Morgenausgabe
Nr. 339
A 171
48.Jahrgang
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Vorwärts
Berliner Boltsblatt
Donnerstag
23. Juli 1931
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Ergebnis: Stillhaltekonsortium. Hinter dem Stahlhelm!
Londoner Konferenz praktisch zu Ende.- Banken sollen keine deutschen Kredite mehr fündigen.
V. Sch. Condon, 22. Juli. ( Eigenbericht.)
Die Londoner Konferenz ist praktisch bereits zu Ende. Die heutige Nachmittagssigung der Finanzminister mit Reichskanzler Brüning hat mit der einstimmigen Annahme des Berichtes geendet, der morgen in einer Schlußsigung dem Plenum unterbreitet und von ihm gutgeheißen werden wird.
Dieser Bericht wird an pofitiven Maßnahmen zweierlei enthalten: 1. Bildung eines
Stillhaltefonfortiums aller ausländischen Banten, die in Deutsch land furzfristige Kredite investiert haben.
Sie sollen sich verpflichten, teine weiteren Zurückziehungen vorzu nehmen. 2. Der internationale Redistont Kredit in Höhe von 100 Millionen Dollar, der am 16. Juli fällig war und von der Bant für internationalen Zahlungsausgleich bis zum 16. Auguft verlängert wurde, wird abermals vorläufig um drei Monate verlängert werden.
Das ist aber auch alles. Es ist insofern nicht wenig, als die deutsche Wirtschaft von dem Alpdrud befreit wird, daß sie infolge weiterer Zurückziehung von Krediten langsam verbluten tönnte. Ist es aber auch genügend? Das ist die andere große Frage. Deutschland kehrt aus London ohne neues Geld zurück, meder in der Form eines Anleiheversprechens noch in der Form Don neuen Krediten.
Die Anleihe wäre nur gegen politische Zuficherungen zu haben gewesen. Deutschland hat in Paris ein Eingehen auf die franzöfifchen Wünsche nach dieser Richtung hin straft abgelehnt. Es hat diese Linie auch in London streng eingehalten. Das Resultat iſt, daß es keine Anleihe erhält. Es hat sie auch gar nicht beantragt, eben um der sonst unvermeidlichen politischen Auseinandersetzung vorzubeugen.
Wenn nicht in der morgigen Schlußfißung irgendeine unvorhergesehene Wendung eintritt, wird in dem abschließenden Konferenzbericht auch nicht von neuen Krediten
In deutschen Delegationstreisen ist man jedenfalls mit dem Ergebnis dieser Konferenz feineswegs unzufrieden.
Ei, ei, wer fommt denn da? Die KPD.! Bumbum trara, der Stahlhelm tommt. Er marschiert unter schwarzweißroten Fahnen in Schritt und Tritt. Alles fräftige Gestalten, Jugend der deutschen Bourgeoisie und wohlgenährt. An der Spize neben Seldte und Düfterman betont nach wie vor, daß die französischen Delegierten durchberg die Hohenzollernprinzen, auf der Tribüne salutierend, aus freundschaftlich und positiv an. den Londoner Beschlüssen mit- minkend die kaiserlichen Generäle und die Damen der hohen gewirkt haben. Indessen ist man in anglo- amerikanischen Kreisen Aristokratie. über diese Zufriedenheit der Deutschen nicht wenig verwundert. Noch erstaunter ist man in franzöfifchen Kreisen über die Selbst bescheidung der Deutschen . Brüning soll am Schluß der heutigen Komiteefizung dem französischen Finanzminister Flandin für seine loyale Mitwirkung an den Beschlüssen lebhaft gedankt haben. Das Erstaunen im französischen Lager über diese Ehrung durch Brüning entbehrt nicht einer gewissen Komik.
Mit blankem Schild wird also der Reichskanzler aus Paris und aus London am Freitagnachmittag zurückkehren. Hinsichtlich neuer Kredite tehrt er dafür allerdings ebenfalls ,, blant" zurüd. Es ift möglich, daß er recht behält. Vielleicht erweist sich
die psycholgische Wirkung des Stillhaltebeschlusses in Berbindung mit den Notverordnungen als so start, daß Deutsch land auch ohne neues Geld über die Krise hinwegkommt. Wenn sich diese Erwartung erfüllt, dann ist das ein großer Erfolg der Reichsregierung. Im Interesse Deutschlands kann man nur aufrichtig wünschen, daß sich die Zuversicht der deutschen Delegation als berechtigt erweist. Andernfalls würde sich für alle Beteiligten alsbald die Notwendigkeit ergeben, neue Beschlüsse zu faffen.
