vor. Für ijie Kriminalpolizei genügt es, wenn der Verdacht des Verbrechens gegeben ist. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht haben zu prüfen, ob der Verdacht begründet ist. RA. Sack: Ich behaupte ja auch, daß die Anklage halt- los ist. Oberstaatsanwalt Köhler: Das Gericht hat aber das Verfahren eröffnet. RA. Sack: Ja, aus politischen Gründen, unter Mißachtung der Rcchtsgrundsötze. Vors: Das kann sich auch gegen mich richten, denn ich habe das Verfahren eröffnet. Es folgt als nächster Zeuge der Ministerialdirektor vom preu- ßischen Innenministerium, Dr. K l a u f e n e r. Der Verteidiger will von ihm Einzelheiten über die Unterredung wissen, die er über die Vorgänge in der Potsdamer Polizeiwoche mit dein Polizei präsidenten Zörgiebel gehabt hat. Dr. Klausen« crklärk. daß er aus dem ihm crstakkelcn Bericht den Eindruck davongetragen habe, daß Dr. Zranzen seine ganze Autorität in die wagschale geworfen habe, die Beamten gewissermaßen bekniet habe, um die Freilassung des Festgenommenen zu veranlassen Rechtsanwalt Sack: Sind die Aussagen der Beamten auch genügend geprüft worden? Wenn es sich um einfache Ver- b r e ch e r handelt, so gilt natürlich ohne weiteres das, was der Beamte sagt, chier handelte es sich aber um einen früheren preu- ßischen Richter, um einen Mini st er. Vors.: Für das Gericht Macht es keinen Unterschied aus, ob derjenige, über den dersBeamte aussagt, Minister oder sonst jemand ist. Der Zeuge Guth wird unvereidigt vernommen. Er er- klärt, daß der Landtagsabgeordnete Lohse ihm den Fahrtausweis in Berlin gegeben habe.— Vors.: Ist es richtig, daß Herr Lohse er- klärt hat, erst hinterher aus den Zeitungen erfahren zu haben, daß Sie sich im Besitze seines Ausweises befunden hätten? Sie haben früher ausgesagt, Sie hätten den Ausweis selbst bekommen.— Zeuge: Ich habe es gesagt, um ihn zu schonen. Der Zeuge Guth schildert darauf die Vorgänge auf der Polizei- wache ungefähr so wie Dr. Franzen. Dr. Franzen sei nicht d i- rett gefragt worden, ob er, Guth, der Lohse sei. Der Vor- sitzende hält dem Zeugen vor, daß er beim Untersuchungsrichter die Sache so geschildert habe, als ob er gehofft hätte, Dr. Franzen würde die Angelegenheit aufklären. Als dieser ihn aber als Lohse identifiziert hatte, so hätte cr nicht den Mut gefunden, die Sache selbst aufzuklären. Vors.: Wie kommt es. daß Sie Ihren Parteifreund in so gc- hobener Stellung In dieser Weise zu Unrecht belasten tonnten? Der Zeuge weih nichts daraus zu erwidern. Vors.: Sie haben übrigens in Dr. Franzens Gegenwort auch erklärt, Sic würden sich über die Handlungsweise der Polizei be- sMweren, denn Sie wären immun. Sie hatten ja auch schon Ihre Papiere zurückerhalten. Dr. Franzen war doch dabei. Zeuge: Ja. Landtagsabgeordneier Lohse wird gleichfalls unvereidigt vernommen. Vors.: Weshalb haben Sie erklärt, daß Sie erst später erfahren hätten, daß Guth Ihren Ausweis gehabt hat- Zeuge: Da- mit meine Aussage nicht politisch ausgeschlachtet würde. Vors.: Als Sie mit Dr. Franzen zur Potsdamer Polizeiwache gingen, war es Ihnen denn nicht klar, um was für einen Lohse es sich handele? Zeug«: Rein, ich habe mir darüber keine Gedanken gemacht. Vors.: War es Ihnen auf der Polizeiwache nicht klar, daß Dr. Franzen die Identität des Zwangsgestellten feststellen wollte. Zeuge: Ja. Vors.: Hielten Sie sich nicht»«pflichtet, sich als Lohse zu erkennen zu geben? Zeuge: Ja, ich hätte vielleicht Dr. Franzen dadurch ent- lastet. Aber ich sagte mir. daß man versuchen würde, die Sache p o I i t i s ch a u s z u s ch l a ch t e n. Vors.: Wann sind Sie gegangen? Zeuge: Es schien mir merkwürdig, daß ich nicht als Lohse erkannt werde. Ich trat zuerst ein wenig zurück: als der Offizier eintrat, entfernte ich mich. Vors.: Hat Guth nicht auch von seiner Immunität ge- sprachen?