Nr. 134.
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Vorwärts
13. Jahrg.
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Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
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Wie die Ideologen
zur Strecke gebracht werden.
Donnerstag, den 11. Juni 1896.
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Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3:
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obliegt, das ihnen schußgerecht zugetriebene Wild nun auch Daß aus dem Sachsenwalde jetzt ein solcher Hetruf ers zur Strecke zu bringen. schallt gegen den Professor Wagner, ist ein Merkmal für Doch nicht nur die niedere Jagd auf irgend einen den Wandel der Zeit. Fürst Bismarck ist in seinen AnIn dem Scharfmacherorgane Hamburgs gleich zwei Landpastor, auch die hohe Jagd wird im Sachsen - schauungen nahezu derselbe geblieben wie vor einem gepflegt, wie gerade Denunziationen auf einmal, das ist viel. Wlan tönnte fast walde. den schönen Dutzend Jahren, und Professor Wagner auch. Und doch Der Rektor der konnten damals die beiden Hand in Hand gehen, Hand in Hand der Arnim und Geffcken. die Vermuthung gerathen, daß Herr Fieter- universität Berlin, Profeffor Wagner, ist dem sachsen zur Bekämpfung der Sozialdemokratie und zur gleichzeitigen ling, der im Betriebe seines Hauptberufes neuerdings durch gerichtliche Eingriffe einigermaßen beeinträchtigt wälder Scharfmacher direkt in die Schußlinie gerathen. Er Betreibung einer reaktionären Wirthschaftspolitik, der wurde, fich ganz auf die Verwerthung seiner staatsretterischen hatte gegen eine Anrempelung der" Post" sich mit der auch das Feigenblatt der Sozialreform vorgebunden war. Talente geworfen und in der Redaktion des Bismarckblattes von uns erwähnten Erklärung gewehrt, daß er lieber mit Professor Wagner war der Herold, der das Tabaksmonopol Tonvenirende Beschäftigung gefunden hätte, wenn man nicht einem ehrenwerthen Gegner wie Bebel, als mit dem als bismärckisches Patrimonium der Enterbten im Lande der Gewißheit sein könnte, daß Bismarc Vater und Sohn Frhrn. v. Stumm, dem Halberger Scharfmacher, zusammen umherposaunte. Was hat sich seitdem geändert? gerade auf diesem Gebiete ihrer patriotischen Thätigkeit seinen Namen unter einen Aufruf setzen wolle. Flugs hat Professor Wagner wie andere konservative Ideologen keiner Beihilfe bedürfen, denn Lust und Liebe zum Dinge der Scharfmacher im Sachsenwalde seinen Bundesbruder macht Mühe und Arbeit geringe. Die beiden Denun- auf dem Halberge durch folgende Denunziation gerächt: find zu der Erkenntniß gekommen, daß mit Gewalts Profeffor Adolf Wagner ist Rektor der Berliner maßregeln die Sozialdemokratie sich nicht besiegen ziationen, denen wir in einer einzigen Nummer der aber noch immer daran, durch fie glauben " Hamburger Nachrichten" begegneten, sind denn auch äußerst Friedrich Wilhelms- Universität, ordentlicher Professor der läßt, charakteristisch für die gegenwärtige Zeitströmung innerhalb ein Mann in solcher Stellung öffentlich an die Seite bürgerliche Gesellschaft lebensfähig machen zu können. Die Staatswissenschaften. Wenn fich soziale Reformen ihr das Wasser abgraben und die der staatserhaltenden Parteien. Die eine richtet sich gegen Bebel's stellt, so beweist das aufs neue, daß es auf der Scharfmacherfippe aber hat den Aufpuz ihrer Politik mit einen evangelischen Geistlichen, der sich unterfangen hat, in fchiefen Ebene vom Professorensozialismus zum Bebel'schen Kom- sozialen Reformen längst als nuglosen Ballast fortgeworfen. einem