Der Abend
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Nr. 326
B 163
48. Jahrgang
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Der Aufruf der Sozialdemokratischen Partei hat ein Butgebrüll der Unternehmerpresse ausgelöst. Die Feststellung des Aufrufs, daß die Lüge von der ,, marristischen Mißwirts schaft" zusammengebrochen ist, daß die jetzt bankrotten Finanzmagnaten und Industrieherzöge feine Marristen, sondern die Vor kämpferdeskapitalisti= schen Wirtschaftssystems sind, entlockt der seit Jahren von Interessenten ausgehaltenen ,, DA3." Schimpfworte wie Biertischphilosophie“ und„ Niveaulosigkeit". Der ,, LokalAnzeiger", der seit einer Woche wegen der Millionenschulden des Hugenberg- Konzerns bei der Danat - Bant auf Gummisohlen tritt, besinnt sich hier plöglich auf die Kraft männlicher Rede zurück und bezeichnet den Aufruf als lächerlich". In das gleiche Horn tutet die agrarische ,, Deutsche Tageszeitung". Sie findet gegenüber dem Aufruf das nachstehende ,, deutliche Wort" am Blaze:
,, Am Anfang der gegenwärtigen Krise stand die Etat und Reparationspleite, nicht der Zusammenbruch wirt fchaftlicher Unternehmungen! Das muß zur Steuer Der Wahrheit einwandfrei festgestellt werden. Bersagt hat, und zwar restlos, ein Regierungssystem, das von Konzessionen an die größte marristische Partei, die Sozialdemokratie, lebte, das den verheerenden Folgen der Tributzahlungen gegenüber blind war, das
die Bürokratie zum Selbstzwed ausgestaltet hatte, das mit einem gänzlich unproduttiven Sozialsystem, mit einer Steuerschröpfung sondergleichen die Wirtschaft ausgeplündert hat."
Das ist zwar sehr schön gesagt, aber wir stellen demgegenüber fest, daß
nicht ein einziger der jüngsten Riesenzusammenbrüche etwas mit sozialpolitischen, mit Reparationslasten oder Etatschwierigkeiten zu tun hatte. Alle diese Zusammenbrüche sind restlos durch die Unfähigkeit, Groß mannssucht und Spekulationswut der berühmten ,, Wirtschaftsführer" entstanden.
Hat der Nordwolle Skandal etwas mit Sozialpolitik und Reparationen zu tun?
Es steht jetzt schon fest, daß die größenwahnsinnige
fann Amerifa Kredite geben
London , 15. Juli. Der Washingtoner Korrespondent der„ Times" meldet: Die Finanzkreise sind nervös und zögern mit Rücksicht auf das Risiko, das mit der Gewährung umfangreicher Kredite an Deutschland verbunden wäre. Obwohl es sich in erster Linie um ein Bankproblem handelt, wird die Haltung der Bundesreservebank und der anderen Banken in sehr erheblichem, vielleicht in entscheidendem Maße von der Unsicherheit bezüglich der politischen Haltung der franzöfifchen Regierung und der franzöfifchen Finanz bestimmt. In hiefigen amtlichen und nichtamtlichen Finanzkreisen herrscht die entschiedene Besorgnis, daß, wenn die Franzosen abseils stehen oder auch nur finanzielle Neutralität" wahren, das unvermeidliche Risiko einer Kreditgewährung an Deutschland ernstlich vergrößert werden würde. Denn es entstände dann die Gefahr plöhlicher finanzieller Angriffe von Paris auf Berlin , Condon und andere finanzielle Mittelpunkte, die in der Zurückziehung kurzfristiger kredite sich zeigen und den Zweck haben würden, einen politischen Drud auszuüben. Die amerikanischen Finanzleute und auch das amerikanische Staatsdepartement sind über die Hartnäckigkeit, mit
Heute nachmittag Kabinett.
Rückfehr Hindenburgs nach Berlin .
Der Reichspräsident ist heute nach Berlin zurüdgefehrt. sigung zusammen, um über die beabsichtigten Maßnahmen zu entscheiden. Ueber die Ausgabe von Rentenbankscheinen ist bisher eine Entscheidung nicht gefallen, da einer solchen Maßnahme sehr ernste Bedenten entgegenstehen.