— Zeuge: Ja. Kennzeichnend ist unter anderem die Aussage eine» Partei- genossen de» Angeklagten Dr. Franzen, de» Landtagsabgcordneten Meier dem Lohse unmittelbar nach Verlassen der Polizeiwache von den Vorgängen erzählt hat. Danach machte sich Lohse darüber lustig, daß man ihn nicht erkannt habe. "Zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Oberstaatsanwalt Dr. Köhler und RA. Dr. Sack kommt es wegen der Aussage des Zeugen Hauptwochtmeistcr Gehrmann, daß Guth wegen Banntreisverletzung eingeliefert worden fei. Der Beisitzer hält dem Zeugen vor. daß er in der Verhandlung gegen Guth bloß von„Nichtbefolgung" gesprochen habe. Äehn- lich hätte er sich auch im Braunschweiger Prozeh geäußert. Der Zeuge erklärt, daß„Richtbefolgung" nur die ollgemeine Wendung sei. Er habe immer von Bannkreisoerletzung gesprochen. Der Polizeihauptwachtmeister Holzinger wird um die Vor- gange auf dem Potsdamer Platz gefragt. Er bestätigt, daß ein Menschenauflauf stattgefunden habe und daß die Polizeibeamten die Menge, also auch Guth, mehrmals aufgefordert hatten, weiterzu- gehen. Die nächste Sitzung findet Montag, 9 Uhr morgens, statt. Berichtigung. Im Abcndbericht über den Fronzcn-Prozeß ist ein sinnentstel- lendcr Satzfehler unterlaufen: Dr. Franzen hat zum Polizeibeamten nach Verlassen der Polizeiwache nicht gesagt: „Selbstverständlich ist das Lohse", wie es im Bericht hieß, sondern „selbstverständlich ist das nicht Lohse".
Strafen für Llniversitätskrawalle. Die Beschlüsse des Senats der Berliner Universität. Der Senat der Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin hat nach eingehender Voruntersuchung in seiner heutigen Sitzung die Disziplinarvergehen der letzten Zeit behandelt und bei sieben Studierenden auf Entscrnung von der Unioersi- tat Berlin erkannt. Vier von diesen gehören der rechts- radikalen Gruppe an, drei der l i n k s r a d i k a l e n. Zwei Studierende beider Gruppen wurden freigesprochen. Drei Studierende werden vom Rektor mit einem Verweis bestraft. Eingestellt werden konnte das Verfahren gegen sechs Studenten beider Gruppen. Gegenüber irreführenden Pressemeldungen ist fest- zustellen, daß Delegationen, die nur im Falle ehrloser Gesinnung in Frage kommen und den völligen Ausschluß vom Universitätsstudium bedeuten würden, vom Senat in keinem Falle verhängt worden sind._ Kölner Hochschnltrawalle vor Gericht. Münchenes Agitator zu Gefängnis verurteilt. Köln . 11. Juli. Von dem hiesigen Schnellrichter wurde der?4johrige Stu- dent und Reichsleiter des Rationalsoziallstischen Deutschen Stu- dentenbunde», Baldur von Schirrach aus München , wegen Vergehens gegen die Rotverordrymg vom 28. März z« drei Mo?
Die Lteberlegenheii der privaten Wirtfchafi.
„hier sehen Sie, meine Herrschaften, wie die privat- industrie an Benvaltungskosten gegenüber der öffentlichen Hand spart. Nur 10 Millionen hat das Ver- rvalkungsgebäudc der Nordwolle 2lG. gekostet."
