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Morgenausgabe

Nr. 339

A 171

48.Jahrgang

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Der Borwärts erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend" Jllustrierte Beilage Bolt und Zeit". Ferner Frauenstimme". Technit", Blick in die Bücherwelt", Jugend- Borwärts" u. Stadtbeilage

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Donnerstag

23. Juli 1931

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einspalt. Nonpareillezetle 80 31. Reflamezeile 5,- RM. Kleine An zeigen das fettgedruckte Wort 25 Pj. Guläffig zwet fettgedruckte Morte), jedes weitere Wort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Pf Jedes weitere Wort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Zeile 60 Pf. Familien. anzeigen Zeile 40 Pf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

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Ergebnis: Stillhaltekonsortium. Hinter dem Stahlhelm!

Londoner Konferenz praktisch zu Ende.- Banken sollen keine deutschen   Kredite mehr fündigen.

V. Sch. Condon, 22. Juli.  ( Eigenbericht.)

Die Londoner Konferenz ist praktisch bereits zu Ende. Die heutige Nachmittagssigung der Finanzminister mit Reichskanzler Brüning hat mit der einstimmigen Annahme des Berichtes geendet, der morgen in einer Schlußsigung dem Plenum unterbreitet und von ihm gutgeheißen werden wird.

Dieser Bericht wird an pofitiven Maßnahmen zweierlei ent­halten: 1. Bildung eines

Stillhaltefonfortiums aller ausländischen Banten, die in Deutsch­ land   furzfristige Kredite investiert haben.

Sie sollen sich verpflichten, teine weiteren Zurückziehungen vorzu nehmen. 2. Der internationale Redistont Kredit in Höhe von 100 Millionen Dollar, der am 16. Juli fällig war und von der Bant für internationalen Zahlungsausgleich bis zum 16. Auguft verlängert wurde, wird abermals vorläufig um drei Monate ver­längert werden.

Das ist aber auch alles. Es ist insofern nicht wenig, als die deutsche   Wirtschaft von dem Alpdrud befreit wird, daß sie infolge weiterer Zurückziehung von Krediten langsam verbluten tönnte. Ist es aber auch genügend? Das ist die andere große Frage. Deutschland   kehrt aus London   ohne neues Geld zurück, meder in der Form eines Anleiheversprechens noch in der Form Don neuen Krediten.

Die Anleihe wäre nur gegen politische Zuficherungen zu haben gewesen. Deutschland   hat in Paris   ein Eingehen auf die franzöfifchen Wünsche nach dieser Richtung hin straft abgelehnt. Es hat diese Linie auch in London   streng eingehalten. Das Resultat iſt, daß es keine Anleihe erhält. Es hat sie auch gar nicht be­antragt, eben um der sonst unvermeidlichen politischen Ausein­andersetzung vorzubeugen.

Wenn nicht in der morgigen Schlußfißung irgendeine unvorher­gesehene Wendung eintritt, wird in dem abschließenden Konferenz­bericht auch nicht von neuen Krediten

In deutschen   Delegationstreisen ist man jedenfalls mit dem Ergebnis dieser Konferenz feineswegs unzufrieden.

Ei, ei, wer fommt denn da? Die KPD.! Bumbum trara, der Stahlhelm tommt. Er mar­schiert unter schwarzweißroten Fahnen in Schritt und Tritt. Alles fräftige Gestalten, Jugend der deutschen   Bourgeoisie und wohlgenährt. An der Spize neben Seldte und Düfter­man betont nach wie vor, daß die französischen   Delegierten durchberg die Hohenzollernprinzen, auf der Tribüne salutierend, aus freundschaftlich und positiv an. den Londoner   Beschlüssen mit- minkend die kaiserlichen Generäle und die Damen der hohen gewirkt haben. Indessen ist man in anglo- amerikanischen Kreisen Aristokratie. über diese Zufriedenheit der Deutschen   nicht wenig verwundert. Noch erstaunter ist man in franzöfifchen Kreisen über die Selbst bescheidung der Deutschen  . Brüning soll am Schluß der heutigen Komiteefizung dem französischen   Finanzminister Flandin für seine loyale Mitwirkung an den Beschlüssen lebhaft gedankt haben. Das Erstaunen im französischen   Lager über diese Ehrung durch Brüning   entbehrt nicht einer gewissen Komik.

Mit blankem Schild wird also der Reichskanzler aus Paris   und aus London   am Freitagnachmittag zurückkehren. Hinsichtlich neuer Kredite tehrt er dafür allerdings ebenfalls ,, blant" zurüd. Es ift möglich, daß er recht behält. Vielleicht erweist sich

die psycholgische Wirkung des Stillhaltebeschlusses in Ber­bindung mit den Notverordnungen als so start, daß Deutsch­ land   auch ohne neues Geld über die Krise hinwegkommt. Wenn sich diese Erwartung erfüllt, dann ist das ein großer Erfolg der Reichsregierung. Im Interesse Deutschlands   kann man nur aufrichtig wünschen, daß sich die Zuversicht der deutschen  Delegation als berechtigt erweist. Andernfalls würde sich für alle Beteiligten alsbald die Notwendigkeit ergeben, neue Beschlüsse zu faffen.