Der Reichspräsident ist heute nach Berilen zurüdgekehrt. Der Reichstanzler hat ihn über die Cage unterrichtet.
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der diese Politik während der letzten Wochen durchgeführt worden ist, sehr erregt.
Die Erinnerung an den Angriff auf die Creditanstalt und an den finanziellen Drud, der darauf auf Desterreich ausgeübt wurde, dem Desterreich nur durch das Eingreifen der Bank von England um es zum Verzicht auf die Zollunion zu zwingen- ein Drud, von klar, daß Frankreich , wenn es ein polififches Motiv dafür hat, nicht gerettet wurde ist hier noch sehr lebendig. Man macht sich nur sehr viel tun kann, um die Aussichten eines Kredits für Deutschlend zu vernichten, sondern auch einen sehr starken Druck auf London und vielleicht sogar auf New York ausüben kann, wo die franzöfifchen furzfristigen kredite schäßungsweise auf 250 bis 500 millionen Dollar sich belaufen. Aus diesem Grunde sprachen am Montag einige hochgeftellte Regierungsbeamte sehr nachdrücklich die ernste Hoffnung aus, daß Frankreich und Deutschland Schritte fun werden, um baldigst eine politische Annäherung herzustellen. Man ist hie rder Meinung, daß ein Bankkredit Deutschland wohl über die gegenwärtige Krise hinweghelfen könnte, daß aber
teine dauernde Sicherheit erreicht werden könne, bevor eine solche Annäherung erfolgt sei.
ist aber nur durch drakonische Maßnahmen der Reichsbank möglich, durch ein rücksichtsloses Anziehen der Diskontschraube.
Eine scharfe Berteuerung der Reichsbankkredite muß ganz zwangsläufig jede überflüssige Kreditnahme verhindern, auf der anderen Seite aber zugleich die Devisendefiger zwingen, bei der herrfchenden Geldnot auf ihre Bestände zurückzugreifen und ihre Devisen in Mark bei der Reichsbank umzutauschen. Wie lange will die Reichsbank noch mit dieser dringend notwendigen Maßnahme
warten?
Konzernbildung der Familie Lahusen, das Zu- Noch keine Diskonterhöhung? stühungen zahlt die Stadt Berlin am Freitag auch
sammentaufen teilweise völlig unproduktiver Betriebe, der Mangel jeglicher Uebersicht, dazu eine verschwenderische, in Palästen thronende Verwaltung und dazu friminelle Handlungen diesen Zusammenbruch mit einem Totalverlust von 250 millionen Mark herbeigeführt haben.
Hat der Danat - Krach etwas mit Reparationen oder Sozialpolitik zu tun?
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Es steht fest, daß die hinter dem Nordwolle - Konzern stehende Danat Bank und ihr führender Direktor Jakob Goldschmidt bis zuletzt von dem katastrophalen Stande des Lahusen- Konzerns nichts gewußt haben. Restlos versagt hat hier wie auch in allen anderen Fällen das kapitalistische Aufsichtsratssystem, das den Aufsichtsräten zwar hohe Tantiemen gewährt, ihnen aber keine wirklichen Aufsichtspflichten auferlegt. Hat der Karstadt - Krach etwas mit Reparationen Auch dieser Krach des größten Warenhauskonzerns ist lediglich eine Folgeerscheinung expansiver Großmannssucht, des Dranges nach Vergrößerung und kostspieligen Neuanlagen um jeden Preis.
zu tun?
Hat der Favag- Krach etwas mit Reparationen oder Sozialpolitik zu tun?
Die Frankfurter Allgemeine Versicherungs A.-G., die zweitgrößte Versicherungsgesellschaft Deutschlands , ist zus grunde gerichtet worden durch verbrecherische, wilde Spekulationen ihrer Direktoren, die mit dem Geld der Aktionäre und der Versicherten Privatgeschäfte getrieben haben. Ihnen verdankt die Wirtschaft einen Verlust pon etwa 50 millionen Mart.
Hat der Raiffeisen- Skandal, der die„ Deutsche Tageszeitung" besonders interessieren dürfte, etwas mit Reparationen zu tun?
