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nnterlassen, den» Reichstag die Aktenstücke über das bis« herige Rechtsverhältmß des Reichs zur Gesellschaft zur Kenutniß zu bringen, ebenso habe man nicht, ivie sonst üblich, dem Kolonialrath den Vertrag zur Begutachtung vorgelegt, l scheine, daß man wenigstens von einer Seite und wenn von zwei Seiten, denn um so schlimmer, gehofft habe, den Reichstag mit d i« s e m V e r t r a g z'u überrumpeln, das sei allerdings gründlich mißglückt. Er(Redner) habe aller- dingS immer gewußt, daß das Reich vornehmlich im Interesse der Kapitalistenklasse regiert werde und die Redner seiner Partei hätten das oft genug im Reichstag aus gesprochen und bewiesen. Aber er hat nie geglaubt, daß eine Kapitalistenklique wie die Reu-Guinea-Kom- pagnie das Reich in der Gewalt habe. Das sei g e r a d e zw erschreckend. Die Herren v. Hansemann, Roussel, Dr. Hammacher, v. Eckardtstein und so weiter könnten sich in der Thal etwas einbilden. Der Vertrag erwecke den Eindruck, daß die Ren- Guinea- Kompagnie die Regierung sei und die Regie- rung an stelle der Nen-Guinea-Gesellschaft stehe. Sicher sei, wenn das Reich das Kaiser Wilhelms-Land , wie der Vertrag wolle, übernähme, wir ein zweites Ostafrika bekämen. Man gehe bei dieser Kolonialpolitik sehr metho- disch zu Werke. Erst lasse man die Gesellschaften vorgehen. damit die Reichsbevölkerung nicht von vornherein durch die großen Posten für die Kolonien abgeschreckt werde von der Kolonialpolitik; hätten denn die Gesellschaften sich festgesetzt und könnten sie sinanziell nicht weiter, so komme das Reich, dessenEhre" jetzt angeblich engagirt sei, um die Sache auf Reichskosten zu übernehmen. So sei es in Afrika gegangen, ähnlichsolle es jetzt i» Neu-Guinea gehen. Sobald das Reich die Kosten übernommen hatte, stiege» die Zlnsgaben ins nn- gemessene und zwar drängten die Gesellschaften dazu am meisten in ihrem eigenen Interesse. Nicht allein müßte» sofort neue Häfen und Straßen angelegt werden, wie schon Richter angeführt, es werde sich auch zeigen, daß die vom Reich von der Neu-Guinea - Gesellschaft übernommenen Bauten und Einrichtungen so ver- loddert seien, daß, nachdem man sie erst mit schwerem Gelde der Kompagnie abgekauft, sie alsdann neu hergestellt werden müßten. Das koste Millionen. Redner weist alsdann nach, daß die Kolonie keine Wahrscheinlichkeit biete, irgend einen Gewinn aus ihr zu ziehen. Das Klima sei im höchsten Grade ungesund, Erdbeben seien häufig, von einer Niederlassung europäischer Einwanderer könne keine Rede fei». Außerdem verhindere der§ 9 des Vertrags, welcher der Neu-Guinea -Gcsellschaft die ganze «ingeborene Bevölkerung auf Jahrzehnte in die Hand gebe. die Niederlassung anderer Gesellschaften oder von Privaten, weil sie keine Arbeiter hätten. Ohne Arbeiter sei aber nichts zu machen. Wie man letztere erwerbe, sei auch bekannt. Man vertreibe die Eingeborenen mit allen Mitteln von ihrem Grnnd und Boden und zwing« sie dann, um zu leben, sich der Gesellschaft um jeden Preis zu verkaufen. Das sei, wie richtig hervorgehoben wurde, reine Sklaverei. Das Reich habe nicht einmal genügend Schutz für die armen Teufel von Eingeborenen vorgesehen, auch hier habe es sich in die Hände der Neu- Guinea - Komgagnie gegegeben. In. dem Vertrag erhalte nicht das Reich die Oberhoheit, wie behauptet wird, viel- mehr theile sich die Kompagnie mit dem Reich in diese. Aehnliches sei nie dagewesen. Es sei unbegreiflich, wie ein solcher Vertrag ab- geschlossen werden konnte,»n dem die Reichs- , n t e r e s s e n