sozialdemokratischen Organe, der Leipziger Volts munismus feinen Halt giebt. Im übrigen erachten wir es als Sie will nur noch den nackten brutalen Kampf und zeitung", folgende Betrachtung über Sozialdemokratie und eine Aufgabe der staatlichen und akademischen stürmt mit gesenktem Kopf und blutunterlaufenem Auge Christlich - Sozialismus zu veröffentlichen: Disziplin. festzustellen, ob es gestattet ist, daß der Rektor Die Zangengeburt des tonfeffionell abgetönten Sozialismus der Berliner Universität derartige Aussprüche öffentlich thut, die blindlings darauf los, wo ein Stück rothen Tuches in ihren hat feinen Raum neben dem älteren Bruder, dem Sozialismus nur dazu geeignet sind, unklare Köpfe noch mehr in Verwirrung Gesichtswinkel fällt. Stellt sich ihr so ein Ideologe in ohne religiöse Anhängsel. Die schwarzen Fischer vermögen den zu bringen und unberechenbaren Schaden zu stiften." den Weg mit Versöhnungsgerede, so wird er nieders rothen Hecht nimmer zu fangen. Doch was hat das für Noth? Ganz bismarckisch raffinirt ist die Wendung: Wenn getrampelt. In der großen sozialistischen Gemeinde wird auch ein Christ sich ein Mann in solcher Stellung an die Seite Bebel's Und wer möchte bezweifeln, daß die Scharfmacher des sich wohl fühlen, und ein Verkündiger des Evangeliums stellt..." Das ist nämlich dem Professor gar nicht ein- Beifalls und der Gefolgschaft jener zahlreichen Geschöpfe Jesu Chrifti Raum zu frischer und gefegneter Wirksam gefallen. Er hat auch in jener Zuschrift gar kein Seht sicher sind, die von Alters her ein numenschliches Gebrüll feit finden. Die Kernforderungen des Sozialismus sind ja eminent christliche, das praktische Wirken der Sozial- daraus gemacht, daß er Bebel als seinen Gegner betrachtet erhoben haben, sobald eine neue Wahrheit sich enthüllte? demokratie widerspricht dem Sinn und Geist des jüdischen und befämpft; alles, was alles, was er in der Erklärung Von Tag zu Tag dichter rangirt sich die erschreckte Volksmannes jedenfalls weniger als dasjenige irgend einer sagte, war, daß er den Sozialdemokraten Bebel Kapitalistentlasse hinter ihren politischen Häuptlingen, anderen Partei, und die Opferwilligkeit und die Hoffnungs - für einen persönlich achtungswertheren Mann hält, als König Stumm und Fürst Bismarck. Und zeigt sich unter freudigkeit ihrer Anhänger zeugt von einem Glauben, der den den Scharfmacher von Saarbrücken . Nun ist es allerdings ihnen noch ein Jdeologe, der davon redet, das gemeinsame. christlichen Kreisen sehr wohl anstünde." sogar möglich, daß jene Sinnentstellung der Hamburger Boltsinteresse" zu wahren, der in dem sozialdemokratischen Der Denunziant, sei es nun Vater oder Sohn, der in Nachrichten" garnicht einmal eine bewußte Fälschung ist, Gegner einen berechtigten Kern anerkennt", oder auch nur den Hamburger Nachrichten" sein staatsretterisches Wesen sondern in der Geistesverfassung der Scharfmacher den Klassenkampf ethisiren" will, der wird ausgestoßen, treibt, erkennt in jenen Worten einen Beweis dafür, ihre natürliche Erklärung findet. Eine solche Geistes- niedergetrampelt, zur Strecke gebracht. „ auf welche Abwege gewisse evangelische Pastoren verfassung gleicht der des Stiers oder Des Von unserer Seite ist von jeher den bürgerlichen Jdeos infolge ihrer Beschäftigung mit sozialpolitischen Ideen ge- Truthahns, wenn diese beiden schätzbaren Hausthiere roth logen ihr Schicksal vorausgesagt worden. Aber nicht wir rathen sind" und folgt seinem Naturtriebe dann mit der sehen. Die erregte Wuth gestattet ihnen nur die Wahrnehmung sind es, die ihnen dieses