Wahrscheinlich werden Macdonald und Henderson und vielleicht auch der amerikanische Außenminister Stimson zufammen mit der deutschen Delegation aus London nach Berlin fahren, um ihren aufgeschobenen Besuch nachzuholen.
sie Rede sein. Bis heute nachmittag schien es, als ob solche Kredite Deutsche Unterbilanz durch amerikanische Anleihen bezahlt.
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von anglo amerikanischer Seite in naher Aussicht stünden. Man sprach von etwa 600 Millionen Mart. Das wäre zwar nicht viel, aber immerhin, es entspräche einem Teile von dem, was in den letzten Wochen aus Deutschland abgezogen wurde. Doch war dann heute auch davon nicht die Rede. Vielleicht taucht diese Frage demnächst wieder auf. Möglicherweise will man erst abwarten, wie sich die Notverordnungen auswirken. Anscheinend sollen die internationalen Finanziers, die auf Grund einer de utschen Anregung durch die Londoner Konferenz gebeten werden, die Lage Deutschlands in der nächsten Zeit an Ort und Stelle zu untersuchen, ein Gutachten darüber abgeben, ob Deutschland überhaupt neue Kredite braucht und in welcher Höhe.
London , 22. Juli. Wie Reuter aus Washington meidet, werden die verhängnisvollen Folgen des Verfuchs der Alliierten, während der Weltwirtfchaftskrise Reparationen von Deutschland zu verlangen, durch die von dem amerikanischen Handelsdepartement veröffentlichten statistischen Angaben flar gezeigt. Daraus ersieht man, daß für die am 31. Dezember 1930 beendete fiebenjährige Periode die Handelsbilanz Deutschlands um 1 Milliarde 500 Millionen Dollars passiv gewesen sei, und daß dieser Staat während desfelben Zeitraums 2 Milliarden 500 millionen Dollars als Re parationen haben zahlen müssen. Um dies fun zu können, sei Deutschland gezwungen gewesen, 3 Milliarden 835 Millionen Dollars zu leihen.
,, Schärfere Bantentontrolle durch Aktivierung der
Den Scharfmachern ins Stammbuch! Reichsbant und ein Attienrecht, das Berscheierungen nicht fo
Gegen wen marschieren sie? Sie marschieren gegen das margistische Preußen", fie marschieren gegen die Regierung Braun- Severing, sie marschieren gegen den Preußischen Landtag .
Bumbum trara! Braune Hemden und Hakenkreuze. Das sind die Hitler - Buben mit dem Faschistengruß. Heil Hitler! Deutschland erwache! Juda verrecke!"
Gegen men marschieren sie? Sie marschieren gegen Margismus und Bolschewismus, gegen die Regierung Braun- Severing, gegen den Preußischen Landtag .
Und dann, dann kommt das Zivil. Die Deutsch= nationale Volkspartei, voran in etwas watschelndem Schritt Herr Hugenberg, mit seiner neuesten Proflamation in der Tasche, einer Erklärung an Amerika :
,, Die Rechte wird in furzer Zeit berufen sein, die Regierung in Deutschland zu übernehmen. Sie erkennt die privatwirtschaftlichen Verpflichtungen an, die dem Auslande gegenüber eingegangen sind, fie lehnt es aber ab, die Notlage des deutschen Bolles durch die weiteren Auswirkungen des Berfailler Bertrages noch vergrößern zu lassen. Gelingt es nicht, die jetzige Finanzkrise zu einer Gesundungskrise werden zu laffen, dann haben wir in Deutschland den Bolschewis mus. Es gibt nur ein Entweder Oder, entweder eine starke von den gesunden nationalen Kräften des Volkes getragene Regierung cder den Bolschemismus. Der Bolschewismus aber ist eine Pest, die an den Grenzen Deutschlands nicht halt macht."
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Es folgt der Reichslandbund. Er will den lückenlosen Zolltarif. Er will Schluß mit Sozialpolitik und Sozialversicherung. Hilfe der notleidenden Landwirtschaft und
Bettelfuppen für die Erwerbslosen. Auch er marschiert gegen Marrismus und Bolschewismus, gegen Braun- Severing, für die Auflösung des Landtags.
Und dann fommen noch einige. Zum Beispiel der Christlich soziale Boltsdienst. Er hat soeben seinen Aufruf veröffentlicht; mir zitieren daraus die wichtigsten Stellen:
Die Regierung Braun- Severing hat nach jahrelanger Berschleppung erst unter dem Druck der wachsenden Empörung des evangelischen Boltsteils den Staatsvertrag mit den evangelischen Kirchen abgeschlossen, zwei Jahre nach Abschluß des Konkordats mit der katholischen Minderheitskirche! Sie hat die Schaffung eines auch die Rechte der evangelischen Elternschaft sichernden Reichsschulgesetzes verhindern helfen und statt dessen, entgegen dem geltenden Recht, die Schaffung weltlicher, religionslofer Schulen geduldet und gefördert!