vollkommen preisgegeben wurde». Sei er, Redner, nicht von der Integrität der in Frage kommenden Reichsbeamten überzeugt, der Verlrag gäbe Stöfs zu den schwärzesten Anklagen, er öffne den, bösesten Verdacht Thür und Thor . Er rathe den betreffenden Beamten, im Interesse ihrer eigenen Ehre sich künftig nicht zu ähnlichen Verträgen herbeizulassen. Schließlich erklärt sich Redner gegen jeden Vertrag, wie immer er geartet sei. Kolonialdirektor Kays er sucht sich gegen die erhobenen Anklagen zu vertheidigen, was ihm aber nicht gelingt. Andere Redner(Pasche, von Podbielski) verwahre» die angegriffenen Mitglieder der Neu-Guinea -Kompagnie dagegen, daß sie aus anderen als reinpatriotischen" Gründen gehandelt hcltten. Bebel und Singer bestreiten das durch Zurufe. Müller- Fulda führt alS Beweis für die Gefährlichkeit des Klimas aus Neu-Guinea an, daß von SS0 eingeführte» polynesischen Ar­beitern nach zwei Jahren nur noch SO a m Leben gewesen seien. Kolonial- Direktor Kayser kann daS nicht bestreite», es sei festzuhalten, daß im An- sang der Kolonisation tropsscher Länder gefährliche Krank - hellen stets besonders häufig aufträten. Bebel konstatirt, daß man eine Kolonialpolitik betreibe, von der man wisse, daß ohne nennenswerthen Erfolg für das kolonisirende Land tau sende armer Menschen hingemordet würden im Interesse ihrer Ausbeuter. Das sei also die christ- liche Kolonialpolitik, die man angeblich betreibe. Ob denn das Zentrum eine solche Kolonialpolitik sernerweit unterstützen wolle; der Erfolg der Missionen sei doch nur«in winziger gegenüber diesem Massenmord armer mit Gewalt in fremdem Lande festgehaltener Arbeiter. Müller- Fulda verwahrt sich dagegen, daß Bebel die Verantwortung für die Vorgänge in Neu-Guinea dem Zentrum zuschiebe; das Zentrum lasse sich nicht wie der Stier durch das rothe Tuch mit Hinweis auf dm Missionen in die Kolonialpolitik hineintreiben. Gras Arnim macht darauf aufmerksam, daß die Malaria auch in Rom herrsche und dort viele Arbeiter bei den Bauten hinraffe, das sei nicht zu verhind>ern. Bebel antwortet, er habe dem Zentrum keine Ver- antwortung ausgebürdet für Neu-Guinea , er habe nur gefragt, ob es gegenüber dem dort vorkommenden Massenmord der Ar« bester diese Politik unterstützen wolle. Uebrigens seien in Ost-Asrrka ähnliche Zustände. Ließe sich das tentrum nicht wie der Stier mit dem rothen Tuch durch den inweis auf die Missionen für die Nolonialpoltlik ins Feuer treiben, so habe er das nicht behauptet. Es schein« aber, daß man auf anderer Seite das glaube und deshalb die Missionsthätigkeit be- ständig in den Vordergrund rücke. Dem Grasen Arnim gegen- über antworte er, daß in Italien die Malaria immer weiter um sich greift, weil die Regierung und die herrschenden Klassen in asrikanischerKolonialpolitik hundertevon Millionen und tausende von Menschen opferten und dann keine Mittel hätten, die Sümpfe in der Campagna vor den Thoren Roms, welche die Malaria erzeugten, auszutrocknen. Kolonisation ließe sich auch treiben ohne Gefahr vor Krankheiten, aber dann müsse man große natio- n a l e Opfer bringen und aus Gewinn verzichten. Die bürgerliche Gesellschaft kolonisire, aber nicht um die Kultur fremder Welttheile und Völker zu heben. sondern um Profit herauszuschlagen. Die Gier nach Profit sei die Triebfeder und es sei ihr gleichgiltig, gingen auch zehntausend« der Eingeborenen zu Grunde. Das Reich versage aber den Aermsten seinen Schutz. Koste es doch Mühe, im Inland« den nöthigen Schutz zu erhalten und gingen z. B. ganze Arbeiter- schaften wie in den oberschlesischen