Mit dem einfachen Schloß Hohehorst begnügte sich der Generaldirektor des Nordwollekonzerns, Herr Lahusen. Es enthält 107 Zimmer und nur 12 in Marmor gehaltene Badezimmer. Welche Einfachheit, wenn Sie demgegenüber die prassereien der Bonzen..
„Dieses ist der Saal für Aufsichtsratssihungen und Konferenzen. Er sieht noch genau so unberührt wie er erbaut wurde. Denn aus Gründen der Verein- f a ch u n g und Ersparnis..
.. holten sich die Gebrüder Oahusen Bat und Aus- kunst in geschäftlichen Dingen ausschließlich bei dieser alten Frau. Dank ihrer weisen Ratschläge ist es gelungen. das Desizit des Nordwollekonzerns auf die minimale Summe von 2S0 000 000 M. zu begrenzen."
Was will Krankreich? Offiziöse Kommentare— delphische Orakel.
Paris , II. Juli. tEigenbericht.) Der„Temps", der feit einiger Zeit wenigstens im Ton gegen- über Deutschland etwas konzilianter geworden ist, veröffentlicht am Sonnabendabend über die Unterredungen des Reichsbonkpräsidenten Luther einen Bericht, der in einem gewissen Gegensatz zu den Informationen der Morgenblätter steht und die Situation wahr- scheinlich richtiger widerspiegelt. Di« Zeitung schreibt: „Wie es scheint, haben die französischen Persönlichkeiten Dr. Luther hauptsächlich daraus aufmerksam gemocht, daß die durch die deutsche Währungskrise aufgeworfenen Probleme nicht allein unter dem Gesichtswinkel einer internationalen.Kredithilfe in nutz- bringender Weise gelöst werden können. Sie werden nicht verfehlt hoben, die Aufmerksamkeit des Reichsbankpräsidenten auf die psychologischen Faktoren der Krise zu" lenken, die natürlich zum großen Teil politischer Natur sind und deren Verschwinden die erste Bedingung für eine dauerhafte Wiederaus- richtung des deutschen Kredits ist. Dr. Luther wird sich davon über- zeugt hoben, daß die französische Regierung ebenso wie der Gouver- neur der Bank von Frankreich und die Leiter der großen Privat- danken in diesen Punkten vollkommen überein st immen, daß der Reichsbankpräsident davon die Reichsregierung unterrichten wird, in deren Macht es allein sieht, die Initiativen zu er- greifen, von denen endgültig die Wirksamkeit einer eventuellen finanziellen Hilfe abhängen wird. Die zugleich offenen und höflichen Erklärungen, die im Laufe der Unterhaltungen ausgetauscht wurden,
scheinen dazu beigetragen zu haben, jedes Mißverständnis zu be- seitigen und so in einem gewissen Maße die sehr dunkle Lage zu klären. Der Besuch des Reichsbonkpräsidenten wird also nicht nutzlos gewesen sein." In diesem Bericht ist weder von politischen noch von finanziellen Garantien die Rede. Im Leitartikel des„Temps" heißt es dagegen, daß denjenigen, die bereit sind, der Reichsregierung zu Hilfe zu kommen, Garantien dafür gegeben werden können und müssen, daß die Wiederaufrichtung Deutschlands nicht den Weg für einen Triumph der Hitler. Reaktion over der bolschewisttschen Revolution ebnet. Wenn man diese Garantien nicht erhält, würde man mit der edelmütigen Geste, die man von Frank- reich und anderen Mächten verlangt, eine schwere V e r a n t- Wartung auf sich laden. Es handele sich nicht darum, der deutschen Ration erniedrigende Bedingungen aufzu- zwingen, es handle sich für sie darum, sich der Realitäten der Stunde bewußt zu werden, zu erkennen, daß sie sich getäuscht hat und daß man sie getäuscht hat, indem man sie auf den Weg der Revanche getrieben hat und daß man sie betrogen hat, indem man Ihr ein- redete, daß die internationale Zusammenarbeit nur zu Ihrem eigenen Vorteil organisiert werden-mühte und daß Europa trotz allem reif für den deutschen Frieden sei. Das deutsche Volk müsse jetzt den Mut haben, eine Anstrengung der Ausrichtigkeit zu machen, durch die es allein das Vertrauen zu seiner Aktion wieder herstellen und seinen moralischen und finanziellen Kredit in der Welt wiedcrerobern könne.