Wahrscheinlich werden Macdonald und Henderson und vielleicht auch der amerikanische   Außenminister Stimson   zu­fammen mit der deutschen   Delegation aus London   nach Berlin  fahren, um ihren aufgeschobenen Besuch nachzuholen.

Amerika   und die Reparationen.

sie Rede sein. Bis heute nachmittag schien es, als ob solche Kredite Deutsche   Unterbilanz durch amerikanische   Anleihen bezahlt.

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von anglo amerikanischer Seite in naher Aussicht stünden. Man sprach von etwa 600 Millionen Mart. Das wäre zwar nicht viel, aber immerhin, es entspräche einem Teile von dem, was in den letzten Wochen aus Deutschland   abgezogen wurde. Doch war dann heute auch davon nicht die Rede. Vielleicht taucht diese Frage demnächst wieder auf. Möglicherweise will man erst abwarten, wie sich die Notverordnungen auswirken. Anscheinend sollen die internationalen Finanziers, die auf Grund einer de ut­schen Anregung durch die Londoner Konferenz gebeten werden, die Lage Deutschlands   in der nächsten Zeit an Ort und Stelle zu untersuchen, ein Gutachten darüber abgeben, ob Deutschland  überhaupt neue Kredite braucht und in welcher Höhe.

London  , 22. Juli. Wie Reuter aus Washington   meidet, werden die verhängnis­vollen Folgen des Verfuchs der Alliierten, während der Weltwirt­fchaftskrise Reparationen von Deutschland   zu verlangen, durch die von dem amerikanischen   Handelsdepartement veröffent­lichten statistischen Angaben flar gezeigt. Daraus ersieht man, daß für die am 31. Dezember 1930 beendete fiebenjährige Periode die Handelsbilanz Deutschlands   um 1 Milliarde 500 Millionen Dollars passiv gewesen sei, und daß dieser Staat während des­felben Zeitraums 2 Milliarden 500 millionen Dollars als Re parationen haben zahlen müssen. Um dies fun zu können, sei Deutschland   gezwungen gewesen, 3 Milliarden 835 Millionen Dollars zu leihen.

,, Schärfere Bantentontrolle durch Aktivierung der

Den Scharfmachern ins Stammbuch! Reichsbant und ein Attienrecht, das Berscheierungen nicht fo

Gegen wen marschieren sie? Sie marschieren gegen das margistische Preußen", fie marschieren gegen die Regierung Braun- Severing, sie marschieren gegen den Preußischen Landtag  .

Bumbum trara! Braune Hemden und Hakenkreuze. Das sind die Hitler  - Buben mit dem Faschistengruß. Heil Hitler! Deutschland   erwache! Juda verrecke!"

Gegen men marschieren sie? Sie marschieren gegen Margismus und Bolschewismus, gegen die Re­gierung Braun- Severing, gegen den Preußischen Landtag  .

Und dann, dann kommt das Zivil. Die Deutsch= nationale Volkspartei, voran in etwas watscheln­dem Schritt Herr Hugenberg, mit seiner neuesten Profla­mation in der Tasche, einer Erklärung an Amerika  :

,, Die Rechte wird in furzer Zeit berufen sein, die Regierung in Deutschland   zu übernehmen. Sie erkennt die privatwirtschaftlichen Verpflichtungen an, die dem Aus­lande gegenüber eingegangen sind, fie lehnt es aber ab, die Notlage des deutschen   Bolles durch die weiteren Auswirkungen des Ber­failler Bertrages noch vergrößern zu lassen. Gelingt es nicht, die jetzige Finanzkrise zu einer Gesundungskrise werden zu laffen, dann haben wir in Deutschland   den Bolschewis mus. Es gibt nur ein Entweder Oder, entweder eine starke von den gesunden nationalen Kräften des Volkes getragene Regierung cder den Bolschemismus. Der Bolschewismus aber ist eine Pest, die an den Grenzen Deutschlands   nicht halt macht."

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Es folgt der Reichslandbund. Er will den lücken­losen Zolltarif. Er will Schluß mit Sozialpolitik und Sozial­versicherung. Hilfe der notleidenden Landwirtschaft und

Bettelfuppen für die Erwerbslosen. Auch er marschiert gegen Marrismus und Bolschewismus, gegen Braun- Severing, für die Auflösung des Landtags.

Und dann fommen noch einige. Zum Beispiel der Christlich   soziale Boltsdienst. Er hat soeben seinen Aufruf veröffentlicht; mir zitieren daraus die wichtigsten Stellen:

Die Regierung Braun- Severing hat nach jahrelanger Ber­schleppung erst unter dem Druck der wachsenden Empörung des evangelischen Boltsteils den Staatsvertrag mit den evangelischen Kirchen abgeschlossen, zwei Jahre nach Abschluß des Konkordats mit der katholischen Minderheitskirche! Sie hat die Schaffung eines auch die Rechte der evangelischen Elternschaft sichernden Reichsschulgesetzes verhindern helfen und statt dessen, entgegen dem geltenden Recht, die Schaffung weltlicher, religionslofer Schulen geduldet und gefördert!