Zinkhütten an diesem Mangel an Schutz zu Grunde, wie sähe es da erst in den Kolonien aus. Menschenfleifch sei billig, doppelt billig komme es von einer mißachteten Raffe. Daraus wurde die Forderung der Regierung einstimmig abgelehnt. Bei der Berathung der Gestaltuug der Rechte der unehelichen Kinder nahm die Kommission für das Bürgerliche Gesetzbuch in ihrer Sitzung am Mittwoch den Antrag F r o h m e- Stadthagen an, die Alimentationspflicht deS außer­ehelichen Erzeugers auch über da» vollendete 16. Lebens- jähr hinaus zu statuiren, wenn das Kind(infolge Krankheit, Gebrechen n. s. w.) sich selbst nicht unterhalten kann. Abgelehnt wurden die Anträge derselben Anlragsteller: dem unehelichen Kinde, falls seine Mutter sich verheirathel, den neuen Familiennamen der Mutter auf Antrag der Mutter beizulegen, der außerehelichen Mutter die elterliche Geivalt über ihr Kind zu geben, die Höhe der Alimente»ach dem Stande des Vaters und nicht nach dem der Mutter zu bemessen und die Einrede nicht zuzulassen, daß auch andere der Mutter innerhalb der kritischen Zeit beigewohnt haben. Für de» letzten Antrag stiimnten auch die Freisinnigen, 1 Nationalliberaler(v. Bennigsen) und 2 Ultramontane(Lerno und Bachem). Es fiel ferner der Antrag unserer Genosse», den unehelichen Abkömmlingen dasselbe Erbrecht wie ehelichen Ab- kömmlingtn zu gewähren. Der Entwurf lehnt jedes Erbrecht der »nebelichen Nachkomnicnschast ab. 9lm Donnerstag soll der Rest des Erbrechts und das Enisührungsgesetz zur Berathung gelangen. UoKafes. Folgende Lokale sind der Arbeiterschaft neuerdings zn Versainmlnngcn:c. zur Verfügimg gestellt worden: A r»> i»- Hallen(Jnh. Mielitz), Kommaudantenstr. 29; Wirthshans zum eichenen Stab(Jnh. Schöning), Köpenickerstr. 6S; serner das Lokal des Herrn F. B i ck e l. Hasenhaide V2/VL. In Zeuthen steht der Arbeiterschaft jetzt Iserts Restaurant und Garten, Seestr. 85 zur Versttgnng. Ein großes Volksfest wird gemeinschaftlich von Partei- genossen des 4. Berliner und des Niederbarnimer Wahlkreises am Sonntag, den 21. Juni, im Schloß Weißensee abgehalten. Mit- glieder der Arbeiler-Bildungsschule und des Arbeiter-Sänger- vundes werden ihr bestes thun, um die Veranstaltung zu einer würdigen und genußreichen zu»lachen. Da trotz des überaus reichhaltigen Programms, über welches im Jnseratentheil näheres mitgetheilt ist, das Billet im Vorverkauf nur 29 Pf. kostet, wird auf zahlreichen Besuch aus alle» Kreisen der Arbeiterschaft zu rechnen sein. Schnellen Erfolg hatte unsere vorgestrige Beschwerde über den Zwanzig-Pfennig-Taris in der städtischen Bade-Anstalt an der Cuvrystraße. Es wird jetzt gemeldet: Der Tarif für die Benutzung der städtischen F l u ß- B a d e- A n st a l t e n an der Cuvrystraße und Mühlenstraße 59 ist dahin abgeändert, daß Personen über 14 Jahre nur noch 19 Pf. (bisher 29 Pf.), Personen unter 14 Jahre nur noch 5 Pf.(bisher 19 Pf.) an Eintrittsgeld zu entrichten haben. Dagegen fallen die bisher ausgegebenen Dutzend-, Monats- und Dauerkarten für die ganze Badezeit fort. Zu welchem Zweck die letztere Maßregel angeordnet ist, wissen wir nicht. Der neue Tarif tritt am 15. Juni in kraft. Auf die komischenArbeitervereine", welche von ultra- montaner Seite aufgepäppelt werden, haben wir schon mehrfach Hingewiese». Neuerdings ist, wie die kapitalistisch-katholische Germania " meldet, auch in Friedrichsberg solch ein armes Wesen ins Leben gerufen worden. Wie genügsam die Schwarze» aber in ihren Ansprüchen auf den Umfang solcherArbeiter- vereine" sind, zeigt die Miltheilnng des erwähnten Blaites, daß