Schicksal bereiten. Nicht wir sind Denunziation: der Farbe; blindlings gehen sie darauf los; alles andere es, die die bürgerlichen Ideologen zur Strecke bringen, Wir würden hier doch zur recherche de la paternité ift für sie nicht vorhanden. So wirkt auf die Scharf- aber in unserem Interesse geschieht es. Das blinde Toben ( Nachforschung nach der Vaterschaft des Artikels) rathen. Die geistlichen und Staatsbehörden haben ein legitimes Intereffe macher ein Wort der Achtung für einen Rothen. Sind der Scharfmacher zerreißt die ideologischen Schleier, die um baran, zu erfahren, welcher Pastor dieses Bekenntniß zu den die Sozialdemokraten nicht die Feinde aller göttlichen die Vertheidiger der bürgerlichen Gesellschaft gewoben ftaats- und gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie und menschlichen Ordnung? Sollten sie nicht ausgerottet waren. In ihrer nackten Blöße zeigen sie sich allem Volke niedergeschrieben hat." werden von Rechts wegen? Wer ein Wort der Anerkennung als die habgierigen Ausbeuter der Volksarbeit, als die oder nur der Achtung für sie übrig hat, gehört mit ihnen brutalen Unterdrücker der Volksfreiheit. zusammen in den Pfuhl. Also: Büttel her, fort mit dem Und das sollte unserer Sache nicht zum Nutzen ge Hochverräther an Sr. Majestät dem Kapital! reichen?
Wenn einmal die Spürhunde der Scharfmacherei sich mit solchem Eifer auf die Fährte gelegt haben, werden die geistlichen und weltlichen Behörden ja wissen, daß ihnen
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Lene.
( Nachdruck verboten.)
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Aber Wah, Du machst mich unglücklich!"
Willst D' daß unser Huaf in fremde Händ' kommt?" Jessas! Nur das net."
Wohl, wohl, Lene. Was hab' i schon. Und geb'n will ich Dir's auch, wenn Dir damit g'holfen ist... Schau, aber eins mußt' halt bedenken... Ich bin a Musikant, und die Musikanten haben alle a weng a burstige Lebern." Affa weiß i kein anders Mittel, als warten.. und wenn dös Luder schreit, muß man ihm z trinken Schau, Dein' Schwester, die Nanni da, geht ja auch schon geben, ob man will oder net.. Siehst D', und so bin fünf Jahr mit ihrem Franz und muß a no warten. ich halt nie recht zum Sparen kommen... Na, schauen it wenn Dein Borsch a Einsicht hat, so wart't er.. wir' s an!..." Aus' n Rippen schneiden kann ich mir' s Geld net.
Roman von Nicolaus Rrauß. „ Herr Pfarrer, stören S' mir mein G'schäft net! Ich pfusch Ihnen auch net ins Handwerk... Wann soll ich den einsammeln?.. Ich bin a alter Vorbeter und weiß: Wie die Prozession in's Ort tommt, läuft sie aus einander wie eine Heerd Säue... Ja so ist's, und..." Seine weitere Rede ging in einem Gelächtersturm Der Alte führte seinen Gast zu einer Truhe, schlug den Das war das Ende. Lene sitterte, wenn sie baran unter. Der Pfarrer machte gute Miene zum bösen Spiel, Deckel zurück und setzte sich auf die Ecke. Dann fuhr er dachte, was sie threm Hans jagen sollte. Denselben Weg und der Vorbeter sammelte weiter. Das letzte Sechserl mit der Hand unter einen Stoß Wäsche, suchte und kramte schlug sie ein, den sie mit ihrer Tante gegangen war, als war noch nicht in die Büchse gefallen, begann der Kren- eine Weile, bis er seinen Schatz dem Mädchen geigen konnte. Sie nach Mühlesser. Tommen sollte. Damals lag auch die Adl schon wieder eine neue Litanei. Seine Stimme klang " Das ist ein Mariatheresienthaler. Er muß noch Jugend vor ihr, heute stand sie mit beiden Füßen im hell und schmetternd, die Sammlung mußte zu seiner Zu einen Bruder haben, aber ich hab' ihn net gleich finden Elend. Sie