Ihre parteipolitisch einseitige Einstellung hat sie der Fähigkeit

Die Schuld der bankrotten Wirtschaftsführer.- Notwendige leicht macht, wie das geltende, und das die Aufsichtsräte zwingt,| beraubt, die berechtigte Wahrung der Autorität des heutigen Staates endlich Aufsicht zu üben:

Staatseingriffe.

Die Ueberzeugung von der Schuld der bankrotten Wirt­schaftsführer segt sich im Bolte immer stärker durch. Der Auf­ruf der Sozialdemokratischen Partei an das deutsche   Volt hat pielen die Augen geöffnet. Alle Gegenpropaganda der Scharf­macher an der Ruhr vermag die Ausbreitung der Erkenntnis ihrer Schuld nicht zu verhindern.

Wir lesen im Deutschen  " einen Aufsatz von Dr. Joseph Jahn, in dem es heißt:

damit hätten wir bereits einen wesentlichen Fortschritt in der unumgänglichen Staatsaufsicht über die Wirtschaft.

Ratürlich gibt es außer den genannten noch eine große Reihe weiterer atuter Schäden. Man braucht nur an die monopo­listische Preispolitik mancher Kartelle und aller Truste zu

denken."

verlangt. Es ist gut, daß die Notwendigkeit dieser Gesetz­entwürfe jezt breite Anerkennung findet, vor allem aber ist es nötig, daß die Entwürfe schleunigst Gesez werden!

Das ist eine Kritik, die sich weitgehend mit unserer Kritik deckt. Was hier positiv gefordert wird, hat die Sozial­,, Aber erwiesen ist immerhin, daß eine auf sich selbst gedemokratie längst in fertigen Gefeßentwürfen stellte Privatwirtschaft in fritischen Tagen hilf los wird und nur durch das Einspringen der Staats hilfe gerettet werden kann. Freiheit der Wirtschaft, verstanden als Freiheit vom Staatseingriff, ist eine unmögliche Parole ge­worden. Auch die beliebte Ausrede, die gegenwärtigen Schwierig­teiten rührten von zuviel Staatseingriffen der Vergangenheit her, verfängt nicht. Denn alle Unternehmungen, die in diesen Wochen an den Rand der Pleite tamen, die Banken voran, sind nicht durch bie berüchtigte ,, falsche Wirtschafts- und Sozialpolitif" ins Gedränge geraten,

fondern durch Dummheit und Leichlinn, zum Teil sogar durch friminelles Verschulden ihrer Führer.

Außer den erlaffenen Notverordnungen, die auf furze Fristen abgestellt sind, muß eine Reform der privatwirtschaft. lichen Methoden in Deutschland   tommen( das Ausland, von dem mir Kredit mollen, verlangt es übrigens sehr dringend!); ba fie taum von selber tommt, muß 3wang einfeßen."

Verstaatlichung der Gruben! Forderungen des britischen Bergarbeiter Verbandes. Bladpool, 22. Juli.

Auf der Konferenz des englischen Bergarbeiter Verbandes wurde einstimmig eine Entschließung angenommen, die von der Regierung die sofortige Einbringung eines Gesetzes zur Verstaatlichung der Gruben fordert.

Für den Fall der Ablehnung dieser Vorlage durch das Bar lament wird die Regierung aufgefordert, die Berstaatlichung der Gruben zum Hauptpunft ihres Wahlprogramms für die bevorstehenden Wahlen zu machen.

mit der Pflege der Ehrfurcht und des Verständnisses für die geschichtlichen Leistungen und Gemütswerte des alten Staates zu verbinden.

Wer die Erneuerung des preußischen Volkes und Staates a us dem Geiste der Liebe zu Glaube und Heimat herbei­führen helfen will, der stimme am 9. August für die Auflösung des Preußischen Landtages!

Für ein Preußen, das dem Recht der christlichen Elternschaft auf die Bekenntnisschule zum Siege verhilft!

Die Mehrheit des jezigen Landtages hat für diese Forderungen tein Verständnis, des halb stimmt am 9. August für die Auflösung

des Landtages!

Sie alle marschieren gegen Margismus und Bolsche­wismus, für Gott, König und Vaterland, gegen Braun und Severing, gegen das ,, rote" Preußen --!.

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Bumbum trara wer kommt da noch? Kann man noch seinen Augen und seinen Ohren trauen? Da kommt die rote Fahne mit dem Sowjetstern, da kommen die Schalmeienbläser der Weltrevolution. Da kommt Teddy Thälmann, General der Kavallerie, und Pied und Torgler   und Münzenberg   mit Heil Moskau!" und Rot Front  !"

Sie marschieren hinter dem Stahlhelm, hinter den Hohen­zollernprinzen, hinter den Hakenkreuzen, hinter Hugenberg  und Hitler  , hinter dem Reichslandbund und dem Chriftlich­