sich in dem zum recht erheblichen Theil von polnischer Be- völkernng bewohnten Ortnicht weniger" als 76 Mitglieder ein- gezeichnet habe». Wie viele davon wirkliche Arbeiter sind und wie viele dieser armen Arbeiter wiederum beim Einzeichnen statt des Namenszuges drei Kreuz« hingekraxelt haben, wird natürlich nicht gemeldet. Bon der Qualität des Vereins mag aber die Meldung derGermania" ein Bild gebe», daß ein Pfarrer Knbor» beileibe nicht von den Mitglieder», sondern von einem Prälaten Dr. Jahne! zum V e r e i n s p r ä s e s er- »annt worden ist, daß ein Generalsekretär Dr. Hille einen Vor- trag über die Vereinszwecke hielt, und daß in den Vorstand ferner noch«in Lehrer Mende als Schriftführer gewählt worden ist. Das Blatt meldet nicht, ob wenigstens diese Wahl von den Mit- gliedern vollzogen� werden durfte. Von selbstthätigem Denken, geschweig« denn von Klassenbewußtsein ist selbstverständlich hierbei nur bei den nicht aus Arbeitern bestehende» Angehörigen solcher Vereinchen die Rede. Der Arbeiter, der aus eigenes Denke» Anspruch macht, weiß, daß einzig in der Sozialdemokratie Platz für ch» ist. Modernes Jnscratenweseu. Ter Verband deutscher Margarinefabriken hat einem hiesigen Blatt ein Inserat gesandt und dazu durch seinen Agenten melden lassen:Da weitere Annoncirungen beabsichtigt sind, so bin ich bereit, auch Ihr Blatt dafür in Vorschlag zu bringe», falls Sie durch um� gehende Aufnahme einer oder mehrerer der beifolgenden Notizen. die unter verschiedenen Rubriken Ihres Blattes verwandt werden können, Wohlmollen für die Sache der Margarine-Jndustrie, zum mindesten aber bekunde», daß Ihr Blatt nicht auf prinzipiell gegnerischem Boden steht. Unerläßlich ist die Zu- sendung etwaiger Belege an meine Adresft, damit ich selbige vor- legen kann. Das dem Agrarierthum freundliche Blatt thut entrüstet über diese Zumuthung. Mit recht vielleicht. Aber im allgemeinen verdient die Interessengruppe kaum Vorwürfe in einer Zeit, in der es allgemei» bekannt ist, daß die Presse mit Ausnahme der sozialdemokratischen Blätter, für Geld zu allen möglichen Reklamenotizen zu haben ist. Die Polizei hat anläßlich des Streiks der Beamten der Privatpost auch Gelegenheit gefunden, sich in entsprechen- der Weise zu bethätigen: Der Vorgang ist folgender: Einige der Abständigen waren, weil sie am Sonnabend»eu ein- gestellte Boten der Privatpost angegriffen haben sollten, sistirt und nach der Polizeiwache in der Beuthstraße gebracht worden. Von der Behandlung, die ihnen hier zu theil geworden sein soll, werde» uns Bilder entworfen von so russischem Charakter, daß selbst uns Pessimisten sich anfangs nur ein ungläubiges Kopsschütlel» aufdrängte. Di« Uebereinstimmung der Schilde- rungen jedoch legen uns die Pflicht auf, nur kurz mitzutheile», wie preußische Sraatsbürger vo» königlich preußischen Sicherheits- beamten behandelt sein wollen. Bei der bei uns üblichen Praxis, Beschwerden von Bürgern auf dem Wege zum Austrag zu bringen, daß der Beschwerdeführer als Angeklagter vor Ge- richt geholt wird, müssen wir u»S damit begnüge», ein ärztliches Attest zum Abdruck zu bringen, das dem Inhaber ausgestellt wurde, nachdem er von dem unfreiwilligen Besuch auf der Polizeiwache zurück kam. Das Attest lautet: X. X. ist seiner Erklärung zufolge theilweis« mit der Hand, theilweise mit einen: Riemen mißhandelt worden. Palient klagt über Schmerz in der rechten Hüfte und bei Berührnng an der rechten Slirne.