Ihre parteipolitisch einseitige Einstellung hat sie der Fähigkeit
Die Schuld der bankrotten Wirtschaftsführer.- Notwendige leicht macht, wie das geltende, und das die Aufsichtsräte zwingt,| beraubt, die berechtigte Wahrung der Autorität des heutigen Staates endlich Aufsicht zu üben:
Staatseingriffe.
Die Ueberzeugung von der Schuld der bankrotten Wirtschaftsführer segt sich im Bolte immer stärker durch. Der Aufruf der Sozialdemokratischen Partei an das deutsche Volt hat pielen die Augen geöffnet. Alle Gegenpropaganda der Scharfmacher an der Ruhr vermag die Ausbreitung der Erkenntnis ihrer Schuld nicht zu verhindern.
Wir lesen im Deutschen " einen Aufsatz von Dr. Joseph Jahn, in dem es heißt:
damit hätten wir bereits einen wesentlichen Fortschritt in der unumgänglichen Staatsaufsicht über die Wirtschaft.
Ratürlich gibt es außer den genannten noch eine große Reihe weiterer atuter Schäden. Man braucht nur an die monopolistische Preispolitik mancher Kartelle und aller Truste zu
denken."
verlangt. Es ist gut, daß die Notwendigkeit dieser Gesetzentwürfe jezt breite Anerkennung findet, vor allem aber ist es nötig, daß die Entwürfe schleunigst Gesez werden!
Das ist eine Kritik, die sich weitgehend mit unserer Kritik deckt. Was hier positiv gefordert wird, hat die Sozial,, Aber erwiesen ist immerhin, daß eine auf sich selbst gedemokratie längst in fertigen Gefeßentwürfen stellte Privatwirtschaft in fritischen Tagen hilf los wird und nur durch das Einspringen der Staats hilfe gerettet werden kann. Freiheit der Wirtschaft, verstanden als Freiheit vom Staatseingriff, ist eine unmögliche Parole geworden. Auch die beliebte Ausrede, die gegenwärtigen Schwierigteiten rührten von zuviel Staatseingriffen der Vergangenheit her, verfängt nicht. Denn alle Unternehmungen, die in diesen Wochen an den Rand der Pleite tamen, die Banken voran, sind nicht durch bie berüchtigte ,, falsche Wirtschafts- und Sozialpolitif" ins Gedränge geraten,
fondern durch Dummheit und Leichlinn, zum Teil sogar durch friminelles Verschulden ihrer Führer.
Außer den erlaffenen Notverordnungen, die auf furze Fristen abgestellt sind, muß eine Reform der privatwirtschaft. lichen Methoden in Deutschland tommen( das Ausland, von dem mir Kredit mollen, verlangt es übrigens sehr dringend!); ba fie taum von selber tommt, muß 3wang einfeßen."
Verstaatlichung der Gruben! Forderungen des britischen Bergarbeiter Verbandes. Bladpool, 22. Juli.
Auf der Konferenz des englischen Bergarbeiter Verbandes wurde einstimmig eine Entschließung angenommen, die von der Regierung die sofortige Einbringung eines Gesetzes zur Verstaatlichung der Gruben fordert.
Für den Fall der Ablehnung dieser Vorlage durch das Bar lament wird die Regierung aufgefordert, die Berstaatlichung der Gruben zum Hauptpunft ihres Wahlprogramms für die bevorstehenden Wahlen zu machen.
mit der Pflege der Ehrfurcht und des Verständnisses für die geschichtlichen Leistungen und Gemütswerte des alten Staates zu verbinden.
Wer die Erneuerung des preußischen Volkes und Staates a us dem Geiste der Liebe zu Glaube und Heimat herbeiführen helfen will, der stimme am 9. August für die Auflösung des Preußischen Landtages!
Für ein Preußen, das dem Recht der christlichen Elternschaft auf die Bekenntnisschule zum Siege verhilft!
Die Mehrheit des jezigen Landtages hat für diese Forderungen tein Verständnis, des halb stimmt am 9. August für die Auflösung
des Landtages!
Sie alle marschieren gegen Margismus und Bolschewismus, für Gott, König und Vaterland, gegen Braun und Severing, gegen das ,, rote" Preußen --!.
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Bumbum trara wer kommt da noch? Kann man noch seinen Augen und seinen Ohren trauen? Da kommt die rote Fahne mit dem Sowjetstern, da kommen die Schalmeienbläser der Weltrevolution. Da kommt Teddy Thälmann, General der Kavallerie, und Pied und Torgler und Münzenberg mit Heil Moskau!" und Rot Front !"
Sie marschieren hinter dem Stahlhelm, hinter den Hohenzollernprinzen, hinter den Hakenkreuzen, hinter Hugenberg und Hitler , hinter dem Reichslandbund und dem Chriftlich