in langsamer, unendlich vorsichtiger Fahrt zurücklegen,«he wir im Golf auf der anderen Seite sind und die Maschinen wieder anspringen können. Die Felsen sind wohl über 20 Meter hoch. Teilweise sind sie so glatt durchschnitten, als ob der Kanal mit einer Riesenfröse gearbeitet hatte. Mit einem Ruck verlöschen die elektrischen Lampen. Di« Sonne übernimmt ihr Amt. Eine Brücke ist hoch über uns ge- spannt. Ueber sie hinweg geht der Verkehr auf der Landenge. Der Kanal wurde 18kl von einer sranzösischcn Gesellschaft be- gönnen. Er ging in griechisch« Hände über, als die Franzosen in Geldschwterigkeiten geraten waren. Der Kanal ist zu eng, um einen größeren Verkehr aufnehmen zu können. Dazu kommen hohe Ge- bühren für die Durchfahrt. Wie ein großer Gebirgssee liegt der Golf von Korinth vor uns Drüben am Ufer ruht ein kleines Dorf. die Ställe der im Altertum so mächtigen Stadt Korinth . Das neue Korinth wurde nordöstlich wieder aufgebaut. Es hat sich von den Schicksalsschlägtn, die es ereilten, nicht mehr«rholl. Die erst«
Handelzstoot der ästen Griechen ist zu einem Schattenbilde herab- gesunken. Der Golf wettet sich. Sonne breitet Liätf und Wärm« aus. Blau ist da- Wasser: kein Hauch von Wind gleitet über die Fläche. Die Bergketten, die uns rechts und lmls am Ufer begleiten, sind kahl. Nur selten unterbricht ein« Siedlung ihre herben Linien. Am frühen Nachmittag dampfen wir in den Golf von P a t r a s. Bold liegt das Schist mit dem Heck an der Mole. Im Jnnenlzosen liegen viele kleine Segelschijfe, vor ollem Gasscischoner, und«ine Reihe von Dampfern. Uns gegenüber weht am Heck die Fahne der Deutschen Republik. Am Molenkopfe sitzen braune, nackte Kinder Hochauf jauchzend jprmgcn sie in das tiefblaue Wasser. Ein herrliches Farbenspiel. Wie die geschmeidigen Körper sich winden! Sie schwimmen wie Fische, sicher und furchtlos. Patros ist eine uralt« menschliche Siedlung. Schon die Phöniker sollen hier gesessen haben. Dann wurde es eine griechische, später eine venezianische und endlich eine türkische Stadt. Bon hier aus begann der Freiheitskrieg der Griechen gegen das türkische Joch. Das Land wurde von Parteitämpien zerrissen, und seine Staatsform unterlag mannigfachen Wechseln. Auf der anderen Celle des Gottes, aber weuer westlich, liegt das aus den Tagen der Freiheitskämpfe so berühmte Missolunghi, wo der Sänger der griechischen Freiheit, Lord Byron , bald nach seiner Landung am Sumpffieber gestorben ist. Brütende Hitze liegt über der Stadt. Die Menschen haben sich in die Häuser zurückgezogen. Das Leben scheint erloschen zu sein. So steigen wir durch die schlafende Stadt empor zur Zitadelle, von deren Mauern man einen schönen Blick über den Gols hoben muß- Soldaten öffnen uns ein Tor. Hinter den alten Mauern ist wohl- gepflegter Acker. West hinaus reicht der Blick. Unter uns liegt der Häfen. In azurnem Blau dehnt sich der Golf, leuchtend im hellen Sckeine der Mittagssonne. Bergland begrenzt den Horizont. Ein Lastauto rattert aus der Mole. Die Stadt scheint zu er- wachen. Wir schreiten durch die Laubengönge einer zum Hasen sührcndsn Straße. Die Läden sind geössnet. Pferde wiehern. Elcl schreien. Menschen sluchen. Vom Hasen her tönt dos Heulen einer Sirene. Der Dampfer ruft sein« Passagiere zurück. Die Hetzpeitsche sitzt hinter unserer Schisssleitung. Laden, Löschen, weiter, wester. Fabriken kennen wenigstens Pausen am Tage. Ruhe in der Nacht Patras liegt schon wieder am Horizont. Ganz klein sind die Mosten der im Golf liegenden Schisse geworden, und wie im Morgengrauen der Kana� so wird nun die entschwindende Stadt zur Kulisse, unwirklich, seltsam in seinem Farbenspiel, das Ionische Meer .