L
Der Revisionsbericht hat überaus deutlich festgestellt, daß
Unverständliches Zögern der Reichsbant.
Die gestrigen Stodungen im Geldverkehr haben den Devisenrüdfluß zur Reichsbank beträchtlich verstärkt. Nachdem am Montag infolge der Markfnappheit bereits schätzungsweise 15 millionen Mark an Devisen der Reichsbank zugeflossen waren, hat sich der Rückfluß an Devisen gestern mehr als verdoppelt.
Da aber die Stockungen im Zahlungsverkehr nicht ohne weiteres verlängert werden können, und die Reichsbank einen Ausweg aus der Geldnot schaffen muß, fo muß fie zugleich einen so starken Drud auf die Devisenbefizer und Hamsterer ausüben, daß fie gezwungen sind, ihre Devisenpolster zu lodern. Dieser wirksame Druk
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Ebenso wie die heute fälligen Gehälter und Unterdie fälligen Löhne.
Die Gehälter der Banfangestellten.
Wie uns vom Allgemeinen Verband der deutschen Bankangestellten mitgeteilt wird, haben sich die Banken auf Grund der Interventionen der Betriebsräte und des Verbandes selbst bereit erklärt, die am 15. Juli fälligen Gehälter morgen, Donnerstag, auszuzahlen.
Sollte dieser Termin nicht eingehalten werden, so ist nach Auffaffung des Allgemeinen Verbandes mit den schwersten komplikationen zu rechnen, da die Bankangestellten nicht gewillt sind, sich eine
bei der Raiffeisen- Bank unter Leitung des deutschnationalen| sichtlicher Hochkonjunktur mit schwedischen Erzgruben einen Generaldirektors Dietrich eine Luder und Miß- Lieferungsvertrag auf Roheisen geschlossen. wirtschaft ersten Ranges herrschte, daß weder regel-| Dieser Vertrag läuft bis 1942, und es sind in ihm nicht nur mäßige Direktionsfizungen abgehalten noch Protokolle ge= die Liefermengen, sondern auch die Preise bis 1942 festgelegt. führt wurden, daß der leitende Direktor nur ganz selten auf Seitdem sind die Eisenpreise auf dem Weltmarkt erheblich gedem Büro war, daß ein Direktor vom Tun des anderen fallen. Dies hat zur Folge, daß auf Grund des nach wie vor nichts wußte, daß Schwindlern, Glüdsrittern und laufenden Lieferungsvertrages seit Jahr und Tag der StahlAbenteurern das Spargeld der kleinen Genossenschafter trust sein Roheisen hoch über Weltmarktpreis bezieht. mit vollen Händen hingeworfen wurde. Diese Mißwirtschaft hat zu einem Totalverlust von etwa 70 Mil lionen Mark geführt.
All das soll jetzt dem Staatssozialismus , der Reparationspolitik in die Schuhe geschoben werden. Hat vielleicht das Kleben von Invalidenmarken die Herren Wirtschaftsführer leichtfinnig, größenwahnsinnig oder falfulationsunfähig gemtcht? Wir wollen zum Schluß noch einen wenig erWir wollen zum Schluß noch einen wenig er örteren Fall besonderer Fehlspekulation erwähnen. Es handelt sich um die Fehlspekulationen des Stahltrusts unter Leitung seines famosen Generaldirektors Flick.
Der Stahltrust hat vor einigen Jahren, zur Zeit offen
Wenn diese Verluste, die in die Hunderte von Millionen gehen, einmal ans Tageslicht gelangen, dann werden die Fehldispositionen des Generaldirektors Flick und der übrigen Stahlgewaltigen natürlich auch auf Konto der Sozialpolitik, der Reparationszahlungen und der Staatsfinanzen abgeschrieben werden!
Als Großindustrieller muß man nur stets den Staat zum Sündenbock für die eigene Unfähigkeit und Fehlspekulation machen und dann, wenn einem das Wasser an der Kehle steht, nach staatlicher Hilfe und Subvention schreien. nach staatlicher Hilfe und Subvention schreien. Dieses System wird in Deutschland allerdings aufhören müffen, wenn die Wirtschaft gefunden soll!