(Haar- grenze). Es zeigen sich Schwellimg, Röthung und Hautabschürfung an der rechten Schläfe, ferner«ine starke Schwellung und schmerzhafter Hautriß auf dem rechten Handrücken. An der oberen äußeren Seit« des linke» Schenkels ist eine blutunterlaufene Stelle sichtbar. Di« Nase ist geschwollen und soll die Stacht hin- durch geblutet haben." Wir wollen nur bemerke», daß uns von sechs Personen berichtet wurde, die i» ähnlicher Weise zu leiden hatten. Herr Karl Sedlaheck, der Redakteur eines kleinen anti- semitischen Radanblattes theilt seinen Lesern mit, daß er am 4. Juni seine ihm wegen Majestätsbeleidignng zuerkannte Festungshaft in Weichselmünde angetreten habe, von wo er das Blatt im großen ganzen weiter leiten könne und werde. Wenn sozialdemokratische Redakteure bei Rumsutsch und Mehlsuppe hinter den Kerkermauer» von Plötzensee lange Monate sitzen müssen, so wird ihnen nicht einmal das Lesen einer Zeitung nach freier Wahl gestattet, aus der sie sich über die politischen Vor- gänge entsprechend orientiren könnten. Deutsch - Chinesisches. Li- hnng- tschang, so meldet die Volks- Ztg.", der chinesischeVizelönig", ist aus der Rückkehr von Moskau hier eingetroffen und wird mehrere Wochen in Berlin bleiben. Li-hung-tschang, der während des Krieges mit Japan eine Zeit lang in Ungnade gefalle» war, ist jetzt wieder im Besitz der gelben Jacke und zahlreicher Pfauenfedern. Die Berliner werden Gelegenheit haben, zu entscheiden, ob diese chinesische Uniform besser den Träger kleidet, als die gestickten Röcke und Federhüte unserer Geheimräthe. Verbotene Kuustleistnngeu. Die Eisenbahn- Direktion Berlin hat eine Bekanntmachung erlassen, nach welcher es bei Geldstrafe biS zu 199 M. verboten ist, in den Wartesälen der Stationsgebäude, aus den Bahnsteigen und in den Eisenbahn- W a g e n zu m u s i z i r e n oder irgend welche Gegenstände zn verkauf en. Diese Maßregel ist veranlaßt durch verschiedene Fälle, in venen italienische Drehorgelspieler, slowakische und ähnliche Hausirer ec. die Fahrgäste in der jetzt verbotenen Weise, namenilich aber in den Wagen auf der Fahrt, belästigt haben.- Angenehm ist das Geräusch einer Drehorgel ja wahrlich nicht, aber die armen italienischen Künstler wollen ja auch leben. Die amtliche Entnahme der Proben von NahrnngS- und Genußmitteln ans ofienen Geschäften soll fortan durch Beamte in Zivil erfolgen. Eine schlechte Einrichtung auf der elektrischen Bahn Dönhoffsplatz- bezw. Lindenstraße- Gewerbe- Ausstellung erregt immer mehr den Unwillen des fahrenden Publikums. Es ist die unglückliche Verquickung von Pferdebahn - und elektrischen Wagen im Verkehr dieser Linie. Vom Haupleingang der Ans- stellung nach der Lindenstraße wird jedes Mal vor einein elektrischen ein Pferdebahnwagen abgelassen. So oft dieser hält, muß auch der elektrische halten, auch wenn gar keine Fahrgäste für ihn da sind. So kommt es, daß man bis zur Gegend der EmniauSkirche und des Görlitzer Bahnhofes trotz der Elektrizität nur in einem wahren Schneckengange vorwärts kommt. DaS Publikum ist von dieser sonderbaren Einrichtimg wenig erbaut und kommt, wenn es die Linie der Pferdebahn- gesellschaft mit der von Siemens». Halske(Hollmannstraße Ailsstellnng) vergleicht, zu einem für die erster« nicht sehr schmeichelhaften Ergebniß. Ter Oberinspektor Gustav JSngcl vom Eefängniß Plötzensee ist am Dienstag infolge eines Hirnschlages unvermuthet gestorben. Es wird dem Verstorbene» nachgesagt, daß er den vielen politischen Gefangenen, die in Plötzensee eingekerkert waren, ein in der Form korrekter, und soweit dies zulässig schien, auch Humauer Aufseher war. Vier Messerstiche hat am Dienstag der 23 Jahre alte Ar- beiter Franz Kroll