griff mit der Hand in die schossenden Halnie friedenheit ausgefallen sein. fönnen. Den Dukaten da hab' ich aus Ungarn mit des Kornes. Wie das alles buchs, schob and aach dem Ueber eine Stunde kniete Lene in der Kapelle, in der bracht... Das muß a Türk sein. Man kann net lesen, Lichte drängte, wie die Lerchen jubelten! Und sie allein man das aus Lindenholz geschnitzte mit Seidenkleidern, was drauf steht, aber es sicht aus, wie wenn d' Hühner war so unglücklich. Der Stein von dem alten Marterl Lag Spitzen und Edelsteinen geschmückte Marienbildniß verwahrt. g'scharrt haben... Und siehst, Lene, mit dem Geld du noch da. Etwas mehr überwachsen var er, Käfer and All ihre Schmerzen, all ihren Kummer sandte sie zur Gottes- wo zwei Stücklu aneinanderpichen, hat man früher in fliegen liefen über ihn hin. Lene ließ sich nieder. So mutter empor, in ihrer Jubrunst glaubte sie, das Bild Benedig g'zahlt. Das ist's Hauptstück. Es gilt mehr als our denn alles aus. In ihren Schläfen hämmerte es wie nicke freundlich ihr zu. Ganz getröstet erhob sie sich. Sie zwei Dutaten und ist rein's Gold... Das andere in in einem Pochwerte. Selbst das frische Grün der Necker sah, wie sich in den Kreuzgängen die Ministranten um die Silbergulden... Ich hab' mir dafür an Nock faufen that ihren Augen weh. Sollte sie warten? Und wenn Würste rauften, die ihnen der Pfarrer für ihr Mitgehen wollen... Aber nimm sie nur. Nach mir alten Waan nun aus der reichen Heirath ihres Bruders nichts getauft, fah, wie die Kirchendiener die ganz gebliebenen schaut ja doch kein Mensch mehr hin... wurde? Würde sie dec Hans noch gern gern haben, wächsernen Opfergaben wieder an die Händler verkauften, Lene konnte es nicht übers Herz bringen, den Noth wenn fie beide warteten und warteten, und fe die zerbrochenen in einem großen Kessel einschmolzen, be groschen ihres Vaterbruders anzunehmen. Und dann war ansinge, alt zu werden? Konnte, durfte sie ihn hindern, trachtete staunend die böhmischen Pilger, die den Käsetopf es auch zu wenig. anderswo sein Glück zu suchen? Sie hatte ihn so gern! auf den Rücken, einen Laib Brot auf die Brust gebunden, Ihr Bruder, der Bauer in Leibitsch, erwartete sie schon Aber sich ihm wie eine Kette an den Fuß hängen.. daherkeuchten. am Hofthore. Er überschüttete sie mit Fragen, wartete Nein! In einem der Häuser, in denen während der Wallfahrts- ihre Antworten nicht ab, und nachdem Lene über zwei Lene erhob sich. Wo die Wiesen beginnen, erwartete zeit Kaffee ausgeschänkt wird, aß Lene zu Mittag, dann Stunden wie auf Eiern dagesessen, sagte er ganz un sie Hans. Stumm reichte er ihr die Hand und nur einen ging fie über Rauenkulm durch den Wald hinab, um den vermuthet: fragenden Blick warf er nach ihren Augen. Eine ganze Girgen- Better heimzusuchen. " Schwesterl, ich kann Dir heut' tan Geld geben und Weile schritten sie wortlos neben einander her. Der alte Musikant war sehr gealtert. Zolllang standen auch feines versprechen... Schau, wie lang dauert's," Hans, ich hab Dir kein Geld mitbracht, der Bruder ihm die Brauen über die Augen hinaus, und sie waren u meine Hochzeit kommit... Ich kann jetzt kan Geld auf hat mir tein's gegeben".. steif wie die Borsten und schlohweiß. Als Lene ihm ihr nehma Wenn dös mein zukünftiger Schwiegervater Dem Burschen schoß das Blut zu Kopfe und feine Anliegen mittheilte, zog er sie in die Höhe, daß jedes Haar erfahren thät, die Eva müßt mir' s Jawort z'ruck- Augen blickten zornig. wie ein Spieß dräute. Und er sprach: geb'n...." ( Fortsetzung folgt.)
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