n a t e n Gefängnis und wegen Benutzung eines falschen Aus- weises zu 50 Mark Geldstrafe verurteilt. Von Schirrach hatte am Z. Juli eine Protestkundgebung vor der Universität veranstaltet, die sich gegen das Verbot der Anti-Versailles-Kundgebung durch den Rektor der Universität Köln richtete. Der Angeklagte war nicht Angehöriger der Uni- versität Köln und hatte sich am Tage zuvor in einer Versamm- lung der Nationalsozialisten den Ausweis eines anderen Studenten aushändigen lassen. Der Staatsanwalt hatte vier Monate Gefängnis und 59 M. Geldstrafe beantragt. Dem Antrag der Verteidigung auf Aufhebung der Hast wurde vom Gericht entgegen dem Antrage des Staatsanwalts stattgegeben.
Auch Baden greift durch. llniformverbot für Nationalsozialisten. Karlsruhe , 11. Juli. Auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten vom 28. März 19Z1 hat der Minist« des Innern siir den Freistaat Baden da» Tragen einheitlicher Uniformen od« Bundeskleidung der Na- tionalsozialistifchen Deutschen Arbeiterpartei, ihrer UMer.-Hilss- und Nebenorganisationen, insbesondere der Sturm- abteilungen, der Schutzstasfel und der Hitler-Jugend m i t s o f o r t i- ger Wirkung verboten. Zu solcher Uniform oder Bundes- tracht gehören alle Gegenstände, die dazu bestimmt oder geeignet sind, abweichend von der übrigen bürgerlichen Kleidung die Zuge- Hörigkeit zu den genannten Organisationen zu kennzeichnen. Das badische Innenministerium bemerkt zu diesem Verbot: Ausschreitungen und blutige Zusammenstöße an» läßlich des uniformierten Auftretens von Mitgliedern der Rational - sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei haben sich gerade in letzter Zeit in Baden allenthalben derart gehäuft, daß ein sofortiges energisches Einschreiten geboten war. Anlaß zu diesen Vorkomm- nissen war fast durchweg das provozierende Austreten der Ratio- palsozialisteo in Parteiunisorm. Um weit«« derartige Aus-
schreitungen zu verhindern, blieb nur die Möglichkeit, ernsut ein Uniformvcrbot für die NSDAP , zu erlassen.
Aazihorden ftören Mmvorführungen. Demonstrationen gegen„Im Westen nichts Neues". Sluttgart, 11. Juli. Vor den Pala st- Lichtspielen in Stuttgart , wo der Film„Im Westen nichts Neues" zum erstenmal vor geschlossenen Organisationen vorgeführt wurde, sammelten sich am Abend große Trupp» von Nationalsozialisten und versuchten die Vorführung mit Gebrüll und Rufen„Deutschland erwache!" zu stören. Als die Besucher das Lichtspielhaus verließen, wurden sie von den Demonstranten beschimpft und zum Teil auch tätlich beleidigt. Dos Ueberfallkommondo der Polizei mußte in Tätigkeit treten, das gegen die lärmende Menge mit Gummiknüppeln vorging und sie zerstreute. Beschlagnahmte Zersehungsschriften. Haussuchung kommunistischer propagandazenirgle. Koblenz . II. Juli. Am Sonnabend vormittag wurde durch Beamte der Politi- s ch e n Polizei in Koblenz und«in größeres Kommando uni- formierter Polizeibeamter das Parteihau» der KPD. in Koblenz-Lützel besetzt und eine eingehende Haussuchung sämtlicher Räumlichkeiten vorgenommen. Der Politischen Polzei war bekannt geworden, daß bei den Kommunisten hochverräterische Zersetzungsschriften für die Reichswehr und Polizei aufbewahrt würden. Bei der Haussuchung wurden diese Schriften gefunden und b e s ch l a g- nahmt, außerdem eine größere Anzahl verbotener Broschüren. Der kommunistische Parteisekretär wurde in Haft genommen.