aus Südende davongetragen. Er war mit dem Arbeiter August Lotze zusammen in einer Maschinenfabrik zu Tempelhof beschäftigt und vorgestern Abend in seiner Be- gleitung nach Hause gegangen. Schon in Südende angelangt, kamen die beiden Männer in Zwist. Lotze zog plötzlich sein Taschenmesser und versetzte damit seinem Gegner vier Stiche in die Brust. Kroll hat schwer verwundet in einem Berliner Krankenhause Aufnahme gesunden. Arbeitcr-Risiko. Am Dienstag Vormittag fiel der Arbeiter Oskar Blas beim Aufstellen eines Leitergerüstes Schönhauser Allee 154 aus der Höhe des ersten Stocks ans den Bürgersteig hinab und erlitt eine» Bruch des rechten Schulterblattes und deS rechten Vorderarms. Nach Anlegung eines Verbandes wurde er nach der Charitee gebracht. Plötzlicher Tod. Vor dem Hause Plan-Ufer 39 stürzte gestern früh gegen V/i Uhr der 34 Jahre alte Kaufmann Fritz Böhne infolge eines Herzschlages zu Boden und starb bereits aus dem Wege nach dem Krankenhaus Am Urban. Verunglückter Radfahrer. Als der 23 Jahre alte praktische Arzt Dr. Paul M. aus einem Zweirade die Roonstraße durch- fuhr, gerieth er mit einer Fahrpreisanzeiger-Droschke zusammen. Das Pferd der Droschke trat in das Vorderrad des Fahrrades, Dr. M. stürzte zu Boden und gerieth unter die Räder der Droschke, welche ihm bedeutende Verletzungen an dem linken Arm und am Kopf beibrachten. Das Fahrrad wurde völlig zer« trümmert. Margarethe Martens, der vor einiger Zeit der Ingenieur Otto Werner in Charlottenburg an der Ecke der Goethe- und Schlüterstraße in mörderischer Absicht einen Revolverschuß bei- brachte, ist soweit wieder hergestellt, daß sie heute, Mittwoch, in Begleitung ihrer Mutter zur Vernehmung über den Thatbistand im Gerichtsgebäude zu Moabit erscheine» konnte. Um sich der Verhaftung wegen einer Schlägerei zn ent- ziehen, ergriff Mittwoch Nacht der Privatpostbote Gustav Kulmi die Flucht und stürzte dabei am Elisabeth-Ufer in den Luisen- städtischen Kanal, wurde jedoch sofort wieder herausgezogen und war im stände, allein seine Wohnung aufzusuchen. Explosion. I» der chemischen Waschanstalt und Färberei vo» Jurkoiveit aus dem Grundstück Greifswalderstr. 21 explodirt« ein', etwa 3 Liter Benzin enthaltende Flasche aus noch nicht aufgeklärter Ursache und setzte den Raum in Brand. Bei dem Unfall erlitt die Frau des Besitzers der Anstalt unbedeutende Berletzungeu au de» Händen und im Gesicht, der vierzehnjährige Laufbursche Henry Wastlius jedoch schwere Brandwunden am Kopf und an den Armen. Sin Ladenbrand entstand Dienstag Abend 9 Uhr in dem Modewaarengeschäfl von M. Lehmann, Reinickendorferstr. 22. Das Feuer hatte bei Ankunft der Feuerwehr schon eine größere Ausdehnung erlangt, aber es gelang, die Flammen aus ihren Heerd zu beschränken. Der Schaden ist bedeutend. Wittern, igSNbersicht vom 10. Juni 189«. Wctter-Prognose für Donnerstag, den 11. Juni I8VS. Ein wenig kühleres Weiler mit mäßigen südwestlichen Winde», veränderlicher Bewölkung und etwaS Neigung zur Ge- witterbildung. Berliner Wetterb nrea». Gewerbe 1896* Ucber die Arbeitsverhältnisse in dem Etablissement für Volksernährung wird uns gemeldet, daß die Arbeitszeit morgens 7 Uhr beginnt und abends 19 Uhr endet. Drei der Angestelllen müssen abwechselnd aber noch über diese Zeit hinaus zum Reinigen der Küche zur Stell« bleiben. Der Arbeitslohn beträgt für das männliche Aufräumnngspersonal wöchentlich 15 M.; die Waschfrauen erhalten nur I M. täglich. Ferner erhalten die Angestellten freie Kost, sowie eine Entschädigung für Fahrtunkosteu. Vielfach wird geklagt über das Esjen.